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BGH - Entscheidung vom 20.04.2009

AnwZ (B) 94/07

Normen:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 Nr. 7
ZPO § 915

BGH, Beschluss vom 20.04.2009 - Aktenzeichen AnwZ (B) 94/07

DRsp Nr. 2009/11001

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfall

1. Vermögensverfall eines Rechtsanwalts wird gesetzlich vermutet, wenn er im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist, weil er in 13 Vollstreckungsverfahren die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat und weil in einer weiteren Vollstreckungssache in Haftbefehl zur Erzwingung der Offenbarungsversicherung ergangen ist. 2. Eine Konsolidierung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse kann nicht durch eine Bestätigung des Gerichtsvollziehers, wonach sämtliche Vollstreckungsaufträge erledigt sind, nachgewiesen werden.

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 5. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 29. August 2007 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

Normenkette:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 Nr. 7 ; ZPO § 915 ;

Gründe:

1.

Der Antragsteller ist seit 1978 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 19. September 2006 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers wegen Vermögensverfalls widerrufen. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen dessen Beschluss hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt.

2.

Das Rechtsmittel ist zulässig ( § 42 Abs. 1 Nr. 2 , Abs. 4 BRAO ), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen lagen bei Erlass des Widerrufsbescheids vor und bestehen fort.

a)

Zutreffend hat der Anwaltsgerichtshof die Voraussetzungen eines Vermögensverfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids als belegt angesehen. Der Antragsteller war in dreizehn Vollstreckungsverfahren (Forderungssumme insgesamt rund 30.000 EUR) mit jeweils am 11. Mai 2006 abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen und in einer weiteren Vollstreckungssache (Forderung rund 260 EUR) mit Haftbefehl vom 31. März 2006 im Schuldnerverzeichnis nach § 915 ZPO eingetragen. Damit wurde der Vermögensverfall nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 (2. Halbsatz) BRAO gesetzlich vermutet. Außerdem bestanden weitere offene Verbindlichkeiten in Höhe von rund 11.000 EUR.

b)

Die Vermögensverhältnisse des Antragstellers haben sich nicht nach Erlass des Widerrufsbescheids konsolidiert, so dass von einem Widerruf abgesehen werden könnte (vgl. BGHZ 75, 356; 84, 149) . Nach der Mitteilung des Amtsgerichts G. vom 20. Januar 2009 ist der Antragsteller weiterhin im Schuldnerverzeichnis eingetragen. Die damit fortbestehende Vermutung für den Vermögensverfall des Antragstellers hat dieser auch im gerichtlichen Verfahren nicht widerlegt.

aa)

Im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof trug der Antragsteller mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2006 vor, dass "nahezu sämtliche Forderungen erfüllt" seien und legte die Kopie eines Schreibens des Gerichtsvollziehers L. vom 15. Dezember 2006 vor, wonach sämtliche Vollstreckungsaufträge gegen den Antragsteller erledigt seien. Zutreffend hat der Anwaltsgerichtshof dieses Vorbringen nicht als ausreichend angesehen, um eine Erledigung der Forderungen durch Zahlung nachzuweisen, weil das Schreiben über die Art der Erledigung der Vollstreckungsaufträge keine Angaben enthält. Im Schriftsatz vom 5. Juni 2007 hat der Antragsteller dann eingeräumt, dass noch offene Verbindlichkeiten in einer Gesamthöhe von rund 29.500 EUR bestünden. Auch hat der Gerichtsvollzieher L. mit Schreiben vom 1. Juni, 9. Juli und 29. August 2007 mitgeteilt, dass weitere Vollstreckungsaufträge mit einer Forderungssumme von insgesamt über 6.600 EUR erteilt worden seien und er die Gläubiger über die amtsbekannte Pfandlosigkeit des Antragstellers gemäß § 63 GVGA unterrichtet habe.

Die vom Antragsteller im Schriftsatz vom 5. Juni 2007 dargestellten Aktivforderungen in Höhe von über 154.000 EUR hat der Anwaltsgerichtshof zutreffend als nicht belegt angesehen, weil hierzu lediglich ein Auszug aus einem Forderungskonto vorgelegt worden ist.

bb)

Zudem kann ein nachträglicher Wegfall des Vermögensverfalls bei der gerichtlichen Überprüfung eines Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nur berücksichtigt werden, wenn er zweifelsfrei nachgewiesen wird (vgl. Senat , Beschluss vom 25. März 1991, AnwZ (B) 80/90, NJW 1991, 2083 , 2084).

Diesen Nachweis hat der Antragsteller nicht geführt, obwohl er hierauf sowohl von der Antragsgegnerin als auch von dem Anwaltsgerichtshof und dem erkennenden Senat hingewiesen worden ist. Eine konkrete Stellungnahme zu seiner im angefochtenen Beschluss des Anwaltsgerichtshofs dargelegten Vermögenssituation hat der Antragsteller nicht abgegeben. Seine Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, er erwarte bei positivem Ausgang des vor dem Bundesgerichtshof geführten Verfahrens II ZR 173/08 einen erheblichen Kostenerstattungsanspruch, reicht dazu nicht aus.

c)

Bei dieser Sachlage ist für einen Ausnahmefall, in dem die Interessen der Rechtsuchenden ungeachtet des Vermögensverfalls nicht gefährdet wären, nichts ersichtlich.

Vorinstanz: AGH München, I - 29/06 vom 29.08.2007,