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BSG - Entscheidung vom 17.06.2009

B 6 KA 25/08 R

Normen:
ÄBedarfsplRL § 24
SGB V § 116 Satz 2

BSG, Urteil vom 17.06.2009 - Aktenzeichen B 6 KA 25/08 R

DRsp Nr. 2009/23178

Recht von Vetragsärzten, Zulassung anderer Ärzte anzufechten

1. Vertragsärzte sind berechtigt, die Zulassung anderer Ärzte anzufechten, wenn deren Zulassung davon abhängt, dass der Versorgungsbedarf durch die bereits zugelassenen nicht gedeckt ist. 2. Auch Vertragsärzte, die selbst wegen eines besonderen Versorgungsbedarfs zugelassen wurden, können Sonderbedarfszulassungen gerichtlich überprüfen lassen.

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 4. Juni 2008 aufgehoben. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 9. August 2007 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass der an den Kläger gerichtete Bescheid des Beklagten vom 10. Januar 2007 rechtswidrig war.

Der Beklagte trägt die Kosten für alle Rechtszüge, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Normenkette:

ÄBedarfsplRL § 24; SGB V § 116 Satz 2;

Gründe:

I

Streitig ist die Berechtigung des Klägers zur Anfechtung einer der Beigeladenen zu 8. erteilten Sonderbedarfszulassung.

Der Kläger und die Beigeladene zu 8. sind Internisten; sie führen beide die Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und internistische Onkologie. Der Kläger wurde im Juni 2005 als Internist mit diesem Schwerpunkt in der Stadt P. im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung B.-W. (KÄV), der Beigeladenen zu 1., zur vertragsärztlichen Versorgung aufgrund Sonderbedarfs zugelassen. Die Beigeladene zu 8. war Oberärztin im Klinikum der Stadt P.; bis zum Juli 2007 hatte sie dort eine Ermächtigung zur ambulanten Behandlung von Krebspatienten. Der Zulassungsausschuss erteilte ihr mit Wirkung ab dem 1.10.2006 eine Zulassung ebenfalls wegen Sonderbedarfs nach Nr 24 Satz 1 Buchst b der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte (seit dem 1.4.2007: § 24 Satz 1 Buchst b Bedarfsplanungs-Richtlinie [ÄBedarfsplRL]) und ebenfalls für einen Vertragsarztsitz in der Stadt P. (Bescheid vom 11.9.2006). Der Kläger und die Beigeladene zu 1. erhoben Widerspruch.

Auf den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. hob der beklagte Berufungsausschuss den Bescheid des Zulassungsausschusses auf und lehnte den Antrag der Beigeladenen zu 8. auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung ab. Zur Begründung führte er in dem Bescheid ihr gegenüber aus, ein Bedarf für einen weiteren onkologisch tätigen Internisten bestehe in P. nicht (Bescheid vom 10.1.2007 - Az des Beklagten: BRA 43/06). Mit weiterem - vorliegend angefochtenen - Bescheid vom selben Tag (Bescheid vom 10.1.2007 - Az des Beklagten: BRA 39/06), den er an den Kläger richtete, wies der Beklagte dessen Widerspruch zurück: Dieser könne die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an die Beigeladene zu 8. nicht anfechten, weil er die gleiche Stellung - gleichermaßen aufgrund Sonderbedarfs - wie diese habe. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG [Kammer], Beschluss vom 17.8.2004, SozR 4-1500 § 54 Nr 4) habe eine gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit für den niedergelassenen Arzt nur gegenüber der Erteilung eines anderen nachrangigen Status schaffen wollen, was auf das Verhältnis von zwei Sonderbedarfszulassungen zueinander nicht zutreffe.

Der Kläger ist beim Sozialgericht ( SG ) erfolgreich gewesen (Urteil vom 9.8.2007). Dieses hat ihn als anfechtungsberechtigt angesehen: Sein Status habe Vorrang gegenüber der späteren Sonderbedarfszulassung der Beigeladenen zu 8. In der Sache hätte der Beklagte die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung an die Beigeladene zu 8. ablehnen müssen, weil kein ungedeckter Versorgungsbedarf vorgelegen habe, wie in dem Urteil des SG Karlsruhe vom 9.8.2007 - S 1 KA 740/07 - ausgeführt sei, durch das die Klage der Beigeladenen zu 8. gegen den Bescheid des Beklagten vom 10.1.2007 (Az des Beklagten: BRA 43/06) abgewiesen worden sei.

Der Beklagte hat Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt. Währenddessen ist das Urteil des SG Karlsruhe vom 9.8.2007 - S 1 KA 740/07 - rechtskräftig und dadurch die Ablehnung des Antrags der Beigeladenen zu 8. auf Sonderbedarfszulassung bestandskräftig geworden. Daraufhin hat der Kläger hilfsweise beantragt, festzustellen, dass die Verneinung seiner Anfechtungsberechtigung rechtswidrig gewesen sei. Er hat geltend gemacht, nach wie vor ein Interesse an der Aufhebung des sein Anfechtungsrecht verneinenden Bescheides zu haben, weil mit erneuten Anträgen der Beigeladenen zu 8. oder anderer Ärzte auf Sonderbedarfszulassung zu rechnen sei.

Das Landessozialgericht (LSG) hat der Berufung des Beklagten stattgegeben, das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 4.6.2008 - in Juris dokumentiert). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, das SG habe den vom Beklagten gegenüber dem Kläger erlassenen Bescheid zu Unrecht aufgehoben. Der Beklagte habe nicht nur den Antrag der Beigeladenen zu 8. auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung zu Recht abgelehnt, sondern ebenfalls zu Recht den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Denn die vom Zulassungsausschuss erteilte Sonderbedarfszulassung verletze den Kläger nicht in eigenen Rechten. Im Regelfall bestehe kein Anspruch auf Schutz vor Konkurrenz. Eine Ausnahme gelte nur insoweit, als gesetzlich ein Nachrang des Konkurrenten gegenüber denjenigen normiert sei, die schon eine Position am Markt inne hätten, wie die Rechtsprechung dies für Ermächtigungen von Krankenhausärzten im Verhältnis zu den zugelassenen Ärzten anerkannt habe. Den Vorschriften über Zulassungsbeschränkungen und über Sonderbedarfszulassungen lasse sich indessen nicht entnehmen, dass den bereits zugelassenen Ärzten im Verhältnis zu Sonderbedarfszulassungen ein Schutz vor Konkurrenz zukommen solle. Die Sonderbedarfszulassung stelle - anders als die Ermächtigung für Krankenhausärzte - keine ausnahmsweise Erlaubnis dar, in dem den niedergelassenen Ärzten vorbehaltenen Bereich der ambulanten Versorgung tätig zu werden. Sonderbedarfszulassungen milderten nur die während der Überversorgung bestehenden Beschränkungen des Rechts auf Zulassung.

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, das LSG hätte seinem Fortsetzungsfeststellungsantrag stattgeben und die Berufung des Beklagten zurückweisen müssen. Entgegen der Auffassung des LSG sei er berechtigt, die der Beigeladenen zu 8. erteilte Sonderbedarfszulassung anzufechten. Der Übergang von der Anfechtungs- zur Feststellungsklage trage dem Umstand Rechnung, dass sich die Anfechtung des ihm erteilten Bescheids vom 10.1.2007 (Az des Beklagten: BRA 39/06) dadurch erledigt habe, dass das SG Karlsruhe im Parallelverfahren durch Urteil vom 9.8.2007 (S 1 KA 740/07) die Ablehnung der Sonderbedarfszulassung für die Beigeladene zu 8. (Bescheid vom 10.1.2007 - Az BRA 43/06) für rechtmäßig erklärt habe und dies rechtskräftig geworden sei. Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse sei gegeben, weil - erneut von der Beigeladenen zu 8. oder auch von anderen Ärzten - mit weiteren Anträgen auf Sonderbedarfszulassung in P. zur onkologischen Versorgung zu rechnen sei. Entgegen der Ansicht des Beklagten und des LSG seien bereits zugelassene Vertragsärzte zur Anfechtung neu erteilter Sonderbedarfszulassungen berechtigt, wenn sie im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen wie der Begünstigte erbrächten. Dies gelte auch für solche Ärzte, die ihre Zulassung ebenfalls nur aufgrund Sonderbedarfs erhalten hätten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 4.6.2008 zu ändern und 1. unter Änderung des Urteils des SG Karlsruhe vom 9.8.2007 festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 10.1.2007 rechtswidrig war, 2. die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zu 1. zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält die Abweisung der Klage durch das LSG für zutreffend. Vorliegend sei im Unterschied zu Ermächtigungen, mit denen sich das BVerfG und das Bundessozialgericht (BSG) befasst hätten, kein Vorrang-Nachrang-Verhältnis gegeben. Der Kläger sei aufgrund einer Sonderbedarfszulassung tätig, und die Beigeladene zu 8. erstrebe den gleichen Status.

Die Beigeladenen zu 1. und zu 8. halten, ohne eigene Anträge zu stellen, die Revision ebenfalls für unbegründet. Nach Ansicht der Beigeladenen zu 1. fehlt bereits das für die Fortführung der Klage erforderliche Feststellungsinteresse. Die Anfechtung der Sonderbedarfszulassung habe sich durch die Bestandskraft der ablehnenden Entscheidung des Beklagten erledigt. Eine ausreichend konkrete Wiederholungsgefahr sei nicht erkennbar. Die Beigeladene zu 8. teilt diese Ansicht. Das LSG habe zudem sachlich zutreffend entschieden, nämlich die Berechtigung des Klägers zur Anfechtung der Sonderbedarfszulassung zu Recht verneint. Eine Vorrangigkeit bestehe im Verhältnis zu Sonderbedarfszulassungen nicht, diese seien vielmehr auch Zulassungen und damit gleichrangig. Die Rechtsprechung von BVerfG und BSG zu Ermächtigungen könne nicht auf Sonderbedarfszulassungen übertragen werden.

Die Beigeladenen zu 2. bis 6. beziehen im Revisionsverfahren nicht Stellung und stellen keine Anträge.

II

Die Revision des Klägers ist zulässig und - im Sinne der Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids des Beklagten - begründet.

1. Das Verfahren wird zutreffend im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage weitergeführt. Die vom Kläger vorgenommene Umstellung des Anfechtungsantrags in einen Fortsetzungsfeststellungsantrag - er hat diesen im Berufungsverfahren bereits hilfsweise gestellt und im Revisionsverfahren allein fortgeführt - ist als Antragsänderung nach § 99 Abs 3 Nr 3 SGG zulässig (s zB BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 3 RdNr 11; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 14). Der Kläger hat die Umstellung des Antrags im Berufungsverfahren vornehmen können, ungeachtet dessen, dass er dort der Rechtsmittelbeklagte gewesen ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 7 S 45). Das zu Recht zunächst im Wege der Anfechtungsklage verfolgte Begehren hat sich dadurch iS des § 131 Abs 1 Satz 3 SGG erledigt, dass das SG die Klage der Beigeladenen zu 8. gegen den die Sonderbedarfszulassung ablehnenden Bescheid abgewiesen hat (Bescheid vom 10.1.2007 - Az BRA 43/06 - iVm dem rechtskräftigen Urteil des SG Karlsruhe vom 9.8.2007 - S 1 KA 740/07). Das gemäß § 131 Abs 1 Satz 3 SGG neben dem Erledigungseintritt zusätzlich erforderliche Feststellungsinteresse ist unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gegeben, denn die Klärung der im vorliegenden Rechtsstreit zu entscheidenden Rechtsfrage ist für das Verhältnis der Beteiligten weiterhin relevant (hierzu vgl zB BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 14; SozR 4-2500 § 73 Nr 3 RdNr 11; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 14). Dies hat die weitere Entwicklung gezeigt. Die Beigeladene zu 8. beantragte schon einmal erneut eine Sonderbedarfszulassung, und damit ist - zumal bei Änderungen der Versorgungssituation - jederzeit wieder zu rechnen. Es liegt vorliegend auch nicht fern, dass sich noch andere Ärzte um onkologische Sonderbedarfszulassungen in der Stadt P. bemühen könnten. Mit Blick auf solche Fälle hat der Kläger ein legitimes Interesse daran, dass das Vorliegen seiner Anfechtungsberechtigung jetzt geklärt wird, damit gewährleistet ist, dass er künftig sogleich am Verwaltungsverfahren beteiligt wird (§ 12 Abs 2 Satz 1 SGB X ) und eine inhaltliche Überprüfung solcher Konkurrentenzulassungen erreichen kann.

2. Die Revision des Klägers und der damit verfolgte Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids des Beklagten vom 10.1.2007 (Az BRA 39/06) sind begründet. Denn dieser Bescheid war rechtswidrig. Der Widerspruch des Klägers durfte weder als unzulässig noch als unbegründet mit der Begründung abgewiesen werden, der Kläger könne die Sonderbedarfszulassung nicht anfechten. Vielmehr war der Kläger zu deren Anfechtung berechtigt.

a) Der (Dritt-)Widerspruch des Klägers gegen die der Beigeladenen zu 8. erteilte Sonderbedarfszulassung durfte nicht als unzulässig qualifiziert werden, wie dies im angefochtenen Bescheid geschehen ist. Denn die Anfechtung eines Verwaltungsakts durch einen Dritten ist nur dann unzulässig, wenn dessen Rechte offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (vgl BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, jeweils RdNr 14, 17 mit Bundesverwaltungsgerichts [BVerwG]-Angaben; BSGE 99, 145 = SozR 4-1500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 17; zur sog Möglichkeitstheorie siehe zB auch BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 17, und BVerwG, Urteil vom 21.4.2009 - 4 C 3.08 - unter II., vor 1.). Das war hier jedoch nicht der Fall. Denn ob und inwieweit bereits zugelassene Vertragsärzte berechtigt sind, anderen Ärzten erteilte Sonderbedarfszulassungen anzufechten, war bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Die LSGe vertraten dazu unterschiedliche Auffassungen.

b) Der (Dritt-)Widerspruch des Klägers gegen die der Beigeladenen zu 8. erteilte Sonderbedarfszulassung hätte auch nicht als unbegründet zurückgewiesen werden dürfen, wie dies das LSG entschieden hat. Vielmehr hätte seine Anfechtungsberechtigung anerkannt werden müssen.

Die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten erfolgt nach der Rechtsprechung des Senats zweistufig (siehe zB BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 22 ff und 26 ff). Zunächst ist zu klären, ob der Vertragsarzt berechtigt ist, die dem konkurrierenden Arzt erteilte Begünstigung (zB Zulassung, Ermächtigung) anzufechten. Ist das zu bejahen, so muss geprüft werden, ob die Entscheidung des Berufungsausschusses in der Sache zutrifft. Sowohl diese Struktur als auch die im Folgenden dargelegten inhaltlichen Kriterien gelten ebenso im Rahmen der vorliegenden Rechtsschutzform der Fortsetzungsfeststellungsklage, und inhaltlich ebenso auch dann, wenn der bereits zugelassene Arzt, der die Anfechtung führt, seinen Status gleichfalls aufgrund einer Sonderbedarfszulassung erlangte.

Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten (sog defensive Konkurrentenklage), hat das BSG in seinem Urteil vom 7.2.2007 - im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 (BVerfG [Kammer] SozR 4-1500 § 54 Nr 4) - im Einzelnen dargestellt (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10). Danach bestehen drei Voraussetzungen für die Anerkennung einer Drittanfechtungsberechtigung, nämlich (1) dass der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10 RdNr 19, 21; dies weiterführend BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 17 f, 20, 22-24), weiterhin, (2) dass dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt wird (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, jeweils RdNr 23 iVm 32), und ferner, (3) dass der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig ist. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, jeweils RdNr 19-21).

Das BVerfG hat jüngst in einem Beschluss vom 23.4.2009 an diese Rechtsprechung angeknüpft (BVerfG [Kammer], Beschluss vom 23.4.2009 - 1 BvR 3405/08 - GesR 2009, 376 = NVwZ 2009, 977 ). Es hat ausgeführt, dass eine unter dem Aspekt der Berufsfreiheit nach Rechtsschutz verlangende Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse dann in Frage steht, wenn den bereits zum Markt zugelassenen Leistungserbringern ein gesetzlicher Vorrang gegenüber auf den Markt drängenden Konkurrenten eingeräumt ist (BVerfG, aaO, unter II.1.a unter Bezugnahme auf seinen früheren Beschluss vom 17.8.2004).

aa) Die Voraussetzung, dass der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig sein muss, ist im Verhältnis von Sonderbedarfszulassungen zu bereits erteilten Zulassungen - auch zu solchen, die wegen Sonderbedarfs bewilligt wurden - gegeben. Sonderbedarfszulassungen kommen nur in Planungsbereichen in Betracht, die wegen Überversorgung für weitere Zulassungen gesperrt sind, und sie dürfen nur ausnahmsweise erteilt werden, soweit dies zur Wahrung der Versorgungsqualität unerlässlich ist (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Satz 1 Buchst a bis e ÄBedarfsplRL). Erforderlich ist mithin, dass das Leistungsangebot der bereits zugelassenen Ärzte für eine umfassende Versorgung der Versicherten nicht ausreicht und der Bewerber um die Sonderbedarfszulassung das verbliebene Versorgungsdefizit beseitigen oder lindern kann. Damit ist die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung nachrangig gegenüber der Versorgung durch die bereits zugelassenen Ärzte. Insofern unterscheidet sich die Bedarfsprüfung in ihren Grundzügen nicht von derjenigen bei Ermächtigungen gemäß § 116 SGB V (vgl BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 1 S 4 f; s auch BVerfG [Kammer] SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 15 ff und BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 16 ff; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 27 f; BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, jeweils RdNr 14).

Dies legt die Folgerung nahe, dass bereits zugelassene Ärzte, ebenso wie sie grundsätzlich Ermächtigungen anfechten können (BVerfG, aaO, RdNr 15 ff und BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 22 ff, 26 ff), auch berechtigt sind, die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen anzufechten. Dagegen kann nicht mit Erfolg eingewendet werden, dass im Verhältnis einer Sonderbedarfszulassung zu bereits erteilten Zulassungen kein Nachrang bestehe, weil die Sonderbedarfszulassung ebenfalls eine Zulassung sei, selbst wenn sie auf Ausnahmesituationen beschränkt ist. Darauf, ob insoweit eine statusmäßige Gleichordnung besteht oder nicht, kommt es nach den Vorgaben des BVerfG nicht an. Für die Anfechtungsberechtigung ist nach dem Kontext seiner Rechtsprechung vor allem relevant, ob die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen davon abhängt, dass der Versorgungsbedarf noch nicht durch die bereits zugelassenen und damit dauerhaft in das Versorgungssystem einbezogenen Ärzte gedeckt ist; die Vorrangigkeit der Bedarfsdeckung durch die bereits zugelassenen Ärzte - womit der Nachrang der neuen Statuserteilung korrespondiert - begründet deren Anfechtungsrecht. Dies hat das BVerfG dahingehend zusammengefasst, dass § 116 Satz 2 SGB V drittschützende Funktion zugunsten der bereits zugelassenen Ärzte zukomme (BVerfG, aaO, RdNr 15). Es hat sich ausdrücklich gegen die frühere Rechtsprechung des BSG gewandt, dass § 116 SGB V nicht dem Interesse der bereits zugelassenen Ärzte, sondern nur dem öffentlichen Interesse an der Sicherstellung der Versorgung und/oder dem Interesse des eine Ermächtigung begehrenden Arztes zu dienen bestimmt sei (siehe die Wiedergabe der BSG-Rspr in BVerfG, aaO, RdNr 6). Nach Auffassung des BVerfG haben die bereits zugelassenen Ärzte ungeachtet des Gemeinwohlinteresses an einer qualitativ und quantitativ ausreichenden Versorgung ein von der Rechtsordnung geschütztes Interesse daran, in ihrer beruflichen Entfaltung, die im staatlich regulierten Markt der gesetzlichen Krankenversicherung ohnehin begrenzt ist, nicht zusätzlich durch weitere vertragsärztlich tätige Ärzte und Krankenhäuser eingeschränkt zu werden. Die damit verbundenen Belastungen begründen ihr Recht der Drittanfechtung, sofern der Arzt und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten (hierzu siehe BVerfG, aaO, RdNr 17). Mit diesen Ausführungen hat das BVerfG zugleich deutlich gemacht, dass die Verneinung einer Drittanfechtungsberechtigung der bereits zugelassenen Ärzte mit dem Argument, dass ein Schutz allein in Richtung auf ein Versorgungsinteresse der Allgemeinheit bestehe, nicht tragfähig ist, vielmehr ist daneben auch das Schutzinteresse der bereits zugelassenen Ärzte zu berücksichtigen. Dementsprechend kann auch im Falle der Sonderbedarfszulassung eine Anfechtungsberechtigung der bereits zugelassenen Ärzte nicht aufgrund von Analysen der normativen Schutzrichtung der Sonderbedarfsregelungen verneint werden (in diesem Sinne indessen das Urteil der Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 4.6.2008 - L 5 KA 4514/07 - in juris dokumentiert).

Aus alledem folgt weiterhin, dass gegenüber neuen Sonderbedarfszulassungen auch derjenige Arzt anfechtungsberechtigt ist, der - wie vorliegend der Kläger - selbst nur aufgrund Sonderbedarfs zugelassen wurde. Denn insoweit, als durch ihn der Versorgungsbedarf bereits gedeckt ist, ist kein Raum für eine weitere Sonderbedarfszulassung. Mithin sind neue Sonderbedarfszulassungen auch gegenüber früheren nachrangig.

Somit sind - vorbehaltlich des Vorliegens auch der weiteren Voraussetzungen (siehe oben b. und im folgenden bb) - die bereits zugelassenen Ärzte (einschließlich derer, die ihre Zulassung aufgrund Sonderbedarfs erhielten) berechtigt, die Erteilung von (weiteren) Sonderbedarfszulassungen anzufechten (ebenso zB Beeretz ZMGR 2005, 311, 317; Plagemann in Plagemann [Hrsg], Münchener AnwaltsHandbuch Sozialrecht, 3. Aufl 2009, § 20 RdNr 48 [mit Fußn 86]; Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß [Hrsg], Kommentar zur Ärzte-ZV und Zahnärzte-ZV, 2008, § 16b RdNr 40 f; Steinhilper MedR 2008, 498, 501; Wenner, Das Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 18 RdNr 36; aA zB Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten, 6. Aufl 2008, § 16b RdNr 206; tendenziell verneinend auch Schnath in Schnapp/Wigge [Hrsg], Handbuch des Vertragsarztrechts, 2 Aufl 2006, § 5 Kap B RdNr 37).

bb) Weitere Voraussetzung einer Anfechtungsberechtigung ist, dass der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten. Zu diesem Merkmal hat der Senat bereits in seinen Urteilen vom 7.2.2007 und vom 17.10.2007 (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, jeweils RdNr 19, 21, und BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 17 f, 20, 22-24) Stellung genommen. Bereits in der Konstellation, die dem Urteil vom 17.10.2007 zugrunde lag (s BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, insbes RdNr 22-24), hat der Senat hervorgehoben, dass für die Anfechtungsberechtigung ein faktisches Konkurrenzverhältnis vorliegen muss, durch das plausibel wird, dass der bereits zugelassene Arzt eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten hat. Dementsprechend bedarf es der Überprüfung und Feststellung, dass es in den Leistungsspektren und den Einzugsbereichen von anfechtendem und konkurrierendem Arzt ins Gewicht fallende Überschneidungen gibt.

Dies erfordert im Regelfall zunächst die Darlegung des anfechtenden Arztes, welche Leistungen er anbietet und wie viele Patienten und welcher prozentuale Anteil seiner Patienten aus dem Einzugsbereich des dem Konkurrenten zugedachten Praxissitzes kommen (zur Quote von mehr als 5 % und deren Berechnungsgrundlage siehe BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 24; zum Erfordernis plausiblen Vortrags siehe RdNr 20). Hat er dies substantiiert vorgetragen, so obliegt es dem Zulassungsgremium, seinerseits tätig zu werden und die erforderlichen weiteren Informationen über das (voraussichtliche) Leistungsspektrum und den (voraussichtlichen) Patientenkreis des Konkurrenten zu erheben.

Näherer Darlegungen und Feststellungen zu den Leistungsspektren von anfechtendem und konkurrierendem Arzt bedarf es indessen dann nicht, wenn das Vorliegen ins Gewicht fallender Überschneidungen ohne Weiteres auf der Hand liegt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Praxen der beiden Ärzte in derselben Stadt gelegen sind - jedenfalls soweit es sich nicht um eine so weitläufige handelt, wie es sehr große Städte sein können - und wenn beide Ärzte in einem eng umgrenzten Fachgebiet tätig sind, wie dies zB bei der Augenheilkunde der Fall ist. Ein ausreichend eng umgrenztes Fachgebiet kann aber auch im internistischen Bereich gegeben sein, sofern nämlich beide Ärzte denselben Schwerpunkt oder dieselbe fakultative Weiterbildung oder besondere Fachkunde im Sinne von § 24 Satz 1 Buchst b ÄBedarfsplRL haben, denn in diesem Spezialbereich haben sie typischerweise ihren Tätigkeitsschwerpunkt (s dazu BSG, Urteil vom 28.1.2009 - B 6 KA 50/07 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 17 RdNr 19). In solchen Fällen eines eng umgrenzten Tätigkeitsbereichs sind im Regelfall sowohl nähere Darlegungen des Drittanfechtenden als auch weitere Ermittlungen der Zulassungsgremien zur Frage gleicher Leistungsspektren der Konkurrenten entbehrlich.

cc) Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe war der Kläger berechtigt, die der Beigeladenen zu 8. erteilte Sonderbedarfszulassung anzufechten. Denn die dargestellten Voraussetzungen waren allesamt erfüllt.

Wie ausgeführt, steht zugelassenen Ärzten das Recht der Anfechtung von Sonderbedarfszulassungen zu. Dies gilt auch für solche Ärzte, die wie der Kläger selbst nur aufgrund Sonderbedarfs zugelassen wurden (siehe oben aa).

Auch die Voraussetzung, dass zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 8. ein reales Konkurrenzverhältnis bestanden haben muss, dh, dass er und diese Beigeladene im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten bzw dies beabsichtigten, war gegeben. Das Vorliegen einer solchen Konkurrenzsituation lag auf der Hand; dazu hat es näherer Ausführungen des Klägers nicht bedurft. Denn die Annahme, dass die Leistungsspektren und die Einzugsbereiche von Kläger und Beigeladener zu 8. sich erheblich überschnitten, war ohne Weiteres gerechtfertigt. Beide waren bzw sind im selben eng umgrenzten Fachgebiet tätig, nämlich in dem der Hämatologie und internistischen Onkologie, und sowohl die Praxis des Klägers als auch der im angefochtenen Bescheid für die Beigeladene zu 8. vorgesehene Vertragsarztsitz lagen in der Stadt P. Bei derartigen engeren Leistungsspektren und übereinstimmenden Einzugsbereichen ist ohne weitere Darlegungen und/oder Ermittlungen von einem real bestehenden Konkurrenzverhältnis auszugehen (siehe oben bb).

Demnach war die Anfechtungsberechtigung des Klägers zu bejahen. Der dies verneinende Bescheid des Beklagten vom 10.1.2007, mit dem dieser dem Kläger die inhaltliche Überprüfung der angefochtenen Sonderbedarfszulassung versagte, war also rechtswidrig.

dd) Ob die dem Kläger mithin anzuerkennende Anfechtungsberechtigung dazu hätte führen müssen, die der Beigeladenen zu 8. vom Zulassungsausschuss erteilte Sonderbedarfszulassung aufzuheben, ist vom Senat nicht zu entscheiden. Denn der Beklagte beschränkte den Bescheid gegenüber dem Kläger darauf, dessen Anfechtungsrecht zu verneinen. Mit der Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung ist dem Klagebegehren, wie es der Kläger seit dem Übergang von der Anfechtungs- zur Fortsetzungsfeststellungsklage noch verfolgt hat, in vollem Umfang entsprochen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 , § 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung . Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, jeweils RdNr 16).

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 04.06.2008 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 KA 4514/07
Vorinstanz: SG Karlsruhe, vom 09.08.2007 - Vorinstanzaktenzeichen S 1 KA 636/07