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BFH - Entscheidung vom 23.02.2010

VII R 24/09

Normen:
GG Art. 12 Abs. 1
StBerG § 43 Abs. 2, § 43 Abs. 3, § 57a
StBerG § 43 Abs. 1
StBerG § 43 Abs. 2 S. 2
StBerG § 57a
StBerG § 86 Abs. 2 Nr. 2
StBerG § 86 Abs. 4 Nr. 11
FGO § 41 Abs. 1
FGO § 96 Abs. 1 S. 2

BFH, Urteil vom 23.02.2010 - Aktenzeichen VII R 24/09

DRsp Nr. 2010/6227

Zulässigkeit der Bezeichnung "Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung (DStV)"als Zusatz zur Berufsbezeichnung

Die Bezeichnung "Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung (DStV)" ist als Zusatz zur Berufsbezeichnung unzulässig.

Normenkette:

StBerG § 43 Abs. 1 ; StBerG § 43 Abs. 2 S. 2; StBerG § 57a; StBerG § 86 Abs. 2 Nr. 2 ; StBerG § 86 Abs. 4 Nr. 11 ; FGO § 41 Abs. 1 ; FGO § 96 Abs. 1 S. 2;

Gründe

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Steuerberater. Im Juli 2007 wurde er vom Deutschen Steuerberaterverband e.V. (DStV) als "Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung (DStV)" anerkannt. Auf seine Anfrage bei der Beklagten und Revisionsbeklagten (Steuerberaterkammer), ob Bedenken bestünden, die erworbene Bezeichnung zu führen, teilte diese mit, dass die Führung des Fachberatertitels neben der Berufsbezeichnung unzulässig sei, der Kläger aber in Praxisbroschüren, Internetauftritten usw. auf die Ableistung seines Fachberaterkurses und die erworbene zusätzliche Qualifikation als Fachberater hinweisen dürfe.

Die hiergegen erhobene Klage, mit der der Kläger die Feststellung begehrt, dass er zur Führung der Bezeichnung "Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung (DStV e.V.)" neben der Berufsbezeichnung "Steuerberater" berechtigt ist, wies das Finanzgericht (FG) aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 437 veröffentlichten Gründen ab.

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, dass das FG die Feststellungsklage zu Unrecht als teilweise unzulässig angesehen habe, denn die Vereinbarung zwischen der Bundessteuerberaterkammer (BStBK) und dem DStV, auf die sich das FG insoweit stütze, sei nicht rechtsverbindlich. Im Übrigen verkenne das FG, dass er bisher in keiner Weise zum Ausdruck gebracht habe, er wolle eine weitere Berufsbezeichnung oder einen Zusatz zur Berufsbezeichnung als zulässig feststellen lassen, denn die Bezeichnung "Fachberater" sei --wie auch das FG geurteilt habe-- keine Berufsbezeichnung. Sie dürfe auch nicht als Zusatz zu einer Berufsbezeichnung verboten werden, da § 43 Abs. 2 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes ( StBerG ) keinen Erlaubnisvorbehalt enthalte und deshalb verfassungswidrig sei. Keinesfalls könne der Vorschrift entnommen werden, dass --wie das FG meine-- das Führen der Fachberater-Bezeichnung zulässig sei, wenn diese auf dem Briefkopf deutlich abgesetzt sei. Die Einschränkung der Werbefreiheit des Steuerberaters sei unverhältnismäßig, da die streitige Fachberater-Bezeichnung keine Irreführung der Rechtssuchenden bewirke. Es gebe keine vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls, die dafür sprächen, alle Angaben und Zusätze, die nicht als Angaben oder Zusätze auf dem Praxisschild erscheinen dürften, ohne Rücksicht auf ihren Sinn und Zweck sowie ihren Informationswert für Dritte generell zu verbieten.

Die Steuerberaterkammer ist der Ansicht, dass das Führen der vom Kläger erworbenen Fachberater-Bezeichnung nach § 43 StBerG unzulässig und die darin liegende Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit verfassungsgemäß sei. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe diese Vorschrift bisher nicht beanstandet und der Streitfall gebe auch keinen Anlass, sie verfassungskonform auszulegen.

II.

Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

1.

Das FG hat die Klage zu Recht als zum Teil unzulässig abgewiesen.

Der Kläger hat im finanzgerichtlichen Verfahren einen seinem Revisionsantrag entsprechenden Antrag gestellt. Er begehrte --und begehrt-- danach die Feststellung, zum Führen der streitigen Fachberater-Bezeichnung berechtigt zu sein, wobei er dieses Klagebegehren zwar mit dem Zusatz, diese Bezeichnung neben der Berufsbezeichnung "Steuerberater" führen zu wollen, in gewisser Weise konkretisiert, es im Übrigen allerdings nicht näher umschrieben oder eingeschränkt hat. Unter dem "Führen" einer beruflichen oder auf einen Beruf bezogenen Bezeichnung ist ihre Kundgabe oder der Hinweis auf sie gegenüber Dritten im Geschäftsverkehr zu verstehen, was auf vielerlei Art und Weise geschehen kann, weshalb das FG im Streitfall zu ermitteln hatte, auf welche Art des "Führens" das Feststellungsbegehren des Klägers gerichtet ist. Da der Kläger trotz des Hinweises der Steuerberaterkammer im finanzgerichtlichen Verfahren, eine bestimmte Art des "Führens" der Fachberater-Bezeichnung, nämlich von der Berufsbezeichnung "Steuerberater" räumlich abgesetzte Hinweise auf die Ableistung eines Fachberaterkurses und die erworbene Qualifikation in Geschäftspapieren, Praxisbroschüren, Internetauftritten usw., als zulässig anzusehen, seinen Klageantrag nicht beschränkt, sondern demgegenüber geltend gemacht hat, dass die Vereinbarung zwischen der BStBK und dem DStV nicht rechtsverbindlich sei, musste das FG von einem nach wie vor weit gefassten Klagebegehren ausgehen und annehmen, der Kläger wolle seine Befugnis zum Führen der Fachberater-Bezeichnung auch insoweit im Wege der Feststellungsklage erstreiten, als eine bestimmte Art des "Führens" von der Steuerberaterkammer nicht beanstandet wird. Ohne Erfolg wendet die Revision ein, der Kläger habe einen solchen Antrag nicht gestellt, denn das Gericht ist nach § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO an den --ggf. durch Auslegung zu ermittelnden-- Inhalt des Klagebegehrens, nicht aber an die Fassung der Anträge gebunden.

Das FG hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger für sein auch auf diese Art des Führens der Fachberater-Bezeichnung gerichtetes Feststellungsbegehren das nach § 41 Abs. 1 FGO erforderliche berechtigte Interesse fehlt. Entscheidend ist insoweit allein, dass dem Kläger im maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung das Recht, auf die erworbene Fachberater-Qualifikation in der vorstehend beschriebenen Weise hinweisen zu können, nicht bestritten worden ist. Einer gerichtlichen Feststellung, dass der Kläger zu einer werbenden Darstellung in dieser Weise berechtigt ist, bedurfte es daher nicht. Auf die Rechtsverbindlichkeit der Vereinbarung zwischen der BStBK und dem DStV kommt es dabei ebenso wenig an wie auf den Umstand, dass --wie die Revision behauptet-- andere Steuerberaterkammern diese Vereinbarung nicht anerkennen. Auch wenn die Vereinbarung keine allgemeinen Rechtswirkungen entfaltet, gibt sie doch, da sich die Steuerberaterkammer nach ihr richtet, jedenfalls dem Kläger die Möglichkeit, die Fachberater-Bezeichnung im Geschäftsverkehr werbend einzusetzen. Vermeintliche Rechte anderer Steuerberater kann der Kläger nach den Vorschriften der FGO nicht erstreiten.

2.

Soweit das Feststellungsbegehren darauf gerichtet ist, die Fachberater-Bezeichnung neben der Berufsbezeichnung "Steuerberater" führen zu dürfen, und zwar nicht nur in der beschriebenen Weise als räumlich abgesetzten Hinweis auf die in einem Fachberaterkurs erworbene Qualifikation, sondern im unmittelbaren Zusammenhang mit der Berufsbezeichnung, hat das FG die Klage zu Recht abgewiesen, da der Kläger hierzu nicht berechtigt ist.

a)

Nach § 43 Abs. 1 StBerG hat der Kläger die Berufsbezeichnung "Steuerberater" zu führen. § 43 Abs. 2 Satz 1 StBerG , der die Führung weiterer Berufsbezeichnungen unter einer bestimmten --vorliegend ohnehin nicht gegebenen-- Voraussetzung gestattet, ist im Streitfall nicht einschlägig, da die Bezeichnung "Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung (DStV e.V.)" auf eine erworbene Fortbildungs-Qualifikation hinweist, jedoch keine Berufsbezeichnung ist, wie das FG unter Hinweis auf (u.a.) die Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteil vom 11. November 1986 VII R 105/82, BFHE 148, 201, BStBl II 1987, 144 ) sowie auf Pestke (Private Qualifizierungshinweise und Grundgesetz - Zur Vereinbarkeit der DStV-Fachberaterbezeichnung mit § 43 Abs. 2 StBerG , Die Steuerberatung --Stbg-- 2007, 224, 233 f.) zutreffend erkannt hat und was keiner weiteren Ausführungen bedarf, da hiervon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen.

Im Streitfall einschlägig ist § 43 Abs. 2 Satz 2 StBerG , der andere Zusätze (andere als nach Satz 1 zulässige weitere Berufsbezeichnungen) für im beruflichen Verkehr unzulässig erklärt, soweit nicht § 43 Abs. 3 StBerG unter bestimmten --hier nicht vorliegenden-- Voraussetzungen Ausnahmen erlaubt und soweit es --wie im Streitfall-- nicht um eine nach der gemäß § 86 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 11 StBerG und § 61 der Satzung über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe der Steuerberater und der Steuerbevollmächtigten von der BStBK erlassenen Fachberaterordnung in der Fassung vom 28. März 2007 (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2007, 1274) zugelassene Fachberaterbezeichnung geht. Dem Begehren des Klägers, die streitige --nicht nach der Fachberaterordnung zugelassene-- Fachberaterbezeichnung neben der Berufsbezeichnung "Steuerberater" und im unmittelbaren Zusammenhang mit dieser führen zu dürfen, steht daher § 43 Abs. 2 Satz 2 StBerG entgegen.

Anders als die Revision mit der wörtlichen Wiedergabe von Formulierungen aus BVerfG-Entscheidungen (Beschlüsse vom 21. April 1993 1 BvR 166/89, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1993, 2988 ; vom 8. Januar 2002 1 BvR 1147/01, NJW 2002, 1331 ) möglicherweise meint, sind im beruflichen Verkehr des Steuerberaters Hinweise auf bestimmte zusätzlich erworbene Qualifikationen nicht ohne Rücksicht auf ihren Sinn und Zweck sowie ihren Informationswert generell verboten. Vielmehr ist nach § 57a StBerG über die berufliche Tätigkeit sachlich unterrichtende Werbung erlaubt. Nicht zulässig sind dagegen die in § 43 Abs. 2 Satz 2 StBerG genannten Zusätze zur Berufsbezeichnung "Steuerberater". Für die gebotene Abgrenzung hat das FG --in Übereinstimmung mit der zwischen der BStBK und dem DStV getroffenen Vereinbarung-- darauf abgestellt, ob die Fachberater-Bezeichnung im beruflichen Verkehr von der Berufsbezeichnung und dem Namen des Steuerberaters räumlich deutlich abgesetzt ist. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden, da mit dem Begriff "Zusatz" zur Berufsbezeichnung ausgedrückt wird, dass dieser etwas hinzugesetzt wird, was im Schriftverkehr bedeutet, dass im betreffenden Schriftstück Berufsbezeichnung und Zusatz in einer erkennbaren Verbindung stehen und aufeinander bezogen sind, ansonsten nicht von einem "Zusatz" gesprochen werden kann (ebenso Pestke, Stbg 2007, 224, 235).

Mit diesem Kriterium mag es --wie die Revision einwendet-- in Einzelfällen zu Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Frage kommen, ob eine im beruflichen Verkehr vom Steuerberater angegebene besondere Qualifikation ein unzulässiger Zusatz zur Berufsbezeichnung oder ein zulässiger werbender Hinweis ist. Es ist jedoch oft nicht zu vermeiden und deshalb auch nicht ungewöhnlich, rechtliche Fragen mit Hilfe ausfüllungsbedürftiger Begriffe zu beantworten, wie z.B. § 57a StBerG (übereinstimmend mit § 43b der Bundesrechtsanwaltsordnung -- BRAO --) mit dem enthaltenen Begriff der "sachlichen" Unterrichtung zeigt. Es ist nicht zweifelhaft, dass der Tatrichter in entsprechenden Streitfällen in der Lage ist zu entscheiden, ob ein vom Steuerberater im beruflichen Verkehr gegebener Hinweis auf eine besondere Qualifikation von seinem Namen und seiner Berufsbezeichnung deutlich abgesetzt oder bei objektiver Betrachtung als ein Zusatz zur Berufsbezeichnung zu verstehen ist.

Da das Begehren des Klägers im Streitfall darauf gerichtet ist, den Hinweis auf seine beim DStV erworbene Fachberater-Bezeichnung im beruflichen Verkehr nicht nur in einer von seinem Namen und seiner Berufsbezeichnung deutlich abgesetzten Weise geben zu dürfen, will er --wie das FG zutreffend erkannt hat-- auf seine besondere Qualifikation nicht lediglich in der beschriebenen Weise werbend hinweisen, sondern sie als Zusatz zur Berufsbezeichnung verwenden, was nach § 43 Abs. 2 Satz 2 StBerG unzulässig ist.

b)

§ 43 Abs. 2 Satz 2 StBerG verletzt nicht die nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes gewährleistete Berufsfreiheit. Bei der durch jene Vorschrift eingeschränkten Möglichkeit des Steuerberaters, eine Berufsbezeichnung frei wählen und durch bestimmte Zusätze für sich werben zu können, handelt es sich um eine durch Gemeinwohlbelange gerechtfertigte Einschränkung der Freiheit der Berufsausübung, die auf einer eindeutigen gesetzlichen Grundlage beruht und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht und damit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt (vgl. dazu: BVerfG-Beschlüsse in NJW 1993, 2988 ; vom 22. Mai 1996 1 BvR 744/88, 1 BvR 60/89, 1 BvR 1519/91, BVerfGE 94, 372 ; BVerfG-Urteil vom 16. Januar 2002 1 BvR 1236/99, BVerfGE 104, 357 , jeweils m.w.N.).

aa)

Hiervon ist der erkennende Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BVerfG wiederholt ausgegangen: Die gegen den Beschluss des erkennenden Senats vom 25. August 1988 VII R 2/87 (nicht veröffentlicht --n.v.--) --betreffend den Zusatz "staatlich geprüfter Betriebswirt"-- gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG mit Kammerbeschluss vom 29. Oktober 1990 1 BvR 1307/88 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1991, 615 ) nicht zur Entscheidung angenommen und unter Hinweis auf seinen Beschluss vom 20. April 1982 1 BvR 522/78 (BVerfGE 60, 215 , 233) ausgeführt, die Berufsausübungsregelungen in § 43 Abs. 1 , 2 und 3 StBerG genügten verfassungsrechtlichen Anforderungen. Diese zitierte Entscheidung war auf eine Verfassungsbeschwerde gegen eine berufsrechtliche Verurteilung eines Steuerberaters (letztinstanzlich: Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 20. April 1978 StB 1/78, n.v.) wegen (u.a.) Führens der Berufsbezeichnung "Versicherungsmathematiker" ergangen, in welcher das BVerfG ausführt:

"Soweit dem Steuerberater die Führung weiterer Berufsbezeichnungen als 'Steuerberater' nur gestattet ist, wenn sie ihm amtlich verliehen worden sind, und andere Zusätze, wie der Hinweis auf eine ehemalige Beamteneigenschaft, im beruflichen Verkehr unzulässig sind (§ 11 Abs. 1 und 2 StBerG a.F., § 43 Abs. 1 und 2 StBerG n.F.), handelt es sich um ein Verbot, das mit dem der berufswidrigen Werbung eng zusammenhängt. Es genügt den Anforderungen, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an Berufsausübungsregelungen zu stellen sind."

Dementsprechend hat der erkennende Senat mit Urteil in BFHE 148, 201, BStBl II 1987, 144 --betreffend den Zusatz "Betriebswirt (VWA)"-- die Revision eines Steuerberaters gegen ein klageabweisendes FG-Urteil zurückgewiesen, ohne eine verfassungsrechtliche Problematik im Zusammenhang mit den anzuwendenden Vorschriften des § 43 Abs. 2 und 3 StBerG anzusprechen (vgl. auch zu § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG : Senatsurteil vom 27. Juli 1993 VII R 21/93, BFHE 172, 266 , BStBl II 1994, 262 ).

Auch die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte äußert bezüglich der durch § 43 StBerG eingeschränkten Freiheit der Berufsausübung des Steuerberaters keine verfassungsrechtlichen Zweifel (vgl. BGH-Urteil vom 16. Januar 1981 I ZR 29/79, BGHZ 79, 390; Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 15. Mai 2009 StO 1/08, DStR 2009, 1826, zum Zusatz "zertifizierter Finanzplaner").

Jüngeren Entscheidungen des BVerfG betreffend Werbeverbote für Freiberufler lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass das Gericht von seiner zu § 43 StBerG vertretenen Auffassung abzurücken geneigt sein könnte. So hat das BVerfG wiederholt ausgeführt, dass sachliche Werbung Freiberuflern grundsätzlich erlaubt sei, berufswidrige Werbung aber untersagt werden dürfe, zu der u.a. das Führen von Zusätzen gehöre, die im Zusammenhang mit den geregelten Qualifikationsbezeichnungen und Titeln zu Irrtümern führen könnten (BVerfG-Beschlüsse in NJW 1993, 2988 ; vom 23. Juli 2001 1 BvR 873/00, 1 BvR 874/00, NJW 2001, 2788; in NJW 2002, 1331 ; vom 26. Oktober 2004 1 BvR 981/00, BVerfGE 111, 366 ; vom 19. Februar 2008 1 BvR 1886/06, NJW 2008, 1298 ). Dieser verfassungsrechtlichen Rechtsprechung tragen die Regelungen in § 43 und § 57a StBerG Rechnung.

bb)

Auch der Streitfall bietet keinen Anlass, § 43 Abs. 2 StBerG zu Gunsten des Klägers einschränkend auszulegen.

Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, war es das mit der Vorschrift verfolgte gesetzgeberische Ziel, (u.a.) das Hilfeleistung in Steuersachen suchende Publikum durch Regelung einer eindeutigen Berufsbezeichnung vor der Gefahr einer Irreführung durch verschiedenartige Berufsbezeichnungen steuerliche Hilfeleistung anbietender Personen oder durch besondere Sachkompetenz verheißende Zusätze zu schützen (vgl. Späth, Bonner Handbuch der Steuerberatung, § 43 StBerG , B 542; Willerscheid in Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez/Willerscheid, Steuerberatungsgesetz , 2. Aufl., § 43 Rz 8; BGH-Urteil in BGHZ 79, 390). Aufgrund der durch die berufsrechtlichen Vorschriften des StBerG bestehenden Rechtslage kann das Publikum davon ausgehen, dass, wer sich als Steuerberater bezeichnen darf, bestimmte im StBerG aufgeführte öffentlich-rechtliche Anforderungen erfüllt und zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist. Diese Eindeutigkeit darf nicht durch beliebige Zusätze, die auf besondere Qualifikationen oder angebliche spezielle Sachkompetenz hinweisen, infrage gestellt werden. Deshalb sind nur solche Zusätze erlaubt, die eine ähnliche Gewähr bieten, auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu beruhen, also --wie es § 43 Abs. 2 und 3 StBerG verlangt-- amtlich bzw. staatlich verliehen sind oder gemäß dem aus § 86 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 4 Nr. 11 StBerG abgeleiteten Satzungsrecht der BStBK neben der Berufsbezeichnung geführt werden dürfen.

Die demgegenüber in der Literatur vertretene Ansicht, eine Auslegung des § 43 Abs. 2 StBerG dahin, dass es Steuerberatern generell verboten sei, auf nicht amtlich verliehene Qualifikationen hinzuweisen, sei unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig (Pestke, Stbg 2007, 224, 236, 238), geht von nicht zutreffenden Voraussetzungen aus, weil --wie ausgeführt-- ein derartiges generelles Verbot nicht besteht, sondern nur der als Zusatz zur Berufsbezeichnung zu verstehende Qualifikationshinweis unzulässig ist. Diese Einschränkung ist nicht unverhältnismäßig; vielmehr schaffen § 43 und § 57a StBerG zwischen dem vorstehend angeführten Belang des Gemeinwohls, nämlich dem beschriebenen Schutzbedürfnis des Publikums vor irreführenden Berufsbezeichnungen, und dem grundrechtlich geschützten Interesse des Steuerberaters auf berufliche Außendarstellung durch Werbung für die Inanspruchnahme seiner Dienste einen angemessenen Ausgleich. Werbung auch durch Hinweise auf bestimmte Qualifikationen, berufliche Erfahrung oder Schwerpunkte --nicht nur in seinem, sondern auch im Interesse des Beratung suchenden Publikums-- ist dem Steuerberater nicht generell untersagt, sondern durch § 43 StBerG nur im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Führen der Berufsbezeichnung beschränkt. Der Steuerberater darf sich durch sachliche Werbung einem an Steuerberatungsleistungen interessierten Publikum darstellen, solange er sich an die im Interesse des Gemeinwohls aufgestellten --und zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels auch geeigneten-- Schranken hält und er als Form seiner Werbung nicht einen nicht amtlich verliehenen Zusatz zur Berufsbezeichnung wählt. Diese Beschränkung ist zumutbar und im Interesse des genannten Gemeinwohlbelangs hinzunehmen.

Soweit daher im Streitfall das FG die dem Kläger gegebene Möglichkeit, auf seine erworbene zusätzliche Qualifikation als Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung werbend hinzuweisen, als ausreichend zur Wahrung seiner beruflichen Rechte und das einschränkende Erfordernis einer räumlich deutlichen Trennung dieses Hinweises von der Berufsbezeichnung "Steuerberater" als für den Kläger zumutbar angesehen hat, ist diese Abwägung auch im Licht der verfassungsrechtlich garantierten Berufsausübungsfreiheit rechtlich nicht zu beanstanden.

Dem kann auch nicht mit der Revision entgegengehalten werden, dass der als Zusatz beabsichtigte Hinweis des Klägers auf die beim DStV erworbene Fachberater-Qualifikation keine Irreführung des Publikums sein könne, weil er den Tatsachen entspreche, da ein den Fachberaterrichtlinien des DStV gemäßer Lehrgang erfolgreich absolviert worden sei (insoweit ebenso: Pestke, Stbg 2007, 224, 240 ff.). Hätte der Kläger in Wahrheit keine besonderen Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Sanierung und Insolvenzverwaltung, wäre eine Bezeichnung als Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung eine sachlich unzutreffende Angabe, der bereits § 57a StBerG und im Übrigen auch die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb entgegenstünden; eines Rückgriffs auf § 43 StBerG bedürfte es nicht, um einen solchen unrichtigen Qualifikationshinweis zu untersagen.

Anders als die Revision meint, ist aber das Führen der Bezeichnung "Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung (DStV)", auch wenn sie redlich erworben und somit eine zutreffende Bezeichnung ist, im unmittelbaren Zusammenhang mit der Berufsbezeichnung geeignet, die Eindeutigkeit der Berufsbezeichnung infrage zu stellen, und birgt die auch durch die Hinzufügung der Abkürzung "e.V." nicht auszuschließende Gefahr der irrtümlichen Annahme des Publikums, es handele sich um eine aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften amtlich verliehene Qualifikation der Berufsbezeichnung des Steuerberaters. Wollte man demgegenüber die Auffassung vertreten, das Rat suchende Publikum bedürfe eines entsprechenden Schutzes nicht, da es in der Lage sei, den Unterschied zwischen amtlich und nicht amtlich verliehenen Qualifikationen zu erkennen (vgl. dazu: Pestke, Stbg 2007, 224, 243 f.), hieße dies, im Bereich des Berufsrechts der Steuerberater das Schutzbedürfnis des Publikums vor irreführenden Berufsbezeichnungen nicht länger als einen zu berücksichtigenden Gemeinwohlbelang anzusehen. Dies zu entscheiden ist indes dem Gesetzgeber vorbehalten.

c)

Die seitens der Revision behauptete im Vergleich zu Fachanwälten für Steuerrecht bestehende Ungleichbehandlung ist, abgesehen davon, dass der Gesetzgeber nicht gehindert ist, für unterschiedliche Berufsgruppen jeweils anderslautende Berufsausübungsregelungen zu erlassen (vgl. Senatsurteil vom 30. März 2004 VII R 56/03, BFH/NV 2004, 1426 ), nicht erkennbar. Die BRAO enthält zwar kein dem § 43 Abs. 2 Satz 2 StBerG entsprechendes ausdrückliches Verbot von Zusätzen zur Berufsbezeichnung; jedoch regelt § 43c BRAO i.V.m. der dazugehörigen Fachanwaltsordnung , unter welchen Voraussetzungen ein Rechtsanwalt zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung berechtigt ist. Die Angabe anderer z.B. privat erworbener fachlicher Qualifikationen kommt daher ebenfalls grundsätzlich nicht in Betracht. Unter bestimmten Voraussetzungen nach § 59b Abs. 2 Nr. 2 BRAO i.V.m. § 7 Abs. 1 der Berufsordnung für Rechtsanwälte neben der Fachanwaltsbezeichnung benennbare Teilbereiche der Berufstätigkeit bzw. verwendbare qualifizierende Zusätze sind nach Abs. 2 der Regelung jedenfalls unzulässig, soweit sie die Gefahr einer Verwechslung mit Fachanwaltschaften begründen oder sonst irreführend sind. Das Führen einer Fachberater-Bezeichnung durch einen Rechtsanwalt kann also berufsrechtlich durchaus beanstandet werden.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz, vom 12.11.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 2 K 1569/08