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BGH - Entscheidung vom 18.03.2010

BLw 8/09

Normen:
LwVG § 24 Abs. 2 Nr. 1 ,NI
HöfeO § 6 Abs. 1 Nr. 1

BGH, Beschluss vom 18.03.2010 - Aktenzeichen BLw 8/09

DRsp Nr. 2010/7306

Übertragung der Bewirtschaftung eines Hofes; Darlegung einer Divergenz vor dem BGH

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 17. August 2009 wird auf Kosten der Beteiligten zu 2, die dem Beteiligten zu 1 auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 126.186,84 EUR.

Normenkette:

LwVG § 24 Abs. 2 Nr. 1 ,NI; HöfeO § 6 Abs. 1 Nr. 1;

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1 bis 4 sind die Kinder, die Beteiligte zu 5 war die Ehefrau des am 15. April 2006 verstorbenen G. N. (im Folgenden: Erblasser), der Eigentümer eines Hofes mit einer Gesamtgröße von 32,77 ha war, für den ein Hofvermerk eingetragen ist.

Die Beteiligte zu 2 ist das älteste Kind. Sie hat Medizin studiert und ist als Ärztin tätig. Der Beteiligte zu 1 ist das jüngste Kind und der einzige Sohn des Erblassers, der eine Ausbildung als Koch und anschließend ein Studium der Betriebswirtschaft abgeschlossen hat und danach für verschiedene Unternehmen in der Gastronomie und im Catering tätig gewesen ist.

Der 1931 geborene Erblasser hatte mit dem Beteiligten zu 1 im Juni 1996 einen Landpachtvertrag für die Dauer von zwölf Jahren über den landwirtschaftlichen Besitz mit einer Jahrespacht von 20.000 DM abgeschlossen. In § 1 Abs. 10 des Vertrages erklärten die Parteien, dass die Überlassung der Bewirtschaftung eine Überlassung der Bewirtschaftung auf Dauer im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO darstelle. Ob und in welchem Umfang der Pachtvertrag durchgeführt oder die Bewirtschaftung des Hofes von dem Erblasser bis zu dessen Tode fortgesetzt wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Seit dem Tode des Erblassers wird der Hof von einem Neffen der Beteiligten zu 5 bewirtschaftet.

Der Beteiligte zu 1 hat vor dem Amtsgericht (Landwirtschaftsgericht) beantragt, festzustellen, dass er wirtschaftsfähig und Hoferbe nach seinem Vater geworden sei. Die Beteiligte zu 2 hat einen gleichlautenden Antrag zu ihren Gunsten gestellt.

Das Amtsgericht hat den Anträgen des Beteiligten zu 1 stattgegeben und die Anträge der Beteiligten zu 2 zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2 hat das Oberlandesgericht (Landwirtschaftssenat) zurückgewiesen. Mit der nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 2 ihre Anträge weiter, unter Aufhebung der Feststellungen zu Gunsten des Beteiligten zu 1 sie als Hoferbin nach ihrem Vater festzustellen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG ) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen der Divergenzrechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig. Daran fehlt es.

1.

Die Begründung der Abweichungsrechtsbeschwerde entspricht zwar der besonderen Anforderung in § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG , durch die dem Beschwerdeführer auferlegt ist, die Entscheidung, von denen das Beschwerdegericht nach seiner Auffassung abgewichen ist, konkret nach Datum und Aktenzeichen oder nach der Fundstelle, wo sie abgedruckt worden ist, zu bezeichnen (Senat, BGHZ 15, 5, 10; Beschl. v. 7. Juli 1954, V BLw 33/54, RdL 1954, 246), wodurch zugleich die Prüfung der Statthaftigkeit des Rechtsmittels auf die in der Beschwerdebegründung genannten Vergleichsentscheidungen beschränkt wird (Lange/Wulff, LwVG , § 24 Anm. 3 a). Dem ist die Rechtsbeschwerde in Bezug auf zwei Entscheidungen des Oberlandesgerichts Hamm (AgrarR 1976, 359 f. und AgrarR 1983, 186 f.) nachgekommen. Aus den von ihr genannten Entscheidungen ergibt sich jedoch keine die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde begründende Divergenz.

Eine solche Abweichung besteht nämlich nur dann, wenn das Beschwerdegericht in einem seine Entscheidung tragenden Grund von einem in der Vergleichsentscheidung benannten Rechtssatz abgewichen ist. Das Rechtsmittel dient der Wahrung der Rechtseinheit und ist auf die Fälle beschränkt, in denen das Beschwerdegericht einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der in Widerspruch zu einem tragenden Rechtssatz einer Vergleichsentscheidung steht (vgl. Senat, Beschl. v. 1. Juni 1977, V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328; Beschl. v. 30. April 1992, BLw 11/91, AgrarR 1993, 114, 115). Daran fehlt es.

2.

a)

Zwar enthält die angegriffene Entscheidung unter Berufung auf eine im Schrifttum vertretene (Wöhrmann/Stöcker/Wöhrmann, Landwirtschaftserbrecht, 9. Aufl., HöfeO, § 6 Rdn. 17), wenn auch wohl nicht herrschende Ansicht (a.A sind: Bendel, AgrarR 1976, 121, 124; Fassbender/Hötzel/von Jeinsen/ Pikalo, HöfeO, 3. Aufl., § 6 Rdn. 10; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 10. Aufl., § 6 Rdn. 4) den allgemeinen Rechtssatz, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO nicht die Übertragung des Hofes zur alleinigen Bewirtschaftung des Abkömmlings voraussetze, sondern auch eine gemeinsame Bewirtschaftung des Hofes durch den Hofeigentümer und einen Abkömmling zugunsten des mitbewirtschaftenden Abkömmlings die Annahme begründe, dass dessen vorrangige Berufung zum Hoferben dem mutmaßlichen Willen des Hofeigentümers entspreche. Die Vergleichsentscheidungen enthalten jedoch - anders als die Rechtsbeschwerde meint - keinen hiervon abweichenden abstrakten Rechtssatz.

b)

In der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (AgrarR 1976, 359) ist ausgeführt, dass eine langfristige (zehnjährige) Verpachtung des gesamten landwirtschaftlichen Besitzes eine Übertragung der Bewirtschaftung des Hofes auf Dauer im Sinne des § 6 Abs. 1 HöfeO sei, wenn der Erblasser damit auch die Leitung des Betriebs einem Abkömmling überlassen habe, mag er sich auch die Bewirtschaftung eines Teilbetriebs (Waldflächen) vorbehalten haben (OLG Hamm, aaO, 359, 360). Wenn die Rechtsbeschwerde daraus ableitet, dass eine arbeitsteilige Bewirtschaftung des Hofes durch den Erblasser und einen Abkömmling - entgegen dem angefochtenen Beschluss - keine Übertragung der Bewirtschaftung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO sei, beruht das auf einem von ihr im Wege eines Umkehrschlusses gebildeten Rechtssatz, der in der Vergleichsentscheidung nicht steht und daher als Grundlage für eine Abweichungsrechtsbeschwerde nicht in Betracht kommt. (vgl. Senat, Beschl. v. 7. Dezember 1977, V BLw 16/76, DNotZ 1978, 303, 304). Die Vergleichsentscheidung kommt, ohne abstrakte Rechtssätze aufzustellen, durch Würdigung der konkreten Umstände zu dem Ergebnis, dass in jenem Fall die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO nicht erfüllt sind.

c)

Dasselbe gilt für die von der Nichtzulassungsbeschwerde genannte weitere Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (AgrarR 1983, 186).

Zur Darlegung einer Divergenz verweist die Rechtsbeschwerde auf den Satz in jener Entscheidung, dass es für die Übertragung der Bewirtschaftung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO entscheidend sei, ob und in welchem Umfange der Erblasser auf die Bewirtschaftung des Hofes und die dabei zu treffenden Entscheidungen Einfluss genommen habe. Damit hat das Oberlandesgericht ein Prüfungskriterium benannt, aber nicht den abstrakten Rechtssatz aufgestellt, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO die umfassende, tatsächlich vollständig selbständige und autonome Bewirtschaftung durch den Abkömmling voraussetze, was eine faktische Hoferbenbestimmung nach dieser Vorschrift bei gemeinsamer Hofbewirtschaftung durch den Erblasser und den Abkömmling ausschlösse. Dieser Satz ist nicht in der Vergleichsentscheidung zu finden, sondern das Ergebnis einer Interpretation der Gründe jener Entscheidung durch die Rechtsbeschwerde. Eine Abweichungsrechtsbeschwerde ist jedoch nicht schon dann statthaft, wenn aus Ausführungen in der Vergleichsentscheidung auf einen ihnen zugrunde liegenden Rechtssatz nur mittelbar geschlossen werden kann (Senat, Beschl. v. 7. Dezember 1977, V BLw 16/76, DNotZ 1978, 303, 304). In solch einem Fall läge - wäre die Auffassung der Rechtsbeschwerde in der Sache richtig - allein ein Rechtsfehler in dem angegriffenen Beschluss vor, der für sich genommen keinen zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde führenden Abweichungsfall darstellt (Senat, Beschl. v. 7. Dezember 1977, V BLw 16/76, DNotZ 1978, 303, 304; Beschl. v. 28. September 2000, BLw 12/00, Rz. 5 - [...]).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44 , 45 LwVG und die Bestimmung des Gegenstandswerts auf § 33 LwVG , § 19 Buchstabe e HöfeVfO, § 24 Abs. 3 KostO .

Vorinstanz: AG Lehrte, vom 17.11.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 7 Lw 12/08
Vorinstanz: OLG Celle, vom 17.08.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 7 W 98/08