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BGH - Entscheidung vom 21.01.2010

Xa ZR 20/06

Normen:
IntPatÜG Art. II § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

BGH, Urteil vom 21.01.2010 - Aktenzeichen Xa ZR 20/06

DRsp Nr. 2010/3199

Verfahren und Vorrichtung zur fortlaufenden Herstellung eines Verbundrohres mit Rohrmuffe als Gegenstand eines über den Inhalt der am Anmeldetag eingereichten Unterlagen hinausgehenden Patents; Ausführbarkeit des im Streitpatent erklärten Verfahrens zur fortlaufenden Herstellung eines Verbundrohres mit Rohrmuffe; Patentfähigkeit eines Verfahrens und einer Vorrichtung zur Herstellung eines Verbundrohres mit Rohrmuffe

Der Gegenstand eines Patentanspruchs ist patentfähig, wenn die geschützte Lehre durch den Stand der Technik nicht vorweggenommen und auch nicht nahegelegt ist.

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20. Dezember 2005 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das europäische Patent 563 575 wird unter Abweisung der weitergehenden Klage mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland insoweit für nichtig erklärt, als Patentanspruch 1 über folgende Fassung hinausgeht, an die sich die weiteren Patentansprüche anschließen:

"Verfahren zur fortlaufenden Herstellung eines aus einem glatten Innenrohr (107) und einem mit diesem verschweißten mit Querrillen (24) versehenen Außenrohr (105) bestehenden Verbundrohres (23) mit einer Rohr-Muffe (108) mit folgenden Verfahrensschritten:

- Es wird ein Außen-Schlauch (104) durch eine Außen-Düse (93) extrudiert;

- der Außen-Schlauch (104) wird durch von außen aufgebrachtes Teil-Vakuum mit einer Wellung mit Querrillen (24) versehen;

- es wird ein Innen-Schlauch (106) durch eine Innen-Düse (63) in den Außen-Schlauch (104) extrudiert;

- der Innen-Schlauch (106) wird gegen die Wellentäler (24a) des Außen-Schlauches (104) gedrückt und dort mit dem Außen-Schlauch (104) verschweißt;

- der Außen-Schlauch (104) wird in vorgegebenen Abständen unter Aufbringung des Teil-Vakuums von außen zu einer im wesentlichen glattwandigen etwa zylindrischen Rohr-Muffe (108) aufgeweitet,

gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

- Nach dem Extrudieren des Innen-Schlauches (106) in den Außen-Schlauch (104) und vor dem Andrücken des Innen-Schlauches (106) gegen die Wellentäler (24a) des Außen-Schlauches (104) wird in den Bereich zwischen Außen-Schlauch (104) und Innen-Schlauch (106) Gas mit einem über Atmosphärendruck (p3) liegenden Druck (p2) eingeblasen;

- nach dem Aufweiten des Außen-Schlauches (104) zu einer im wesentlichen glattwandigen etwa zylindrischen Rohr-Muffe (108) wird der Bereich zwischen Außen-Schlauch (104) und Innen-Schlauch (106) durch zwischen Außen-Düse (93) und Innen-Düse (63) ausmündende Gaskanäle (56) nach außen entlüftet; und

- anschließend wird der Innen-Schlauch (106) von innen mit Gas mit einem Druck (p4) über Atmosphärendruck (p3) beaufschlagt und unter Aufweitung vollflächig gegen den aufgeweiteten Bereich des Außen-Schlauches (104) gedrückt."

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zur Last.

Von Rechts wegen

Normenkette:

IntPatÜG Art. II § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2;

Tatbestand:

Der Beklagte ist Inhaber des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten, am 26. Februar 1993 unter Inanspruchnahme der Priorität einer deutschen Patentanmeldung vom 31. März 1992 angemeldeten europäischen Patents 563 575 (Streitpatents), das ein Verfahren und eine Vorrichtung zur fortlaufenden Herstellung eines Verbundrohres mit Rohrmuffe betrifft. Die Patentansprüche 1 und 3 des Streitpatents lauten in der erteilten Fassung:

"1. Verfahren zur fortlaufenden Herstellung eines aus einem glatten Innenrohr (107) und einem mit diesem verschweißten mit Querrillen (24) versehenen Außenrohr (105) bestehenden Verbundrohres (23) mit einer Rohr-Muffe (108) mit folgenden Verfahrensschritten:

- Es wird ein Außen-Schlauch (104) extrudiert;

- der Außen-Schlauch (104) wird durch von außen aufgebrachtes Teil-Vakuum mit einer Wellung mit Querrillen (24) versehen;

- es wird ein Innen-Schlauch (106) in den Außen-Schlauch (104) extrudiert;

- der Innen-Schlauch (106) wird gegen die Wellentäler (24a) des Außen-Schlauches (104) gedrückt und dort mit dem Außen-Schlauch (104) verschweißt;

- der Außen-Schlauch (104) wird in vorgegebenen Abständen unter Aufbringung des Teil-Vakuums von außen zu einer im wesentlichen glattwandigen etwa zylindrischen Rohr-Muffe (108) aufgeweitet,

gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

- Nach dem Extrudieren des Innen-Schlauches (106) in den Außen-Schlauch (104) und vor dem Andrücken des Innen-Schlauches (106) gegen die Wellentäler (24a) des Außen-Schlauches (104) wird in den Bereich zwischen Außen-Schlauch (104) und Innen-Schlauch (106) Gas mit einem über Atmosphärendruck (p3) liegenden Druck (p2) eingeblasen;

- nach dem Aufweiten des Außen-Schlauches (104) zu einer im wesentlichen glattwandigen etwa zylindrischen Rohr-Muffe (108) wird der Bereich zwischen Außen-Schlauch (104) und Innen-Schlauch (106) entlüftet; und

- anschließend wird der Innen-Schlauch (106) von innen mit Gas mit einem Druck (p4) über Atmosphärendruck (p3) beaufschlagt und unter Aufweitung vollflächig gegen den aufgeweiteten Bereich des Außen-Schlauches (104) gedrückt.

3. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 oder 2,

- wobei mit ringförmigen Formausnehmungen (102) versehene, sich auf einer Formstrecke (9) jeweils paarweise zu einer Form mit einer Mittel-Längs-Achse (29) ergänzende Halbkokillen (2, 2') auf einem Maschinentisch (1) im Kreislauf und in Produktionsrichtung (4) geführt angeordnet sind,

- wobei die Formausnehmungen (102) an in den Halbkokillen (2, 2') ausgebildete Teil-Vakuum-Kanäle (103) angeschlossen sind,

- wobei der Formstrecke (9) ein Spritzkopf (25) eines Extruders vorgeordnet ist,

- wobei der Spritzkopf (25) mit einer Außen-Düse (93) zur Extrusion eines Außen-Schlauches (104) und in Produktionsrichtung (4) nachgeordnet mit einer Innen-Düse (63) zur Extrusion eines Innen-Schlauches (106) und an seinem in Produktionsrichtung (4) hintenliegenden Ende mit einer Temperierglocke (62) versehen ist,

- wobei zwischen Außen-Düse (93) und Innen-Düse (63) aus dem Spritzkopf (25) mindestens ein Gaskanal (56) ausmündet, und

- wobei zwischen Innen-Düse (63) und Temperierglocke (62) ein zusätzlicher Gas-Kanal (100) aus dem Spritzkopf (25) ausmündet,

dadurch gekennzeichnet

- dass mindestens ein Paar Halbkokillen (2, 2') mit einer Muffen-Ausnehmung (109) versehen ist,

- dass der mindestens eine Gaskanal (56) an ein Ventil (125a) angeschlossen ist, das auf Gas mit Druck (p2) über Atmosphärendruck (p3) und auf Entlüftung umschaltbar ist,

- dass der zusätzliche Gas-Kanal (100) an ein Ventil (125) angeschlossen ist, das auf Gas mit Druck (p4) über Atmosphärendruck schaltbar ist, und

- dass Schalter (123, 124) vorgesehen sind, die in Abhängigkeit von der Stellung der Muffen-Ausnehmung (109) zu dem zusätzlichen Gas-Kanal (100) und/oder dem mindestens einen Gaskanal (56) die Ventile (125a, 125) schalten."

Patentanspruch 2 ist auf Patentanspruch 1, die Patentansprüche 4 bis 10 sind auf Patentanspruch 3 zurückbezogen.

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der am Anmeldetag eingereichten Unterlagen hinaus und sei weder neu noch erfinderisch. Das Patentgericht hat die auf vollständige Vernichtung des Streitpatents gerichtete Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt und ergänzend geltend macht, die Lehre des Streitpatents sei nicht ausführbar. Der Beklagte verteidigt das Streitpatent in der Berufungsinstanz in der aus dem Tenor ersichtlichen, hilfsweise in der erteilten Fassung.

Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr.-Ing. W., Universität D., ein schriftliches Gutachten erstellt, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Klägerin hat zur Frage der Ausführbarkeit ein schriftliches Gutachten von Professor Dr. T., University of W. C., vorgelegt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat Erfolg, soweit der Beklagte das Streitpatent nur noch eingeschränkt verteidigt. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

I. Das Patentgericht hat die Abweisung der Klage wie folgt begründet: Das Streitpatent beruhe nicht auf einer unzulässigen Erweiterung. Soweit Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung Angaben über die Reihenfolge der einzelnen Verfahrensschritte enthalte, ergebe sich diese Reihenfolge trotz insoweit abweichenden Wortlauts auch aus der ursprünglich eingereichten Fassung des Anspruchs. Der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 3 sei neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit. Das aus der europäischen Patentschrift 108 598 (K10) bekannte Verfahren, bei dem die Entlüftung durch Anstechen des Außenschlauchs erfolge, ziele in eine andere Richtung und könne deshalb keinen Hinweis auf die Lehre des Streitpatents geben. Bei dem in der veröffentlichten internationalen Anmeldung WO 90/14208 (K7a) beschriebenen Verfahren erfolge keine Entlüftung des Bereichs zwischen Außen- und Innenschlauch, so dass auch diese Entgegenhaltung die patentgemäße Lehre nicht habe nahelegen können. Bei dem Verfahren nach der deutschen Offenlegungsschrift 37 01 822 (K9) werde es dem Zufall überlassen, wie viel Gas bis zum Abdichten des Raumes aus dem Bereich zwischen Außen- und Innenschlauch entweichen könne. Somit könne auch diese Entgegenhaltung keinen Hinweis auf das gezielte Entlüften des genannten Bereichs geben. Auch eine Zusammenschau der Entgegenhaltungen vermöge dem Fachmann keinen Weg in Richtung der Lehre nach Patentanspruch 1 zu weisen.

Dies hält, soweit das Streitpatent noch verteidigt wird, der Überprüfung in der Berufungsinstanz stand.

II. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur fortlaufenden Herstellung eines Verbundrohres mit Rohrmuffe.

1. Verbundrohre im Sinne des Streitpatents bestehen aus einem gewellten Außenrohr und einem im Wesentlichen glatten Innenrohr. Das Außen- und das Innenrohr bestehen aus Kunststoff und sind fest miteinander verbunden. Das fertige Rohr weist an einem Ende eine Muffe auf, mit der zwei Rohrstücke miteinander verbunden werden können. Diese Muffe wird häufig bereits während der Herstellung ausgeformt, und zwar dergestalt, dass aus einem Außen- und einem Innenschlauch ein durchgehender Rohrstrang hergestellt wird, der abwechselnd normale Wellrohrabschnitte und Muffenabschnitte aufweist. Im Bereich der Muffen ist das Außenrohr nicht gewellt, sondern bildet zusammen mit dem Innenrohr einen Abschnitt mit im Wesentlichen glatter Oberfläche und einem Innendurchmesser, der geringfügig größer ist als der Außendurchmesser des Wellrohrabschnitts.

Im Stand der Technik waren verschiedene Verfahren zur Herstellung solcher Verbundrohre bekannt, bei denen ein Außen- und ein Innenschlauch extrudiert und in erwärmtem Zustand geformt und miteinander verschweißt werden. Bei einem dieser Verfahren wird der Bereich zwischen Außen- und Innenschlauch mit Druck beaufschlagt, um die gewellten Abschnitte auszuformen. Zur Bildung der Muffe wird der Außenschlauch in eine Muffenausnehmung gedrückt. Anschließend wird einer der beiden Schläuche durchstochen und der Innenschlauch durch mechanischen Druck von innen gegen den Außenschlauch gedrückt und mit diesem verschweißt. In der Streitpatentschrift wird ausgeführt, der konstruktive Aufwand für eine Vorrichtung zur Ausführung dieses Verfahrens sei beträchtlich. Darüber hinaus habe die Praxis gezeigt, dass eine zuverlässige Verschweißung und eine maßgenaue Herstellung einer Rohrmuffe auf diesem Weg nicht möglich seien.

Bei einem anderen bekannten Verfahren wird der Innenschlauch mit Druckgas gegen den Außenschlauch gedrückt und mit diesem verschweißt. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift ist damit eine definierte Verbindung zwischen Innen- und Außenschlauch nicht sichergestellt. Bei einem weiteren Verfahren wird der Außenschlauch mittels eines Teilvakuums in eine Muffenausnehmung eingesaugt. Der Innenschlauch wird mittels Druckluft gegen den Außenschlauch gepresst und mit diesem verschweißt. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift ist durch diese Ausgestaltung nicht sichergestellt, dass die Verschweißung von Innen- und Außenschlauch im Bereich der Rohrmuffe zuverlässig durchgeführt wird.

Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur fortlaufenden Herstellung von Verbundrohren mit Rohrmuffen zur Verfügung zu stellen, mit denen eine hohe Festigkeit der Rohrmuffe bei geringem Aufwand gewährleistet ist.

2. Zur Lösung dieses Problems wird in Patentanspruch 1 in der im Berufungsverfahren verteidigten Fassung ein Verfahren vorgeschlagen, das folgende Merkmale aufweist (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung sind hervorgehoben):

1.1 Das Verfahren dient der fortlaufenden Herstellung eines aus einem glatten Innenrohr und einem mit diesem verschweißten mit Querrillen versehenen Außenrohr bestehenden Verbundrohres mit einer Rohrmuffe und umfasst folgende Verfahrensschritte:

1.2 Es wird ein Außenschlauch durch eine Außendüse extrudiert.

1.3 Der Außenschlauch wird durch von außen aufgebrachtes Teilvakuum mit einer Wellung mit Querrillen versehen.

1.4 Es wird ein Innenschlauch durch eine Innendüse in den Außenschlauch extrudiert.

1.5 Der Innenschlauch wird gegen die Wellentäler des Außenschlauches gedrückt und dort mit dem Außenschlauch verschweißt.

1.6 Der Außenschlauch wird in vorgegebenen Abständen unter Aufbringung des Teilvakuums von außen zu einer im Wesentlichen glattwandigen etwa zylindrischen Rohrmuffe aufgeweitet.

1.7 Nach dem Extrudieren des Innenschlauches in den Außenschlauch und vor dem Andrücken des Innenschlauches gegen die Wellentäler des Außenschlauches wird in den Bereich zwischen Außenschlauch und Innenschlauch Gas mit einem über Atmosphärendruck liegenden Druck eingeblasen.

1.8 Nach dem Aufweiten des Außenschlauches zu einer im Wesentlichen glattwandigen etwa zylindrischen Rohrmuffe wird der Bereich zwischen Außenschlauch und Innenschlauch durch zwischen Außendüse und Innendüse ausmündende Gaskanäle nach außen entlüftet.

1.9 Anschließend wird der Innenschlauch von innen mit Gas mit einem Druck über Atmosphärendruck beaufschlagt und unter Aufweitung vollflächig gegen den aufgeweiteten Bereich des Außenschlauches gedrückt.

3. Einige Merkmale bedürfen näherer Erläuterung.

a) Die Ausbildung der Querrillen am Außenschlauch erfolgt gemäß Merkmal 1.3, indem von außen ein Teilvakuum aufgebracht wird. Die Lehre des Streitpatents wird damit von anderen, ebenfalls vorbekannten Herstellungsmethoden abgegrenzt, bei denen die Querrillen durch einen von innen aufgebrachten Gasdruck oder durch mechanische Presswerkzeuge gebildet werden. Auch die Lehre des Streitpatents sieht in Merkmal 1.7 vor, dass in den Bereich zwischen Außen- und Innenschlauch Gas mit einem über dem Atmosphärendruck liegenden Druck eingeblasen wird. Damit wird nach den Ausführungen in der Beschreibung verhindert, dass beim Abkühlen der an den Wellentälern miteinander verschweißten Schläuche der Innenschlauch nach außen gewölbt wird (Sp. 11 Z. 38-44). Dieser Druck kann, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, zugleich dazu beitragen, dass der Außenschlauch in die zur Ausbildung der Querrillen vorgesehenen Formen gepresst wird. Das Zunutzemachen dieses Effekts wird durch die Lehre von Anspruch 1 des Streitpatents nicht ausgeschlossen. Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich weder dem Wortlaut von Patentanspruch 1 noch dem sonstigen Inhalt der Streitpatentschrift entnehmen, dass die Querrillen ausschließlich durch ein von außen wirkendes Teilvakuum erzeugt werden müssen.

Die Formulierung in Merkmal 1.7, wonach das Einblasen von Gas in den Bereich zwischen Außen- und Innenschlauch mit einem über Atmosphärendruck liegenden Druck nach dem Extrudieren des Innenschlauchs in den Außenschlauch und vor dem Andrücken des Innenschlauchs gegen die Wellentäler des Außenschlauchs erfolgt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar lässt dies, wie die Klägerin zutreffend geltend macht, zumindest theoretisch die Möglichkeit offen, den Druck erst dann aufzubauen, wenn die Querrillen am Außenschlauch durch Aufbringen des Teilvakuums bereits vollständig ausgebildet sind. Dem Wortlaut von Patentanspruch 1 lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass die geschützte Lehre auf eine solche Ausgestaltung beschränkt sein soll. Er umfasst vielmehr auch Verfahren, bei denen der in Rede stehende Druck bereits zu einem früheren Zeitpunkt aufgebaut wird und nach dem Extrudieren des Innenschlauchs in den Außenschlauch weiterhin ansteht, wie dies auch nach dem in der Streitpatentschrift geschilderten Ausführungsbeispiel der Fall ist. Ausgeschlossen sind lediglich solche Verfahren, bei denen das von außen aufgebrachte Teilvakuum keinen wesentlichen Einfluss auf die Ausbildung der Querrillen ausübt.

b) Der für die Ausbildung der gewellten Rohrabschnitte erforderliche Druck zwischen Innen- und Außenschlauch ist bei der Ausbildung des Muffenabschnitts nachteilig. Er behindert die in diesem Bereich angestrebte vollflächige Verbindung der beiden Schläuche. Gemäß den Merkmalen 1.8 und 1.9 von Patentanspruch 1 des Streitpatents wird deshalb der Bereich zwischen Außen- und Innenschlauch nach dem Aufweiten des Außenschlauchs entlüftet und anschließend der Innenschlauch von innen mit Druck beaufschlagt.

Aus den Angaben "nach" und "anschließend" kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gefolgert werden, dass der jeweils vorangegangene Verfahrensschritt vor Beginn des nächsten Schritts hinsichtlich der gesamten Muffe abgeschlossen sein muss. Es reicht vielmehr aus, wenn die in Rede stehende Schritte - Aufweiten des Außenschlauchs auf das für den Muffenbereich angestrebte Maß, Entlüftung des Bereichs zwischen Außen- und Innenschlauchs und anschließende Aufweitung des Innenschlauchs - für jeden einzelnen Teilabschnitt des Muffenbereichs in der angegebenen Reihenfolge absolviert werden. Bei dem in der Streitpatentschrift geschilderten Ausführungsbeispiel wird dies, wie insbesondere aus Figur 3 hervorgeht, dadurch erreicht, dass der Innenschlauch erst an einer Stelle extrudiert wird, an der der Außenschlauch bereits aufgeweitet ist. Zu diesem Zeitpunkt ist der Bereich zwischen Innen- und Außenschlauch mit der Atmosphäre verbunden, so dass die darin befindliche Luft beim Ausweiten des Innenschlauchs nach außen entweichen kann (Sp. 12 Z. 1-6). Das Aufweiten des Innenschlauchs führt deshalb dazu, dass der Zwischenraum vor dem Zusammentreffen von Innen- und Außenschlauch entlüftet wird. Diese Vorgehensweise, bei der die in den Merkmalen 1.8 und 1.9 beschriebenen Verfahrensschritte bezogen auf einen einzelnen Abschnitt der Muffe zeitlich aufeinander folgen, bezogen auf die gesamte Muffe jedoch zeitlich weitgehend überschneidend stattfinden, entspricht dem kontinuierlichen Charakter des gesamten Herstellungsvorgangs. Mit dem Patentgericht und der Technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (T 1024/02 - 3.2.5 vom 12.5.2004, K5 S. 12-14) ist der Senat der Auffassung, dass den Merkmalen 1.8 und 1.9 keine weitergehenden Anforderungen entnommen werden können.

c) In der erteilten Fassung ließ der Wortlaut von Patentanspruch 1 offen, in welcher Weise die in Merkmal 1.8 vorgesehene Entlüftung des Bereichs zwischen Außen- und Innenschlauch erfolgt. In der nunmehr verteidigten Fassung wird dies dahin eingeschränkt, dass die Entlüftung durch Gaskänäle zu erfolgen hat, die zwischen der Innen- und der Außendüse in die Extrudiervorrichtung münden und nach außen führen. Durch diese Art der Entlüftung kann das in der Streitpatentschrift als nachteilig bezeichnete Durchstechen des Außen- oder Innenschlauchs vermieden werden.

4. In Patentanspruch 3 wird eine Vorrichtung vorgeschlagen, mit der das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 ausgeführt werden kann. Diese weist folgende Merkmale auf:

3.1 Die Vorrichtung weist Halbkokillen auf, die

3.1.1 auf einem Maschinentisch im Kreislauf und in Produktionsrichtung geführt angeordnet sind,

3.1.2 sich auf einer Formstrecke jeweils paarweise zu einer Form mit einer Mittel-Längs-Achse ergänzen,

3.1.3 mit ringförmigen Formausnehmungen versehen sind,

3.1.4 Teil-Vakuum-Kanäle aufweisen, an die die Formausnehmungen angeschlossen sind,

3.1.5 und von denen mindestens ein Paar mit einer Muffen-Ausnehmung versehen ist.

3.2 Der Formstrecke ist ein Spritzkopf eines Extruders vorgeordnet,

3.2.1 mit einer Außendüse zur Extrusion eines Außenschlauches,

3.2.2 in Produktionsrichtung nachgeordnet mit einer Innendüse zur Extrusion eines Innenschlauches und

3.2.3 an seinem in Produktionsrichtung hinten liegenden Ende mit einer Temperierglocke,

3.2.4 aus dem mindestens ein Gaskanal ausmündet,

3.2.4.1 dessen Ausmündung zwischen der Außendüse und der Innendüse liegt und

3.2.4.2 der an ein Ventil angeschlossen ist, das auf Gas mit Druck über Atmosphärendruck und auf Entlüftung umschaltbar ist, und

3.2.5 aus dem ein zusätzlicher Gaskanal ausmündet,

3.2.5.1 dessen Ausmündung zwischen der Innendüse und der Temperierglocke liegt und

3.2.5.2 der an ein Ventil angeschlossen ist, das auf Gas mit Druck über Atmosphärendruck schaltbar ist.

III. Der Beklagte verteidigt das Streitpatent mit seinem Hauptantrag in zulässiger Weise. Die in Patentanspruch 1 zusätzlich aufgenommenen Merkmale sind in den ursprünglich eingereichten Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart.

Bereits in der Anmeldung des Streitpatents wurde in der Beschreibung des Ausführungsbeispiels dargelegt, dass die Entlüftung erfolgt, indem ein Magnetventil mit der Atmosphäre verbunden wird, so dass die Luft nach außen entweichen kann (K21 Sp. 11 Z. 57 - Sp. 12 Z. 4). Dieser konkrete Lösungsweg ist nunmehr Gegenstand von Patentanspruch 1.

Entgegen der Auffassung der Klägerin war der Beklagte nicht gehalten, Patentanspruch 1 zusätzlich dahin einzuschränken, dass der Außenbereich, in den die Luft entweicht, unter Atmosphärendruck steht. Eine solchermaßen konkretisierte Lösung ist zwar durch die Schilderung des Ausführungsbeispiels ebenfalls als zur Erfindung gehörend offenbart. Der Gegenstand der Anmeldung beschränkt sich jedoch nicht darauf, sondern umfasst Ausführungsformen, bei denen die Entlüftung durch eine zwischen Innen- und Außendüse mündende Leitung nach außen erfolgt, auch dann, wenn dieser Entlüftungsvorgang durch zusätzliche Maßnahmen wie z.B. ein von außen an die Entlüftungsleitung angelegtes Teilvakuum unterstützt wird.

IV. Zutreffend hat das Patentgericht entschieden, dass der Gegenstand des Streitpatents nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.

Die in der ursprünglich eingereichten Fassung von Patentanspruch 1 noch nicht enthaltenen Formulierungen in den Merkmalen 1.7, 1.8 ("nach ...") und 1.9 ("anschließend"), aus denen Angaben über die zeitliche Reihenfolge der einzelnen Verfahrensschritte entnommen werden können, erweitern die beanspruchte Lehre nicht. Wie bereits oben dargelegt wurde, kann weder dem Wortlaut des erteilten Patentanspruchs noch dem für die Auslegung heranzuziehenden übrigen Inhalt der Streitpatentschrift entnommen werden, dass mit diesen Formulierungen die zeitliche Reihenfolge der Verfahrensschritte anders festgelegt werden soll als dies aus dem bereits in den ursprünglich eingereichten Unterlagen enthaltenen Ausführungsbeispiel ersichtlich ist.

Die Ausführungen in der Beschreibung des Streitpatents, wonach das Umschalten der beiden Magnetventile "gleichzeitig" erfolgen soll, führen zu keiner anderen Beurteilung. Die Lehre von Patentanspruch 1 geht dahin, den Bereich zwischen Außen- und Innenschlauch in einem bestimmten Verfahrensstadium zu entlüften und anschließend den Innenschlauch von innen mit Druck zu beaufschlagen. Die darin enthaltenen Vorgaben zur zeitlichen Reihenfolge beziehen sich nicht auf den Zeitpunkt, zu dem bestimmte Ventile umgeschaltet werden, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem die patentgemäße Wirkung eintreten soll. Bei dem in der Streitpatentschrift geschilderten Ausführungsbeispiel kann diese Vorgabe auch dann eingehalten werden, wenn die Ventile gleichzeitig geöffnet werden. Die damit angestrebten Wirkungen - Entlüftung einerseits und Druckbeaufschlagung andererseits - treten, wie bereits oben ausgeführt wurde, aufgrund der konstruktiven Ausgestaltung der zur Ausführung des Verfahrens eingesetzten Vorrichtung dennoch in der vorgegebenen Reihenfolge ein.

V. Die Klägerin macht in der Berufungsinstanz ergänzend geltend, das in der Streitpatentschrift offenbarte Verfahren sei nicht ausführbar. Die darin liegende Klageänderung ist sachdienlich, weil sie ohne besonderen Zusatzaufwand in der Berufungsinstanz eine umfassende Erledigung der Auseinandersetzung um den Bestand des Streitpatents ermöglicht. Der auf Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 IntPatÜG gestützte Angriff vermag der Klage jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Senat konnte nicht die Überzeugung gewinnen, dass die Lehre des Streitpatents so, wie sie in der Streitpatentschrift offenbart ist, nicht ausgeführt werden kann.

Die Behauptung der Beklagten, mit der in Figur 3 der Streitpatentschrift wiedergegebenen Vorrichtung sei es nicht möglich, in der Ausnehmung für die Rohrmuffe auf den Außenschlauch von außen ein Teilvakuum aufzubringen, ist durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt worden. Zwar bedarf es zur Realisierung des in der Streitpatentschrift offenbarten Verfahrens der Einstellung und Abstimmung zahlreicher Verfahrensparameter, insbesondere der Temperaturen, Zeiten, Wege, Geschwindigkeiten und Drücke. Diese - bei nahezu jedem Verfahren erforderlichen - Anpassungen kann der Fachmann, ein Diplomingenieur mit Universitäts- oder Fachhochschulausbildung der Fachrichtung Kunststofftechnologie und mehrjähriger Erfahrung in der Produktion von Wellrohren, jedoch, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, aufgrund seines Fachwissens und -könnens vornehmen. Auch die Klägerin trägt in anderem Zusammenhang vor, die Beklagtenseite habe schon vor dem Prioritätstag Rohre nach dem im Streitpatent beschriebenen Verfahren hergestellt. Den Ausführungen in dem Gutachten des von der Klägerin beauftragten Parteigutachters Prof. Dr. T. (K27), innerhalb der kurzen Zeitspanne, die für die Fertigung der Muffe zur Verfügung stehe, könne kein ausreichendes Teilvakuum erzeugt werden, vermag der Senat nicht beizutreten. Weder aus diesem Gutachten noch aus sonstigen Umständen ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Erzeugung eines solchen Vakuums unter den in Rede stehenden Bedingungen naturwissenschaftlich ausgeschlossen wäre. Die im Parteigutachten geäußerten Bedenken an der konstruktiven Realisierbarkeit sind nicht auf konkrete Anhaltspunkte gestützt, sondern Ergebnis einer abstrakten Einschätzung des Parteigutachters anhand von Figur 3 des Streitpatents. Dieser Einschätzung steht die gegenteilige Beurteilung durch den gerichtlichen Sachverständigen entgegen. Vor diesem Hintergrund vermochte der Senat nicht zu der Überzeugung zu gelangen, dass die im Streitpatent offenbarte Lehre nicht ausführbar ist.

Die von der Klägerin durchgeführten und in Anlage K24 dokumentierten Versuche führen zu keiner abweichenden Beurteilung. Aus dem Versuchsbericht geht nicht hervor, dass die für die Versuche eingesetzte Vorrichtung, bei der die Steuerung der Ventile über zusätzlich angefügte, von Hand zu betätigende Schalter erfolgt, zur Durchführung des patentgemäßen Verfahrens geeignet war und ob alle dem Fachmann zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Anpassung der Verfahrensparameter ausgeschöpft worden sind.

VI. Der Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 ist patentfähig.

1. Die geschützte Lehre ist, wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, durch den Stand der Technik nicht vorweggenommen.

2. Die geschützte Lehre ist durch den Stand der Technik auch nicht nahegelegt.

a) Die europäische Patentschrift 108 598 (K10) offenbart ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung eines doppelwandigen thermoplastischen Rohrs mit integrierten Muffen. Das Verfahren weist die Merkmale 1.1, 1.2, 1.4, 1.5 und 1.7 von Patentanspruch 1 des Streitpatents auf. Abweichend von den Merkmalen 1.3 und 1.6 wird der Außenschlauch nicht durch ein Teilvakuum aufgeweitet, sondern durch von innen wirkenden Druck (K10 Sp. 3 Z. 17-20 = K10a S. 5 Abs. 3). Der Innenschlauch wird abweichend von Merkmal 1.9 zur Bildung der Muffe nicht mit Gasdruck beaufschlagt, sondern mittels Rollkörpern ("roller") nach außen gedrückt (K10 Sp. 4 Z. 12-16 = K10a S. 7 Abs. 1). Um den Bereich zwischen Außen- und Innenschlauch zu entlüften, wird einer der Schläuche durchstochen.

Diese Veröffentlichung gab dem Fachmann auch vor dem Hintergrund der übrigen Entgegenhaltungen keine Veranlassung, das darin beschriebene Verfahren in Richtung auf die Lehre von Patentanspruch 1 des Streitpatents abzuwandeln. Auch wenn der Fachmann die in der Streitpatentschrift (Sp. 1 Z. 25-30) beschriebenen Nachteile erkannte und deshalb Anlass hatte, nach anderen Wegen zur Entlüftung des Bereichs zwischen den beiden Schläuchen zu suchen, konnte er weder aus K10 noch aus anderen Entgegenhaltungen die Anregung entnehmen, die Entlüftung über eine in den genannten Bereich mündende Leitung vorzunehmen. Dem steht nicht entgegen, dass bei der in K10 beschriebenen Vorrichtung eine solche Leitung theoretisch zur Verfügung stünde, nämlich in Gestalt der Druckleitung, die den zur Ausweitung des Außenschlauchs erforderlichen Druck zuführt. Um diese Möglichkeit zu nutzen, hätte der Fachmann jedoch eine andere Abfolge von Verfahrensschritten wählen müssen. Der zur Lösung des Streitpatents führende Schritt erschöpfte sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht darin, die in K10 offenbarten Methoden zur Formung der beiden Schläuche jeweils durch aus dem Stand der Technik bekannte gleichwirkende Verfahrensschritte zu ersetzen. Vielmehr mussten die einzelnen Schritte so ausgewählt und aufeinander abgestimmt werden, dass die mit dem Streitpatent angestrebte Funktion verwirklicht werden kann. Hierfür gab K10 keine Anregung.

b) Die deutsche Offenlegungsschrift 37 01 822 (K9), deren Inhalt der im Streitpatent erwähnten veröffentlichten internationalen Patentanmeldung WO 88/05377 entspricht, offenbart ein Verfahren und eine Vorrichtung zur fortlaufenden Herstellung eines Verbundrohrs mit Rohrmuffe. Patentanspruch 5 und das dazu korrespondierende Ausführungsbeispiel betreffen ein Verfahren zur Herstellung von Doppelschichtrohren mit geriefter Außenfläche und glatter Innenfläche. Eine Vorrichtung zum Ausführen dieses Verfahrens ist in Figur 4 der Entgegenhaltung abgebildet.

Das in K9 beschriebene Verfahren weist die Merkmale 1.1 bis 1.6 sowie 1.9 von Patentanspruch 1 des Streitpatents auf. Ob der Bereich zwischen Außen- und Innenschlauch entsprechend Merkmal 1.7 beim Formen der gewellten Abschnitte mit Druck beaufschlagt wird, geht aus der Beschreibung nicht hervor. Im Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 4 wird lediglich ausgeführt, die Druckluft zum Anpressen des Innenschlauchs an den Außenschlauch im Bereich der Muffe dürfe nur zugeführt werden, wenn sich der zur Ausbildung der Muffe dienende Hohlraum an der die Druckluft zuführenden Nut befinde, weil die Wand sonst zusammengedrückt werden könne (K9 Sp. 6 Z. 47-50). Keine Hinweise enthält die Entgegenhaltung zu der Frage, ob und in welcher Weise der Bereich zwischen Außen- und Innenschlauch zum Ausformen der Muffe entlüftet wird.

All dies gab dem Fachmann keine Veranlassung, das in K9 offenbarte Verfahren in Richtung auf die Lehre von Patentanspruch 1 des Streitpatents abzuwandeln. Auch wenn er erkannte, dass der in der Streitpatentschrift (Sp. 2 Z. 18-21) beschriebene Nachteil einer unzuverlässigen Verschweißung von Außen- und Innenschlauch im Bereich der Rohrmuffe auf unzureichender Entlüftung beruhte, gab ihm weder K9 noch der sonstige Stand der Technik eine Anregung, diese Nachteile auf die im Streitpatent beschriebene Weise zu vermeiden. Dies gilt auch für den in K9 enthaltenen Hinweis, die Innenwand könne durch den im Innenschlauch aufgebrachten Druck zusammengedrückt werden. Dieser Hinweis stellte schon deshalb keine Anregung dar, die Lehre aus K9 abzuwandeln, weil in der Entgegenhaltung selbst ein gangbarer Weg zur Behebung dieser Problematik aufgezeigt wurde. Selbst wenn der Fachmann dennoch nach Alternativen gesucht und das Verfahren dahin ergänzt hätte, dass auch der Bereich zwischen Außen- und Innenwand mit Druck beaufschlagt wird, hätte dies nicht zu der vom Streitpatent geschützten Lösung geführt. Die zusätzlich eingebrachte Stützluft hätte die Entlüftungsproblematik sogar noch verschärft. Hinzu kommt, dass die Lösung nach K9, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, eine wirksame Entlüftung ohnehin erschwert, weil dort in Patentanspruch 1 als kennzeichnendes Merkmal Abdichtungen (20, 21) zwischen dem Formhohlraum für die Muffe und dem restlichen Bereich des Schlauchs vorgesehen sind. Um zur Lehre des Streitpatents zu gelangen, hätte sich der Fachmann von dem in K9 beschriebenen Lösungsweg somit vollständig lösen müssen. Hierzu gab die Entgegenhaltung keine Anregung.

Der in K9 enthaltene Hinweis, die Anordnung könne möglicherweise auch so verwirklicht werden, dass die Formung des Muffenteils schon beginnt, bevor der ganze Hohlraum die Düse passiert hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Auch dies gab dem Fachmann keinen Hinweis, wie er die Entlüftungsproblematik durch Abwandlung der einzelnen Verfahrensschritte lösen kann. Zwar ist, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, denkbar, dass der Bereich zwischen Außen- und Innenschlauch in dem Abschnitt, der sich in Figur 4 der Entgegenhaltung von der Abdichtung 21 aus nach links erstreckt, mit der Atmosphäre in Verbindung steht. Dann könnte die Luft aus diesem Bereich nach außen entweichen, wenn die Umformung des Innenschlauchs beginnt, bevor dieser an der mit 21 bezeichneten Stelle an den Außenschlauch gepresst wird. Dies setzt jedoch voraus, dass diesem Bereich keine Stützluft zugeführt wird. Eine Anregung, den für das Streitpatent charakteristischen Wechsel zwischen Zuführung von Stützluft und Entlüftung durchzuführen, ergibt sich daraus nicht.

c) Die Veröffentlichung der internationalen Patentanmeldung WO 90/14208 (K7a) beschreibt ein Verfahren zum Formen von Rohren unter Verwendung von pneumatischem Unter- und Überdruck. Um eine glatte Innenfläche zu erhalten, wird das Rohr mit Unterdruck auf einen Kerndorn gezogen. Zur Ausformung von Muffen wird das Rohr durch von innen wirkenden Druck ausgeweitet. In den Figuren 9 und 10 der Entgegenhaltung wird ein Ausführungsbeispiel gezeigt, bei dem ein Verbundrohr mit gewelltem Außenrohr und glattem Innenrohr hergestellt wird. Dieses Verfahren weist die Merkmale 1.1, 1.2, 1.4, 1.5, und 1.9 von Patentanspruch 1 des Streitpatents auf. Ob der Außenschlauch entsprechend den Merkmalen 1.3 und 1.6 mittels eines Teilvakuums aufgeweitet wird, geht aus der Entgegenhaltung nicht hervor. Es heißt dort lediglich, der Außenschlauch werde "by conventional or other suitable means" in die Muffenform hineingedrückt (K7a S. 13 Z. 23-28 = K7b S. 13 Z. 30-33). Nicht näher ausgeführt wird ferner, ob der Bereich zwischen Außen- und Innenschlauch entsprechend den Merkmalen 1.7 und 1.8 während der Ausbildung des gewellten Bereichs mit Druck beaufschlagt und während der Ausbildung der Muffen entlüftet wird. Im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem Stand der Technik wird lediglich ausgeführt, bei der Herstellung von doppelwandigen geriffelten Rohren träten Schwierigkeiten auf, wenn der Druck innerhalb der Wellungen zu niedrig oder zu hoch sei (K7a S. 4 Z. 10-17 = K7b S. 4 Z. 12-19).

Auch diese Entgegenhaltung gab dem Fachmann keine Veranlassung, das darin beschriebene Verfahren in Richtung auf die Lehre des Streitpatents abzuwandeln. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich, wie die Klägerin geltend macht, die nach Merkmal 1.8 erforderliche Entlüftung bei der Lösung nach K7a zwangsläufig ergibt, weil die Luft in den Bereich ausweichen kann, wo erneut ein Wellrohrabschnitt ausgebildet wird. Diese Möglichkeit besteht allenfalls dann, wenn dieser Bereich zur Ausbildung des gewellten Abschnitts nicht unter Druck steht, was aber nach Merkmal 1.7 des Streitpatents erforderlich ist. Eine Anregung, den für das Streitpatent charakteristischen Wechsel zwischen Druckbeaufschlagung und Entlüftung vorzunehmen, ergab sich auch aus K7a nicht.

d) Der als Anlage K15 und erneut als Anlage K25 vorgelegte Rohrausschnitt versetzte den Fachmann ebenfalls nicht in die Lage, ohne erfinderische Tätigkeit zur Lehre von Patentanspruch 1 des Streitpatents zu gelangen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob Rohre mit diesen Eigenschaften vor dem Prioritätstag der Öffentlichkeit zugänglich waren. Selbst wenn dies der Fall gewesen ist, konnte der Fachmann am Prioritätstag aus der Beschaffenheit der Rohre nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass diese nach dem vom Streitpatent geschützten Verfahren hergestellt worden sind.

Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen weist der vorgelegte Rohrausschnitt allerdings Merkmale auf, die in Kenntnis des Streitpatents darauf hinweisen, dass das Rohr nach dem Verfahren gemäß Patentanspruch 1 hergestellt wurde. Die Abdrücke von Vakuumschlitzen lassen erkennen, dass der Außenschlauch durch ein von außen wirkendes Teilvakuum ausgeweitet worden ist. Die Beschaffenheit der Innenoberfläche deutet darauf hin, dass der Innenschlauch mittels Gasdruck gegen den Außenschlauch gepresst worden ist und dass die gewellten Abschnitte durch leicht erhöhten Druck in den geschlossenen Kammern der gewellten Profile hergestellt worden sind. Die nahezu vollständige Verschweißung der beiden Schläuche im Bereich der Muffen ist ohne eine vorherige Entlüftung kaum möglich. Auf eine Entlüftung deutet zudem der Umstand hin, dass der letzte gewellte Ring vor Beginn der Muffe bereits eine eingefallene Innenwand aufweist. Aus dem vorgelegten Rohrausschnitt ergeben sich ferner keine Hinweise darauf, dass die Entlüftung durch Anstechen eines der beiden Schläuche erfolgt ist.

Hieraus können jedoch schon deshalb keine sicheren Schlüsse gezogen werden, weil es, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, ohne weiteres möglich ist, dass bei der Aufteilung des im Endlosverfahren hergestellten Zwischenprodukts in einzelne Rohrstücke bestimmte Teile herausgetrennt worden ist und die Entlüftung des Muffenbereichs über diese Abschnitte erfolgt ist - sei es durch Bildung von "Lufttaschen", sei es durch Aufstechen des Außenschlauchs.

VII. Mit zutreffenden Erwägungen hat das Patentgericht auch die Patentfähigkeit der weiteren Patentansprüche bejaht.

1. Patentanspruch 3 betrifft eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens gemäß den Patentansprüchen 1 oder 2. Die darin aufgeführten Merkmale haben die Funktion, die Durchführung des Verfahrens zu ermöglichen. Eine Vorrichtung mit allen diesen Merkmalen war durch den Stand der Technik, der auch insoweit im Wesentlichen durch die im Zusammenhang mit Patentanspruch 1 behandelten Entgegenhaltungen geprägt wird, weder vorweggenommen noch nahegelegt.

2. Die Patentansprüche 2 und 4 bis 10 sind auf die Patentansprüche 1 bzw. 3 zurückbezogen und haben zusammen mit diesen Bestand.

VIII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 und § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO . Die im Berufungsverfahren vorgenommene Beschränkung des Streitpatents hat nach der Einschätzung des Senats nur marginale Auswirkungen auf dessen wirtschaftlichen Wert. Deshalb erschien es angemessen, der Klägerin abweichend vom Grundsatz des § 92 Abs. 1 ZPO die Kosten in voller Höhe aufzuerlegen.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 21. Januar 2010

Vorinstanz: BPatG, vom 20.12.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 4 Ni 59/04 (EU)