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BGH - Entscheidung vom 21.01.2009

XII ZR 21/07

Normen:
ZPO § 301
BGB § 542 Abs. 1 a.F.
ZPO § 301
BGB § 542 Abs. 1

Fundstellen:
BGHReport 2009, 491
MDR 2009, 442
MietRB 2009, 163
NJW 2009, 1824
NZM 2009, 239
WuM 2009, 430

BGH, Urteil vom 21.01.2009 - Aktenzeichen XII ZR 21/07

DRsp Nr. 2009/4473

Zulässigkeit der Beendigung der Klage eines Mieters auf Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses durch fristlose Kündigung aus wichtigem Grund durch Teilurteil; Auswirkungen eines Begehrens von Mietzins durch den Vermieter in einer Widerklage auf die Zulässigkeit des Teilurteils; Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Erlasses eines Teilurteils

Über die Klage eines Mieters auf Feststellung, dass sein Mietverhältnis durch fristlose Kündigung aus wichtigem Grund beendet worden ist, kann nicht durch Teilurteil entschieden werden, wenn der Vermieter widerklagend Mietzins für die Zeit vor oder nach dem angeblichen Beendigungstermin begehrt.

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Teilurteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 12. Januar 2007 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Revisionsverfahren wird abgesehen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

ZPO § 301 ; BGB § 542 Abs. 1 ;

Tatbestand:

Die Parteien streiten, ob die Rechtsvorgängerin der Klägerin einen zwischen ihr als (Unter-)Mieterin und der Beklagten als (Unter-)Vermieterin geschlossenen Untermietvertrag wirksam gekündigt hat, ferner über rückständigen Untermietzins.

Mit Untermietvertrag vom 21. Juli 1997 mietete die T. Gesellschaft mbH (im Folgenden T. GmbH) von der Beklagten Räume zum Betrieb eines Baumarktes. Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der T. GmbH. Die vermieteten Räume gehören zu einem Einkaufszentrum, das aus einem ca. 3.700 m² großen SB-Warenhaus und einer ca. 6.000 m² großen Baumarktfläche besteht. Bei Abschluss des Untermietvertrags waren die Räume noch nicht fertig gestellt. Eine Baugenehmigung wurde am 22. April 1998 erteilt, die Übergabe der Räume erfolgte am 8. Februar 1999. Im März 1999 eröffnete die T. GmbH in den ihr untervermieteten Räumen einen Baumarkt, den sie Ende 1999 schloss. In der Folgezeit holte sie Gutachten zur Mangelhaftigkeit des Mietobjektes ein, u.a. zu Fragen des Brandschutzes. Unter Bezugnahme auf diese Gutachten setzte die T. GmbH der Beklagten mehrfach Fristen zur Nachbesserung und kündigte das Mietverhältnis schließlich mit Schreiben vom 7. Juni 2000 fristlos. Den Untermietzins hatte die T. GmbH ab März 1999 um 20 %, später [für Januar und Februar 2000] um 10 % gemindert; zum 1. März 2000 hatte sie die Zahlung des Untermietzinses ganz eingestellt.

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass der Untermietvertrag durch die fristlose Kündigung vom 7. Juni 2000 beendet worden ist. Die Beklagte begehrt widerklagend die Zahlung von Untermietzins für die Zeit von März 1999 bis Dezember 2001 [in Höhe von 1.119.532,92 EUR nebst Zinsen]. Das Landgericht hat der Klage entsprochen und die Widerklage abgewiesen. Die Berufungen der Beklagten und der Streithelferin zu 4. hat das Oberlandesgericht durch Teilurteil insoweit zurückgewiesen, als das Landgericht festgestellt hat, dass das zwischen den Parteien bestehende (Unter-)Mietverhältnis durch das Kündigungsschreiben vom 7. Juni 2000 beendet worden ist. Die Entscheidung über die Widerklage hat das Oberlandesgericht dem Schlussurteil vorbehalten. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat der Senat die Revision zugelassen.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist begründet.

1.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist die von der T. GmbH ausgesprochene fristlose Kündigung nach § 542 Abs. 1 BGB a.F. (i.V.m. Art. 229 § 3 EGBGB ) wirksam. Die Mietsache habe einen Sachmangel im Sinne des § 537 BGB a.F. aufgewiesen, da die bauliche Ausgestaltung der Trennwände (Brandabschnittswände) des Baumarktes im Bereich zur Nachbarhalle, aber auch innerhalb des Baumarktes von dem vereinbarten Zustand in erheblicher Weise abgewichen sei. Dies ergebe sich aus dem - vom Oberlandesgericht als unstreitig erachteten - Umstand, dass die Trennwände zwar hinsichtlich des Mauerwerks in der vereinbarten Qualität (Feuerwiderstandsklasse F 90) brandgeschützt seien, nicht aber auch die ungeschützten Stahlstützen bzw. Stahlbauteile, von denen das Mauerwerk unterbrochen werde. Das Oberlandesgericht hat deshalb die Feststellungsklage für begründet erachtet. Die Widerklage sei dagegen noch nicht entscheidungsreif. Hier müsse noch aufgeklärt werden, ob und in welchem Umfang das Mietobjekt weitere Mängel aufgewiesen habe, um für die einzelnen Zeitabschnitte die Minderungsquote ermitteln zu können. Unbeschadet dieses Aufklärungsbedarfs könne jedoch bereits über die Klage - wie geschehen - durch Teilurteil entschieden werden.

2.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Oberlandesgericht durfte über die Klage nicht durch Teilurteil entscheiden.

Nach § 301 ZPO ist ein Teilurteil nur zulässig, wenn es über einen aussonderbaren, einer selbständigen Entscheidung zugänglichen Teil des Verfahrensgegenstandes ergeht und der Ausspruch über diesen Teil unabhängig von demjenigen über den restlichen Teil des Verfahrensgegenstandes getroffen werden kann, so dass die Gefahr widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist. Dabei ist der Erlass eines Teilurteils bereits dann unzulässig, wenn sich diese Gefahr durch die abweichende Beurteilung eines Rechtsmittelgerichts im Instanzenzug ergeben kann (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 107, 236 , 242 f. = FamRZ 1989, 954 , 955 und vom 24. Februar 1999 - XII ZR 155/97 - FamRZ 1999, 992 , 993) . So liegen die Dinge hier: Das Teilurteil ist zwar darauf gestützt, dass das Mietobjekt nicht den vereinbarten ausreichenden Brandschutz aufweise. Dabei handelt es sich aber nur um ein Begründungselement, das keiner rechtskräftigen Entscheidung zugänglich ist. Die Frage eines ausreichenden Brandschutzes stellt sich deshalb erneut, wenn das Gericht über die bei ihm noch anhängige Widerklage auf Zahlung von rückständigem Mietzins entscheidet.

Die Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht bereits insoweit, als die Beklagte mit ihrer Widerklage Untermietzins für die Zeit bis zur Kündigung verlangt. Hier ist zu entscheiden, ob und inwieweit die T. GmbH den Untermietzins wegen eines nicht ausreichenden Brandschutzes mindern durfte. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht die - im Teilurteil verneinte - Frage, ob das Mietobjekt über einen ausreichenden Brandschutz verfügte, nunmehr bejaht und insoweit eine Mietminderung verneint.

Nichts anderes gilt im Ergebnis aber auch insoweit, als die Beklagte mit ihrer Widerklage Untermietzins für die Zeit nach dem Ausspruch der Kündigung begehrt. Zwar wäre ein Widerspruch zwischen den Entscheidungen über Klage und Widerklage ausgeschlossen, sobald das Teilurteil rechtskräftig wird; denn dann stünde unter den Parteien rechtskräftig fest, dass das Mietverhältnis mit dem Ausspruch der Kündigung beendet ist mit der Folge, dass jedenfalls Untermietzinsansprüche für die Zukunft nicht mehr entstehen konnten. Der Ausgang des Rechtsmittelverfahrens über das Teilurteil ist indes bei dessen Erlass ungewiss; auch muss über das Rechtsmittel gegen das Teilurteil noch nicht entschieden sein, wenn das Vordergericht seinerseits nunmehr auch über den ihm verbliebenen Teil des Rechtsstreits entscheidet, und zwar unabhängig davon, ob es diese Entscheidung in Übereinstimmung mit oder in Abweichung von seiner dem Teilurteil zugrunde liegenden Beurteilung trifft. Auch hinsichtlich der für die Zeit nach der Kündigung geltend gemachten Mietzinsforderung bestünde somit die Gefahr divergierender Entscheidungen. Dies schließt die Zulässigkeit des Teilurteils aus.

Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Die Sache war daher an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit es über Klage und Widerklage einheitlich entscheidet.

3.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

a)

Das Oberlandesgericht hat als unstreitig angesehen, dass - wie in dem in erster Instanz eingeholten Schiedsgutachten dargelegt und in den vom Landgericht zum Beweis einer etwaigen offenbaren Unrichtigkeit des Schiedsgutachtens eingeholten weiteren Sachverständigengutachten bestätigt werde -das Mauerwerk der Brandschutzwände jeweils durch (nicht brandgeschützte) Stahlstützen bzw. Stahlbauteile unterbrochen sei. Soweit die Streithelferin zu 1. im Berufungsverfahren unter Hinweis auf Planungsunterlagen vorgetragen habe, dass sich in der Trennwand zwischen dem Baumarkt und dem SB-Markt keine Stützen des alten Stahlskeletts befänden, stehe dieser Vortrag in krassem Widerspruch zu den anlässlich der Ortstermine getroffenen Feststellungen. Es sei nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, weshalb der vor Ort von allen Beteiligten wahrgenommene Zustand nicht der Realität entsprochen haben solle. Deshalb könne in der schlichten Bezugnahme auf Planungsunterlagen kein hinreichendes Bestreiten gesehen werden. Diesen - nach seiner Auffassung unstreitigen - Sachverhalt hat das Oberlandesgericht seiner Rechtsprüfung zugrunde gelegt, ohne die Beanstandungen der Klägerin, wie von der Revision unter Berufung auf § 15 des Mietvertrags gefordert, durch ein Schiedsgutachten verbindlich zu klären.

Der Verzicht des Oberlandesgerichts auf eine erneute gutachterliche Klärung erscheint jedenfalls dann folgerichtig, wenn man - mit dem Oberlandesgericht - annimmt, das Vorhandensein von ungeschützten Stahlträgern oder Stahlbauteilen in den in Frage stehenden Trennwänden (Brandschutzwänden) sei unstreitig. Nicht ganz unzweifelhaft ist allerdings die Annahme des Oberlandesgerichts, die Beklagte habe das Vorhandensein solcher Stahlstützen deshalb nicht hinreichend bestritten, weil ihr Vortrag insoweit "in krassem Widerspruch zu den anlässlich der Ortstermine getroffenen Feststellungen" stehe. Es ist nicht ersichtlich, dass die Sachverständigen vor Ort Untersuchungen darüber angestellt haben, ob im Mauerwerk Stahlstützen oder Stahlbauteile vorhanden sind oder ob, wie später von der Streithelferin zu 1. behauptet, solche Stahlstützen in der Trennwand zwischen Baumarkt und SB-Markt nicht vorhanden seien, die in Frage stehenden Wände vielmehr von Stahlbetonrahmen eingefasst würden, die ihrerseits über Stahlbetonstützen mit gesondertem Fundament verfügten. Jedenfalls ist nicht auszuschließen, dass die Sachverständigen - ebenso wie die Klägerin und lange Zeit auch die Beklagte - lediglich davon ausgegangen sind, dass in den Wänden (nur) ungeschützte Stahlstützen vorhanden sind. Die Zurückverweisung gibt der Beklagten Gelegenheit, ihren Vortrag zum Nichtvorhandensein ungeschützter Stahlstützen oder Stahlbauteile zu präzisieren.

b)

Der Umstand, dass im Hinblick auf die Brandschutzwände die Ist-Beschaffenheit des Mietobjekts möglicherweise von dessen Soll-Beschaffenheit abweicht, dürfte für sich genommen nicht notwendig einen wichtigen Grund ergeben, der zu einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses nach § 542 Abs. 1 BGB a.F. berechtigt. Dies dürfte insbesondere dann gelten, wenn die tatsächliche Beschaffenheit den Erforderlichkeiten (Brandschutz) in vergleichbarer Weise entspricht wie die Soll-Beschaffenheit.

Vorinstanz: OLG Köln, vom 12.01.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 1 U 70/05
Vorinstanz: LG Köln, vom 29.09.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 8 O 316/00
Fundstellen
BGHReport 2009, 491
MDR 2009, 442
MietRB 2009, 163
NJW 2009, 1824
NZM 2009, 239
WuM 2009, 430