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BSG - Entscheidung vom 24.03.2009

B 8/9b SO 17/07 R

Normen:
BSHG § 23 Abs. 2
BSHG § 108 Abs. 1 S. 1
BSHG § 108 Abs. 1 S. 3
SGB XII § 108 Abs. 1 S. 3
SGB XII § 24 Abs. 4 S. 3

Fundstellen:
BSGE 103, 34
FEVS 61, 74
NVwZ-RR 2009, 810

BSG, Urteil vom 24.03.2009 - Aktenzeichen B 8/9b SO 17/07 R

DRsp Nr. 2009/13959

Anspruch auf Sozialhilfe; Erstattungsanspruch des örtlichen Trägers der Sozialhilfe gegen den überörtlichen Sozialhilfeträger; Einreise aus dem Ausland bei fehlendem gewöhnlichen Aufenthalt weder im Ausland noch im Inland; Zusammenleben mit Verwandten

Ein den Erstattungsanspruch des leistenden Sozialhilfeträgers gegen den von der Schiedsstelle bestimmten überörtlichen Sozialhilfeträger ausschließendes Zusammenleben bei Übertritt des Hilfebedürftigen aus dem Ausland liegt auch dann vor, wenn sich jemand nur vorübergehend bei Verwandten aufhält. Ein Wohnen in einer eigenen Wohnung in der Nähe der Verwandten genügt dagegen nicht.

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. April 2007 aufgehoben, soweit es über den Erstattungsanspruch des Klägers entschieden hat. Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Normenkette:

BSHG § 23 Abs. 2 ; BSHG § 108 Abs. 1 S. 1; BSHG § 108 Abs. 1 S. 3; SGB XII § 108 Abs. 1 S. 3; SGB XII § 24 Abs. 4 S. 3;

Gründe:

I

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Erstattung von Sozialhilfekosten in Anspruch, die er in der Zeit vom 1. Dezember 2001 bis zum 30. April 2003 für den Hilfeempfänger T P (zukünftig: P) aufgewendet hat.

P ist deutscher Staatsangehöriger und 1978 in Polen geboren. Vom 28. August 2001 bis 15. Oktober 2001 war er in Deutschland als Leiharbeiter beschäftigt. Am 11. November 2001 reiste er aus Polen, wo er zuvor gewohnt hatte, nach Deutschland ein. Er wohnte zunächst bis 30. November 2001 bei seiner Schwester, seinem Schwager und deren beiden in Deutschland geborenen Kindern in A . Zum 1. Dezember 2001 bezog er eine - von seiner Schwester und seinem Schwager in seinem Auftrag bereits am 2. November 2001 angemietete - etwa 400 m entfernt liegende eigene Wohnung in A . P erhielt vom Kläger in der Zeit vom 12. November 2001 bis 30. April 2003 Sozialhilfe in Höhe von insgesamt 8.013,77 Euro.

Auf Antrag des Klägers bestimmte das Bundesverwaltungsamt nach § 108 Abs 2 Bundessozialhilfegesetz ( BSHG ) den Beklagten als überörtlichen Träger der Sozialhilfe für eine Erstattung der aufgewendeten Kosten (wegen Übertritts aus dem Ausland). Das im März 2002 an den Beklagten gerichtete Begehren des Klägers auf Kostenerstattung für den bezeichneten Zeitraum lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, P habe bei Eintritt des Bedarfs mit Verwandten zusammengelebt; in diesem Fall schließe § 108 Abs 1 Satz 3 BSHG einen Erstattungsanspruch aus. Auf die im Dezember 2005 eingereichte Klage hat das Sozialgericht ( SG ) Aachen den Beklagten verurteilt, "dem Kläger 8.013,77 Euro" nebst Zinsen zu zahlen (Urteil vom 22. Juni 2006). Im Berufungsverfahren haben die Beteiligten den Rechtsstreit in Höhe von 1.449 Euro übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Klage hat das Landessozialgericht (LSG) unter Aufhebung des Urteils des SG abgewiesen (Urteil vom 23. April 2007). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Sozialhilfeleistungen seien zu Recht erbracht worden, sodass der Kläger zwar einen Erstattungsanspruch gegen den Beklagten als überörtlichen Sozialhilfeträger nach § 108 Abs 1 Satz 1 BSHG besitze. Der Anspruch sei jedoch nach § 108 Abs 1 Satz 3 BSHG ausgeschlossen, weil P in der Zeit vom 11. bis 30. November 2001 mit seinen in Deutschland geborenen Verwandten (Neffe und Nichte) in A zusammengelebt habe. Ein auf längere Dauer angelegtes Zusammenleben in einer gemeinsamen Wohnung sei nicht erforderlich. Ein Zusammenleben sei auch für die Zeit zu bejahen, in der P in unmittelbarer Nähe seiner Verwandten eine eigene Wohnung bezogen habe.

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 108 Abs 1 Satz 3 BSHG . Von einem Zusammenleben könne nur gesprochen werden, wenn die Personen mit einer auf gewisse Dauer gerichteten Absicht als Familiengemeinschaft in einer gemeinsamen Wohnung zusammenlebten. Erfülle danach bereits ein vorübergehender Aufenthalt in der Wohnung eines Verwandten nicht den Tatbestand des Zusammenlebens, gelte dies erst recht für den Bezug einer eigenen Wohnung in der Nähe der Wohnung von Verwandten.

Der Kläger beantragt, nachdem er die Revision betreffend den Zinsanspruch zurückgenommen hat, das Urteil des LSG mit der Maßgabe aufzuheben, dass der Beklagte verurteilt wird, 6.564,77 Euro zu zahlen, und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

II

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Ob er einen Anspruch auf Kostenerstattung besitzt, kann nicht abschließend entschieden werden. Es fehlen hinreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG ) zu den Anspruchsvoraussetzungen nach § 108 Abs 1 BSHG , die es dem Senat ermöglichen würden, Grund und Höhe des Kostenerstattungsanspruchs zu prüfen. Zwar hat das LSG zu Recht ein "Zusammenleben mit Verwandten" im November 2001 iS von § 108 Abs 1 Satz 3 BSHG bejaht; für die Zeit danach (ab 1. Dezember 2001) kann ein solches "Zusammenleben" entgegen der Auffassung des LSG jedoch nicht angenommen werden.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist eine Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG . Der Kläger begehrt die Erstattung von ihm als Sozialhilfe aufgewendeter Kosten in Höhe von 6.564,77 Euro. Betroffen ist insoweit nach dem ausdrücklichen Vortrag des Klägers zum Klageantrag nur die Zeit vom 1. Dezember 2001 bis 30. April 2003. Zinsen sind nicht mehr im Streit.

Richtiger Kläger ist der Oberbürgermeister der Stadt A (vgl Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28. Oktober 2008 - B 8 SO 23/07 R - RdNr 12 f mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Die Stadt A ist als kreisfreie Stadt zuständiger örtlicher Träger der Sozialhilfe (vgl §§ 97 Abs 1 , 99 BSHG iVm §§ 9 , 96 Abs 1 BSHG und § 1 des Gesetzes zur Ausführung des BSHG für das Land Nordrhein-Westfalen [NRW] vom 15. Juni 1999 - Gesetz- und Verordnungsblatt [GVBl] NRW 1999, 386); für sie handelt der Oberbürgermeister als beteiligtenfähige Behörde (§ 70 Nr 3 SGG iVm § 3 des Gesetzes zur Ausführung des SGG im Land NRW vom 8. Dezember 1953 - GVBl NRW 412 - geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 1989 - GVBl NRW 678 - iVm § 62 Abs 1 Satz 1 und § 63 Abs 1 Satz 1 Gemeindeordnung für das Land NRW idF der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 - GVBl NRW 666). Richtiger Beklagter ist als beteiligtenfähige Behörde (§ 70 Nr 3 SGG iVm § 3 des Gesetzes zur Ausführung des SGG im Land NRW) der Direktor des Landschaftsverbandes (§ 17 Abs 1 Buchst d Landschaftsverbandsordnung für das Land NRW idF der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 - GVBl NRW 657). Zur Auslegung der vorgenannten landesrechtlichen Regelungen war der Senat mangels eigener Auslegung des LSG befugt (vgl nur: BSGE 94, 149 ff RdNr 27 = SozR 4-2700 § 63 Nr 2; BSGE 77, 53 , 59 = SozR 3-2500 § 106 Nr 33 S 190, jeweils mwN).

Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Kostenerstattung ist § 108 Abs 1 BSHG (idF der Bekanntmachung vom 23. März 1994 - BGBl I 646), obwohl das BSHG zum 1. Januar 2005 außer Kraft getreten ist. Maßgeblich ist, dass das BSHG materiellrechtlich nach seinem zeitlichen Geltungswillen auf den jeweils zu beurteilenden Sachverhalt anzuwenden ist. Dies ergibt sich aus dem intertemporalen Verwaltungsrecht. Ein Rechtssatz ist grundsätzlich nicht auf solche Sachverhalte anwendbar, die - wie vorliegend - bereits vor seinem Inkrafttreten verwirklicht waren (s dazu das Senatsurteil vom 24. März 2009 - B 8 SO 34/07 R; vgl auch Kopp, SGb 1993, 593, 598 f). Gemäß § 108 Abs 1 Satz 1 BSHG sind die aufgewendeten Kosten von dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe, der von der Schiedsstelle bestimmt wird, zu erstatten, wenn jemand, der weder im Ausland noch im Geltungsbereich dieses Gesetzes einen gewöhnlichen Aufenthalt hat, aus dem Ausland in den Geltungsbereich dieses Gesetzes übertritt und innerhalb eines Monats nach seinem Übertritt der Sozialhilfe bedarf. Schiedsstelle iS des § 108 Abs 1 BSHG ist das Bundesverwaltungsamt (§ 108 Abs 2 Satz 1 BSHG ).

Trotz der Entscheidung der Schiedsstelle, wonach der Beklagte der für die Kostenerstattung zuständige Träger sei, ist dem Senat eine eigenständige Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 108 Abs 1 Satz 1 und 3 BSHG nicht verwehrt. Aufgabe der Schiedsstelle kann nur eine Schlüssigkeitsprüfung auf Grund der ihr vom örtlichen Sozialhilfeträger vorgelegten Unterlagen sein. Ansonsten müsste das Bundesverwaltungsamt in vollem Umfang in die sozialhilferechtliche Prüfung einsteigen, obwohl es insoweit keinerlei Sachnähe aufweist. Dies kann vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen sein. Eine nähere Prüfung über das Bestehen, die Voraussetzungen und den Umfang des Kostenerstattungsanspruchs und eine für die beteiligten Sozialhilfeträger verbindliche Vorentscheidung darüber trifft es deshalb nicht (vgl: Mergler/Zink, BSHG , § 108 RdNr 23, Stand März 2000; Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 108 RdNr 15, Stand Dezember 2004; Schoch in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII [LPKSGB XII], 8. Aufl 2008, § 108 RdNr 13).

Ob die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch vorliegen, kann nicht beurteilt werden. Dies hängt ua davon ab, wann bei P der Hilfebedarf nach Übertritt aus Polen nach Deutschland (§ 108 Abs 1 Satz 1 BSHG ) eingetreten ist. Dabei ist schon nach dem Wortlaut der Norm nicht entscheidend, ob die Hilfe bescheidmäßig festgestellt war und wann dem Hilfeempfänger tatsächlich Hilfe gezahlt worden ist. Maßgeblich ist vielmehr, ab welchem Zeitpunkt bei tatsächlicher Leistungserbringung P zur Hilfe nach dem BSHG berechtigt war, wie auch § 111 Abs 1 BSHG belegt, nach dem nur rechtmäßige Sozialhilfeleistungen einen Erstattungsanspruch auslösen. Falls eine Hilfeberechtigung bereits im November 2001 oder bis 11. Dezember 2001, also innerhalb eines Monats nach der Einreise (§ 26 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - [SGB X] iVm §§ 187 Abs 1 , 188 Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) vorgelegen hat, wäre zwar diese Voraussetzung des § 108 Abs 1 Satz 1 BSHG erfüllt. Jedoch gilt die Vorschrift nach § 108 Abs 1 Satz 3 BSHG nicht für Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes geboren sind oder bei Eintritt des Bedarfs an Sozialhilfe mit einer solchen Person als Ehegatte, Verwandte oder Verschwägerte zusammenleben. Ein "Zusammenleben" ist (nur) in der Zeit vom 12. bis 30. November 2001 zu bejahen, weil der Hilfeempfänger P bei der Beantragung der Sozialhilfe mit seinen in Deutschland geborenen Verwandten (Neffe, Nichte) iS von § 1589 BGB in dieser Zeit zusammengelebt hat. Ist mithin der Hilfebedarf in dieser Zeit eingetreten, besteht kein Kostenerstattungsanspruch.

Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift des § 108 Abs 1 Satz 3 BSHG schließt bereits ein Zusammenleben vorübergehender Art den Erstattungsanspruch aus. § 108 Abs 1 Satz 3 BSHG spricht lediglich von "Zusammenleben"; ein Zusammenleben über einen längeren Zeitraum in einer gemeinsamen Wohnung ist damit nicht gefordert. Dem entspricht auch der Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Die Kostenerstattungspflicht des § 108 Abs 1 Satz 1 BSHG soll typisierend besondere Belastungen bestimmter Sozialhilfeträger, die etwa grenznah oder an besonders verkehrsgünstigen Orten (See-, Flughäfen, Eisenbahnknotenpunkten, Autobahnauffahrten, uam) gelegen sind, durch dort verstärkt aus dem Ausland zuziehende Hilfesuchende abwenden (Mergler/Zink, BSHG , § 108 RdNr 3, Stand Juli 1994; Lücking in Hauck/Noftz, aaO, K § 108 RdNr 2; Schoch in LPK-SGB XII, § 108 RdNr 1; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl 2008, § 108 RdNr 2).

Etwas anderes gilt jedoch, wenn Hilfeempfänger aus dem Ausland nach Deutschland übertreten und bewusst zu Verwandten ziehen, um in Deutschland leichter "Fuß" zu fassen. Dann spielt die in § 108 Abs 1 Satz 1 BSHG berücksichtigte "Zufälligkeit" des Übertritts keine Rolle. Das bedeutet, dass in diesen Fällen nicht der - nach bestimmten in § 108 Abs 1 Satz 2 BSHG genannten Kriterien ausgesuchte - überörtliche Träger der Sozialhilfe die Kosten tragen soll, sondern der - vor Ort - zuständige Sozialhilfeträger. Teleologische Gesichtspunkte sprechen dann dafür, dass eine Kostenerstattung in Fällen mit Geburtsbeziehung bereits entfällt, wenn der Einreisende nur vorübergehend mit in Deutschland geborenen Angehörigen zusammenlebt.

Denn der Grund für die zielgerichtete - nicht mehr zufällige - Ortswahl des Hilfeempfängers ist in diesem Fall bei typisierender Betrachtung, dass eine Einreise und Verlagerung des Lebensmittelpunktes durch solche Angehörige vereinfacht wird. Ob der Einreisende dann auch dauerhaft mit den Angehörigen zusammenlebt, ist unerheblich.

Sofern eine Hilfeberechtigung erst ab 1. Dezember 2001 vorgelegen hat, sind die Voraussetzungen des Zusammenlebens als im Sinne von § 108 Abs 1 Satz 3 BSHG allerdings nicht erfüllt. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Norm liegt ein "Zusammenleben" ab 1. Dezember 2001 nicht mehr vor. Das Zusammenleben verlangt zumindest eine gemeinsame Wohnung, nicht nur das Wohnen in unmittelbarer Nähe. Damit kann auch der Auffassung (vgl Schoch in LPK- BSHG , 6. Aufl 2003, § 108 RdNr 27; Schoch in LPK-SGB XII, aaO, § 108 RdNr 15) nicht gefolgt werden, dass zum Schutz der Zuzugsorte ein Zusammenleben bereits dann anzunehmen ist, wenn der Hilfeempfänger lediglich in unmittelbarer Nähe der genannten Personen (hier: Neffe, Nichte) wohnt. Ein Zusammenleben ist mehr als nur ein In-der-Nähe-Wohnen. Entgegen der Ansicht des Klägers kann auf andere Vorschriften, die ebenfalls das Merkmal "Zusammenleben" beinhalten, nicht zurückgegriffen werden.

Ob dem Kläger bei Eintritt der Hilfeberechtigung nach November 2001 ein Anspruch nach § 108 Abs 1 Satz 1 BSHG zusteht, kann allerdings nicht entschieden werden. Das LSG wird ggf zu den einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen, dem Umfang der Kostenerstattung sowie zu einem evtl Wegfall des Kostenerstattungsanspruchs (vgl § 108 Abs 5 BSHG ) noch Feststellungen zu treffen haben. So fehlen genauere Feststellungen, ob der Hilfeempfänger P "weder im Ausland noch im Geltungsbereich dieses Gesetzes einen gewöhnlichen Aufenthalt" iS des § 108 Abs 1 Satz 1 BSHG hatte. Nach § 30 Abs 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - ( SGB I ) hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Zur Beurteilung dieser Frage enthält das Urteil des LSG keine genaueren Angaben. Die Angabe, P habe seinen Wohnsitz in Polen aufgegeben, genügt dafür nicht.

Außerdem sind Grund und Umfang der vom Kläger geltend gemachten Kostenerstattung in Höhe von 6.564,77 Euro nicht nachvollziehbar. Nach § 111 Abs 1 BSHG sind nur die aufgewendeten Kosten zu erstatten, soweit die Hilfe diesem Gesetz entspricht. Die erbrachten Sozialhilfeleistungen müssen also rechtmäßig gewesen sein. Mangels Feststellungen ist auch § 108 Abs 5 BSHG nicht überprüfbar, wonach die Verpflichtung zur Erstattung der für einen Hilfeempfänger aufgewendeten Kosten wegfällt, wenn ihm für einen zusammenhängenden Zeitraum von drei Monaten Sozialhilfe nicht zu gewähren war. Auch hier kommt es nach § 111

Abs 1 BSHG nicht allein darauf an, dass die Leistungen erbracht worden sind; sie müssen auch rechtmäßig gewesen sein. Das LSG wird bei seiner Entscheidung ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 23.04.2007 - Vorinstanzaktenzeichen L 20 SO 52/06
Vorinstanz: SG Aachen, - Vorinstanzaktenzeichen S 20 SO 136/05
Fundstellen
BSGE 103, 34
FEVS 61, 74
NVwZ-RR 2009, 810