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BGH - Entscheidung vom 24.06.2010

III ZR 245/09

Normen:
ZPO § 543 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 24.06.2010 - Aktenzeichen III ZR 245/09

DRsp Nr. 2010/12339

Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die Verantwortlichkeit für einen Prospekt einer Fondsgesellschaft wegen einer Stellung als Hintermann

Die Frage, ob jemandem bei der Initiierung eines Projekts wegen der von ihm wahrgenommenen Schlüsselfunktionen die Stellung eines Hintermannes oder eines Mitinitiators zukommt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer abstrakten Klärung.

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. September 2009 - 13 U 1724/06 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Beschwerdewert: bis 65.000 €.

Normenkette:

ZPO § 543 Abs. 2 ;

Gründe

Das Berufungsgericht hat unter Heranziehung der Grundsätze des in dieser Sache ergangenen Senatsurteils vom 6. März 2008 ( III ZR 256/06 - [...] und BeckRS 2008, 05037) und des in ihm in Bezug genommenen Senatsurteils vom 14. Juni 2007 ( III ZR 125/06 - WM 2007, 1503 , 1505 f Rn. 17-22) die erhobenen Beweise dahin gewürdigt, dass die Beklagte im Hinblick auf die Herstellung des Verkaufsprospekts und die wirtschaftliche Initiierung des Projekts einen - sich aus dem Prospekt und bei der Vermittlung der Anleger nicht unmittelbar ergebenden - bestimmenden Einfluss genommen hat, der ihre Prospektverantwortlichkeit und, da der Prospekt nur unzureichende Hinweise auf ein Totalverlustrisiko enthält, eine Schadensersatzpflicht gegenüber der Klägerin nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinn begründet.

Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde der Beklagten ist nicht begründet, weil die Zulassungsvoraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

1.

Die Beschwerde hält die Zulassung der Revision zur Rechtsfortbildung für erforderlich, weil es an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe fehle, unter welchen Voraussetzungen eine Prospektverantwortlichkeit wegen einer sogenannten Hintermanneigenschaft zu bejahen sei, wenn zwischen der Fondsgesellschaft und dem angeblichen Hintermann keine gesellschaftsrechtlichen Verbindungen bestünden und der angebliche Hintermann auch keine Geschäftsführerstellung bei der Fondsgesellschaft innehabe, sondern ausschließlich auf der Grundlage von Dienstleistungsverträgen für die Fondsgesellschaft und die - eigentliche - Prospektherausgeberin tätig werde.

Diese Frage entzieht sich einer abstrakten Klärung. Ob jemandem bei der Initiierung eines in Frage stehenden Projekts wegen der von ihm wahrgenommenen Schlüsselfunktionen die Stellung eines Hintermannes oder eines - für bestimmte Bereiche des Projekts verantwortlichen - Mitinitiators zukommt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, die der Tatrichter festzustellen und zu gewichten hat (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06 - aaO S. 1505 Rn. 19). Fehlt es - wie hier - an gesellschaftsrechtlichen Verbindungen, kann eine entsprechende Einflussnahme auch auf tatsächlichen Verhältnissen beruhen, wobei der Tatrichter zu prüfen hat, welche Schlüsse er aufgrund einer Regelung wechselseitiger Pflichten aus Dienstleistungsverträgen zu ziehen hat.

Hierfür lassen sich in einem Revisionsverfahren keine allgemein gültigen Kriterien formulieren.

2.

Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

a)

Zu Unrecht sieht die Beschwerde einen symptomatischen Fehler des Berufungsgerichts darin, dass es im Rahmen seiner Beweiswürdigung besonderes Gewicht auf den maßgeblichen Einfluss der Beklagten auf die Erstellung des Prospektinhalts gelegt hat. Vielmehr befasst sich das Berufungsgericht insoweit, ohne sich mit dem in dieser Sache ergangenen Senatsurteil in Widerspruch zu setzen, mit einem wesentlichen Gesichtspunkt, der im Rahmen einer Mitinitiatoreneigenschaft für den vom Senat für erforderlich gehaltenen bestimmenden Einfluss auf die Initiierung des Projekts von Bedeutung ist. Dass den Arbeiten der Beklagten ein Dienstleistungsvertrag mit der V. GmbH zugrunde lag, hat das Berufungsgericht gesehen. Wenn es aufgrund einer - willkürfreien und die Rechte der Beklagten aus Art. 103 Abs. 1 GG wahrenden - Würdigung der Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen zu dem Ergebnis gelangt, die Beklagte habe bestimmenden Einfluss gehabt, ist dies revisionsrechtlich hinzunehmen. Dass die Beklagte eine andere Würdigung der Beweisaufnahme für richtig hält und dass die Beweise möglicherweise auch in anderer Weise hätten gewürdigt werden können, ist zulassungsrechtlich nicht beachtlich.

b)

Die Revision ist ferner nicht im Hinblick auf den Umstand zuzulassen, dass das Berufungsgericht im Rahmen der Würdigung der Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen auch deren Angaben berücksichtigt hat, die sich aus ihm vorgelegten und den Parteien bekannten Vernehmungsniederschriften in Parallelverfahren mit dem im wesentlichen selben Beweisthema ergaben. Das ist unter dem Gesichtspunkt der Grundsätze der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme und der freien Beweiswürdigung nicht zu beanstanden.

3.

Auch im Übrigen sind keine zulassungsrelevanten Rechtsfehler erkennbar. Von einer näheren Begründung wird insoweit nach § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen.

Vorinstanz: OLG München, vom 15.09.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 13 U 1724/06
Vorinstanz: LG München I, vom 26.10.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 29 O 15277/04