Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 26.01.2009

AnwZ (B) 56/08

Normen:
BRAO § 14 Abs. 2
BRAO § 42 Abs. 1
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
BRAO § 42 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 26.01.2009 - Aktenzeichen AnwZ (B) 56/08

DRsp Nr. 2009/4044

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfall

1. Der Vermögensverfall eines Rechtsanwalts wird vermutet, wenn er (hier: wegen Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung) in das Schuldnerverzeichnis eingetragen ist. 2. Die Begleichung nur derjenigen Forderung, die zur Eintragung im Schuldnerverzeichnis geführt hat, reicht nicht aus, um die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen. Erforderlich ist vielmehr die Vorlage einer Übersicht über die laufenden Einkünfte, einer Aufstellung sämtlicher erhobener Forderungen sowie die Darlegung des Rechtsanwalts, ob diese Forderungen inzwischen erfüllt sind oder in welcher Weise er sie zu erfüllen gedenkt.

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs vom 11. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

Normenkette:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 ; BRAO § 42 Abs. 1 ;

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist seit 1984 als Rechtsanwalt bei dem Amtsgericht und dem Landgericht F. zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft mit Verfügung vom 22. August 2007 nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.

Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde. Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung im Beschwerdeverfahren verzichtet.

II.

Das Rechtsmittel des Antragstellers ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 , Abs. 4 BRAO ), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Antragsgegnerin hat die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft mit Recht wegen Vermögensverfalls widerrufen (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ).

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen waren bei Erlass der Widerrufsverfügung erfüllt und liegen weiterhin vor.

1.

Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; dies wird gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO unter anderem dann vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO ) eingetragen ist. Der Vermutungstatbestand ist hier erfüllt. Der Antragsteller hat am 27. Februar 2007 die eidesstattliche Versicherung abgegeben und wurde aufgrund dessen in das Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts F. eingetragen (82 M ). Die dadurch begründete gesetzliche Vermutung für einen Vermögensverfall hat der Antragsteller nicht widerlegt. Die Antragsgegnerin und der Anwaltsgerichtshof sind deshalb mit Recht davon ausgegangen, dass sich der Antragsteller im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung in Vermögensverfall befand. Dagegen bringt der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nichts vor.

2.

Eine nachträgliche Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Antragstellers, die im laufenden Verfahren noch zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356), ist nicht festzustellen. Das Vorbringen des Antragstellers, dass er die der eidesstattlichen Versicherung zugrunde liegende Forderung nach Erlass der Widerrufsverfügung beglichen habe, ist nicht hinreichend belegt. Gegen die Richtigkeit des Vorbringens spricht auch, dass der Antragsteller gemäß der Mitteilung des Amtsgerichts F. vom 25. November 2008 weiterhin im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist. Die gesetzliche Vermutung für einen Vermögensverfall besteht somit fort.

Davon abgesehen würde die Begleichung (nur) der Forderung, die zu der Eintragung im Schuldnerverzeichnis geführt hat, nicht ausreichen, um eine Konsolidierung der Vermögensverhältnisse nachzuweisen. Erforderlich ist vielmehr, dass der Antragsteller eine Aufstellung sämtlicher gegen ihn erhobener Forderungen vorlegt und im Einzelnen darlegt, ob diese Forderungen inzwischen erfüllt sind oder in welcher Weise er sie zu erfüllen gedenkt; erforderlich ist insoweit auch eine Übersicht über die laufenden Einkünfte. Dem Antragsteller ist im Beschwerdeverfahren mit der gerichtlichen Verfügung vom 15. September 2008 Gelegenheit gegeben worden, eine Übersicht über seine laufenden Einkünfte und gegen ihn bestehende und bereits beglichene Forderungen mit entsprechenden Nachweisen bis zum 23. Oktober 2008 vorzulegen. Dem ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Hinzu kommt, dass in der oben genannten Mitteilung des Amtsgerichts F. neben dem Vollstreckungsverfahren 82 M , das zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geführt hat, vier weitere Vollstreckungsverfahren gegen den Antragsteller aus dem Jahr 2008 aufgeführt sind, zu denen sich der Antragsteller nicht geäußert hat. Dies geht zu seinen Lasten. Nach alledem ist der Widerrufsgrund nicht zweifelsfrei weggefallen.

2.

Wie der Bestimmung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zu entnehmen ist, geht der Gesetzgeber grundsätzlich von einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden aus, wenn sich der Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet; dies ist auch in aller Regel der Fall, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern. Anhaltspunkte dafür, dass eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall des Antragstellers ausnahmsweise verneint werden könnte, sind nicht ersichtlich.

Vorinstanz: AGH Hessen, vom 11.02.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 1 AGH 13/07