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BFH - Entscheidung vom 09.11.2010

VII B 153/10

Normen:
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO
§ 60 EnergieStG

BFH, Beschluss vom 09.11.2010 - Aktenzeichen VII B 153/10

DRsp Nr. 2011/1290

Anspruch auf Vergütung der im Kaufpreis für gelieferten Kraftstoff enthaltenen Energiesteuer gegenüber einen persönlich haftenden Gesellschafter einer KG nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der KG

1. NV: Der Frage, ob neben dem eigentlichen, mit Mineralöl belieferten Vertragspartner auch noch weitere Personen, wie z.B. persönlich haftende Gesellschafter einer OHG, in Anspruch genommen werden müssen, um sich einen Energiesteuervergütungsanspruch nach § 60 EnergieStG zu erhalten, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, denn sie ist bereits in dem Sinne höchstrichterlich entschieden, dass der Kaufpreisanspruch auch gegenüber den genannten Personen geltend zu machen ist. 2. NV: Auch die Frage, ob der Kaufpreisanspruch selbst dann noch gerichtlich geltend gemacht werden muss, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Warenempfängers gestellt worden ist, bedarf keiner weiteren Klärung.

Normenkette:

§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO ; § 60 EnergieStG;

Gründe

I.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) belieferte am 8. und 21. Mai 2008 eine GmbH & Co. KG (KG) mit versteuerten Kraftstoffen. Persönlich haftende Gesellschafter der KG waren die A-GmbH und die K-OHG. Persönlich haftende Gesellschafter der K-OHG waren die K-GmbH und Herr K. Da die Klägerin auf ihre Rechnungen vom 8. und 23. Mai 2008 keine Zahlungen erhielt, beantragte sie beim Amtsgericht den Erlass von zwei Mahnbescheiden, die der KG am 16. und 25. Juni 2008 zugestellt wurden. Anfang Juli 2008 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Vermögen der KG, der A-GmbH und der K-OHG beantragt. Nachdem die Klägerin der KG Ende Juli 2008 zwei Vollstreckungsbescheide hatte zustellen lassen, beantragte sie im August 2008 beim Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt --HZA--) die Vergütung der im Kaufpreis für die gelieferten Kraftstoffe enthaltenen Energiesteuer. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der KG meldete die Klägerin ihre Forderungen am 20. Oktober 2008 zur Insolvenztabelle an. Die beantragte Vergütung lehnte das HZA mit der Begründung ab, dass es die Klägerin versäumt hätte, ihre Forderungen innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern der KG gerichtlich geltend zu machen. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass der Klägerin eine Energiesteuerentlastung nach § 60 Abs. 1 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) deshalb nicht gewährt werden könne, weil sie ihre Ansprüche gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern der KG nicht gerichtlich verfolgt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Senatsbeschluss vom 19. April 2007 VII R 45/05, BFHE 216, 471 ) seien Kaufpreisansprüche auch gegenüber den nach § 161 Abs. 2 und § 128 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs persönlich haftenden Gesellschaftern geltend zu machen. Der Umstand, dass über die Vermögen der A-GmbH und der K-OHG die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt worden sei, habe die Klägerin nicht davon entbinden können, eine gerichtliche Verfolgung der Ansprüche einzuleiten (Senatsbeschluss vom 19. November 2007 VII R 1/05, BFH/NV 2008, 621 ).

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --), zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ) und wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ). Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob neben dem eigentlichen Vertragspartner auch noch weitere Personen --insbesondere persönlich haftende Gesellschafter-- in Anspruch genommen werden müssen und ob dies auch noch dann erforderlich sei, wenn über das Vermögen dieser Personen das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Schließlich stelle sich die weitere Frage, ob Fragen der überholenden Kausalität in die Entscheidung einzubeziehen seien. Im Streitfall habe deshalb keine Möglichkeit bestanden, die Ansprüche gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern gerichtlich zu verfolgen, weil das Insolvenzgericht im Beschluss vom 9. Juli 2008 alle Maßnahmen der Zwangsvollstreckung ausdrücklich untersagt habe.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Zulassungsgründe in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargelegt.

1.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur dann zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Zudem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (BFH-Beschluss vom 9. November 2007 IV B 169/06, BFH/NV 2008, 390 , m.w.N.). Hat sich der BFH bereits mit einer aufgeworfenen Rechtsfrage befasst, ist darzulegen, warum eine erneute Entscheidung des BFH im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsentwicklung erforderlich ist und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die bereits höchstrichterlich beantwortete Frage umstritten ist, insbesondere welche neuen gewichtigen, vom BFH bislang nicht geprüften Einwände in der Literatur und/oder in der Rechtsprechung der Instanzgerichte gegen die höchstrichterliche Auffassung erhoben werden (Senatsbeschluss vom 19. November 2007 VII B 104/07, BFH/NV 2008, 334 ).

2.

Den genannten Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Zutreffend hat das FG darauf hingewiesen, dass die Frage, ob der Mineralöllieferant neben der Gesellschaft, die er mit Mineralöl beliefert hat, auch deren persönlich haftende Gesellschafter in Anspruch nehmen muss, um sich den Energiesteuervergütungsanspruch zu erhalten, bereits höchstrichterlich geklärt ist. Wie der Senat entschieden hat, hat derjenige, der eine Personengesellschaft mit versteuertem Mineralöl beliefert, den Kaufpreisanspruch nicht nur gegen die Gesellschaft, sondern auch gegen weitere in Betracht kommende Gesamtschuldner, wie z.B. gegen die Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG, geltend zu machen und soweit erforderlich gerichtlich zu verfolgen (Senatsbeschluss in BFHE 216, 471 ). Auch die Frage, ob Kaufpreisansprüche selbst dann --z.B. durch den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids-- gerichtlich verfolgt werden müssen, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners gestellt worden ist, ist bereits höchstrichterlich geklärt (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2008, 621 , m.w.N., und Senatsbeschluss vom 5. März 2007 VII B 189/06, BFH/NV 2007, 1353 ). Weder mit diesen Entscheidungen noch mit den in der Literatur veröffentlichten Meinungen (z.B. Jatzke, Rechtzeitige Mahnung und gerichtliche Verfolgung des Kaufpreisanspruchs als Voraussetzungen des Entlastungsanspruchs nach § 60 EnergieStG, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2008, 248, m.w.N.) setzt sich die Beschwerde auseinander. Vielmehr beschränkt sich die Klägerin auf die Formulierung ihrer aufgeworfenen Rechtsfragen und auf die Darstellung der Besonderheiten des Streitfalls, nach denen die gerichtliche Verfolgung der Kaufpreisansprüche gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern der KG nicht mehr möglich gewesen sein soll.

Nähere Darlegungen wären auch deshalb erforderlich gewesen, weil das FG nicht festgestellt hat, dass das Insolvenzgericht Maßnahmen der Zwangsvollstreckung auch gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern untersagt hat. Zudem ist zu berücksichtigen, dass gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 der Insolvenzordnung ( InsO ) Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner nur untersagt werden können, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind. Die Vollstreckung in Immobilien bleibt danach zulässig. Selbst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist das absolute Vollstreckungsverbot des § 89 InsO durch die Regelungen in § 30d und § 153b des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung relativiert.

3.

Soweit die Klägerin behauptet, das erstinstanzliche Urteil leide auch unter Verfahrensmängeln, wird diese Behauptung durch die Beschwerdebegründung auch nicht ansatzweise belegt.

Vorinstanz: FG Düsseldorf, vom 16.06.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 4 K 3690/09