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BGH - Entscheidung vom 11.03.2009

VIII ZR 279/07

Normen:
MHG § 3
MHG § 5
MHG § 10 Abs. 2

Fundstellen:
BGHReport 2009, 607
MDR 2009, 557
MietRB 2009, 157
NJW-RR 2009, 657
NZM 2009, 355
WuM 2009, 237
ZGS 2009, 198
ZMR 2009, 519

BGH, Urteil vom 11.03.2009 - Aktenzeichen VIII ZR 279/07

DRsp Nr. 2009/6817

Wirksamkeit einer Staffelmietvereinbarung i.F.d. betragsmäßigen Ausweisung der jeweiligen Miete und des Erhöhungsbetrags in der Vereinbarung; Folgen der dem Mieter eingeräumten Möglichkeit zur Berufung zu seinen Gunsten auf eine niedrigere ortsübliche Vergleichsmiete für die Wirksamkeit der Staffelmietvereinbarung

Die Wirksamkeit einer Staffelmietvereinbarung, in der die jeweilige Miete oder der jeweilige Erhöhungsbetrag betragsmäßig ausgewiesen sind, wird nicht dadurch berührt, dass dem Mieter zusätzlich die Möglichkeit eingeräumt wird, sich zu seinen Gunsten auf eine niedrigere ortsübliche Vergleichsmiete zu berufen.

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin vom 27. September 2007 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

MHG § 3 ; MHG § 5 ; MHG § 10 Abs. 2 ;

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Staffelmietvereinbarung.

Die Klägerin war vom 1. Mai 1997 bis zum 30. November 2005 Mieterin einer Wohnung der Beklagten in B. . Die Beklagte hatte bei der Errichtung der freifinanzierten Wohnung öffentliche Fördermittel in Anspruch genommen und unterlag deshalb bestimmten Einschränkungen, die ihr durch den Vertrag mit der Investitionsbank B. auferlegt waren. Vor diesem Hintergrund ist in einer von beiden Parteien unterschriebenen Anlage zum Mietvertrag bestimmt:

"Die Investitionsbank B. (IBB) hat ... Aufwendungshilfen bewilligt. Die Aufwendungshilfen werden aus Landesmitteln ab mittlerer Bezugsfertigkeit auf die Dauer von 15 Jahren gewährt. Die Wohnungen sind ... für die Dauer des vereinbarten Förderungszeitraumes zweckgebunden.

Durch die Verringerung der Aufwendungshilfen nach Ablauf von jeweils (15 Monaten) um 0,75 DM je qm Wohnfläche erhöht sich im gleichen Zeitraum die Miete um jeweils 0,75 DM je qm Wohnfläche. Der Abbau der Förderungsmittel wird insoweit begrenzt, wie die sich ergebenden Einzelmieten unter vorrangiger Berücksichtigung von Erhöhungen der Pauschalen für Verwaltungs- und Instandhaltungskosten die ortsübliche Vergleichsmiete übersteigen.

Für die ersten 10 Jahre ab Bezugsfertigkeit werden zwischen den Parteien die folgenden Erhöhungen der monatlichen Nettokaltmiete um 0,75/qm alle 15 Monate vereinbart:

Mieterhöhung zum  um DM/monatlich  auf DM/monatlich 
01.08.1998  67,29  1278,51 
01.11.1999  67,29  1345,80 
01.02.2001  67,29  1413,09 
01.05.2002  67,29  1480,38 
01.08.2003  67,29  1547,67 
01.11.2004  67,29  1614,96 
01.02.2006  67,29  1682,25 

Die Staffelmietvereinbarung endet am 30.04.2007.

Nach Ablauf der o.g. Staffelmietvereinbarung entwickelt sich die monatliche Nettokaltmiete bis zum Ende des Förderungszeitraumes gemäß dem Fördervertrag mit der IBB.

Der Abbau der Aufwendungshilfen kann frühestens nach Ablauf von 10 Förderungsjahren über den Betrag von 0,75 DM je qm Wohnfläche hinaus erhöht werden, wenn dies infolge einer allgemeinen Anhebung des Mietniveaus oder aus anderen Gründen und im Rahmen der Wirtschaftlichkeit des geförderten Objektes möglich wird und allgemein oder für eine Gruppe von Fällen durch die für das Bau- und Wohnungswesen zuständige Senatsverwaltung im Einvernehmen mit der für die Finanzen zuständigen Senatsverwaltung angeordnet wird. In diesen Fällen wird die nach § 2 zulässige Einzelmiete im Rahmen des Miethöhegesetzes ( MHG ) entsprechend erhöht.

Erhöhungen der Pauschalen für Verwaltungs- und Instandhaltungskosten nach der hierbei analog heranzuziehenden II. BV oder einer diese ersetzenden Regelung erhöhen entsprechend die mit der Bewilligungsstelle vertraglich vereinbarten Mietbeträge. Insoweit erhöhte Mietpreise werden im Rahmen der allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften (namentlich MHG ) mietvertragswirksam geltend gemacht.

Übersteigen die sich ergebenden Einzelmieten die Höhe der ortsüblichen Miete nach § 2 MHG , so dürfen - auch bei einer Neuvermietung innerhalb der Zweckbestimmung - nur die ortsüblichen Mieten vereinbart werden. Mieterhöhungen nach den §§ 3 und 5 MHG aufgrund weiterer Finanzierungen, Umfinanzierungen und/oder Kapitalkostenerhöhungen sowie Überschreitungen der ortsüblichen Vergleichsmiete setzen im Förderungszeitraum eine Zustimmung der IBB voraus. Diese wird bei Mieterhöhungen nach § 5 MHG frühestens nach 10 Förderungsjahren und nur insoweit erteilt werden, wie ansonsten nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten (Umfinanzierung, Verzichte auf - ggf. Teile der - Eigenkapitalverzinsung und anderer pauschaler Ansätze) die Wirtschaftlichkeit des Objektes gefährdet ist.

Die Umlage von Betriebskosten nach Maßgabe des § 4 MHG ist zulässig und vereinbart gemäß § 20 NMV ff. Nach Ablauf des Förderungszeitraumes enden die vertraglich vereinbarten Mietpreisbegrenzungen. Es ist mindestens die Miete zu zahlen, die sich ohne Förderung ergibt.

Der Mieter kann sich unmittelbar auf diese Vereinbarung berufen und ist berechtigt, deren Einhaltung zu verlangen (§ 328 BGB ).

...."

Die Klägerin hat Rückzahlung eines Betrages von insgesamt 6.055,01 EUR nebst Zinsen begehrt, den sie unter Zugrundelegung der ursprünglich vereinbarten Miete von 1.211,22 DM - also ohne Berücksichtigung der sich aus der Staffelmiete ergebenden Erhöhungsbeträge - als überzahlte Miete errechnet hat.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Rückzahlung erbrachter Mietzahlungen aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht zu. Entgegen der Auffassung der Klägerin hätten die Parteien wirksam eine Staffelmiete vereinbart. Die getroffene Vereinbarung werde den Anforderungen des im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblichen § 10 Abs. 2 MHG gerecht. Der Mieter werde in die Lage versetzt, sich bei Abschluss des Mietvertrags genau auf die Belastungen einzustellen, die im Laufe des Vertrags an Miete auf ihn - höchstens - zukämen, denn Mieterhöhungen auf die Vergleichsmiete und wegen Modernisierungsmaßnahmen seien während der Staffelmiete ausgeschlossen.

Dass die einzelnen Stufen der Mieterhöhung zusätzlich jeweils auf die ortsübliche Vergleichsmiete begrenzt seien, verstoße nicht gegen § 10 Abs. 2 MHG , denn es handele es sich dabei um eine für den Mieter günstige und deshalb zulässige Vereinbarung, die ihm im Einzelfall die Möglichkeit biete, sich darauf zu berufen, dass die ortsübliche Vergleichsmiete unter dem in der Staffelmiete vereinbarten Betrag liege und er deshalb nur diesen (niedrigeren) Betrag zahlen müsse.

II.

Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.

Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ) zu Recht verneint, weil die von ihr erbrachten Mietzahlungen - auch soweit es die jeweiligen Mieterhöhungsbeträge betrifft - in der Staffelmietvereinbarung ihre Rechtsgrundlage haben. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die von den Parteien vereinbarte Staffelmiete den Anforderungen des im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden § 10 Abs. 2 MHG genügt.

1.

Entgegen der Auffassung der Revision sind die jeweilige Miete und der Erhöhungsbetrag in der Vereinbarung betragsmäßig ausgewiesen (§ 10 Abs. 2 Satz 5 MHG ), so dass die Klägerin bereits bei Vertragsschluss Gewissheit darüber hatte, welche Miete sie für die jeweiligen Zeiträume schuldete. Die ihr zusätzlich eingeräumte Möglichkeit, sich auf eine niedrigere ortsübliche Miete zu berufen, ändert daran nichts, sondern eröffnet ihr nur die Möglichkeit, bei entsprechender Entwicklung der Vergleichsmiete den ausgewiesenen Betrag zu ihren Gunsten nach unten zu korrigieren. Hierin liegt mithin eine - zulässige - Abweichung von § 10 MHG zugunsten des Mieters. Anders als die Revision meint, hat auch der Umstand, dass der Fördervertrag zwischen der Beklagten und der Investitionsbank B. als echter Vertrag zugunsten Dritter ausgestaltet war und die Klägerin sich schon deshalb auf eine unterhalb der Staffelmiete liegende ortsübliche Vergleichsmiete berufen konnte, nicht zur Folge, dass es sich bei dieser zusätzlichen Grenze um eine zur Unwirksamkeit der Staffelmietvereinbarung führende, zum Nachteil des Mieters von § 10 Abs. 2 MHG abweichende Vereinbarung handelte. Eine Benachteiligung der Klägerin lässt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht damit begründen, dass sich die Klägerin über die jeweilige ortsübliche Vergleichsmiete informieren musste, um gegebenenfalls diese zusätzliche Grenze zu ihren Gunsten geltend zu machen.

2.

Der Revision kann auch nicht darin gefolgt werden, dass die von den Parteien vereinbarte Staffelmiete deshalb unwirksam sei, weil sie dem Vermieter entgegen § 10 Abs. 2 Satz 3 MHG während der Laufzeit der Staffelmiete zusätzlich Mieterhöhungen nach §§ 3 und 5 MHG gestatte.

Zwar werden in Anlage 1 des Mietvertrags auch Mieterhöhungen nach §§ 3 und 5 MHG angesprochen. Wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht, ergibt sich aber aus dem Sinnzusammenhang, dass Mieterhöhungen nach §§ 3 und 5 MHG erst für den weiteren Förderungszeitraum nach Ablauf der Staffelmietvereinbarung am 30. April 2007 vorgesehen sind. Die betreffenden Regelungen in der Anlage zum Mietvertrag sind ersichtlich im Hinblick darauf getroffen worden, dass der Förderungszeitraum (15 Jahre) über die Dauer der Staffelmiete hinausgeht und die Klägerin auch in diesem weiteren Zeitraum aufgrund des Fördervertrags mit der IBB noch Einschränkungen zugunsten der Mieter unterliegt. Da der Vermieter nach der gesetzlichen Regelung nach Ablauf der Staffelmiete wieder von den allgemeinen gesetzlichen Mieterhöhungsmöglichkeiten (also auch nach §§ 3 , 5 MHG bzw. § 559 BGB ) Gebrauch machen kann, wird die Klägerin durch die beanstandete Regelung nicht benachteiligt, sondern wiederum günstiger gestellt, so dass die von der Revision erhobenen Bedenken gegen die vertragliche Regelung von vornherein nicht durchgreifen können.

Vorinstanz: LG Berlin, vom 27.09.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 67 S 137/07
Vorinstanz: AG Berlin-Spandau, vom 17.04.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 5 C 85/07
Fundstellen
BGHReport 2009, 607
MDR 2009, 557
MietRB 2009, 157
NJW-RR 2009, 657
NZM 2009, 355
WuM 2009, 237
ZGS 2009, 198
ZMR 2009, 519