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BVerfG - Entscheidung vom 29.12.2009

2 BvR 2309/09

Normen:
StVollzG § 121 Abs. 2 S. 2

BVerfG, Beschluss vom 29.12.2009 - Aktenzeichen 2 BvR 2309/09

DRsp Nr. 2010/3178

Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gegen die Belastung des strafgefangenen Beschwerdeführers mit den gesamten Kosten eines Rechtsstreits

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Normenkette:

StVollzG § 121 Abs. 2 S. 2;

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Belastung des strafgefangenen Beschwerdeführers mit den gesamten Kosten eines Rechtsstreits, nachdem die Justizvollzugsanstalt seinem Antragsbegehren - jedenfalls in einem wesentlichen Teil - entsprochen und der Beschwerdeführer daraufhin seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung für erledigt erklärt hatte.

1.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil sie unzulässig ist.

a)

Die Unzulässigkeit scheitert nicht am Fehlen eines geeigneten Beschwerdegegenstandes. Eine gerichtliche Kostenentscheidung kann selbständiger Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein (vgl. BVerfGE 74, 78 <90>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 12. Januar 2005 - 1 BvR 328/04 und 1 BvR 1092/04 -, NJW-RR 2005, S. 936 <937>). Etwas anders gilt zwar, wenn damit in kostenrechtlicher Einkleidung mittelbar Sachfragen zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellt werden, die nicht mehr in zulässiger Weise unmittelbar zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht werden können (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Oktober 2008 - 2 BvR 1203/07 -, [...]). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

b)

Soweit der Beschwerdeführer sich gegen die angegriffene Kostenentscheidung des Landgerichts wendet, ist die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht fristgemäß eingelegt. Der landgerichtliche Beschluss ist dem Beschwerdeführer am 16. Juli 2009 zugegangen. Die Verfassungsbeschwerde ging erst am 7. Oktober 2009 und damit außerhalb der einmonatigen Verfassungsbeschwerdefrist (§ 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ) beim Bundesverfassungsgericht ein. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Landgerichts zunächst sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht erhoben hatte. Gegen diesen Beschluss war die sofortige Beschwerde nicht eröffnet, da der Beschwerdewert von 200 Euro nicht erreicht war (§§ 120 Abs. 1 StVollzG , 304 Abs. 3 StPO ). Dementsprechend war der Beschwerdeführer auf seine Anfrage hin vom Landgericht darüber informiert worden, dass ein Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung nicht statthaft sei. Indem er dennoch, statt unmittelbar gegen den Beschluss des Landgerichts Verfassungsbeschwerde zu erheben, zunächst den Weg der sofortigen Beschwerde zum Oberlandesgericht gewählt und den Ausgang des betreffenden Verfahrens abgewartet hat, hat er die Verfassungsbeschwerdefrist versäumt. Die Einlegung eines offensichtlich unstatthaften Rechtsbehelfs ist nicht geeignet, die Verfassungsbeschwerdefrist offenzuhalten (vgl. BVerfGE 5, 17 <19>; 91, 93 <106>, stRspr).

c)

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts richtet, die seine sofortige Beschwerde wegen Nichterreichens des Beschwerdewerts als unzulässig verworfen hat, ist sie nicht hinreichend substantiiert. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern seine Grundrechte dadurch verletzt sein sollen, dass das Oberlandesgericht das Rechtsmittel entsprechend den gesetzlichen Vorschriften als unstatthaft behandelt hat.

2.

Der Beschwerdeführer erleidet im Übrigen durch die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde - auch unabhängig von deren Unzulässigkeit - keinen erheblichen Nachteil.

Dies gilt unabhängig von der Frage, ob es nachvollziehbar ist, dass die Strafvollstreckungskammer seine Prozesserklärung als Antragsrücknahme ausgelegt hat, statt sie - gemäß ihrem Wortlaut und wie nach den Umständen naheliegend - hinsichtlich des die Wäschezuteilung betreffenden Antragsgegenstandes als erledigt zu betrachten und über die Kosten gemäß § 121 Abs. 2 Satz 2 StVollzG nach Billigkeit unter Berücksichtigung des Umstandes zu entscheiden, dass die Erledigung eingetreten war, weil die Justizvollzugsanstalt insoweit dem Antragsbegehren entsprochen hatte (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 8. Oktober 1999 - 2 Ws 537/99 -, [...]; zur Berücksichtigung entsprechender Erledigungsgründe im Verwaltungsprozess gemäß § 161 Abs. 1 Satz 1 VwGO vgl. BayVGH, Beschluss vom 4. September 2009 - 20 B 09.1881 -, [...], m.w.N.). Angesichts des niedrigen festgesetzten Gegenstandswerts ist der Beschwerdeführer durch die Kostenentscheidung in finanzieller Hinsicht nicht erheblich beschwert. Hinzu kommt, dass die Strafvollstreckungskammer den Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung in vertretbarer Weise dahin ausgelegt hatte, dass er sich nicht nur auf eine veränderte Wäschezuteilung richtete, sondern auch auf die Möglichkeit, häufiger zu duschen. Jedenfalls insoweit konnte, da die Justizvollzugsanstalt an der beanstandeten Beschränkung festhielt, Erledigung also in diesem Punkt nicht eingetreten war, die Prozesserklärung des Beschwerdeführers willkürfrei als Rücknahme mit der Kostenfolge des § 121 Abs. 2 Satz 1 StVollzG ausgelegt werden.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: OLG Hamm, vom 25.08.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Vollz (Ws) 520/09
Vorinstanz: LG Bochum, vom 07.07.2009 - Vorinstanzaktenzeichen III StVK 499/09