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BGH - Entscheidung vom 12.07.2010

AnwZ (B) 19/10

Normen:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7

BGH, Beschluss vom 12.07.2010 - Aktenzeichen AnwZ (B) 19/10

DRsp Nr. 2010/15572

Widerruf der Zulassung eines Rechtsanwaltes zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls

Ein Rechtsanwalt ist in Vermögensverfall geraten, wenn gegen ihn immer wieder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ergriffen wurden, ohne dass er in der Lage war, die geforderten Beträge zu bezahlen.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs vom 19. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Normenkette:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 ;

Gründe

I.

Der Antragsteller ist seit 1982 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 27. März 2009 die Zulassung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.

Der Anwaltsgerichtshof hat den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 , Abs. 4 BRAO a.F., § 215 Abs. 3 BRAO ), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist zu Recht widerrufen worden.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt.

a)

Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschl. vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Beschl. vom 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126; Beschl. v. 26. November 2002 - AnwZ (B) 18/01, NJW 2003, 577 ). Der Vermögensverfall wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO , § 915 ZPO ) eingetragen ist.

Gegen den Antragsteller wurden seit Juli 2006 von Gläubigern immer wieder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ergriffen. Zum Zeitpunkt des Widerrufsbescheides vollstreckte die C. wegen einer Forderung in Höhe von 20.036,10 €, das Finanzamt H. wegen Steuerrückständen in Höhe von 9.183,45 €, die Rechtsanwaltsversorgung N. wegen Rückständen in Höhe von 1.393,- € und ein M. B. wegen einer Forderung in Höhe von 3.102,91 €. Der Antragsteller war nicht in der Lage, diese Beträge zu bezahlen. Die Antragsgegnerin und der Anwaltsgerichtshof sind deshalb zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller bei Erlass der Widerrufsverfügung in Vermögensverfall geraten war.

b)

Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern. Anhaltspunkte dafür, dass dies hier ungeachtet des Vermögensverfalls nicht der Fall war, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor.

2.

Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), liegt nicht vor. Dem Antragsteller ist es nicht gelungen, seine Vermögensverhältnisse dauerhaft zu ordnen. Eine vollständige Übersicht über die bestehenden Verbindlichkeiten und die laufenden Einkünfte hat er nicht vorgelegt. Im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts H. sind derzeit vier Haftbefehle eingetragen, so dass für den Vermögensverfall auch die Vermutungsregel des § 14 Abs. 2 Nr. 7 2. Halbsatz BRAO streitet. Der beabsichtigte Verkauf der Gewerbeimmobilie in S. , aus dem der Antragsteller seine Schulden tilgen will, ist noch nicht zustande gekommen.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht (mehr) gefährdet sind.

Vorinstanz: AGH Niedersachsen, vom 19.01.2010 - Vorinstanzaktenzeichen AGH 14/09 (II 10)