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BGH - Entscheidung vom 17.02.2010

1 StR 95/09

Normen:
StPO § 356a

BGH, Beschluss vom 17.02.2010 - Aktenzeichen 1 StR 95/09

DRsp Nr. 2010/5468

Prüfung einer Gehörsrüge durch die für die Entscheidung über die Revision des rügenden Verurteilten zuständigen Richters; Verletzung des Rechts auf Gehör i.R.e. Revisionshauptverhandlung

1. § 356a StPO erfasst auch Urteile der Revisionsgerichte.2. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist jedoch kaum vorstellbar, wenn der Angeklagte oder sein Verteidiger vor dem Revisionsgericht anwesend waren, weil sie sich dann umfassend äußern konnten.

Die Anträge der Verurteilten vom 11. Februar 2010 gegen das Senatsurteil vom 4. Februar 2010 werden kostenpflichtig zurückgewiesen.

Normenkette:

StPO § 356a;

Gründe

1.

Der Senat entscheidet über die Gehörsrüge gemäß § 356a StPO in der nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs und nach dem internen Geschäftsverteilungsplan des Senats bestimmten Besetzung. Dass dies grundsätzlich dieselben Richter sind, die auch über die Revisionen der Verurteilten entschieden haben, entspricht der Intention der Gehörsrüge. Die Prüfung und die Beseitigung gerichtlicher Gehörsverstöße obliegt in erster Linie dem mit der Sache befassten iudex a quo (vgl. BVerfG, Beschl. vom 8. Februar 2007 - 2 BvR 2578/06; Senat, Beschl. vom 4. August 2009 - 1 StR 287/09). Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des gesamten gegenständlichen Vorbringens fest. Er sieht auch im Übrigen keine Möglichkeit und auch keinen Anlass, seine Mitwirkungsgrundsätze - wie von den Verurteilten beantragt - zu ändern.

2.

Bedenken bestehen bereits gegen die Zulässigkeit der von den Verurteilten geltend gemachten Gehörsrügen (§ 356a StPO ). Es ist zweifelhaft, ob ohne Kenntnis der allein maßgeblichen schriftlichen Urteilsgründe, lediglich aufgrund der mündlichen Eröffnung der Urteilsgründe durch den Vorsitzenden, der nur die Bedeutung einer vorläufigen Unterrichtung der Verfahrensbeteiligten zukommt (vgl. dazu Schoreit in KK 6. Aufl. § 260 Rdn. 9 m.w.N.), die vom Gesetz in § 356a Satz 1 StPO vorgeschriebene Entscheidungserheblichkeit der behaupteten Gehörsverletzung nachgewiesen werden kann. Dem braucht der Senat nicht nachzugehen, da die Anhörungsrügen jedenfalls unbegründet sind.

Der Senat hat in seinem Urteil vom 4. Februar 2010, das auf Grund von zwei Revisionshauptverhandlungen ergangen ist, weder Verfahrensstoff noch Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen die Verurteilten zuvor nicht gehört worden sind. Auch wurde zu berücksichtigendes Vorbringen nicht übergangen, noch in sonstiger Weise der Anspruch der Verurteilten auf rechtliches Gehör verletzt.

§ 356a StPO erfasst auch Urteile der Revisionsgerichte, "da Hauptverhandlungen vor dem Revisionsgericht auch ohne den Angeklagten und seinen Verteidiger stattfinden können und es dann möglich ist, dass sie ihren Anspruch auf rechtliches Gehör deshalb nicht wahrnehmen können, weil ihnen der Zeitpunkt der Hauptverhandlung versehentlich nicht oder nicht rechtzeitig mitgeteilt wurde oder weil sie durch andere Gründe am Erscheinen verhindert sind". Demgegenüber ist aber "eine Verletzung des rechtlichen Gehörs kaum vorstellbar, wenn der Angeklagte oder sein Verteidiger vor dem Revisionsgericht anwesend sind, weil sie sich dann umfassend äußern können" (BT-Drucks. 15/3706, S. 17; Senat, Beschl. vom 22. November 2006 - 1 StR 180/06).

In den beiden Revisionshauptverhandlungen dieses Verfahrens wurden die im Hinblick auf die Sachrügen maßgeblichen Aspekte umfassend erörtert. Der Senat hat - auch im Übrigen - bei seiner Entscheidungsfindung keine Umstände berücksichtigt, die nicht in den Revisionsbegründungen angesprochen wurden oder Gegenstand der Erörterung während der Revisionshauptverhandlung waren. Zu all dem Stellung zu nehmen, hatten sowohl die Verurteilten als auch deren Verteidiger in den beiden Revisionshauptverhandlungen umfassend Gelegenheit.

3.

Soweit in den Schriftsätzen vom 11. Februar 2010 weitere Rechtsverstöße geltend gemacht werden, sieht der Senat weder Anlass noch Möglichkeit zur Korrektur seines Urteils. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ist nicht veranlasst.