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BGH - Entscheidung vom 04.03.2010

3 StR 498/09

Normen:
StPO § 357

BGH, Beschluss vom 04.03.2010 - Aktenzeichen 3 StR 498/09

DRsp Nr. 2010/6276

Beihilfe zur Untreue bei offensichtlicher Unkenntnis der Beteiligten vom Scheincharakter eines Leasinggeschäfts

Widersprüchliche Feststellungen des Tatrichters führen zum Erfolg der Sachrüge, wenn sie für die Subsumtion unter den von ihm bejahten Straftatbestand wesentliche Bedeutung haben.

Auf die Revisionen der Angeklagten B. und S. wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 29. April 2009 mit den Feststellungen aufgehoben, auch soweit es die Angeklagten H. und St. betrifft.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Normenkette:

StPO § 357 ;

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Beihilfe zur Untreue schuldig gesprochen. Es hat gegen den Angeklagten S. eine Freiheitsstrafe von vier Jahren verhängt und gegen den Angeklagten B. eine solche von einem Jahr, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen die Angeklagten H. und St. hat es jeweils auf - ebenfalls zur Bewährung ausgesetzte - Freiheitsstrafen von zwei Jahren und daneben auf Geldstrafen von 250 Tagessätzen erkannt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten B. und S. mit ihren auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen; der Angeklagte S. beanstandet auch das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg und sind auf die nicht revidierenden Angeklagten H. und St. zu erstrecken (§ 357 StPO ). Auf die Verfahrensrügen des Angeklagten S. kommt es danach nicht mehr an.

Die Schuldsprüche halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die ihnen zugrunde liegenden Feststellungen enthalten einen offensichtlichen Widerspruch, der in den weiteren Entscheidungsgründen nicht aufgelöst wird. Sie vermögen daher das Urteil nicht zu tragen.

a)

Das Landgericht hat sich davon überzeugt, dass die litauische Bank U. banko durch ein fingiertes Geschäft über die Lieferung von zehn Lkws mit Kühlaufliegern nach Litauen geschädigt wurde. Als vermeintlicher Verkäufer der Fahrzeuge trat zunächst auf Initiative des Angeklagten S. und des früheren Mitangeklagten Stä. die Firma des Angeklagten H. auf. Diese schloss mit der genannten Bank einen Kaufvertrag über die Fahrzeuge zu einem Kaufpreis von 1.286.000 EUR. Die Bank wiederum vereinbarte als Leasinggeberin mit der Firma U. Rent als Leasingnehmerin Leasingverträge über die Lkws. Deren Lieferung war indes zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt. Vielmehr sollten von dem seitens der U. banko gezahlten Kaufpreis 42,5 % an die U. Rent zurückfließen, 12,5 % sollte der Angeklagte S. erhalten, 30 % die als Verkäuferin auftretende deutsche Firma und 15 % ein "involvierter Direktor" der Bank. Dessen Beteiligung hat das Landgericht, ebenso wie diejenige "anderer relevanter Entscheidungsträger der beteiligten litauischen Firmen" zugunsten der Angeklagten unterstellt, da es ihre Einbindung in die Tat weder positiv feststellen noch hat ausschließen können.

Nachdem die litauische Bank 579.010 EUR an die Firma des Angeklagten H. gezahlt und dieser hiervon Teilbeträge an andere Beteiligte ausgekehrt hatte, wandte sich H. an den Angeklagten St. , durch dessen Vermittlung schließlich die Firma des Angeklagten B. als Verkäuferin in den Kaufvertrag über die Lkws mit der litauischen Bank eintrat. Diese zahlte sodann an die Firma des Angeklagten B. weitere 707.795 EUR. Wie von vornherein beabsichtigt, wurden die Lkw nicht geliefert.

b)

Mit diesem Sachverhalt unvereinbar ist indes die Feststellung des Landgerichts (UA S. 10), dass der Geschäftsführer der U. Rent am 12. August 2006 die Firma B. aufsuchte, "um sich die Lkw zeigen zu lassen", und der frühere Mitangeklagte Stä. aus diesem Anlass telefonisch Kontakt zu dem Angeklagten St. aufnahm, "um zu erfragen, welche Grundstücke er den litauischen Besuchern zeigen solle, um die erforderlichen Abstellmöglichkeiten für die Lkw nachweisen zu können"; denn danach ging der Geschäftsführer der U. Rent ersichtlich davon aus, dass die Lkws geliefert werden sollten. Dies steht jedoch in einem offen Widerspruch zu der Feststellung, dass an die U. Rent 42,5 % des Kaufpreises zurückfließen sollten, mithin die dort Beteiligten notwendig um den Scheincharakter der Geschäfte wussten.

Dieser Widerspruch wird im Urteil nicht aufgelöst. Vielmehr wird der Besuch des Geschäftsführers der U. Rent bei der Firma B. in der Beweiswürdigung mehrfach belegt. Die Widersprüchlichkeit entzieht dem Urteil die Grundlage; denn ist es danach möglich, dass die Verantwortlichen der U. Rent von einer Lieferung der Lkws ausgingen, so entfällt ein wesentlicher Bestandteil der vom Landgericht angenommenen Untreuehandlung. Der Schädigung der Bank müssen dann völlig andere Absprachen zwischen den Beteiligten zugrunde gelegen haben. Danach hat das Urteil keinen Bestand; denn ihm kann vor diesem Hintergrund - insbesondere auch im Hinblick auf die teilweise Anwendung des Zweifelssatzes hinsichtlich der Tatbeteiligung auf litauischer Seite - nicht mit Sicherheit entnommen werden, dass sich die Angeklagten unabhängig von den genauen Vorgängen in Litauen und den Einzelheiten der dort getroffenen Absprachen auf jeden Fall der Beihilfe zur Untreue schuldig gemacht haben. Die Sache muss daher erneut verhandelt werden.