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BGH - Entscheidung vom 04.02.2010

IX ZA 40/09

Normen:
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 1- 6

BGH, Beschluss vom 04.02.2010 - Aktenzeichen IX ZA 40/09

DRsp Nr. 2010/3533

Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens bzgl. einer Eröffnung eines Insolvenzverfahrens; Rechtsschutzbedürfnis im Rahmen des Antrags eines Schuldners auf Restschuldbefreiung bei rechtskräftiger Versagung der Restschuldbefreiung in einem früheren Verfahren wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung seiner Auskunftspflichten oder Mitwirkungspflichten

Der Antrag des Schuldners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 5. November 2009 wird abgelehnt.

Normenkette:

InsO § 290 Abs. 1 Nr. 1 - 6;

Gründe:

I.

Auf einen Eröffnungsantrag des Schuldners vom Oktober 2007 lehnte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 18. Juni 2008 die Stundung der Verfahrenskosten ab, weil ein zweifelsfreier Grund für die Versagung der Restschuldbefreiung vorlag. Der Antrag auf Verfahrenseröffnung wurde mangels Masse abgewiesen. Der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO lag vor, weil der Schuldner in seinem Insolvenzantrag eine Darlehensforderung seines Vaters nicht angegeben hatte, die er noch nach Antragstellung befriedigte.

Am 2. März 2009 hat der Schuldner erneut Stundung der Verfahrenskosten, Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen und Erteilung der Restschuldbefreiung beantragt. Diese Anträge hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 24. Juni 2009 zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Der Schuldner beabsichtigt, sich gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts vom 5. November 2009 mit der Rechtsbeschwerde zu wenden, für die er um Prozesskostenhilfe nachsucht.

II.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, die Rechtsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 4 InsO ; § 114 ZPO ).

Die beabsichtigte Rechtsbeschwerde (§§ 6 , 7 Abs. 1 , § 4d Abs. 1 , § 34 Abs. 1 InsO , § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ) wäre unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO ).

1. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass einem Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn er innerhalb von drei Jahren nach rechtskräftiger Versagung der Restschuldbefreiung in einem früheren Verfahren wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung seiner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten einen erneuten Antrag auf Restschuldbefreiung stellt (BGH, Beschl. v. 16. Juli 2009 - IX ZB 219/08, ZInsO 2009, 1777 , 1778 Rn. 8; z.V.b. in BGHZ). Nach einer weiteren Entscheidung vom 21. Januar 2010 ( IX ZB 174/09) gilt die dreijährige Sperrfrist, die ab Erlass der Entscheidung über den Eröffnungsantrag zu laufen beginnt, auch dann, wenn der Schuldner es im Eröffnungsverfahren versäumt hat, auf einen Hinweis des Gerichts rechtzeitig einen eigenen Insolvenzantrag verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen.

2. Nach diesen Grundsätzen ist der erneut gestellte Eigenantrag nebst Antrag auf Verfahrenskostenstundung und Restschuldbefreiung unzulässig. Steht schon im Eröffnungsverfahren oder im eröffneten Verfahren zweifelsfrei fest, dass dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen ist, so kann nach ständiger Rechtsprechung (BGH, Beschl. v. 16. Dezember 2004 - IX ZB 72/03, ZInsO 2005, 207 , 208; v. 27. Januar 2005 - IX ZB 270/03, ZInsO 2005, 265 ; v. 15. November 2007 - IX ZB 74/07, ZInsO 2008, 111 , 112 Rn. 18) die Stundung der Verfahrenskosten versagt oder aufgehoben werden, ohne dass es der vorhergehenden Versagung der Restschuldbefreiung bedarf. Diese Aufhebung beruht auf der Unredlichkeit des Schuldners. Die planwidrige Regelungslücke, von der der Senat für das eröffnete Verfahren ausgegangen ist, wenn dem Schuldner die Restschuldbefreiung in einem früheren Verfahren im Schlusstermin versagt werden musste (BGH, Beschl. v. 16. Juli 2009 aaO. S. 1779 f Rn. 14 ff), besteht auch hier. Um zu verhindern, dass der im Erstverfahren festgestellte Versagungsgrund sanktionslos bleibt, darf der Schuldner nicht die Möglichkeit haben, sofort wieder einen Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen. Entsprechend dem Grundgedanken des Vorschlags in dem "Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Entschuldung mittelloser Personen, zur Stärkung der Gläubigerrechte sowie zur Regelung der Insolvenzfestigkeit von Lizenzen" vom 22. August 2007 (abgedruckt als Beilage 2 zu ZVI Heft 8/2007), mit dem der Versagungstatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO erweitert werden sollte (vgl. BGH, Beschl. v. 16. Juli 2009 aaO., 1779 f Rn. 16), soll der Schuldner das aufwändige und kostenträchtige Verfahren auch dann nicht sofort wieder in Anspruch nehmen können, wenn es aufgrund seines Fehlverhaltens schon in einem vorangegangenen Eröffnungsverfahren zur Stundungsversagung gekommen ist. Auch hier besteht eine dreijährige Sperrfrist für einen erneuten Antrag, deren Lauf mit Rechtskraft der Entscheidung über die Ablehnung der Verfahrenskostenstundung und Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse in dem früheren Verfahren beginnt.

3. Dem steht nicht entgegen, dass es hierfür einer doppelten Analogie, nämlich der Anwendung aller Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 InsO im Eröffnungsverfahren auf die Entscheidung über die Verfahrenskostenstundung und der entsprechenden Anwendung des § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO nach Maßgabe der Vorschläge des Regierungsentwurfs eines Entschuldungsgesetzes bedarf. Die entsprechende Anwendung aller Versagungsgründe im Eröffnungsverfahren ist - wie oben bereits ausgeführt - im Fall deren zweifelsfreien Vorliegens schon seit langem anerkannt. Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen oder sie einzuschränken, besteht nicht. Vielmehr ist es zur Sicherung einer maßvollen Inanspruchnahme des zeit- und kostenaufwändigen Restschuldbefreiungsverfahrens geboten, auch bei schon vor Verfahrenseröffnung zweifelsfrei festgestellten Verstößen die übermäßige Inanspruchnahme des Verfahrens zu verhindern. Andere Abgrenzungskriterien haben sich als nicht tragfähig erwiesen (vgl. BGH, Beschl. v. 16. Juli 2009 aaO. S. 1780 Rn. 18). In Betracht kommt nur eine zeitlich begrenzte Sperrfrist. Insoweit hält der Senat außerhalb des Anwendungsbereichs des § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO einen Zeitabstand von drei Jahren für angemessen (vgl. § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO , hierzu BGH, Beschl. v. 16. Juli 2009 aaO. S. 1779 f Rn. 16). Eine übermäßige Beeinträchtigung des Schuldners ist damit nicht verbunden. Auch dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des Senats.

Vorinstanz: LG Duisburg, vom 05.11.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 7 T 175/09
Vorinstanz: AG Duisburg, vom 24.06.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 60 IK 37/09