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BSG - Entscheidung vom 18.08.2010

B 6 KA 23/09 R

Normen:
BMV-Ä § 45 Abs. 2 S. 1
EBM-Ä Nr. 7103
EBM-Ä Nr. 7120
EKV-Ä § 34 Abs. 4
SGB V § 82 Abs. 1
SGB V § 87

Fundstellen:
NZS 2011, 834

BSG, Urteil vom 18.08.2010 - Aktenzeichen B 6 KA 23/09 R

DRsp Nr. 2010/19897

Abrechenbarkeit der Gebühren-Nr. 7120 EBM-Ä bei sog. fraktionierten Laborleistungen in der vertragsärztlichen Versorgung

Eine Pauschalerstattung nach der Gebühren-Nr 7120 EBM-Ä kann bei fraktionierten Laborleistungen vom annehmenden Arzt nicht berechnet werden, wenn der Arzt, der die Auftragsleistung zuerst angenommen und Untersuchungsmaterial weitergegeben hat, die Gebühren Nr 7103 EBM-Ä abgerechnet hat.

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. März 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Normenkette:

BMV-Ä § 45 Abs. 2 S. 1; EBM-Ä Nr. 7103; EBM-Ä Nr. 7120; EKV-Ä § 34 Abs. 4; SGB V § 82 Abs. 1 ; SGB V § 87 ;

Gründe:

I

Streitig ist die Abrechenbarkeit der Nr 7120 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM-Ä - in der bis zum 31.3.2005 geltenden Fassung) bei sogenannten fraktionierten Laboruntersuchungen im Quartal II/2003.

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin. Die Beklagte stellte ihre Abrechnung für das Quartal II/2003 mit Bescheid vom 17.10.2003 richtig und brachte 40-mal die Leistung nach der Nr 7103 EBM-Ä und 23 571-mal die Leistung nach der Nr 7120 EBM-Ä in Abzug. Die Klägerin habe diese Leistungen bei Anforderungen von Laborzuweisern erbracht. Nach Kapitel U EBM-Ä sei die Pauschalerstattung nach Nr 7103 EBM-Ä aber nur einmal im Behandlungsfall und nur von dem Arzt, dem der Überweisungsauftrag zur Probenuntersuchung erteilt worden sei, berechnungsfähig. Werde die Auftragsleistung von dem annehmenden Arzt ganz oder teilweise zur Durchführung an einen anderen Arzt weiter überwiesen, sei die Nr 7103 EBM-Ä in demselben Behandlungsfall weder vom weitergebenden noch vom annehmenden Arzt berechnungsfähig. Für diese Weitergabe könnten die Versandkosten auch nicht nach Nr 7120 EBM-Ä angesetzt werden. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie könne zwar die Nr 7103 EBM-Ä nicht für Einsendefälle berechnen, sei aber nicht gehindert, in diesen Fällen die Nr 7120 EBM-Ä hilfsweise für die Übermittlungen der Befundmitteilung in Ansatz zu bringen. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück und führte aus, die Nr 7103 EBM-Ä sei nicht abrechenbar, wenn der Klägerin Laborzielaufträge im Rahmen einer Weiterüberweisung von anderen Laborärzten zugeleitet worden seien. Ein hilfsweiser Ansatz der Nr 7120 EBM-Ä für die Übermittlung von Befundmitteilungen scheide aus, weil eine analoge Bewertung von Leistungen nicht erfolgen dürfe (Widerspruchsbescheid vom 14.9.2004).

Das SG hat der auf die Leistungen nach Nr 7120 EBM-Ä beschränkten Klage stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, in der Abrechnung des Quartals II/2003 für die Übermittlung von Befundmitteilungen die Nr 7120 EBM-Ä in Ansatz zu bringen (Urteil vom 26.6.2007). Ein Leistungsausschluss nach Kapitel U Unterpunkt 2 EBM-Ä bestehe nicht, weil die Klägerin die Nr 7103 EBM-Ä weder abgerechnet habe noch diese Leistung für sie abrechenbar gewesen sei.

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG Nordrhein-Westfalen das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 11.3.2009). Die Beklagte habe zu Recht die Ansätze der Nr 7120 EBM-Ä sachlich-rechnerisch richtiggestellt. Der Abrechnung stehe der in Kapitel U Unterpunkt 2 EBM-Ä normierte Abrechnungsausschluss für "Pauschalerstattungen für die Versendung bzw. den Transport von Briefen, Szintigrammen und/oder schriftlichen Unterlagen, Kostenpauschale für Telefax" entgegen. Danach könnten "Kosten für die Versendung, den Transport bzw. die Übermittlung laboratoriumsdiagnostischer, histologischer, zytologischer oder zytogenetischer Untersuchungsergebnisse" ... "für die Fälle nicht nach den Pauschalerstattungen Nrn. 7120 bis 7123 berechnet werden, in denen die Nr. 7103 abgerechnet worden ist." Zu Recht gingen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Klägerin nicht berechtigt sei, bei fraktionierten Laborleistungen die Nr 7103 EBM-Ä in Ansatz zu bringen. Dieser Abrechnungsausschluss betreffe den weitergebenden Arzt aber nur insoweit, als er für die Weitergabe kein Honorar beanspruchen könne. Sein Vergütungsanspruch nach Abs 1 Satz 1 der Präambel zu Kapitel U EBM-Ä bleibe für den nicht weitergegebenen Teil der Auftragsleistung indes unberührt. Die Präambel regele nämlich nicht, dass bei fraktionierten Laborleistungen keiner der beteiligten Laborärzte die Nr 7103 EBM-Ä in Ansatz bringen könne. Wenn dementsprechend der weitergebende Laborarzt - wie hier - zu Recht die Nr 7103 EBM-Ä abrechne, greife der in Kapitel U Unterpunkt 2 EBM-Ä normierte Abrechnungsausschluss für die Übermittlung von Untersuchungen nicht nur zu seinen, sondern auch zu Lasten des annehmenden Laborarztes. Der Leistungsausschluss sei nicht beschränkt auf Behandlungsfälle iS des § 21 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw § 25 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä), sondern umfasse alle Konstellationen, in denen für denselben Kranken in demselben Quartal Laborleistungen erbracht worden seien, unabhängig davon, ob ein Laborarzt tätig geworden sei oder er weitere Laborärzte hinzugezogen habe. Dieses Verständnis entspreche auch der in einer Stellungnahme des Bewertungsausschusses vom 15.11.2005 dargelegten geschichtlichen Entwicklung und Zielsetzung der EBM-Ä-Regelungen zu Kostenpauschalen bei Laborleistungen. Danach habe nur eine Kostenpauschale entstehen sollen, mit der nur von einem Arzt einmalig die gesamten Kosten für die Einsendung einer Laborprobe berechnet werden könnten.

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie macht geltend, das LSG dehne den in Kapitel U Unterpunkt 2 EBM-Ä normierten Abrechnungsausschluss unzulässig aus. Dabei stütze es sich unzulässigerweise auf eine Stellungnahme des Bewertungsausschusses vom 15.11.2005 und missachte den Wortlaut der einschlägigen Leistungsbestimmungen. Die Nr 7120 EBM-Ä sei nur dann in Ansatz gebracht worden, wenn Teile des Probenmaterials von einem anderen Laborarzt weitergegeben worden seien. Bei derartigen Fallkonstellationen könne die Nr 7103 EBM-Ä nicht abgerechnet werden. Gerade aus der vom LSG vorgenommenen Differenzierung zwischen dem Probenteil, der zur Untersuchung bei dem Erstempfänger verbleibe und dem Probenteil, der weitergegeben werde, folge, dass ein Abrechnungsausschluss für die Nr 7120 EBM-Ä hinsichtlich des weitergegebenen Teils nicht bestehe. Wenn das LSG sodann die Abrechnung der Nr 7103 EBM-Ä für den verbleibenden Probenteil als Ausschlussgrund für die Abrechnung der Nr 7120 EBM-Ä durch die Klägerin ansehe, weil es sich um einen "Fall" handle, so stimme dies weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn der Präambel überein. Anders als das SG trenne das LSG nicht hinreichend zwischen dem Rechtskreis des ersteinsendenden Arztes und dem Rechtskreis des weitergebenden sowie demjenigen des annehmenden Laborarztes. Schließlich habe sich das LSG auf eine Stellungnahme des Bewertungsausschusses gestützt, obwohl eine entstehungsgeschichtliche Auslegung nur insoweit in Betracht komme, als Dokumente vorlägen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung erläutert hätten. Inhaltlich müsse dieser Stellungnahme widersprochen werden. Es habe lediglich unterbunden werden sollen, dass die Versandkostenpauschale für die Weitergabe berechnet werde. Die Abrechnung der Nr 7120 EBM-Ä sei nur für den Arzt ausgeschlossen, der als Auftragsempfänger bereits die Nr 7103 EBM-Ä abgerechnet habe. Würde man der Auffassung des LSG folgen, müsse sich ein Laborarzt stets erkundigen, ob eine Probe nur teilweise weitergegeben worden sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. März 2009 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26. Juni 2007 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Begriff des "Falles" in der Anmerkung zu den Nr 7120 - 7123 EBM-Ä sei weiter als der Begriff des "Behandlungsfalles" in § 21 BMV-Ä und umfasse die gesamten für einen Patienten in einem Quartal erbrachten Laboruntersuchungen. Demgegenüber stelle Abs 1 der Präambel zu Kapitel U auf den Behandlungsfall ab. Nur der Arzt, dem der Überweisungsauftrag zur Probenuntersuchung erteilt werde, könne die Nr 7103 EBM-Ä abrechnen. Der 2. Satz des Abs 1 der Präambel zu Kapitel U diene nicht der Differenzierung zwischen dem verbleibenden und dem weitergegebenen Probenmaterial, sondern der Klarstellung, welche Abrechnungsausschlüsse sich aus der Abrechnungsberechtigung nach Satz 1 ergeben. Wäre in beiden Zusammenhängen von einem "Behandlungsfall" auszugehen, wäre die Anmerkung zu den Nr 7120 - 7123 EBM-Ä überflüssig, weil eine Nebeneinanderberechnung der Leistungen dann nicht vorkommen könne.

II

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht die Vergütung nach der Nr 7120 EBM-Ä versagt.

Die Beklagte war zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung befugt. Rechtsgrundlage hierfür waren hier noch § 45 Abs 2 Satz 1 BMV-Ä und § 34 Abs 4 Satz 2 EKV-Ä. Nach diesen für die Abrechnung des Quartals II/2003 maßgeblichen Vorschriften hat die Kassenärztliche Vereinigung die Befugnis, die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und nötigenfalls richtigzustellen. Dabei kann das Richtigstellungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse durchgeführt werden (vgl BSGE 89, 90 , 94 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6 und stRspr, zB BSG SozR 4-5520 § 32 Nr 2 RdNr 10; zuletzt Urteil vom 10.12.2008 - B 6 KA 66/07 R -; für Zeiträume ab 1.1.2004 vgl nunmehr § 106a SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190; vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 9 f).

Die auf diesen Grundlagen vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen sind rechtmäßig. Die Beklagte hat den Vergütungstatbestand der Nr 7120 EBM-Ä zutreffend angewandt. Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä - des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Soweit indessen der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es seiner Klarstellung dient, ist Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht. Sie kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 und Nr 10 RdNr 10, jeweils mwN). Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 mwN). Diese Grundsätze gelten auch für Kostenerstattungstatbestände, sofern sie eine Pauschalerstattung vorsehen (vgl BSG, MedR 2000, 201, 202; BSG SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1 S 6).

Der Wortlaut der streitigen Gebührennummern lautete wie folgt:

U Pauschalerstattungen

Die Pauschalerstattung nach Nr 7103 ist nur einmal im Behandlungsfall und nur von dem Arzt, dem der Überweisungsauftrag zur Probenuntersuchung erteilt wurde, berechnungsfähig. Wird die Auftragsleistung von dem annehmenden Arzt ganz oder teilweise zur Durchführung an einen anderen Arzt weiter überwiesen, ist die Nr 7103 in demselben Behandlungsfall für die Weitergabe weder vom weitergebenden noch vom annehmenden Arzt berechnungsfähig.

Kosten für Versandmaterial für die Versendung bzw den Transport des Untersuchungsmaterials und die Übermittlung des Untersuchungsergebnisses innerhalb einer Apparate- bzw Laborgemeinschaft oder innerhalb eines Krankenhausgeländes sind nicht berechnungsfähig.

1. Pauschalerstattungen für Versandmaterial, Versandgefäße usw sowie für die Versendung bzw den Transport von Untersuchungsmaterial, Röntgenaufnahmen und Filmfolien

7103

Pauschalerstattung für Versandmaterial, Versandgefäße usw sowie für die Versendung bzw den Transport von Untersuchungsmaterial, ggf auch von infektiösem Untersuchungsmaterial, einschließlich der Kosten für die Übermittlung von Untersuchungsergebnissen der - Laboratoriumsdiagnostik, ggf einschließlich der Kosten für die Übermittlung der Gebührennummern und der Höhe der Kosten überwiesener kurativ-ambulanter

Auftragsleistungen des Kapitels O

- Histologie

- Zytologie

- Zytogenetik und Molekulargenetik

einmal im Behandlungsfall 2,60 Euro.

2. Pauschalerstattungen für die Versendung bzw den Transport von Briefen, Szintigrammen und/oder schriftlichen Unterlagen, Kostenpauschale für Telefax

7120

Pauschalerstattung für die Versendung bzw den Transport von Briefen und/oder schriftlichen Unterlagen bis 20 Gramm (z.B. im Postdienst Standardbrief) oder für die Übermittlung eines Telefaxes 0,56 Cent

Kosten für die Versendung, den Transport bzw die Übermittlung laboratoriumsdiagnostischer histologischer, zytologischer oder zytogenetischer Untersuchungsergebnisse können für die Fälle nicht nach den Pauschalerstattungen Nr 7120 bis 7123 berechnet werden, in denen die Nr 7103 abgerechnet worden ist.

Die Auslegung dieser Anmerkung zur Nr 7120 EBM-Ä nach ihrem Wortlaut sowie der Systematik der Pauschalerstattungen führt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin die Kosten für die Versendung der Untersuchungsergebnisse nicht abrechnen konnte. Eine Pauschalerstattung nach der Nr 7120 EBM-Ä kann nach der Anmerkung für die Fälle nicht berechnet werden, in denen die Nr 7103 EBM-Ä abgerechnet worden ist. Zwar hat die Klägerin die Nr 7103 EBM-Ä in den streitigen Fällen nicht selbst abgerechnet. Auch enthält die Anmerkung zur Nr 7120 EBM-Ä keine ausdrückliche Aussage zu der Konstellation, dass die Nr 7103 EBM-Ä nicht von dem annehmenden Arzt selbst, sondern von dem übersendenden Arzt abgerechnet wurde. Ein solches umfassendes Verständnis des Abrechnungsausschlusses ergibt sich aber aus dem Wortlaut, indem der Terminus "Fälle" verwendet wird, der unspezifischer ist als der Begriff des "Behandlungsfalls", der in § 21 Abs 1 Satz 1 des im streitbefangenen Zeitraum geltenden BMV-Ä definiert war als Gesamtheit der von derselben Arztpraxis innerhalb desselben Kalendervierteljahres an demselben Versicherten ambulant zu Lasten derselben Krankenkasse vorgenommenen Behandlungen. Der Gebrauch des Perfekt als Tempus - "abgerechnet worden ist" - deutet ebenfalls in diese Richtung. Wären ausschließlich "Behandlungsfälle" eines Vertragsarztes gemeint, wäre die Gegenwartsform verwendet worden, wie dies in Abs 1 Satz 1 der Präambel zu Kapitel U geschehen ist.

Dieses Verständnis folgt auch aus der nach den aufgezeigten Grundsätzen möglichen systematischen Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen (vgl BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4). Abs 1 der Präambel des Kapitels U, der sich ausdrücklich mit fraktionierten Laborleistungen befasst, spricht dafür, dass die Gebührennummern den gesamten Vorgang der Laboruntersuchungen bezogen auf einen Patienten beschreiben und nicht den auf eine bestimmte Arztpraxis bezogenen Begriff des Behandlungsfalles. Die Beschränkung der einmaligen Abrechenbarkeit der Nr 7103 EBM-Ä auf den Arzt, dem der Überweisungsauftrag erteilt wurde, bei gleichzeitigem Ausschluss der Abrechenbarkeit für die Weitergabe an einen anderen Arzt verdeutlicht die Intention, dass bei fraktionierten Laborleistungen keine höheren Kosten entstehen sollen, die gesamten Kosten für die Versendung, den Transport bzw die Übermittlung laboratoriumsdiagnostischer, histologischer, zytologischer und zytogenetischer Untersuchungsergebnisse vielmehr durch die Nr 7103 EBM-Ä abgegolten sein sollen. Dies gilt umso mehr, als dem Laborarzt nach Nr 7103 EBM-Ä nicht die tatsächlich entstehenden Kosten erstattet werden, sondern ein hiervon unabhängiger Pauschalbetrag, der sich auch dann nicht erhöht, wenn in einem Quartal mehrere Gewebeproben eines Patienten zu transportieren sind (vgl BSG SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1 S 9). Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der zweite Satz des Abs 1 der Präambel zu Kapitel U nicht der Differenzierung zwischen dem verbleibenden und dem weitergegebenen Probenmaterial dient, sondern der Klarstellung, dass für die Weitergabe von einem Laborarzt zum anderen die Nr 7103 EBM-Ä nicht abgerechnet werden kann. Eine gebührenrechtliche Unterscheidung zwischen dem verbleibenden und dem weitergegebenen Probenmaterial lässt sich dem Wortlaut der Gebührentatbestände ebenso wenig entnehmen wie einer Gesamtschau der Nr 7103 und 7120 EBM-Ä.

Betrachtet man die Beschränkungen der Abrechenbarkeit der Nr 7103 EBM-Ä im Zusammenhang mit der Anmerkung zur Nr 7120 EBM-Ä, wonach neben der Nr 7103 EBM-Ä keine weitere Pauschalerstattung nach den Nr 7120 bis 7123 EBM-Ä abgerechnet werden kann, lässt dies ebenfalls erkennen, dass die Pauschale der Nr 7103 EBM-Ä die gesamten Kosten für Laborleistungen für einen Patienten in einem Quartal erfassen will. Mit diesem Konzept stünde es im Widerspruch, wenn durch die Fraktionierung der Laborleistungen doch von mehreren Ärzten mehrere Pauschalerstattungen hinsichtlich einer Einsendung abgerechnet werden könnten.

Bestätigt wird diese Auslegung durch die weitere Entwicklung der hier streitigen Regelungen über die pauschale Erstattung von Kosten. Die Pauschalen des Kapitels U des EBM-Ä in der bis 31.3.2005 geltenden Fassung befinden sich seit dem 1.4.2005 im Kapitel 40 des EBM-Ä. Die frühere Nr 7103 EBM-Ä ist jetzt die Nr 40100 EBM-Ä. Abgesehen davon, dass die "Pauschalerstattung" jetzt "Kostenpauschale" heißt, sind die Gebührentatbestände wortgleich. Das gilt auch für den ersten Absatz der Präambel zu dem nunmehr einschlägigen Kapitel. Der Gebührentatbestand der Nr 7120 EBM-Ä findet sich - ebenfalls als "Kostenpauschale" - wortgleich in der Nr 40120 EBM-Ä. Der Wortlaut des Abrechnungsausschlusses hat sich insofern geändert, als neben der Erwähnung "molekulargenetischer" Untersuchungsergebnisse die Worte "an den auftragserteilenden Arzt" hinzugefügt sind. Dadurch ist noch deutlicher geworden, dass für die Abrechnung von Kostenpauschalen im Verhältnis des weitergebenden zum annehmenden Laborarzt kein Raum ist.

Das gewonnene Ergebnis stimmt mit der Stellungnahme des Bewertungsausschusses vom November 2005 überein, wonach mit der Formulierung der Nr 7103 EBM-Ä unterbunden werden sollte, dass Laborproben weitergeschickt und jeweils Kostenpauschalen abgerechnet wurden. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat sich das LSG nicht in unzulässiger Weise auf diese vom SG eingeholte Stellungnahme gestützt. Es hat vielmehr lediglich ergänzend - und zutreffend - ausgeführt, dass das zuvor begründete Ergebnis mit der vom Bewertungsausschuss dargelegten Entwicklung und Zielsetzung der EBM-Regelungen übereinstimmt.

Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm mit einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 2 VwGO .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 11.03.2009 - Vorinstanzaktenzeichen L 11 (10) KA 44/07
Vorinstanz: SG Dortmund, vom 26.06.2007 - Vorinstanzaktenzeichen S 9 KA 241/04
Fundstellen
NZS 2011, 834