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BGH - Entscheidung vom 19.05.2010

2 ARs 8/10; 2 AR 7/10

Normen:
JGG § 42 Abs. 3 S. 1

BGH, Beschluss vom 19.05.2010 - Aktenzeichen 2 ARs 8/10; 2 AR 7/10

DRsp Nr. 2010/10452

Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit eines Gerichts im Falle eines Wohnortwechsels des Angeklagten nach Klageerhebung im Bereich der Jugendgerichtsbarkeit

Tenor

Für die Untersuchung und Entscheidung der Sache ist das Amtsgericht - Jugendrichter - Rendsburg zuständig.

Normenkette:

JGG § 42 Abs. 3 S. 1;

Gründe

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift an den Senat ausgeführt:

"1.

Der Bundesgerichtshof ist als gemeinsames oberes Gericht nach § 42 Abs. 3 Satz 2 JGG zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreits der in verschiedenen Oberlandesgerichtsbezirken gelegenen Amtsgerichte Recklinghausen (OLG-Bezirk Hamm) und Rendsburg (OLG-Bezirk Schleswig) berufen.

2.

Der Angeklagte hat nach Aktenlage ersichtlich nach der Erhebung der Anklage vom 31. August 2009, die am 11. September 2009 beim Amtsgericht Recklinghausen einging, seinen Wohnsitz von Recklinghausen nach Rendsburg verlegt. Die Anklageschrift wurde ihm noch unter seiner alten Anschrift in Recklinghausen zugestellt (Bl. 24a d.A.), woraufhin er zwei Tage später einen Verteidiger aus Recklinghausen mandatierte (Bl. 26 d.A.). Dieser teilte erst mit Rückgabe der Akte am 22. Oktober 2009, die ihm am 28. September 2009 zur Einsicht überlassen worden war, mit, dass der Angeklagte 'nunmehr' unter neuer Anschrift in Rendsburg wohnhaft sei (Bl. 29 d.A.). Nachdem das Verfahren auch bereits mit Beschluss vom 6. November 2009 eröffnet wurde (Bl. 30 d.A.), ist die Abgabe des Verfahrens vom Amtsgericht Recklinghausen an das Amtsgericht Rendsburg zulässig.

Zwar ist von einer Abgabe des Verfahrens nach § 42 JGG regelmäßig abzusehen, wenn diese keine sachlichen Vorteile für das Verfahren bringt und zu dessen Verzögerung führt (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluss vom 3. Mai 2006 - 2 ARs 44/06 - m.w.N.). Jedoch ist andererseits zu berücksichtigen, dass im Jugendverfahren bei einem Wohnsitzwechsel des Angeklagten nach Anklageerhebung nach § 42 Abs. 3 Satz 1 JGG grundsätzlich eine Abgabe an das Wohnsitzgericht erfolgen soll und dass der darin zum Ausdruck kommende Grundsatz, dass auch Heranwachsende (§ 108 Abs. 1 JGG ) sich vor dem für ihren Aufenthaltsort zuständigen Gericht verantworten sollen, nur durchbrochen werden darf, wenn die Erschwernisse für die Durchführung des Verfahrens erheblich sind (Senat, Beschlüsse vom 3. April 2002 und vom 22. August 2008 - 2 ARs 84/02 und 361/08). Zwar bedeutet die Anreise über mehr als 400 km für den nach Lage der Dinge erforderlichen Zeugen S. eine Erschwernis. Diese würde jedoch umgekehrt in gleicher Weise den Angeklagten treffen. Hinzu kommt, dass die Verfahrensabgabe im Hinblick auf die am Verfahren zu beteiligende Jugendgerichtshilfe des neuen Wohnortes sachgerecht erscheint, jedenfalls keine Erschwernis des Verfahrens, sondern eine Erleichterung darstellt - zumal sich aus deren Beteiligung neue Gesichtspunkte für die weitere Behandlung des Verfahrens ergeben können."

Dem tritt der Senat bei.

Verkündet am: 19. Mai 2010

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