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BVerfG - Entscheidung vom 25.02.2009

1 BvR 120/09

Normen:
SGB V § 33 Abs. 1
BVerfGG § 93a Abs. 2b
GG Art. 19 Abs. 4

Fundstellen:
DVBl 2009, 533
DÖV 2009, 462
NVwZ 2009, 715
NZS 2009, 674

BVerfG, Beschluss vom 25.02.2009 - Aktenzeichen 1 BvR 120/09

DRsp Nr. 2009/5883

Verfassungsmäßigkeit der Versagung von Eilrechtsschutz in einem sozialgerichtlichen Verfahren

Es verstößt gegen das Verfahrensgrundrecht auf effektiven Rechtschutz, wenn die Sozialgerichte in einem Eilverfahren einer an ALS erkrankten Antragstellerin die Bereitstellung eines Elektrorollstuhls mit Mundjoysticksteuerung unter Berufung auf lediglich vermutete Gefahren versagen.

Tenor:

1 Die Beschlüsse des Sozialgerichts Duisburg vom 10. September 2008 - S 11 KR 147/08 ER - und des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Dezember 2008 - L 11 B 23/08 KR ER - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. Die Sache wird an das Sozialgericht zurückverwiesen.

2 Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

3 Das Land Nordrhein-Westfalen hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren und für das Verfahren betreffend den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.

Normenkette:

SGB V § 33 Abs. 1 ; BVerfGG § 93a Abs. 2b ; GG Art. 19 Abs. 4 ;

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde, die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden ist, betrifft die Versorgung der Beschwerdeführerin mit einem Elektrorollstuhl.

I.

Die 1961 geborene Beschwerdeführerin leidet an der Krankheit ALS (amyotrophe Lateralsklerose) mit nahezu vollständiger Lähmung der Muskulatur, wodurch sie komplett an den Rollstuhl gefesselt ist. Sprechen ist ihr kaum noch möglich; die Kommunikation erfolgt über einen Sprachcomputer. Es besteht nur noch eine Restfunktion im Bereich der Arme, die das Halten eines Stifts, nicht aber den Betrieb eines Rollstuhls aus eigenen Kräften erlaubt. Bei der Beschwerdeführerin ist die Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftigkeit) festgestellt. Die Beschwerdeführerin lebt zusammen mit ihrem Ehemann im eigenen Haushalt.

Im September 2007 beantragte die Beschwerdeführerin bei ihrer Krankenkasse unter Vorlage einer entsprechenden Verordnung ihres behandelnden Arztes die Versorgung mit einem speziell für sie hergerichteten Elektrorollstuhl samt elektronischer Mundsteuerung. Die Krankenkasse veranlasste eine medizinisch-psychologische Begutachtung der Beschwerdeführerin durch den TÜV Rheinland, der zu dem Ergebnis kam, bei der Beschwerdeführerin bestehe keine Fahrtauglichkeit für einen Elektrorollstuhl im Straßenverkehr. Hierauf lehnte die Krankenkasse die begehrte Versorgung ab und wies den Widerspruch der Beschwerdeführerin nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zurück.

Die Beschwerdeführerin hat beim Sozialgericht Duisburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt und unter anderem ausgeführt, dass es ihr nicht um die Teilnahme am Straßenverkehr, sondern darum gehe, den Elektrorollstuhl im häuslichen Umfeld nutzen zu können. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 10. September 2008 den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Das Begehren der Beschwerdeführerin ziele auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, da der begehrte Elektrorollstuhl mit Joystick-Mundsteuerung speziell für sie hergestellt werden müsse. Eine solche Vorwegnahme der Hauptsache komme nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch offensichtlich vorlägen. Hier seien aber umfangreiche medizinische Ermittlungen erforderlich, die dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müssten. Aufgrund der ärztlicherseits festgestellten Einschränkung der Mobilität und des Reaktionsvermögens sei eine Selbst- als auch eine Fremdgefährdung bei der Benutzung des Elektrorollstuhls nicht auszuschließen. Soweit vorgetragen werde, dass die Antragstellerin von ihrem Ehemann in der Wohnung allein gelassen werden müsse, mache dies zwar auf der einen Seite das Begehren der Beschwerdeführerin nachvollziehbar, es verdeutliche aber auch, dass im Fall eines Unfalls mit dem Elektrorollstuhl nur verspätet Hilfe möglich sei. Diese Gefahr müsse sicher ausgeschlossen sein, bevor die begehrte Versorgung in Betracht komme.

Die dagegen erhobene Beschwerde hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 5. Dezember 2008 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Sozialgerichts zurückgewiesen und ergänzend ausgeführt, es sei bereits zweifelhaft, ob mit dem Bedürfnis nach Fortbewegung in der Wohnung überhaupt ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen sei, für das eine Hilfsmittelversorgung allein in Betracht komme; die Fortbewegungsmöglichkeit als solche sei durch die Versorgung mit einem Schiebe- und einem Multifunktionsrollstuhl ausreichend sichergestellt. Bei Zurückstellung dieser Bedenken sei zu überprüfen, ob die Beschwerdeführerin in der Lage sei, den Elektrorollstuhl sachgerecht zu bedienen. Es bestehe auch ein Aufklärungsbedarf, ob die Beschwerdeführerin überhaupt noch in der Lage sei, sich alleine in der Wohnung aufzuhalten oder ob nicht pflegende Familienangehörige anwesend seien, die ihre Fortbewegung mittels der vorhandenen Rollstühle sicherstellen könnten.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde, die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden ist, rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 1 Abs. 1 GG , Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG .

Die Entscheidungen der Sozialgerichte seien mit dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar. Die angegriffenen Entscheidungen verwiesen sie auf das Hauptsacheverfahren, obwohl sie schnellstmöglich auf den Rollstuhl angewiesen sei und sie das Hauptsacheverfahren angesichts ihres Gesundheitszustandes voraussichtlich nicht überleben werde. Die Sozialgerichte könnten sich auch nicht auf eine damit einhergehende Vorwegnahme der Hauptsache berufen, zumal zu beachten sei, dass der Rollstuhl im Eigentum der Krankenkasse bleibe und der spezielle Aufbau jederzeit zurückgebaut werden könne. Es sei im Hinblick auf Art. 1 Abs. 1 GG ein untragbarer Zustand, dass die Sozialgerichte die schwerwiegenden Folgen der Versagung von Eilrechtsschutz für ihre Situation nicht einbezogen hätten. Die Versorgung mit dem Elektrorollstuhl gebe ihr, die sie zuhause während der Abwesenheit ihres berufstätigen Ehemannes dazu verurteilt sei, an der Stelle auszuharren, wo sie im Rollstuhl abgestellt worden sei, einen letzten Rest an eigenverantwortlicher Mobilität. Sie sei auch tatsächlich in der Lage, den Elektrorollstuhl funktionsgerecht zu bedienen, wie sich bei der leihweisen Überlassung eines entsprechenden Elektrorollstuhls durch ein Sanitätshaus gezeigt habe. Ihren entsprechenden Beweisangeboten als auch ihrer Anregung, im Rahmen einer mündlichen Verhandlung die vorhandene Fähigkeit zur sachgerechten Bedienung eines entsprechenden Elektrorollstuhls zu demonstrieren, seien die Gerichte jedoch nicht nachgegangen. Sie werde stattdessen durch das Landessozialgericht auf die vorhandenen Schieberollstühle unter Hinweis auf möglicherweise vorhandene - tatsächlich aber nicht existente - Pflegepersonen verwiesen. Das degradiere sie zu einem Objekt, das sich nicht selbstständig fortzubewegen brauche.

Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen und die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens, die B., hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG ). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung nach § 93c BVerfGG sind gegeben.

1.

Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.

Je schwerer die Belastungen des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden. Art. 19 Abs. 4 GG verlangt auch bei Vornahmesachen jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69 <74> ; 94, 166 <216> ). Die Gerichte sind, wenn sie ihre Entscheidung nicht an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen, sondern an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientieren, in solchen Fällen gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gehalten, die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern (vgl. BVerfGK 5, 237 <242 f.>).

2.

Diesen Maßstäben werden die angegriffenen Entscheidungen der Sozialgerichte nicht gerecht.

a)

Die Versagung von Eilrechtsschutz bedeutet für die Beschwerdeführerin unter Beachtung ihrer grundrechtlich geschützten Positionen einen schweren Nachteil. Zwar lassen sich aus den Grundrechten im Allgemeinen keine konkreten Leistungsrechte auf Bereitstellung bestimmter und insbesondere spezieller Gesundheitsleistungen entnehmen (vgl. BVerfGE 115, 25 <44>). Jedoch folgt aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip ein Anspruch auf die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein (vgl. BVerfGE 82, 60 <80>). In Bezug auf die gesetzliche Pflegeversicherung hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, die Fürsorge für Menschen, die vor allem im Alter zu den gewöhnlichen Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens aufgrund von Krankheit und Behinderung nicht in der Lage seien, gehöre im Geltungsbereich des Grundgesetzes zu den sozialen Aufgaben der staatlichen Gemeinschaft; dem Staat sei die Würde des Menschen in einer solchen Situation der Hilfebedürftigkeit besonders anvertraut (vgl. BVerfGE 103, 197 <221> unter Hinweis auf Art. 1 Abs. 1 GG ). Aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip folgt die Pflicht auch der Rechtsprechung, diese Grundsätze bei der Anwendung des einfachen Rechts zu berücksichtigen (vgl. bereits BVerfGE 1, 97 <105> ).

Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist ein Hilfsmittel erforderlich, wenn sein Einsatz zur Lebensbewältigung im Rahmen der Grundbedürfnisse des täglichen Lebens benötigt wird. Zu diesen Grundbedürfnissen gehören insbesondere die körperlichen Grundfunktionen wie Gehen, Stehen, Treppensteigen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen usw.. Maßstab ist dabei der gesunde Mensch, zu dessen Grundbedürfnissen der kranke und behinderte Mensch durch die medizinische Rehabilitation und mit Hilfe der von der Krankenkasse gelieferten Hilfsmittel wieder aufschließen soll. Für die Herstellung einer ausreichenden Bewegungsfreiheit sind dabei solche Hilfsmittel erforderlich, die dem behinderten Menschen einen Bewegungsradius verschaffen, wie ihn ein nicht behinderter Mensch üblicherweise noch zu Fuß erreicht. Hierzu gehört im gegebenen Fall auch ein Elektrorollstuhl (vgl. BSG, SozR 3-1200 § 33 Nr. 1; SozR 4-2500 § 33 Nr.12).

Nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin, den auch die Fachgerichte ihrer Entscheidung zugrunde gelegt haben, ist sie während der Abwesenheit ihres Ehemannes im häuslichen Umfeld an den Platz gebunden, wo sie "abgestellt" wird. Bei einem unter amyotropher Lateralsklerose leidenden Menschen mit völligem Verlust der eigenen Mobilität ist der Zwang zum Verharren in einer Situation der Hilflosigkeit aber eine schwerwiegende Einschränkung, die seine Persönlichkeitsrechte berührt.

b)

Vor diesem Hintergrund genügen die angegriffenen Entscheidungen dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht. Sowohl das Sozialgericht als auch das Landessozialgericht haben ihre Entscheidung nicht auf eine Erörterung der Erfolgsaussichten der Beschwerdeführerin in der Hauptsache gestützt, sondern eine einstweilige Anordnung schon mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit näherer Sachverhaltsfeststellungen zur Frage möglicher Gefahren durch den Betrieb eines Elektrorollstuhls abgelehnt. Das berücksichtigt die grundrechtlich geschützten Interessen der Beschwerdeführerin nicht ausreichend. Die Fachgerichte lassen das aktuelle Interesse der Beschwerdeführerin, im Rahmen ihrer krankheitsbedingt sehr eingeschränkten Möglichkeiten, im Wohnumfeld einen Rest an Mobilität zu erhalten, wegen einer von den Gerichten selbst nicht als nachgewiesen, sondern lediglich für möglich gehaltenen Gefahr beim Betrieb des Elektrorollstuhls zurücktreten, obwohl die Beschwerdeführerin solche Gefahren unter Hinweis auf eine bereits erfolgte Erprobung eines leihweise überlassenen Rollstuhls ausdrücklich bestritten und unter Beweisantritt vorgetragen hat, dass sie zu einer sachgerechten Nutzung dieses Hilfsmittels in der Lage sei. Diesen Vortrag durften die Gerichte nicht unter Hinweis auf lediglich denkbare Gefahrenlagen beiseite schieben. Erst recht stellt es eine Verkürzung des gebotenen Rechtsschutzes dar, wenn das Landessozialgericht die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung aufgrund von Mutmaßungen über das Vorhandensein von Hilfspersonen verneint, welche die Mobilität der Beschwerdeführerin sicherstellen könnten.

Nichts anderes folgt aus dem Hinweis der Gerichte auf die Gefahr einer Vorwegnahme der Hauptsache. Wie oben bereits dargelegt, kann eine solche Vorwegnahme bei drohenden schweren und unzumutbaren Nachteilen durchaus geboten sein. Die diesbezüglichen Ausführungen der Gerichte übersehen aber bereits, dass die Versorgung der Beschwerdeführerin im Rahmen einer einstweiligen Anordnung mit einem Elektrorollstuhl, selbst wenn dieser speziell für die Beschwerdeführerin hergerichtet werden muss, trotzdem nur eine vorläufige und keine endgültige Regelung ist. Denn die Wirkungen einer derartigen einstweiligen Anordnung können nachträglich für die Vergangenheit korrigiert werden (vgl. Keller, in: Meyer/Ladewig, SGG , 9. Aufl. 2008, § 86b Rn. 31).

Die angegriffenen Entscheidungen entsprechen damit nicht dem Gebot einer umfassenden Abwägung der mit einer einstweiligen Anordnung eintretenden Folgen unter Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Belange der Beschwerdeführerin. Den Fachgerichten obliegt daher, wenn sie ihre Entscheidung nicht allein auf der Grundlage der tatsächlichen Angaben der Beschwerdeführerin treffen wollen, die Pflicht zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts. Auch im Verfahren der einstweiligen Anordnung gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, was die Möglichkeit einer Beweiserhebung einschließt (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig, a.a.O., § 86b Rn. 16a). Einen möglichen Weg, die notwendigen Tatsachen festzustellen, hat die Beschwerdeführerin mit ihrem Hinweis aufgezeigt, dass sie bereit ist, den Gerichten ihre Fähigkeit zur gefahrenfreien Nutzung eines entsprechend ausgerüsteten Elektrorollstuhls mit einem leihweise zur Verfügung gestellten Fahrzeug vorzuführen.

c)

Die aufgezeigten Rechtsverstöße führen zur Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Beschlüsse. Sie sind aufzuheben. Die Sache ist an das Sozialgericht zurückzuverweisen (vgl. § 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG ). Es wird unter Berücksichtigung der Gründe dieser Entscheidung erneut über den Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz zu entscheiden haben.

III.

Mit dem vorliegenden Beschluss erledigt sich der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG . Es erscheint angemessen, die Erstattung der Auslagen auch für das Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzuordnen.

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 05.12.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 11 B 23/08
Vorinstanz: SG Duisburg, vom 10.09.2008 - Vorinstanzaktenzeichen S 11 KR 147/08
Fundstellen
DVBl 2009, 533
DÖV 2009, 462
NVwZ 2009, 715
NZS 2009, 674