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BGH - Entscheidung vom 21.01.2010

I ZB 74/08

Normen:
ZPO § 139
ZPO § 295 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 21.01.2010 - Aktenzeichen I ZB 74/08

DRsp Nr. 2010/4372

Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde i.R.e. bestellten brieflosen Grundschuld aufgrund einer persönlichen Haftungsübernahme aus dem gesamten Vermögen

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 5. September 2008 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.

Gegenstandswert: 1.500 €.

Normenkette:

ZPO § 139 ; ZPO § 295 Abs. 1 ;

Gründe

I.

Die Gläubigerin, die K. , betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde.

In Ziffer 1 dieser Urkunde hat der Sicherungsgeber, eine Handelsgesellschaft mbH, "zugunsten der K. in Kö. - nachstehend die Gläubigerin genannt" auf dem Pfandobjekt eine brieflose Grundschuld in Höhe von 130.000 EUR bestellt, die mit 15% jährlich zu verzinsen ist. In Ziffer 3 der Urkunde hat die Schuldnerin als Darlehensnehmerin die persönliche Haftung übernommen und sich wie folgt der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterworfen:

Für die Zahlung eines Geldbetrages, dessen Höhe der bewilligten Grundschuld (Kapital, Zinsen und die sonstige Nebenleistung) entspricht, übernimmt der Darlehensnehmer [hier ist der Name der Schuldnerin eingetragen] - mehrere Personen als Gesamtschuldner - die persönliche Haftung, aus der er/sie ohne vorherige Zwangsvollstreckung in das belastete Pfandobjekt in Anspruch genommen werden kann/können. Er/sie unterwirft sich wegen dieser persönlichen Haftung der Gläubigerin gegenüber der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in das gesamte Vermögen. Die Gläubigerin kann die persönliche Haftung unabhängig von der Eintragung der Grundschuld und ohne vorherige Zwangsvollstreckung in das belastete Pfandobjekt geltend machen.

Die zugunsten der Gläubigerin zunächst eingetragene Grundschuld ist nach einer entsprechenden Bewilligung der Gläubigerin später wieder gelöscht worden.

Auf Antrag der Gläubigerin hat der Gerichtsvollzieher die Schuldnerin "in der Zwangsvollstreckungssache K. " zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geladen. In dem Termin hat die Schuldnerin durch ihre als Terminsvertreterin erschienene Mutter die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung mit der Begründung bestritten, dass eine Vollstreckungsgegenklage anhängig und über diese noch nicht entschieden sei.

Das Amtsgericht hat den Widerspruch verworfen. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer (zugelassenen) Rechtsbeschwerde erstrebt die Schuldnerin die Zurückweisung des Antrags der Gläubigerin auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (vgl. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 , Abs. 3 Satz 2 ZPO ) und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.

1.

Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, das Beschwerdegericht habe übersehen, dass es bereits an einer ordnungsgemäßen Ladung der Schuldnerin fehle.

a)

Die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in einem vom Gerichtsvollzieher bestimmten Termin setzt allerdings eine ordnungsgemäße Ladung zu diesem Termin voraus. Entspricht die Ladung nicht den gesetzlichen Anforderungen, ist sie unwirksam (vgl. Musielak/Stadler, ZPO , 7. Aufl., § 214 Rdn. 7; Zöller/Stöber, ZPO , 28. Aufl., § 214 Rdn. 3). Ist die Ladung unwirksam, fehlt eine der besonderen Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.

b)

Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, die bloße Angabe "Zwangsvollstreckungssache K. " habe den an eine ordnungsgemäße Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu stellenden Anforderungen nicht entsprochen, weil die Ladung den Vollstreckungstitel nicht genannt habe.

Es kann dahinstehen, ob eine ordnungsgemäße Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zwingend die Nennung des Vollstreckungstitels erfordert (so wohl Musielak/Voit aaO § 900 Rdn. 12; a.A. Stein/Jonas/ Münzberg, ZPO , 22. Aufl. § 900 Rdn. 35, der die Angabe des Schuldtitels lediglich für zweckmäßig, nicht aber für zwingend erforderlich hält).

Die Rüge der Rechtsbeschwerde dürfte im Streitfall schon deshalb nicht durchgreifen, weil der Schuldnerin auch ohne ausdrückliche Angabe des Schuldtitels bekannt sein musste, wegen welcher Forderung der K. der Gerichtsvollzieher sie zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geladen hatte. Die Schuldnerin hat nicht behauptet, sie habe - beispielsweise deshalb, weil noch weitere Schuldtitel der K. gegen sie bestanden hätten - nicht gewusst, welcher Vollstreckungstitel der Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu Grunde liegt. Das kann letztlich aber offenbleiben.

Die Verletzung einer das Verfahren betreffenden Vorschrift kann nach § 295 Abs. 1 ZPO nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die aufgrund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen war und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste. In entsprechender Anwendung dieser Vorschrift wird auch ein Mangel der Ladung zum Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung - wie jeder Ladungsmangel - geheilt, wenn der Schuldner oder sein Vertreter im Termin erscheint und den bekannten oder erkennbaren Mangel nicht rügt (vgl. Musielak/Voit aaO § 900 Rdn. 12; Musielak/ Stadler aaO § 214 Rdn. 7; Zöller/Stöber aaO § 214 Rdn. 3).

Die Schuldnerin hat erst nach dem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über ihren Rechtsanwalt geltend gemacht, sie sei zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht ordnungsgemäß geladen worden. Diese Rüge ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde verspätet. Im Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung hat die Schuldnerin durch ihre als Terminsvertreterin erschienene Mutter nicht geltend gemacht, die Ladung sei mangels Angabe des Vollstreckungstitels unwirksam. Damit ist ein insoweit möglicherweise bestehender Mangel der Ladung geheilt. Dem steht nicht entgegen, dass der Gerichtsvollzieher auf die Folgen des Unterlassens einer Rüge nicht hingewiesen hat. Die Schuldnerin war im Termin zwar nicht rechtskundig vertreten. Das Gericht ist im Anwendungsbereich des § 295 ZPO aber allenfalls dann nach § 139 ZPO verpflichtet, eine Partei auf die Folgen hinzuweisen, wenn die Partei anderenfalls in unzumutbarer Weise durch die Entscheidung des Gerichts überrascht würde (vgl. BGH, Urt. v. 14.11.1957 - II ZR 151/56, NJW 1958, 104; Zöller/Greger aaO § 295 Rdn. 9). Dafür ist im Streitfall nichts ersichtlich. Die Schuldnerin hat im Übrigen selbst nicht behauptet, sie habe darauf vertraut, den ihrer Ansicht nach bestehenden Ladungsmangel auch noch nach dem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung rügen zu können.

2.

Das Beschwerdegericht hat angenommen, die K. sei als Gläubigerin im Sinne von Ziffer 3 der notariellen Urkunde auch nach dem Erlöschen der Grundschuld berechtigt, gegen die Schuldnerin aus der persönlichen Haftungsübernahme die sofortige Zwangsvollstreckung zu betreiben.

Die Rechtsbeschwerde macht demgegenüber geltend, daraus, dass die K. in Ziffer 1 der notariellen Urkunde ausschließlich im Zusammenhang mit der Grundschuldbestellung als Gläubigerin bezeichnet sei, folge, dass der in Ziffer 3 der notariellen Urkunde verwendete Begriff der Gläubigerin gleichfalls allein auf deren Eigenschaft als Grundschuldgläubigerin abhebe. Sie macht weiter geltend, aus der Formulierung in Ziffer 3 der notariellen Urkunde, die Gläubigerin könne die persönliche Haftung "unabhängig von der Eintragung der Grundschuld" geltend machen, ergebe sich, dass diese Klausel allein den Zweck habe, die Gläubigerin für den Fall, dass die Bestellung der Grundschuld scheitere, davor zu bewahren, dass sie letztlich mit leeren Händen dastehe.

Damit dringt die Rechtsbeschwerde nicht durch. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen, ob Ziffer 3 der notariellen Urkunde dahin auszulegen ist, dass die Schuldnerin die persönliche Haftung nur gegenüber dem jeweiligen Grundschuldgläubiger übernommen und sich auch nur insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat, und ob Ziffer 3 der notariellen Urkunde dahin zu verstehen ist, dass die persönliche Haftung und die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung entfallen, wenn die Gläubigerin freiwillig auf eine stärkere Sicherung durch die Grundschuld verzichtet, betreffen den titulierten Anspruch. Mit dem Widerspruch gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 900 Abs. 4 Satz 1 ZPO können solche Einwendungen nicht mit Erfolg geltend gemacht werden (vgl. Zöller/Stöber aaO § 900 Rdn. 25).

Vorinstanz: LG Stuttgart, vom 05.09.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 19 T 234/08
Vorinstanz: AG Nürtingen, vom 03.04.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 33 M 1730/07