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BVerfG - Entscheidung vom 08.12.2010

1 BvR 2704/10

Normen:
BVerfGG § 34 Abs. 2
BVerfGG § 93a Abs. 2

BVerfG, Beschluss vom 08.12.2010 - Aktenzeichen 1 BvR 2704/10

DRsp Nr. 2011/849

Auferlegung einer Missbrauchsgebühr durch das Bundesverfassungsgericht wegen Aussichtslosigkeit einer Verfassungsbeschwerde

Legt ein Rechtsanwalt, der ein Mandat zur Führung eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht annimmt, eine völlig substanzlose Verfassungsbeschwerde ein, rechtfertigt dies, ihm die Missbrauchsgebühr nach § 34 Abs. 2 BVerfGG aufzuerlegen.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 300 € (in Worten: dreihundert Euro) auferlegt.

Normenkette:

BVerfGG § 34 Abs. 2 ; BVerfGG § 93a Abs. 2 ;

Gründe

1.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Rechte angezeigt. Vielmehr ist die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig, weil sie nicht den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG entsprechend begründet ist.

a)

Eine substantiierte Begründung in diesem Sinne erfordert, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Verletzung seiner Grundrechte oder grundrechtsähnlichen Rechte hinreichend deutlich aufzeigt (vgl. BVerfGE 6, 132 <134>; 20, 323 <329 f.>; 28, 17 <19>; 89, 155 <171>; 98, 169 <196>). Dabei hat der Beschwerdeführer auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Maßnahme verletzt sein soll (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>) und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die Maßnahme kollidiert (vgl. BVerfGE 108, 370 <386f.>). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und deren konkreter Begründung (vgl. BVerfGE 88, 40 <45>; 101, 331 <345>; 105, 252 <264>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 5. Januar 2010 - 1 BvR 2973/06 -, [...], Rn. 2; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. März 2010 - 1 BvR 2909/08 -, [...], Rn. 2).

b)

Zwar bezeichnet der Beschwerdeführer seine Rechte aus Art. 14 GG und Art. 19 Abs. 4 GG als verletzt. Er legt aber nicht einmal ansatzweise dar, weshalb diese Rechte unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht geklärten Maßstäbe tatsächlich verletzt sein sollten. Vielmehr beklagt der Beschwerdeführer ohne jede verfassungsrechtliche Würdigung pauschal einen vermeintlichen Verfahrensfehler des Kammergerichts und eine "den Vorschriften der Zivilprozessordnung zuwiderlaufende Beweiswürdigung"; hierzu schildert er bruchstückhaft und zusammenhanglos einzelne Zeugenaussagen und rügt deren angeblich fehlerhafte Würdigung durch das Kammergericht, ohne auf die ausführlichen Erwägungen des Kammergerichts einzugehen. Der Beschwerdebegründung lässt sich nicht einmal der zugrunde liegende Sachverhalt entnehmen. Mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss des Bundesgerichtshofs setzt der Beschwerdeführer sich überhaupt nicht auseinander. Dies genügt den Anforderungen an eine substantiierte Begründung ersichtlich nicht.

2.

Die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG .

a)

Das Bundesverfassungsgericht kann nach § 34 Abs. 2 BVerfGG eine Gebühr bis zu 2.600 € auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde einen Missbrauch darstellt. Ein Missbrauch liegt vor, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung deshalb von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. etwa BVerfGK 6, 219; 10, 94 <97>), etwa bei einer - wie hier - völlig substanzlosen Verfassungsbeschwerde (vgl. BVerfGK 10, 94 <97>). Das Bundesverfassungsgericht muss es nicht hinnehmen, an der Erfüllung seiner Aufgaben durch erkennbar substanzlose Verfassungsbeschwerden gehindert zu werden, wodurch anderen Bürgern der ihnen zukommende Grundrechtsschutz nur verzögert gewährt werden kann (vgl. BVerfGK 6, 219; 10, 94 <97>).

b)

Gerade von einem Rechtsanwalt, der ein Mandat zur Führung eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht annimmt, ist zu verlangen, dass er sich mit den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Verfassungsbeschwerde auseinandersetzt, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den aufgeworfenen Fragen prüft, die Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Verfassungsbeschwerde eingehend abwägt und sich entsprechend den Ergebnissen seiner Prüfung verhält (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 9. Juni 2004 - 1 BvR 915/04 -, NJW 2004, S. 2959 ; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Februar 2009 - 2 BvR 191/09 -, [...], Rn. 4). Diesen Anforderungen wird das jede verfassungsrechtliche Substanz entbehrende Vorbringen des Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers nicht gerecht. Dies rechtfertigt es, ihm die Missbrauchsgebühr aufzuerlegen.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: BGH, vom 16.09.2010 - Vorinstanzaktenzeichen V ZR 55/10
Vorinstanz: KG Berlin, vom 09.02.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 27 U 174/07