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BGH - Entscheidung vom 22.03.2010

AnwZ (B) 100/08

Normen:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
BRAO a.F. § 42 Abs. 1 Nr. 2
BRAO a.F. § 42 Abs. 4

BGH, Beschluss vom 22.03.2010 - Aktenzeichen AnwZ (B) 100/08

DRsp Nr. 2010/7730

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls

Der für einen Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutete Vermögensverfall kann nicht mit einer pauschalen Berufung auf eine bevorstehende Konsolidierung der Vermögensverhältnisse widerlegt werden.

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

Normenkette:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 ; BRAO a.F. § 42 Abs. 1 Nr. 2 ; BRAO a.F. § 42 Abs. 4 ;

Gründe

I.

Der Antragsteller ist seit 1997 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 14. Februar 2008 die Zulassung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 , Abs. 4 BRAO a.F., § 215 Abs. 3 BRAO ), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist zu Recht widerrufen worden.

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt und bestehen fort.

1.

Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Dies wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO ) eingetragen ist.

Der gesetzliche Vermutungstatbestand ist erfüllt. Das Amtsgericht A. - Insolvenzgericht - hat auf Antrag des Finanzamts D. mit Beschluss vom 1. Dezember 2007 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers eröffnet. Seitdem ist der Antragsteller in das vom Insolvenzgericht geführte Verzeichnis eingetragen. Die dadurch begründete Vermutung für den Vermögensverfall des Antragstellers hat dieser nicht widerlegt. Die Antragsgegnerin und der Anwaltsgerichtshof sind deshalb zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller bei Erlass der Widerrufsverfügung in Vermögensverfall geraten war. Dagegen bringt der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nichts mehr vor. Er beruft sich lediglich auf eine bevorstehende Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse.

2.

Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), liegt nicht vor. Eine nachträgliche Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Antragstellers ist nicht festzustellen. Das Insolvenzverfahren ist noch nicht abgeschlossen, so dass der gesetzliche Vermutungstatbestand für den Vermögensverfall des Antragstellers fortbesteht. Nach der im Beschwerdeverfahren vorgelegten, unwidersprochen gebliebenen Forderungsaufstellung der Antragsgegnerin vom 16. März 2010 beläuft sich die Gesamthöhe der offenen Verbindlichkeiten des Antragstellers auf 357.611,86 EUR. Es lässt sich nicht absehen, ob und wann das Insolvenzverfahren zu einem Abschluss geführt wird, durch den die Vermögensverhältnisse des Antragstellers wieder geordnet wären. Der Antragsteller hat zwar wiederholt angekündigt, dass das Insolvenzverfahren alsbald durch einen von der Gläubigerversammlung genehmigten Insolvenzplan abgeschlossen werde. Dazu ist es jedoch bislang nicht gekommen.

3.

Wie der Bestimmung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zu entnehmen ist, führt der Vermögensverfall regelmäßig zu einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern. Ein Ausnahmefall, in dem die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht gefährdet wären (vgl. Senat, Beschl. vom 18. Oktober 2004 - AnwZ (B) 43/03, NJW 2005, 511 unter II 2 c; Beschl. vom 5. Dezember 2005 - AnwZ (B) 13/05, NJW-RR 2006, 559 unter II 2; Beschl. vom 5. Dezember 2005 - AnwZ (B) 14/05, AnwBl. 2006, 281 f. unter II 3; Beschl. vom 25. Juni 2007 - AnwZ (B) 101/05, NJW 2007, 2924 , 2925), liegt nicht vor.

Vorinstanz: AGH Hamm, vom 20.06.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 1 AGH 32/08