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BGH - Entscheidung vom 25.06.2010

V ZR 151/09

Normen:
BGB § 323 Abs. 1
BGB § 346 Abs. 1
BGB § 894
BGB § 2039

BGH, Urteil vom 25.06.2010 - Aktenzeichen V ZR 151/09

DRsp Nr. 2010/13423

Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zu einer Grundbuchberichtigung bzgl. einer Eintragung als Eigentümer im Fall eines Rücktritts von einem Grundstückskaufvertrag; Herausgabeanspruch bzgl. eines Grundstücks gemäß § 346 BGB trotz Eigentümerstellung des Herausgabeschuldners

Die Rückgewähr von Leistungen nach § 346 Abs. 1 BGB hat keine dingliche Wirkung. Bestand die Leistung in einer Übereignung eines Grundstücks, so muss der Rückgewährgläubiger den Rückgewährschuldner auf Rückauflassung und Bewilligung der Eigentumsumschreibung in Anspruch nehmen.

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Juli 2009 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte verurteilt worden ist, seine Zustimmung zu erteilen, dass das Grundbuch von Br., Blatt 2370 A, Flur 46, Flurstück 249, Gebäude- und Freifläche, B. 27a hinsichtlich der zu seinen Gunsten vorgenommenen Eigentumseintragung berichtigt und diese Eigentumseintragung gelöscht wird.

Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil der 37. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 21. Oktober 2008 auf die Berufung des Beklagten abgeändert.

Das Versäumnisurteil derselben Kammer vom 13. Mai 2008 wird aufgehoben, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, seine Zustimmung zu erteilen, dass das Grundbuch von Br., Blatt 2370 A, Flur 46, Flurstück 249, Gebäude- und Freifläche, B. 27a hinsichtlich der zu seinen Gunsten vorgenommenen Eigentumseintragung berichtigt und diese Eigentumseintragung gelöscht wird. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung bleibt zurückgewiesen.

Der Antrag der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 24. Juni 2010 wird als unzulässig zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Hiervon ausgenommen sind die Kosten der Säumnis des Beklagten, die dieser allein trägt.

Von Rechts wegen

Normenkette:

BGB § 323 Abs. 1 ; BGB § 346 Abs. 1 ; BGB § 894 ; BGB § 2039 ;

Tatbestand

Mit notariellem Vertrag vom 18. August 2006 verkaufte der Ehemann der Klägerin ein Hausgrundstück zum Preis von 130.000 € an den Beklagten. Hiervon waren 30.000 € einen Monat nach Vertragsschluss fällig; die übrigen 100.000 € sollten in monatlichen Teilzahlungen von 833 € beginnend ab dem 1. Oktober 2006 gezahlt werden. Die Auflassung wurde erklärt und eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. Im Dezember 2007 erfolgte die Umschreibung des Eigentums auf den Beklagten.

Der Beklagte, der auf dem Grundstück wohnt, leistete keine Zahlungen auf den Kaufpreis. Die Erben des zwischenzeitlich verstorbenen Verkäufers, darunter die Klägerin, erklärten deshalb im Februar 2007 nach erfolgter Nachfristsetzung den Rücktritt von dem Kaufvertrag.

Mit der Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten neben der Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten, das Hausgrundstück geräumt an die Erbengemeinschaft herauszugeben, die Löschung der Auflassungsvormerkung zu bewilligen sowie seine Zustimmung zu erteilen, dass das "Grundbuch hinsichtlich der zu seinen Gunsten vorgenommenen Eigentumseintragung berichtigt und diese Eigentumseintragung gelöscht wird, so dass die Klägerin und ..... <die weiteren Erben> in ungeteilter Erbengemeinschaft als Eigentümer eingetragen werden".

Das Landgericht hat ein entsprechendes Versäumnisurteil erlassen und den Einspruch des Beklagten zurückgewiesen. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt er seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht meint, die Erbengemeinschaft sei wirksam von dem Kaufvertrag zurückgetreten, da der Beklagte den Kaufpreis trotz Fristsetzung nicht gezahlt habe. Die Klägerin könne gemäß den §§ 346 Abs. 1 , 323 Abs. 1 , 2039 BGB die Rückübertragung des Grundstücks an die Erbengemeinschaft verlangen. Das Landgericht habe den Beklagten daher zu Recht verurteilt, die Löschung der Auflassungsvormerkung zu bewilligen und seine Zustimmung zu erteilen, dass die zu seinen Gunsten vorgenommene Eigentumseintragung berichtigt und diese Eigentumseintragung gelöscht werde. Diese Verpflichtungen umfassten die Erklärungen, die seitens des Beklagten zur Rückgängigmachung des Kaufvertrages erforderlich seien. Desweiteren sei der Beklagte verpflichtet, das Grundstück herauszugeben und die vorgerichtlichen Anwaltskosten zu erstatten.

II.

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1.

Ohne Erfolg bleibt allerdings die Rüge der Revision, die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, soweit mit ihr die Erteilung einer Löschungsbewilligung für die im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung verlangt werde. Die von den Vertragsparteien in dem Kaufvertrag im Zusammenhang mit der Regelung über die Eigentumsumschreibung beantragte und bewilligte Löschung der Auflassungsvormerkung hindert die Klägerin nicht, den Beklagten klageweise auf Abgabe einer Löschungsbewilligung in Anspruch zu nehmen.

Kommen mehrere Möglichkeiten des Rechtsschutzes in Betracht, steht die Auswahl zwischen ihnen grundsätzlich im Ermessen des Gläubigers. Das Rechtsschutzinteresse für das gewählte Mittel kann ihm nur dann abgesprochen werden, wenn die andere Möglichkeit schneller, billiger, vergleichbar sicher und wirkungsvoll sowie ohne zusätzliche Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe zum Ziel führt (vgl. BGH, Urt. v. 24. Februar 1994, IX ZR 120/93, NJW 1994, 1351 , 1352; Urt. v. 18. Februar 1998, VIII ZR 376/96, NJW 1998, 1636 , 1637). Eine solche Alternative stellt die Möglichkeit, die Löschung der Auflassungsvormerkung auf der Grundlage der in dem Kaufvertrag enthaltenen Bewilligung zu betreiben, hier nicht dar. Zum einen kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Grundbuchamt die vorhandene Löschungsbewilligung beanstanden würde, weil sie erkennbar für einen anderen Zweck, nämlich für den Fall der Erfüllung des Auflassungsanspruchs, erteilt worden ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine solche Beanstandung zulässig wäre; maßgeblich ist, dass die Klägerin nicht damit rechnen kann, bei Verwendung der bestehenden Löschungsbewilligung ohne Schwierigkeiten zu ihrem Ziel zu gelangen. Zum anderen muss sich die Klägerin auch deshalb nicht auf diesen Weg verweisen lassen, weil er nicht mit einer Entlastung des Prozessgerichts verbunden ist, denn dieses muss sie zur Durchsetzung der Herausgabe- und Rückübertragungsansprüche der Erbengemeinschaft ohnehin in Anspruch nehmen.

2.

In der Sache geht das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler und von der Revision unbeanstandet davon aus, dass die Erbengemeinschaft wirksam von dem Kaufvertrag zurückgetreten ist.

a)

Auf dieser Grundlage ist die Verurteilung des Beklagten zur Herausgabe des Grundstücks an die Erbengemeinschaft nicht zu beanstanden. Deren Anspruch aus § 346 Abs. 1 BGB steht - anders als die Revision meint - nicht entgegen, dass der Beklagte noch Eigentümer des Grundstücks ist. Da er auch diese Rechtsposition nach der genannten Vorschrift der Erbengemeinschaft zurückgewähren muss, setzt sich der schuldrechtliche Herausgabeanspruch gegen die dingliche Rechtsposition durch. Die von der Revision für ihre Auffassung angeführte Entscheidung des Reichsgerichts (RGZ 141, 259) ist nicht einschlägig. Sie betrifft die Frage, ob ein Verkäufer, der noch Eigentümer des verkauften Grundstücks ist, nach einem Rücktritt von dem Vertrag den Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks nicht nur auf die Vorschrift des § 346 BGB , sondern daneben auch auf sein Eigentumsrecht und damit auf § 985 BGB stützen kann. Darum geht es hier nicht.

b)

Zutreffend nimmt das Berufungsgericht ferner an, dass die Erbengemeinschaft aufgrund des Rücktritts vom Vertrag die Löschung der Auflassungsvormerkung verlangen kann - und zwar sowohl nach § 346 Abs. 1 BGB , als auch nach § 894 BGB , da der gesicherte Auflassungsanspruch und damit die Vormerkung erloschen ist (vgl. Staudinger/Kaiser, BGB [2004], § 346 Rdn. 70) -und dass der Klägerin aus dem Gesichtpunkt des Verzuges Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten gebührt (§§ 286 , 280 Abs. 1 BGB ).

c)

Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsurteil jedoch, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, einer Grundbuchberichtigung bezüglich seiner Eintragung als Eigentümer zuzustimmen. Dies verkennt die Rechtsfolgen eines Rücktritts vom Vertrag.

aa)

Die in § 346 Abs. 1 BGB angeordnete Verpflichtung, im Fall eines Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren, verändert nur den schuldrechtlichen Vertrag, hat also keine dingliche Wirkung hinsichtlich der erbrachten Leistungen. Wenn die Leistung in einer Übereignung bestanden hat, ist neben der (tatsächlichen) Rückgabe des übereigneten Gegenstandes eine Rückübereignung nötig (Staudinger/Kaiser, BGB [2004], § 346 Rdn. 68 u. 70; PWW/Medicus, BGB , 5. Aufl., § 346 Rdn. 3). Ist der Rückgewährschuldner, wie hier der Beklagte, als Eigentümer im Grundbuch eingetragen, muss der Rückgewährgläubiger ihn deshalb auf Rückauflassung des Grundstücks und auf Bewilligung der Eigentumsumschreibung in Anspruch nehmen (vgl. Senat, BGHZ 97, 264 , 265; Urt. v. 5. Juni 2009, V ZR 168/08, NJW 2009, 3155 , 3157 Rdn. 22).

Der von der Klägerin geltend gemachte Grundbuchberichtigungsanspruch (§ 894 BGB ) kommt demgegenüber nur in Betracht, wenn das Grundbuch die bestehende dingliche Rechtslage nicht richtig wiedergibt (Senat, Urt. v. 21. Oktober 2005, V ZR 63/05, BGH-Report 2006, 147). Ein bloß schuldrechtlicher Anspruch auf Herstellung des einzutragenden Zustands, wie er nach § 346 Abs. 1 BGB besteht, führt indes nicht zur Unrichtigkeit des Grundbuchs (vgl. Soergel/Stürner, BGB , 13. Aufl., § 894 Rdn. 5; MünchKomm-BGB/Kohler, 5. Aufl., § 894 Rdn. 5). Mithin gibt das Grundbuch die dingliche Rechtslage hier zutreffend wieder.

bb)

Der Klageantrag lässt sich nicht in einen Antrag auf Rückübereignung des Grundstücks umdeuten. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 12. Mai 2009 - zutreffend - darauf hingewiesen, dass der geltend gemachte Anspruch auf Grundbuchberichtigung unbegründet sei, weil das Grundbuch die dingliche Rechtslage richtig wiedergebe. Da die Klägerin dies nicht zum Anlass genommen hat, ihren Antrag zu ändern oder ihr Klageziel klarzustellen, sondern im Schriftsatz vom 3. Juni 2009 - im Gegenteil - darauf beharrt hat, das Grundbuch sei hinsichtlich der Eigentümerstellung des Beklagten unrichtig, ist anzunehmen, dass der Klageantrag in den Tatsacheninstanzen bis zuletzt bewusst auf die Berichtigung des Grundbuchs gerichtet war.

Das steht auch der von der Revisionserwiderung für richtig gehaltenen Auslegung des Berufungsurteils dahin entgegen, der Beklagte habe zur Rückauflassung und Bewilligung der Eigentumsumschreibung verurteilt werden sollen. Im Übrigen ist nicht nur der Tenor des aufrechterhaltenen Versäumnisurteils eindeutig auf eine Berichtigung des Grundbuchs gerichtet; vielmehr spricht das Berufungsgericht in den Gründen des angefochtenen Urteils selbst davon, dass die zu Gunsten des Beklagten vorgenommene Eigentumseintragung zu berichtigen und diese Eigentumseintragung zu löschen sei. Soweit es in anderen Passagen einen Rückübertragungsanspruch der Erbengemeinschaft erwähnt, meint es offenbar die Rückübertragung der Buchposition. Andernfalls hätte das Berufungsgericht nämlich den (schuldrechtlichen) Rückübereignungsanspruch und den (dinglichen) Grundbuchberichtigungsanspruch derart vermengt, dass anzunehmen wäre, es vermöge zwischen beiden Ansprüchen nicht zu unterscheiden. Eine so weitreichende Rechtsunkenntnis kann dem Berufungsgericht nicht unterstellt werden.

III.

Soweit die Revision begründet ist, ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO ).

Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO ). Eine Zurückverweisung der Sache ist nicht deshalb angezeigt, weil die Klägerin vorbringt, sie hätte die Verurteilung des Beklagten zur Rückauflassung beantragt, wenn in der Berufungsinstanz ein entsprechender Hinweis gemäß § 139 ZPO erteilt worden wäre. Der unterbliebene Hinweis stellte keinen Verfahrensverstoß dar, denn für das Berufungsgericht bestand auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung kein Anlass, auf eine geänderte Antragstellung hinzuwirken.

Angesichts des von dem Beklagten in der Berufungsinstanz erhobenen Einwands gegen die Begründetheit eines Grundbuchberichtigungsanspruchs stellt der Aufhebungsgrund auch keinen neuen und deshalb zur Zurückverweisung der Sache führenden rechtlichen Gesichtspunkt dar (vgl. dazu Senat, Urt. v. 20. November 1998, V ZR 17/98, NJW 1999, 1329 , 1330; Urt. v. 25. November 1994, V ZR 24/93, WM 1995, 404 , 405; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 563 Rdn. 21). Vielmehr ist die Klage im Umfang der Aufhebung des Berufungsurteils abzuweisen.

Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte einerseits zur Herausgabe des Grundstücks verurteilt ist, andererseits aber (zunächst) dessen Eigentümer bleibt. Ebenso, wie ein Rücktrittsgläubiger nicht gehindert ist, den Rückgewähranspruch des § 346 Abs. 1 BGB nur hinsichtlich einzelner Teile der erbrachten Leistung auszuüben, kann der Rückgewährschuldner zur bloßen Herausgabe

des empfangenen Gegenstands verurteilt werden. Unzulässig wären nur einander widersprechende Entscheidungen über mehrere aus § 346 Abs. 1 BGB folgende Einzelansprüche innerhalb desselben Rechtsstreits, insbesondere im Verhältnis von Teil- und Schlussurteil (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO , 28. Aufl., § 301 Rdn. 2 u. 7 mwN). Ein solcher Widerspruch liegt hier aber nicht vor, da sich die Abweisung der Klage nicht auf die Verpflichtung des Beklagten bezieht, das Grundstück an die Erbengemeinschaft zurückzuübereignen, sondern den davon zu unterscheidenden Grundbuchberichtigungsanspruch (§ 894 BGB ) betrifft, welcher sich aus § 346 Abs. 1 BGB gerade nicht herleiten lässt.

IV.

Der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Antrag aus dem Schriftsatz vom 24. Juni 2010 stellt eine in der Revisionsinstanz grundsätzlich unzulässige Klageänderung dar (vgl. BGHZ 105, 34 , 35 f.) und war deshalb zurückzuweisen.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1 , 344 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 25. Juni 2010

Vorinstanz: OLG Köln, vom 10.07.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 1 U 101/08
Vorinstanz: LG Köln, vom 21.10.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 37 O 1189/07