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BVerwG - Entscheidung vom 20.05.2009

4 BN 17.09

Normen:
VwGO § 108 Abs. 1
VwGO § 132 Abs. 2

BVerwG, Beschluss vom 20.05.2009 - Aktenzeichen 4 BN 17.09

DRsp Nr. 2009/13252

Rechtmäßigkeit der Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision aufgrund einer fehlenden Divergenzbegründung i.R.e. Angriffs auf die Änderung eines Bebauungsplanes; Rechtmäßigkeit der Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Falle mehrerer selbstständig tragender Begründungen der vorinstanzlichen Entscheidung

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. März 2009 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 42 000 EUR festgesetzt.

Normenkette:

VwGO § 108 Abs. 1 ; VwGO § 132 Abs. 2 ;

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1.

Das Normenkontrollgericht hat den Antrag der Antragsteller sowohl als unzulässig als auch als unbegründet abgelehnt, soweit er sich auf die Satzung über die 11. Änderung in der Fassung der zweiten 14. Änderung des Bebauungsplans Nr. 3 (Gewerbegebiet Eching-Ost) der Antragsgegnerin bezieht. Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. Beschluss vom 9. Dezember 1994 - BVerwG 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4; stRspr). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert.

Das erste Begründungselement - die Unzulässigkeit des Antrags wegen fehlender Antragsbefugnis - greifen die Antragsteller mit sämtlichen Zulassungsgründen des § 132 Abs. 2 VwGO an. Sie halten dem Normenkontrollgericht als Verfahrensfehler vor, der Frage der Funktionslosigkeit der Regelung Nr. C 1 d nicht nachgegangen zu sein, rügen eine Divergenz zu den Entscheidungen des Senats vom 6. Juni 1997 - BVerwG 4 NB 6.97 - (BRS 59 Nr. 54 ), vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 4 CN 3.97 - (BVerwGE 108, 71 ) sowie vom 18. November 2004 - BVerwG 4 CN 11.03 - (BVerwGE 122, 207 ) und werfen als grundsätzlich bedeutsam folgende Fragen auf: Wann muss bei "veränderten Verhältnissen", die zur Funktionslosigkeit einer Teilnorm eines Bebauungsplanes führen, die Teilnorm angefochten werden, wenn die Teilnorm Gegenstand der Ursprungsfassung des Bebauungsplanes war und nur "zur Information" in die Änderungsplanung aufgenommen wurde? Welche Bedeutung hat die Antragsfrist? Ist im Falle punktueller Änderungen der Änderungssatzung die Wirksamkeit des Ursprungsbebauungsplanes als Vorfrage für die Gültigkeit des mit einem Normenkontrollantrag angegriffenen Bebauungsplans inzidenter zu prüfen?

Auch hinsichtlich des zweiten Begründungselements - die Unbegründetheit des Antrags - berufen sich die Antragsteller auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO . Sie kritisieren - zusammengefasst - als Verfahrensfehler, dass das Normenkontrollgericht nicht festgestellt habe, dass die Antragsgegnerin ihre ursprüngliche, in früheren Prozessen als unwirksam verworfene Finanzierungsplanung u.a. in der 11. Änderung unerkannt fortgesetzt habe, behaupten eine Divergenz zum Senatsbeschluss vom 6. März 2000 - BVerwG 4 BN 31.99 - (BRS 63 Nr. 55) und halten folgende Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig: Gelten für planende Gemeinden bei umgestaltenden Änderungsplanungen mit weiteren Regelungsgegenständen die gleichen Grundsätze, die bei der Aufstellung eines neuen Bebauungsplanes mit Rechtsmängelbeseitigung und/oder z.B. bei einem Umgehungsverbot (z.B. gemäß § 306a BGB ) Anwendung finden, wenn die Gemeinden mit einer umgestaltenden Änderungsplanung mit weiteren Regelungsgegenständen die Rechtsmängel aufgrund der zuvor ergangenen Normenkontrollentscheidungen nur scheinbar eliminieren und beseitigen? Stellt eine "nachträgliche rechtliche Absicherung" einer unwirksamen Änderungsplanung eine "ausreichende Rechtfertigung" für eine weitere Änderungsplanung mit weiteren Regelungsgegenständen dar, wenn diese weitere Änderungsplanung die zuvor erlassene frühere unwirksame Änderungsplanung ohne Rechtsmängelbeseitigung integriert?

Die gegen die Ablehnung des Antrags als unbegründet vorgebrachten Zulassungsgründe greifen nicht durch. Es kann daher offen bleiben, ob die Antragsteller gegen die Behandlung ihres Antrags als unzulässig mit Erfolg einen Grund für die Zulassung der Revision ins Feld führen können.

a)

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gestützte Verfahrensrüge geht fehl.

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat sich das Tatsachengericht seine Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu bilden. Es ist verpflichtet, sich mit dem Sachverhalt und dem Vorbringen der Beteiligten, sofern es sich nicht um nach seiner Rechtsauffassung unerhebliche Umstände handelt, auseinanderzusetzen und alle für seine Entscheidung bedeutsamen Umstände in Erwägung zu ziehen. Das erfordert, sofern bestimmte Tatsachen nicht aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise außer Betracht bleiben können, auch der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG (Urteil vom 28. April 1983 - BVerwG 2 C 89.81 - DVBl. 1983, 1105 <1106>). Die Antragsteller zeigen nicht auf, dass das Normenkontrollgericht diese Pflicht missachtet hat. Sie halten ihm namentlich nicht vor, ihren Sachvortrag nicht oder nur unzureichend berücksichtigt zu haben. Ihre Kritik richtet sich vielmehr gegen die Sachverhaltswürdigung der Vorinstanz, die ihrer Auffassung, die 11. Änderung verstoße gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz, weil sie die Planungskonzeption der vom Verwaltungsgerichtshof mit Urteilen vom 23. August 2002 für nichtig erklärten 2. Änderung fortschreibe, mit eingehender Begründung (UA S. 19 ff. Rn. 71 bis 74) widersprochen hat. Ein Verfahrensverstoß ist damit nicht dargelegt. Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind - wenn sie denn vorlägen - revisionsrechtlich in der Regel und so auch hier nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzurechnen (vgl. Beschluss vom 12. August 1999 - BVerwG 9 B 268.99 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 19).

b)

Auch die Divergenzrüge führt nicht zur Zulassung der Revision. Die Beschwerde legt nicht schlüssig dar, dass die angefochtene Normenkontrollentscheidung von dem Senatsbeschluss vom 6. März 2000 - BVerwG 4 BN 31.99 - (BRS 63 Nr. 55) abweicht. Da der Revisionszulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nur vorliegt, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712 ; stRspr), verlangt § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO , dass der Tatbestand der Divergenz nicht nur durch die Angabe der höchstrichterlichen Entscheidung, von der abgewichen sein soll, sondern auch durch Gegenüberstellung der miteinander unvereinbaren Rechtssätze dargelegt wird. Hieran lässt es die Beschwerde fehlen. Sie rügt der Sache nach, die Vorinstanz habe einen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelfall rechtsfehlerhaft angewandt bzw. daraus nicht die rechtlichen Folgerungen gezogen, die für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind. Damit lässt sich eine Divergenz nicht begründen (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328 ; stRspr).

c)

Die Revision ist schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsteller beimessen. Die von den Antragstellern formulierten Fragen würden sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen, weil sie auf einen anderen als den vom Normenkontrollgericht ermittelten Sachverhalt zugeschnitten sind. Die Vorinstanz hat gerade nicht festgestellt, dass die 11. Änderungssatzung die gerichtlich zuvor markierten Rechtsmängel nur scheinbar eliminiert, tatsächlich aber nicht korrigiert, sondern ist vom Gegenteil überzeugt. In Wahrheit wiederholen die Antragsteller im Gewand der Grundsatzrüge ihre bereits im Rahmen der Verfahrensrüge geübte Kritik an der Sachverhaltswürdigung des Normenkontrollgerichts. Das führt nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO .

2.

Die Anträge, die Unwirksamkeit der Satzungen über die 12. und 13. Änderung des umstrittenen Bebauungsplans festzustellen, hat das Normenkontrollgericht als (nur) unbegründet abgelehnt. Aus den Gründen des Beschlusses zu 1. a) bis c) ergibt sich, dass die Revision auch insoweit nicht zuzulassen ist. Die Gründe können in Bezug genommen werden, da das Normenkontrollgericht zur Begründung, dass die Satzungen über die 12. und 13. Änderung mit § 1 Abs. 3 BauGB vereinbar sind, auf die entsprechenden Ausführungen zur 11. Änderungssatzung verwiesen hat (UA S. 21, 23), und die Beschwerdebegründung im hier interessierenden Zusammenhang einheitlich auf die 11. bis 13. Änderungssatzung gemünzt ist.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Frage beizutragen, unter welchen Voraussetzungen eine Revision zuzulassen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 , § 159 Satz 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3 , § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: VGH Bayern, vom 02.03.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 1 N 2886/06