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BSG - Entscheidung vom 06.07.2009

B 5 R 322/08 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
SGG § 160a Abs. 2 S. 3

BSG, Beschluss vom 06.07.2009 - Aktenzeichen B 5 R 322/08 B

DRsp Nr. 2009/20392

Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage bei höchstrichterlicher Rechtsprechung mit ausreichenden Anhaltspunkten zur Beurteilung

Eine bereits höchstrichterlich geklärte Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig. Als höchstrichterlich geklärt muss eine Rechtsfrage auch dann angesehen werden, wenn das Revisionsgericht bzw. das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. Mai 2008 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ; SGG § 160a Abs. 2 S. 3;

Gründe:

Mit Urteil vom 8.5.2008 hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Halbwaisenrente für die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten liegende Zwischenzeit vom 1.4. bis 30.9.2006 verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ( SGG ).

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

Die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine derartige Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine konkrete Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufzeigen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 f mwN).

Die Klägerin misst folgender Frage grundsätzliche Bedeutung bei:

Berechtigt "auch unter Geltung des § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 b SGB VI in der Fassung ab dem 1.8.2004 eine längere Zwischenzeit von mehr als 4 Kalendermonaten zwischen 2 Ausbildungsabschnitten zu einer Rentengewährung", "insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die gymnasiale Schulzeit in Rheinland-Pfalz nach 12 ½ Jahren endet und die Abiturzeugnisse erst kurz nach Ablauf der Frist zur Vorlage ausgehändigt werden, so dass trotz des (gegenüber 13 Schuljahren) verkürzten Ausbildungsganges ein Studienbeginn zum Sommersemester nicht möglich ist"?

Sie hat es allerdings versäumt, die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage aufzuzeigen.

Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, weil sie sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt muss eine Rechtsfrage auch dann angesehen werden, wenn das Revisionsgericht bzw das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8; s hierzu auch Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 117 mwN).

Die Klägerin behauptet zwar, dass die von ihr aufgeworfene Frage nicht vom BSG entschieden sei und sich auch nicht zweifelsfrei aus dem Gesetz ergebe. Dies reicht zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit indes nicht aus.

Nach § 48 Abs 4 Satz 1 Nr 2 Buchst b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB VI ) in der ab 1.8.2004 geltenden Fassung besteht der Anspruch auf Halb- oder Vollwaisenrente längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, wenn die Waise sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Kalendermonaten befindet, die ua zwischen zwei Ausbildungsabschnitten liegt. Die Beschwerdebegründung lässt jede Auseinandersetzung mit dem Wortlaut der Norm vermissen, sodass nicht dargetan ist, inwieweit die Vorschrift Zweifel an der Beantwortung der aufgeworfenen Frage aufkommen lässt. Die fehlende Auseinandersetzung mit dem Wortlaut des § 48 Abs 4 Satz 1 Nr 2 Buchst b SGB VI wird auch nicht durch den Hinweis der Klägerin auf das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 20.4.2006 - S 8 RA 366/03 - ersetzt. Die in der Beschwerdebegründung zitierten, für den damaligen Fall nicht entscheidungserheblichen Ausführungen dieses Gerichts gehen ebenfalls nicht auf den Wortlaut der Vorschrift ein, sondern behaupten lediglich, dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zu den sog unvermeidbaren Zwischenzeiten ein Anspruch auf Waisenrente ungeachtet des vom Gesetz vorgesehenen Höchstzeitraums einer viermonatigen Übergangszeit auch bei länger andauernden Zwischenzeiten bestehen könne; die Erwähnung der Entstehungsgeschichte ist zu ungenau, um daraus auf einen im Gesetzeswortlaut nicht zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers zu schließen. Aus demselben Grund führt der Hinweis der Klägerin auf das Urteil des 6. Senats des LSG Rheinland-Pfalz vom 8.11.2006 (L 6 R 192/06) nicht weiter, zumal gerade dieser Senat die angefochtene Entscheidung erlassen und offensichtlich damit seine frühere angeblich anderslautende Rechtsauffassung inzwischen aufgegeben hat.

Ein für die Klägerin günstigeres Ergebnis ergäbe sich schließlich auch dann nicht, wenn man unter Berücksichtigung ihres übrigen Vorbringens davon ausginge, sie halte es ferner (hilfsweise) für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob § 48 Abs 4 Satz 1 Nr 2 Buchst b SGB VI in der ab 1.8.2004 geltenden Fassung wegen des dort normierten Höchstzeitraums einer viermonatigen Übergangszeit angesichts der besonderen Situation in Rheinland-Pfalz mit Art 3 Abs 1 Grundgesetz ( GG ) vereinbar sei. Die Klägerin hätte die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage ebenso wenig dargetan, da sie sich nicht mit der umfangreichen Rechtsprechung des BVerfG zu Art 3 Abs 1 GG und den in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen zur zulässigen Typisierung und Generalisierung von Sachverhalten auseinandergesetzt hat.

Die nicht formgerecht begründete Beschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG .

Vorinstanz: LSG Rheinland-Pfalz, vom 08.05.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 6 R 384/07
Vorinstanz: SG Koblenz, vom 26.09.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 6 R 222/07