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BFH - Entscheidung vom 28.10.2010

III B 175/09

Normen:
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO
§ 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2 FGO
§ 5 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a InvZulG 1993
§ 5 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst b InvZulG 1993
§ 5 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a InvZulG 1996
§ 5 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst b InvZulG 1996
§ 2 Abs 2 S 1 Nr 1 InvZulG 1999
§ 2 Abs 2 S 1 Nr 2 InvZulG 1999
§ 2 Abs 3 S 1 Nr 1 InvZulG 1999
§ 2 Abs 3 S 1 Nr 2 InvZulG 1999
InvZulG 1999 § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2

BFH, Beschluss vom 28.10.2010 - Aktenzeichen III B 175/09

DRsp Nr. 2010/22361

Einordnung eines Betriebs als Handwerksbetrieb trotz einer Zuordnung nach statischen Kriterien zum Handel; Vorliegen eines Handwerksbetriebs bei Erbringung von Handwerksleistungen an eigenen, zum Verkauf bestimmten Wirtschaftsgütern

1. NV: Rechtsfragen, die mit dem im InvZulG 1999 enthaltenen Tatbestandsmerkmal "Betrieb des Handwerks" zusammenhängen, betreffen auslaufendes Recht und sind daher nicht mehr von grundsätzlicher Bedeutung. 2. NV: Die Rechtsfrage, ob die einem verarbeitenden Gewerbe dienenden Wirtschaftgüter auch dann durch Investitionszulage begünstigt sind, wenn der Betrieb insgesamt nicht dem verarbeitenden Gewerbe, sondern dem Handel zuzuordnen ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung, da sich ihre (negative) Beantwortung aus dem Gesetz ergibt.

Normenkette:

InvZulG 1999 § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ;

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ).

a)

Die Klägerin hat zum einen die Rechtsfrage formuliert, ob ein Betrieb, auch wenn er nach statistischen Kriterien dem Handel zuzuordnen ist, nicht dennoch zugleich als Handwerksbetrieb nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Investitionszulagengesetzes 1999 ( InvZulG 1999) begünstigt sein kann, zum anderen, ob es für die Einordnung als Handwerksbetrieb darauf ankommt, ob Handwerksleistungen gegenüber Dritten erbracht werden oder ob nicht Leistungen an eigenen, zum Verkauf bestimmten Wirtschaftsgütern ausreichend sind.

Diese Fragen betreffen das in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 sowie Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 enthaltene Tatbestandsmerkmal "Betrieb des Handwerks". Das Dienen oder die Verwendung von Wirtschaftsgütern in einem Betrieb des Handwerks ist nach den InvZulG 2005 , 2007 und 2010 keine Fördervoraussetzung mehr. Die von der Klägerin aufgeworfenen Abgrenzungsfragen betreffen ausgelaufenes Recht, denen regelmäßig --so auch hier-- keine grundsätzliche Bedeutung mehr zukommt (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. Januar 2010 IX B 122/09, BFH/NV 2010, 844 ). Sie sind, wie erwähnt, für die Nachfolgeregelungen nicht bedeutsam.

b)

Ebenso wenig klärungsbedürftig ist die Frage, ob die zu Handwerksbetrieben ergangene Rechtsprechung, wonach einzelne dem Handwerk dienende Wirtschaftsgüter auch dann begünstigt sind, wenn der Betrieb nach statistischen Kriterien insgesamt dem Handel zuzuordnen ist, auf Betriebe des verarbeitenden Gewerbes übertragen werden kann.

aa)

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Wirtschaftsgüter, die dem Recycling und damit dem verarbeitenden Gewerbe dienen, begünstigt sind, obwohl der Betrieb insgesamt nicht dem verarbeitenden Gewerbe, sondern dem Handel zuzuordnen ist. Die aufgezeigte Frage bedarf nicht der Klärung, weil sich ihre Beantwortung aus dem Gesetz ergibt.

bb)

Die Förderung von Betrieben des verarbeitenden Gewerbes nach dem InvZulG 1999 hat u.a. zur Voraussetzung, dass bewegliche Wirtschaftgüter während eines Zeitraums von drei oder fünf Jahren in Betrieben des verarbeitenden Gewerbes verbleiben (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 , § 10 Abs. 4a InvZulG 1999), bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern, dass sie während eines Fünfjahreszeitraums in einem Betrieb des verarbeitenden Gewerbes verwendet werden (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999). Ist ein Betrieb wegen des Schwerpunkts der wirtschaftlichen Betätigung nicht als Betrieb des verarbeitenden Gewerbes einzustufen, sondern z.B. als Handelsbetrieb, so kann ein einzelnes Wirtschaftsgut auch dann nicht durch Investitionszulage gefördert werden, wenn es --isoliert betrachtet-- einem verarbeitenden Gewerbe dient. Denn ein solches Wirtschaftsgut verbleibt nicht in einem Betrieb des verarbeitenden Gewerbes bzw. es wird nicht in einem solchen Betrieb verwendet.

cc)

Demgegenüber gestattet der abweichende Gesetzeswortlaut des InvZulG 1993 und des InvZulG 1996 die Förderung einzelner dem Handwerk dienender Wirtschaftsgüter auch in den Fällen, in denen der Betrieb eines in die Handwerksrolle oder in das Verzeichnis handwerksähnlicher Betriebe eingetragenen Gewerbetreibenden aufgrund des Schwerpunkts der wirtschaftlichen Betätigung (z.B.) insgesamt dem Handel zuzuordnen ist. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b InvZulG 1993 und InvZulG 1996 müssen begünstigte Wirtschaftsgüter mindestens drei Jahre lang zum Anlagevermögen des Betriebs eines Gewerbetreibenden gehören, der in die Handwerksrolle oder in das Verzeichnis handwerksähnlicher Betriebe eingetragen ist; außerdem muss es in einem solchen Betrieb verbleiben. Ein dem Handwerk dienendes Wirtschaftsgut eines Betriebs, in dem schwerpunktmäßig Handel getrieben wird und dessen Inhaber in die Handwerksrolle oder in das Verzeichnis handwerksähnlicher Betriebe eingetragen ist, erfüllt nach dem Wortlaut des Gesetzes die Zugehörigkeits- bzw. Verbleibensvoraussetzung. Die zu einschlägigen Fällen ergangene Rechtsprechung kann somit nicht auf Sachverhalte übertragen werden, in denen --wie im Streitfall-- ein Betrieb nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) insgesamt nicht dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen ist, auch wenn einzelne Wirtschaftsgüter diesem Gewerbe dienen.

2.

Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO ). Zur Bezeichnung einer Divergenz ist es erforderlich, einen bestimmten, in der angefochtenen Entscheidung aufgestellten Rechtssatz zu benennen oder aus dem Zusammenhang der Entscheidungsgründe herauszuarbeiten und einem Rechtssatz aus der Entscheidung des BFH so gegenüberzustellen, dass die Unvereinbarkeit der beiden Rechtssätze deutlich wird (s. z.B. BFH-Beschluss vom 11. März 2010 VI B 151/09, BFH/NV 2010, 1453 ).

a)

Die geltend gemachte Abweichung des FG von den von der Klägerin genannten BFH-Urteilen liegt jedoch nicht vor. Die Klägerin ist der Ansicht, das FG sei von den Senatsentscheidungen vom 17. November 1998 III R 43/96 (BFHE 188, 169 , BStBl II 1999, 837 ) und vom 7. September 2000 III R 57/97 (BFHE 193, 187 , BStBl II 2001, 40 ) abgewichen, weil es der Ansicht sei, dass die an den eigenen Fahrzeugen erbrachten handwerklichen Tätigkeiten dem Bereich "Handel" zuzuordnen seien und von dieser Zuordnung die Zugehörigkeit zum Handwerk verdrängt werde. Die genannten Urteile betreffen Sachverhalte, in denen Wirtschaftsgüter im handwerklichen Bereich eines Betriebs eingesetzt wurden und aus diesem Grund durch erhöhte Investitionszulage begünstigt waren. In den beiden Entscheidungen findet sich keine Aussage zu der Frage, ob ein Handwerksbetrieb auch dann vorliegt, wenn die handwerklichen Tätigkeiten an Wirtschaftsgütern verrichtet werden, die zum Verkauf bestimmt sind.

b)

Auch die Rüge, das FG sei vom Senatsurteil vom 20. September 1999 III R 33/97 (BFHE 190, 266 , BStBl II 2000, 208 ) abgewichen, weil es das zum InvZulG 1993 ergangene "Sonderrecht" für Wirtschaftsgüter des Handwerks trotz geänderter Rechtslage auf das InvZulG 1999 übertragen habe, führt nicht zur Zulassung der Revision. Mit diesem Vortrag wird keine Divergenz dargelegt, vielmehr beanstandet die Klägerin, das FG habe zu Unrecht die zum InvZulG 1993 entwickelten Rechtsgrundsätze auf das InvZulG 1999 angewandt. Die materiell-rechtliche Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Urteils kann jedoch im Verfahren über die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht geltend gemacht werden (s. z.B. Senatsbeschluss vom 10. Februar 2010 III B 112/09, BFH/NV 2010 881).

3.

Schließlich ist die Revision auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen. Die Klägerin rügt, das FG habe die in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Gründe, weshalb die Revision zugelassen werden sollte, in der Niederschrift nicht zutreffend wiedergegeben; bei einer korrekten Wiedergabe hätte es die Revision möglicherweise zugelassen. Letztlich beanstandet die Klägerin, das FG habe zu Unrecht Zulassungsgründe verneint. Eine Verfahrensrüge, die eine Nebenentscheidung des finanzgerichtlichen Urteils betrifft, ist, wie die Klägerin unter Hinweis auf die Kommentierung von Gräber/Ruban ( Finanzgerichtsordnung , 7. Aufl., § 115 Rz 86) selbst einräumt, jedoch nicht durchgreifend.

Vorinstanz: FG Sachsen, vom 01.10.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 1 K 454/05