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BAG - Entscheidung vom 18.05.2010

3 AZR 556/08

Normen:
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 313
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 313

BAG, Urteil vom 18.05.2010 - Aktenzeichen 3 AZR 556/08

DRsp Nr. 2010/11927

Zinsvergünstigung bei Bauspardarlehen an Arbeitnehmer als Gesamtzusage; Bausparvertrag als Anspruchsgrundlage; Passivlegitimation nach Ausgliederung in eine neu gegründete AG; Störung der Geschäftsgrundlage

1. Hat ein Arbeitgeber, der selbst das Bauspargeschäft betreibt, einem bestimmten Personenkreis im Wege der Gesamtzusage zugesagt, deren Bausparguthaben mit 1 % über Kundenkonditionen zu verzinsen, so ist diese Zusage regelmäßig dahin auszulegen, dass ihre Erfüllung im Rahmen des jeweiligen Bausparvertrages geschuldet ist. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber das Bauspargeschäft über eine rechtlich unselbständige Einrichtung betreibt. 2. Der Anspruch folgt aus dem Bausparvertrag auch dann, wenn dieser den Sonderzins nicht ausdrücklich ausweist. 3. Der Anspruch aus dem Bausparvertrag richtet sich nach Ausgliederung und Übertragung der rechtlich unselbständigen Einrichtung nach dem LBSG gegen die dadurch gegründete AG. 4. Dass der ursprüngliche Arbeitgeber infolge der Ausgliederung und Übertragung das Bauspargeschäft nicht mehr betreibt, führt nicht zu einer Störung der Geschäftsgrundlage im Verhältnis des Bausparers zur nunmehrigen Schuldnerin.

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 11. Juni 2008 - 3 Sa 15/08 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 12. Dezember 2007 - ö.D. 3 Ca 818c/07 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits nur mit Ausnahme der Mehrkosten zu tragen hat, die durch die Anrufung der rechtswegunzuständigen ordentlichen Gerichte entstanden sind. Diese hat der Kläger zu tragen.

3. Die Beklagte hat die Kosten von Berufung und Revision zu tragen. Die Streithelferin der Beklagten hat ihre Kosten selbst zu tragen.

Von Rechts wegen!

Normenkette:

BGB § 133 ; BGB § 157 ; BGB § 313 ;

Tatbestand:

Die Parteien und die Streithelferin streiten in der Revisionsinstanz noch darüber, ob die Beklagte über den 31. Dezember 2003 hinaus verpflichtet ist, die Guthaben des Klägers sowie dessen Ehefrau auf deren Bausparkonten mit einem zusätzlichen Sonderzins von 1 % zu verzinsen.

Der Kläger war von 1980 bis zum 31. Dezember 1998 bei der Landesbank Schleswig-Holstein Girozentrale (im Folgenden: Landesbank SH) als Steuerreferent beschäftigt. Daran anschließend war er im Vorruhestand; seit dem 1. Januar 2000 ist er Rentner ("Pensionär").

Die Landesbank SH - eine Anstalt des öffentlichen Rechts - betrieb über eine rechtlich unselbstständige Einrichtung - die Landes-Bausparkasse Schleswig-Holstein (im Folgenden: LBS SH) - das Bauspargeschäft. Nach § 18 Abs. 3 des Gesetzes über Bausparkassen (im Folgenden: BauSparkG) musste das Vermögen der LBS SH getrennt verwaltet, für sie ein gesonderter Jahresabschluss aufgestellt und ein besonderer Geschäftsbericht erstellt werden.

Bei dem Abschluss von Bausparverträgen gewährte die Landesbank SH ihren Mitarbeitern und Pensionären sowie deren Ehepartnern über viele Jahre hinweg einen Guthaben-Sonderzins von 1 % über den regulären Kundenkonditionen. Schriftliche Erwähnung findet dieser Sonderzins in einem "Auszug aus dem Sozialkatalog der Landesbank Schleswig-Holstein", der im Jahre 1991 fixiert und publiziert wurde. Unter Nr. 7 heißt es dort:

"Laufende Konten, Sparkonten, Bausparguthaben der Mitarbeiter, Ehegatten und minderjährigen Kinder werden mit 1% über Kundenkonditionen verzinst."

In einer mit * bezeichneten Erläuterung zu og. Auszug ist ausgeführt:

"der Auszug enthält nur die wesentlichen nicht einzelvertraglich oder tariflich gesicherten Leistungen. ..."

Der Sonderzins wurde den von der LBS SH geführten Bausparkonten jeweils am Ende eines Kalenderjahres gutgeschrieben. Intern zahlte die Landesbank SH an die LBS SH einen Ausgleichsbetrag in gleicher Höhe, was den Mitarbeitern allerdings nicht bekannt war. Der Sonderzins war aus den jährlich von der LBS SH erteilten Kontoauszügen ersichtlich.

Der Kläger und seine Ehefrau schlossen im Zeitraum 1991 bis zum 21. März 2003 insgesamt sieben Bausparverträge zu unterschiedlichen Tarifen ab. Es handelt sich um die Bausparverträge Nr.. Drei Bausparverträge schloss der Kläger allein, drei seine Ehefrau allein und einen schlossen beide Eheleute gemeinsam ab. Für sämtliche Bausparverträge gelten die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (im Folgenden: ABB). Diese weisen die regulären Kundentarife aus; der Sonderzins iHv. "1 % über Kundenkonditionen" ist in den Bausparverträgen nicht aufgeführt. In den ABB heißt es unter § 20 wie folgt:

"Bedingungsänderungen

(1) Änderungen dieser Bedingungen werden dem Bausparer schriftlich mitgeteilt oder in den Hausmitteilungen der Bausparkasse bekanntgegeben.

(2) Ohne Einverständnis des Bausparers, aber mit Zustimmung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, können die Bestimmungen der §§ 2 bis 7, 9 bis 14 sowie § 19 Abs. 2 mit Wirkung für bestehende Verträge geändert werden.

(3) Sonstige Bedingungsänderungen bedürfen des Einverständnisses des Bausparers. Es gilt als erteilt, wenn der Bausparer der Änderung nicht binnen eines Monats nach Bekanntmachung schriftlich widerspricht und bei Beginn der Frist auf die Bedeutung des unterlassenen Widerspruchs hingewiesen wurde."

Die von der LBS SH erteilten Kontoauszüge für die Jahre 1991 bis 2003 weisen allesamt eine Position "Zinsen lt. Sonderkondition" aus.

Die LBS SH wurde aufgrund des zum 1. Juni 2003 in Kraft getretenen Gesetzes über die Ausgliederung der Landes-Bausparkasse Schleswig-Holstein aus dem Vermögen der Landesbank Schleswig-Holstein Girozentrale vom 7. Mai 2003 (GVOBl. 2003, 206; im Folgenden: LBSG) "mit allen Gegenständen des Aktiv- und Passivvermögens mit den Arbeitsverhältnissen" auf eine dadurch gegründete Aktiengesellschaft - die zwischenzeitlich umfirmierte Beklagte - übertragen (§ 1 Abs. 7, § 4 LBSG).

Die Landesbank SH und die Hamburgische Landesbank - Girozentrale - wurden anschließend durch § 1 des Staatsvertrages zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein über die Verschmelzung der Landesbank Schleswig-Holstein Girozentrale und der Hamburgischen Landesbank - Girozentrale - auf eine Aktiengesellschaft (HmbGVBl. 2003, 119) unter Auflösung ohne Abwicklung im Wege der Neugründung durch Übertragung der bei Wirksamwerden der Verschmelzung vorhandenen Vermögen beider Anstalten jeweils als Ganzes auf eine dadurch gegründete Aktiengesellschaft - die Streithelferin - verschmolzen.

Die Beklagte und ihre Streithelferin sind nicht gesellschaftsrechtlich verbunden.

Ab dem Jahre 2004 stellte die Beklagte die Gutschrift der Sonderzinsen ein, da die Streithelferin eine Erstattung ablehnte.

Der Kläger hat - zugleich in Prozessstandschaft für seine Ehefrau - zunächst Klage zu den ordentlichen Gerichten erhoben; diese haben sich für rechtswegunzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Anspruch auf den Sonderzins folge aus den nunmehr zur Beklagten bestehenden Bausparverträgen. Ein objektiver Erklärungsempfänger habe die Gutschrift der "Zinsen lt. Sonderkondition" nur so verstehen können, dass es sich um eine Leistung im Rahmen der Bausparverträge handele. Die Sonderzinsen seien auch unter dem Gesichtspunkt der Sachnähe den Bausparverträgen und nicht dem - zumal bei Abschluss einiger der Bausparverträge bereits beendeten - Arbeitsverhältnis zuzuordnen; sie seien kein Arbeitsentgelt. Soweit die Streithelferin keine Sonderkonditionen auf mit ihr geschlossene Bausparverträge mehr einräumen könne, weil sie diese Produkte nicht mehr vertreibe, könne dies allenfalls Auswirkungen auf künftig noch abzuschließende Verträge haben.

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt

festzustellen, dass die Beklagte über den 31. Dezember 2003 hinaus verpflichtet ist, seine Bausparguthaben sowie die gemeinsamen Bausparguthaben und die seiner Ehefrau, I, auf den Bausparkonten Nr. mit einem zusätzlichen Sonderzins von 1 % zu verzinsen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Ansicht vertreten, die Gewährung des Sonderzinses stelle eine Sonderleistung dar, die nicht aus den zu regulären Kundenkonditionen abgeschlossenen Bausparverträgen, sondern allenfalls aus dem - vormaligen - Arbeitsverhältnis geschuldet gewesen sei. Sie sei lediglich Abrechnungs- und Zahlstelle der Landesbank SH gewesen, welche die Höhe der Sonderkonditionen festgelegt und die gegenüber den Bausparvertragspartnern ausgewiesenen "Zinsen lt. Sonderkondition" intern erstattet habe. Die Beklagte hat zudem den Standpunkt eingenommen, ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf den Sonderzins habe nicht, insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Übung bestanden; jedenfalls sei ein solcher entfallen, seit die Streithelferin, was unstreitig ist, keine Bausparverträge mehr vertreibe. Der Kläger und seine Ehefrau hätten daher unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Fortgewährung des Sonderzinses.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Begehren weiter. Der Kläger hat im Revisionsverfahren der Streithelferin den Streit verkündet. Diese ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten. Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Beklagten zu Unrecht stattgegeben. Der Anspruch des Klägers und seiner Ehefrau auf Fortgewährung des Sonderzinses folgt aus den auf die Beklagte übergegangenen Bausparverträgen. Zwar handelt es sich bei der Zusage des Sonderzinses um eine Zusage einer arbeitsvertraglichen Sozialleistung der Landesbank SH. Diese wurde jedoch durch den Abschluss von Bausparverträgen zu eben jenen Sonderkonditionen erfüllt.

A. Der Kläger führt den Rechtsstreit, soweit gemeinsame Ansprüche und solche seiner Ehefrau betroffen sind - wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat - in Prozessstandschaft für diese. Das ist zulässig; im Übrigen hat die Beklagte hiergegen Einwendungen nicht erhoben.

B. Die Klage ist zulässig.

I. Bei der Frage, ob die Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau weiterhin einen Sonderzins auf die bei ihr bestehenden Bausparverträge zu gewähren hat, handelt es sich um den feststellungsfähigen Teil eines Rechtsverhältnisses. Feststellungsklagen müssen sich nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern können sich auf einzelne daraus entstehende Rechte, Pflichten oder Folgen begrenzen (vgl. nur BAG 24. April 2001 - 3 AZR 210/00 - zu I 2 a der Gründe, EzA BetrAVG § 1 Nr. 75; 21. November 2006 - 3 AZR 309/05 - Rn. 17, AP BetrAVG § 1b Nr. 7; 27. März 2007 - 3 AZR 299/06 - Rn. 20, AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 68).

II. Die Möglichkeit, eine Klage auf künftige Leistung nach §§ 257 ff. ZPO zu erheben, beseitigt das Feststellungsinteresse nicht. Dem Kläger steht ein Wahlrecht zu (vgl. nur BAG 22. Februar 2000 - 3 AZR 39/99 - zu A der Gründe mwN, AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 13 = EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 3). Er musste den Feststellungsantrag auch im Laufe des Rechtsstreits nicht teilweise auf Leistung umstellen.

C. Die Klage ist begründet. Der Anspruch auf den zusätzlichen Sonderzins folgt - auch für die Zeit ab dem 1. Januar 2004 - aus den mit der Landesbank SH abgeschlossenen Bausparverträgen, die gemäß § 1 Abs. 7 LBSG auf die Beklagte übergegangen sind.

I. Die Landesbank SH als ehemalige Arbeitgeberin des Klägers hatte diesem und seiner Ehefrau entsprechend Nr. 7 des Sozialkatalogs aus dem Jahre 1991, wonach Bausparguthaben der Mitarbeiter mit 1 % über Kundenkonditionen verzinst werden, die Einräumung eines Sonderzinses auf alle sieben Bausparguthaben iHv. 1 %, mithin eine betriebliche Sozialleistung zugesagt. Pensionäre - wie der Kläger es ab dem 1. Januar 2000 war - sind in dieser Bestimmung nicht ausdrücklich genannt. Die Parteien sind sich aber darüber einig, dass auch diese sowie deren Ehepartner zum Kreis der nach Nr. 7 des Sozialkatalogs Begünstigten gehören.

II. Der Kläger und die Landesbank SH waren sich auch darüber einig, dass die von der Landesbank SH übernommene Verpflichtung durch den Abschluss entsprechender Bausparverträge mit einem zusätzlichen Zinsanspruch erfüllt werden sollte (vgl. BAG 7. September 2004 - 9 AZR 631/03 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 112, 23 ; 13. Dezember 2006 - 10 AZR 792/05 - Rn. 16, EzA BGB 2002 § 611 Personalrabatt Nr. 2 für die Einräumung eines Personalrabatts). Dies folgt aus einer Auslegung der von der Landesbank SH erteilten Zusage nach §§ 133 , 157 BGB .

1. Bei der Nr. 7 des Sozialkatalogs der Landesbank SH handelt es sich um eine Gesamtzusage und damit um eine für eine Vielzahl von Fällen geschaffene und folglich typische Regelung, die vom Senat unbeschränkt selbst ausgelegt werden kann (vgl. BAG 21. April 2009 - 3 AZR 695/08 - Rn. 20, EzA BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 1).

Eine Gesamtzusage liegt vor, wenn ein Arbeitgeber einseitig bekannt gibt, dass er einem bestimmten Personenkreis, der die von ihm abstrakt festgelegten Voraussetzungen erfüllt, eine bestimmte Leistung gewährt. Der Begünstigte erwirbt einen einzelvertraglichen Anspruch auf diese Leistung, wenn er die vom Arbeitgeber genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, ohne dass es einer gesonderten Erklärung der Annahme des in der Zusage enthaltenen Angebots bedarf (vgl. BAG 4. Juni 2008 - 4 AZR 421/07 - Rn. 24, AP BGB § 151 Nr. 4). Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen (BAG 11. Dezember 2007 - 1 AZR 953/06 - Rn. 13, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 37 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 22; 22. Dezember 2009 - 3 AZR 136/08 - Rn. 22, DB 2010, 1074 ). Diese Voraussetzungen erfüllt der Sozialkatalog der Landesbank SH, in welchem die "nicht einzelvertraglich oder tariflich gesicherten Leistungen" aufgeführt sind und der bereits im Jahre 1991 durch die Landesbank SH publiziert, also den Arbeitnehmern bekannt gegeben worden war.

2. Typische Willenserklärungen sind nach den §§ 133 , 157 BGB nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinne einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung typischer Willenserklärungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, so kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten.

3. In Anwendung dieser Grundsätze ergibt die Auslegung, dass die von der Landesbank SH übernommene Verpflichtung, die Bausparguthaben mit 1 % über Kundenkonditionen zu verzinsen, im Rahmen der jeweiligen Bausparverträge erfüllt werden sollte.

a) Die Landesbank SH hatte die Verpflichtung übernommen, die "Bausparguthaben" mit 1 % über Kundenkonditionen zu verzinsen. Da die Gewährung von Guthabenzinsen typischer Bestandteil eines Bausparvertrages (vgl. § 3 ABB) ist, war bereits hierdurch eine enge Verbindung zwischen dem Bausparvertrag und dem Sonderzins hergestellt worden.

b) Unter "Konditionen" sind nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die Bedingungen zu verstehen, zu denen ein Vertrag geschlossen wird. Da die Landesbank SH - in ständiger Praxis - mit "normalen" Kunden Bausparverträge zu den "regulären" Konditionen geschlossen hat, mussten verständige und redliche Vertragspartner die Verpflichtung der Beklagten, die Bausparguthaben mit 1 % über Kundenkonditionen zu verzinsen, dahin verstehen, dass dieser besondere Guthabenzins ebenfalls Bestandteil des Bausparvertrages war.

c) Dass eine Aufspaltung der Anspruchsgrundlage - "regulärer" Zinsanspruch aus dem Bausparvertrag, Anspruch auf den zusätzlichen Sonderzins aus dem Arbeitsverhältnis - nicht gewollt war, drängt sich auch aufgrund der von der Landesbank SH mit der Einräumung des Sonderzinses verfolgten Zwecke auf: Einerseits sollte durch die Einräumung des Sonderzinses Betriebstreue belohnt werden. Andererseits sollte erkennbar der Absatz von Bausparverträgen dadurch gefördert werden, dass einem bestimmten Personenkreis bessere Konditionen geboten wurden.

d) Der - vormalige - Arbeitsvertrag war nur das Motiv (vgl. hierzu BAG 12. Februar 2003 - 10 AZR 299/02 - zu II 2 d cc der Gründe, BAGE 104, 324 für einen Optionsgewährungsvertrag) für den Abschluss eines zinsvergünstigten Bausparvertrages, er war nicht die Rechtsgrundlage für alljährliche "Aufstockungsleistungen". Das belegt zudem der Umstand, dass der Sonderzins auch Pensionären eingeräumt wurde. In diesen Fällen bestand kein den Bausparvertrag während dessen Laufzeit begleitendes Arbeitsverhältnis mehr. Hier ging es ersichtlich nicht mehr um eine Honorierung weiterer Betriebstreue.

e) Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Sonderzins auch dann gewährt wurde, wenn nicht die Arbeitnehmer oder Pensionäre den Bausparvertrag abschlossen, sondern deren Ehepartner oder minderjährigen Kinder. Gegen eine Aufspaltung der Anspruchsgrundlage spricht hier bereits der Wortlaut der Nr. 7 des Sozialkatalogs der Landesbank SH, wonach die Bausparguthaben auch der Ehegatten und minderjährigen Kinder mit 1 % über Kundenkonditionen verzinst werden sollten. Damit sollten die Ehepartner und minderjährigen Kinder erkennbar direkt anspruchsberechtigt sein (§ 328 BGB ). Bereits Gründe der Praktikabilität sprechen dagegen, dass sowohl die Ehepartner als auch die minderjährigen Kinder - obgleich sie Vertragspartner der Bausparverträge waren - etwaige Ansprüche auf den Sonderzins gesondert gegen die Landesbank SH geltend machen sollten.

f) Bestätigt wird diese Auslegung dadurch, dass die Landesbank SH entsprechend dieser Zusage verfahren ist. Dies belegen nicht nur die von der LBS SH erteilten Kontoauszüge über die einzelnen Bausparkonten, in denen der Posten "Zinsen lt. Sonderkondition" ausdrücklich aufgeführt ist. Die entsprechenden Sonderzinsen wurden den einzelnen Bausparkonten auch tatsächlich gutgeschrieben.

III. Nach alledem hatte die Landesbank SH dem Kläger nicht nur zugesagt, die Bausparguthaben mit 1 % über Kundenkonditionen zu verzinsen; sie hatte sich zugleich dazu verpflichtet, ihm und seiner Ehefrau die Sonderkonditionen zuzüglich zu den üblichen Kundenkonditionen im Rahmen der jeweiligen Bausparverträge einzuräumen.

Dem steht nicht entgegen, dass die Bausparverträge nur die "normalen" Kundenkonditionen ausweisen und der Sonderzins hier keine Erwähnung findet. Den Vertragsurkunden lässt sich schon nicht entnehmen, dass der Vertragsinhalt nur durch die dort ausdrücklich aufgeführten Konditionen bestimmt werden sollte. Sie enthalten keine Vereinbarung darüber, dass Vertragsbedingungen nur insoweit Gültigkeit haben sollten, als sie schriftlich niedergelegt wurden bzw. dass Änderungen oder Ergänzungen der schriftlichen Abreden zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedurften. Nach § 20 Abs. 3 ABB bedurften sonstige Bedingungsänderungen nur des Einverständnisses des Bausparers. Dieses gilt als erteilt, wenn der Bausparer der Änderung nicht binnen eines Monats nach Bekanntmachung schriftlich widerspricht und bei Beginn der Frist auf die Bedeutung des unterlassenen Widerspruchs hingewiesen wurde. Damit sind in erster Linie nur Änderungen der Bedingungen zum Nachteil des Bausparers erfasst. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt, dass die Parteien - auch konkludent - einen vereinbarten Formzwang jederzeit aufheben können (vgl. BAG 10. Januar 1989 - 3 AZR 460/87 - zu I 2 c der Gründe mwN, AP HGB § 74 Nr. 57 = EzA HGB § 74 Nr. 51).

IV. Dass die Streithelferin den Vertrieb von Bausparverträgen eingestellt hat, lässt die Ansprüche des Klägers und seiner Ehefrau auf den Sonderzins aus den Bausparverträgen schon deshalb unberührt, weil die Rechte und Pflichten aus den Bausparverträgen nach § 1 Abs. 7 LBSG auf die Beklagte übergegangen sind und diese weiterhin das Bauspargeschäft betreibt.

Dem stehen nicht die Entscheidungen des Neunten und Zehnten Senats des Bundesarbeitsgerichts (vgl. 7. September 2004 - 9 AZR 631/03 - BAGE 112, 23 ; 13. Dezember 2006 - 10 AZR 792/05 - EzA BGB 2002 § 611 Personalrabatt Nr. 2) entgegen. Danach ist bei einem Personaleinkauf bzw. bei der Gewährung von Flugvergünstigungen von einem konkludenten Vorbehalt dahin auszugehen, dass der Arbeitgeber die preisgeminderte Ware selbst herstellt bzw. dass im Konzernverbund noch Flüge angeboten werden. Auf die dort aufgestellten Grundsätze könnte es nur dann ankommen, wenn es um einen Anspruch gegen die Streithelferin auf Abschluss eines weiteren - von ihr nicht mehr angebotenen - Bausparvertrages zu Sonderkonditionen ginge. Dies ist nicht der Fall.

V. Die bei der Streithelferin zum 1. Juli 2005 in Kraft getretene Gesamtbetriebsvereinbarung über Mitarbeiterkonditionen vom 24. April/31. Mai 2005 berührt die Ansprüche des Klägers auf den Sonderzins schon deshalb nicht, weil sie nach ihrer Nr. 3 nur zur Streithelferin und nicht zur Beklagten bestehende Vertragsverhältnisse erfasst und zum 1. Juli 2005 auf deren neue Mitarbeiterkonditionen umstellen will.

VI. Der Anspruch auf Fortgewährung des Sonderzinses ist auch nicht aus anderen Gründen erloschen.

1. Eine Enthaftung ist nicht nach § 3 Satz 2 LBSG eingetreten. Die Verbindlichkeiten aus den Bausparverträgen sind der Beklagten nach § 1 Abs. 7 Satz 2 LBSG zugeordnet worden.

2. Ebenso ist der Anspruch nicht nach § 313 BGB entfallen.

Abgesehen davon, dass die Beklagte keine Vertragsanpassung verlangt hat (vgl. zu diesem Erfordernis Palandt/Grüneberg 69. Aufl. § 313 Rn. 41 mwN), liegen bereits die Voraussetzungen für einen Anpassungsanspruch nach § 313 BGB nicht vor.

Nach § 313 BGB ist ein Vertrag anzupassen, wenn Umstände, die zu seiner Grundlage geworden sind, sich schwerwiegend verändert haben. Geschäftsgrundlage sind die bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Vertragspartei vom Vorhandensein oder künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut. Voraussetzung für eine Vertragsanpassung ist, dass die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie die Änderung vorausgesehen hätten, und dass einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Es fällt aber in die alleinige Risikosphäre der Beklagten, wenn sie - im Innenverhältnis - von der Streithelferin keine Ausgleichszahlungen (mehr) erhält.

Hinweise des Senats:

Parallelsache: 18. Mai 2010 - 3 AZR 102/08 - (führend)

Vorinstanz: LAG Schleswig-Holstein, vom 11.06.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 3 Sa 15/08
Vorinstanz: ArbG Kiel - ö.D. 3 Ca 818 c/07 - 12.12.2007,