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BGH - Entscheidung vom 05.03.2009

IX ZR 48/08

Normen:
GG Art. 103 Abs. 1
InsO § 130 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 130 Abs. 2
InsO § 130 Abs. 3
InsO § 134
InsO § 138 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 05.03.2009 - Aktenzeichen IX ZR 48/08

DRsp Nr. 2009/6491

Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde betreffend Ansprüche aus Insolvenzanfechtung mangels grundsätzlicher Bedeutung; Begriff der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners

Die notwendige Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners im Sinne des § 130 Abs. 2 InsO ist gegeben, wenn der Anfechtungsgegner den Schluss gezogen hat oder zwingend hätte ziehen müssen, dass der Schuldner wesentliche Teile seiner fällig gestellten Verbindlichkeiten - also 10 % und mehr - in einem Zeitraum von drei Wochen nicht tilgen kann.

Tenor:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 5. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 20. Februar 2008 in der Fassung des Ergänzungsurteils vom 9. April 2008 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 600.000 Euro festgesetzt.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ; InsO § 130 Abs. 1 Nr. 1 ; InsO § 130 Abs. 2 ; InsO § 130 Abs. 3 ; InsO § 134 ; InsO § 138 Abs. 1 ;

Gründe:

Der geltend gemachte Zulassungsgrund einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG greift nicht durch, weil die angefochtene Entscheidung jedenfalls nicht auf einem etwaigen Gehörverstoß beruht.

Der geltend gemachte Anspruch findet seine Grundlage in § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO . Der Schuldner war zum Zeitpunkt der Überweisung, was die Beklagte nicht in Abrede stellt, zahlungsunfähig. Der Beklagten war die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auf der Grundlage des hier anzuwendenden § 130 Abs. 2 InsO bekannt. Die notwendige Kenntnis ist gegeben, wenn der Anfechtungsgegner den Schluss gezogen hat oder zwingend hätte ziehen müssen, dass der Schuldner wesentliche Teile, also 10 % und mehr, seiner fällig gestellten Verbindlichkeiten in einem Zeitraum von drei Wochen nicht tilgen kann (BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 , 2225 Rn. 30). Diese Voraussetzung hat das Berufungsgericht für gegeben erachtet, auch wenn es - wohl im Sinne einer Hilfserwägung - gemeint hat, letztlich komme es auf das Wissen der Beklagten nicht einmal an, weil ihre Kenntnis nach § 130 Abs. 3 InsO vermutet werde. Die Annahme der Kenntnis ist rechtlich bedenkenfrei und sogar nahe liegend, weil die Beklagte selbst am 8. Juni 2005 im Rahmen des erfolglosen Vollstreckungsversuchs der Finanzbehörde auf die zusätzlichen, nicht getilgten Verbindlichkeiten des Schuldners in Höhe von 7 Mio. Euro hingewiesen hat. Dass sie am 14. November 2005 davon ausgegangen sei, die Vermögensverhältnisse des Schuldners hätten sich inzwischen wesentlich gebessert und er habe möglicherweise seine Zahlungen allgemein wieder aufgenommen oder sei möglicherweise wenigstens dazu in der Lage (vgl. BGH, Urt. v. 27. März 2008 - IX ZR 98/07, NZI 2008, 366 , 367 Rn. 15 ff), hat die Beklagte nicht geltend gemacht. Bei dieser Sachlage ist ein Rückgriff sowohl auf § 130 Abs. 3 , § 138 Abs. 1 Nr. 3 InsO als auch auf § 134 InsO entbehrlich, so dass sich etwaige mit der Anwendung dieser Bestimmungen in Zusammenhang stehende Gehörsverletzungen auf die angefochtene Entscheidung nicht ausgewirkt haben können.

Vorinstanz: OLG Bremen, vom 20.02.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 5 U 37/07
Vorinstanz: LG Bremen, vom 17.08.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 4 O 2061/06