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BGH - Entscheidung vom 05.03.2009

IX ZR 150/05

Normen:
EGZPO § 26
ZPO § 328 Abs. 1
ZPO § 544
ZPO § 723 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 05.03.2009 - Aktenzeichen IX ZR 150/05

DRsp Nr. 2009/6962

Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde betreffend die Verbürgung der Gegenseitigkeit im Verhältnis zur kanadischen Provinz Ontario mangels grundsätzlicher Bedeutung

Tenor:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 21. Juli 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen; diese tragen auch die Kosten der Nebenintervention.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 375.021 EUR festgesetzt.

Normenkette:

EGZPO § 26 ; ZPO § 328 Abs. 1 ; ZPO § 544 ; ZPO § 723 Abs. 2 ;

Gründe:

Nachdem das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über den Nachlass des R. D. mit Beschluss vom 16. März 2007 aufgehoben hat, was dem Senat am 25. November 2008 mitgeteilt wurde, ist das Verfahren gemäß § 240 Satz 1 ZPO nicht mehr unterbrochen. Deshalb ist über die Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden.

Die Beschwerde ist nach § 544 ZPO , § 26 Nr. 8 EGZPO zulässig; sie ist jedoch unbegründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO ).

Auf § 87 InsO kommt es jedenfalls deshalb nicht (mehr) an, weil das Insolvenzverfahren inzwischen beendet ist.

1.

Das Berufungsgericht hat unter Auswertung des einschlägigen Schrifttums zutreffend die grundsätzliche Verbürgung der Gegenseitigkeit (§ 723 Abs. 2 Satz 2, § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ) mit der kanadischen Provinz Ontario für Zahlungsurteile festgestellt.

Nach allgemeiner Auffassung ist im Verhältnis zur Provinz Ontario die Gegenseitigkeit der Anerkennung und Vollstreckung von Zahlungsurteilen jedenfalls innerhalb von sechs Jahren ab Rechtskraft des ausländischen Urteils verbürgt (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 8. August 1962 BayJMBl 1962, S. 123 f; Bachmann in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. V 1065/28 f.; Schütze in Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I 2. Halbbd. § 246 Kanada/Ontario S. 1860; MünchKomm-ZPO/Gottwald, 3. Aufl. § 328 Rdn. 130; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht 6. Aufl. § 11 Rdn. 203 und § 14 Rdn. 53; Stein/Jonas/Roth, ZPO 22. Aufl. § 328 Rdn. 138; Wieczorek/Schütze, ZPO 3. Aufl. § 328 Rdn. 103 Stichwort "Kanada" Unterstichwort "Ontario" in Verbindung mit "Alberta"; Zöller/Geimer, ZPO 27. Aufl. Anh. V S. 3104 Stichwort "Kanada"; Tepper in Festgabe für Sandrock, S. 89 f; Martiny, Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts Band III/1 Kap. I Rdn. 1408). Im Unterschied z.B. zur Provinz British Columbia (vgl. dazu BGH, Urt. v. 24. Oktober 2000 - XI ZR 300/99, NJW 2001, 524 , 525) ist lediglich für die Vollsteckbarerklärung ausländischer Urteile im Wege der die Rechtsdurchsetzung erleichternden Registrierung die Gegenseitigkeit zu Deutschland nicht gegeben; dadurch wird die Vollstreckbarerklärung im Wege des common law-Verfahrens aber nicht ausgeschlossen (Bachmann in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr aaO, 1065/23 und 1065/27). Entgegen der Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerde verneint Hartmann (in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 63. Aufl. Anh. § 328 Rdn. 11, ebenso 67. Aufl.) nur die Verbürgung der Gegenseitigkeit für die Provinz Québec.

2.

Der vom Berufungsgericht entschiedene Einzelfall gibt keinen Anlass zur Aufstellung weiterer höchstrichterlicher Leitsätze zu § 723 Abs. 2 Satz 2, § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO , zumal sich das Rechtsmittel nicht mit der vorhandenen Rechtsprechung und Literatur zur Zustellung des verfahrenseinleitenden Dokuments und späterer Schriftsätze auseinandersetzt (vgl. BGH, Beschl. v. 10. Juli 1986 - IX ZB 27/86, WM 1986, 1370, 1371; v. 21. März 1990 - XII ZB 71/89, NJW 1990, 2201 , 2202, jeweils zu Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ; MünchKomm-ZPO/Gottwald, aaO § 328 Rdn. 80; Zöller/Geimer, aaO § 328 Rdn. 173 und 187). Im Übrigen stellt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Abrede, dass den Beklagten die Weiterführung des Rechtsstreits gegen den Nachlass bekannt war und sie die Möglichkeit, dessen Fortgang zu beeinflussen, ungenutzt gelassen haben.

3.

Wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat, ist ein Verstoß gegen den ordre public (§ 723 Abs. 2 Satz 2, § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ) zu verneinen, weil die Erben sich im vorliegenden Fall an dem Verfahren gegen den Nachlass in der Provinz Ontario hätten beteiligen können und ihre Haftung - günstiger als im deutschen Recht - von vornherein auf den Nachlass beschränkt ist. Auch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet im Rahmen des deutschen verfahrensrechtlichen ordre public nur die - von Staats wegen ungehinderte -zumutbare Gelegenheit, sich im Gerichtsverfahren zu beteiligen. Nimmt der Berechtigte sie nicht wahr, hindert das nicht die Anerkennung des ausländischen Urteils (BGHZ 141, 286 , 297) .

4.

Seine internationale Zuständigkeit durfte das kanadische Gericht aus deutscher Sicht mit Recht schon im Hinblick auf § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO annehmen (vgl. BGHZ 141, 286 , 291 ; Zöller/Geimer, aaO § 328 Rdn. 140). Auch zur Frage, ob dem kanadischen Urteil zum Nachteil der jetzigen Beklagten Drittwirkung beigemessen werden durfte, zeigt die Beschwerde einen Zulassungsgrund nicht auf.

5.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.

Vorinstanz: OLG Braunschweig, vom 21.07.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 8 U 52/04
Vorinstanz: LG Göttingen, vom 12.02.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 6 O 39/01