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BGH - Entscheidung vom 29.04.2009

XII ZR 142/07

Normen:
BGB § 147 Abs. 2
BGB § 550
BGB § 578 Abs. 1

Fundstellen:
BGHReport 2009, 923
MDR 2009, 1035
MietRB 2009, 226
NJW 2009, 2195
NZM 2009, 515
ZGS 2009, 340
ZMR 2009, 750

BGH, Urteil vom 29.04.2009 - Aktenzeichen XII ZR 142/07

DRsp Nr. 2009/14023

Vorliegen eines wirksamen Mietvertrags über Gewerberäume; Vorliegen eines insgesamt formwirksamen Mietvertrags durch eine formgerechte Nachtragsvereinbarung; Anforderungen an die Wahrung der Urkundeneinheit bei zusammengehörigen Schriftstücken

Ist ein formgerechter Mietvertrag mangels rechtzeitiger Annahme zunächst nicht abgeschlossen worden, so kommt durch eine insoweit formgerechte Nachtragsvereinbarung, die auf die ursprüngliche Urkunde Bezug nimmt, ein insgesamt formwirksamer Mietvertrag zustande.

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 25. September 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

BGB § 147 Abs. 2 ; BGB § 550 ; BGB § 578 Abs. 1 ;

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten rückständige Miete.

Am 15. März/14. April 1994 unterzeichneten Karl W. als Vermieter und die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) als Mieterin einen Mietvertrag über noch zu errichtende Gewerberäume. Die Klägerin ist, nachdem Karl W. das Mietgrundstück an die D. AG veräußert hatte, Eigentümerin des Grundstücks geworden.

Mietgegenstand waren die in Z., Schulstraße gelegenen Geschäftsräume mit einer Fläche von 540 m² zuzüglich Außenflächen. Die als Anlage 1 zum Mietvertrag gekennzeichnete, dem Vertrag beigefügte Grundrisszeichnung war Bestandteil des Vertrages (§ 1 des Mietvertrages). Die Mietdauer wurde mit 13 Jahren ab Übergabe, die spätestens bis zum 31. Oktober 1995 erfolgen sollte, vereinbart (§ 2 Ziff. 3 des Mietvertrages). Gemäß § 4 des Mietvertrages ü-bernahm der Mieter ab Übergabe der Mieträume die Heizkosten. Die Mietnebenkosten wie Strom, Wasser- und Kanalverbrauch, Straßenreinigung und Müllabfuhr sollte er - soweit möglich - direkt abrechnen. Die Kosten für die Schnee- und Eisbeseitigung sowie die Streupflicht einschließlich der Kosten gemäß einer gesonderten Aufstellung in Anlage 4, die unstreitig nicht erstellt worden ist, sollten anteilig auf alle Mieter nach der Gesamtnutzfläche des Gebäudes umgelegt werden (§ 4 Ziff. 3 des Mietvertrages). Gemäß § 15 des Mietvertrages sollten die Versicherungen auf alle Mieter umgelegt werden. Der Vermieter war berechtigt, für die Mietnebenkosten eine angemessene monatliche Vorauszahlung zu verlangen, deren Abrechnung zum 30. Juni oder

31. Dezember eines Kalenderjahres erfolgen sollte (§ 4 Ziff. 4 des Mietvertrages).

§ 16 Ziff. 2 des Mietvertrages lautet wie folgt:

"Dem Vermieter ist bekannt, dass der Vorstand des Mieters nach Maßgabe seiner Geschäftsordnung diesem Vertrag zustimmen muss. Die Zustimmung erfolgt nach Vertragsabschluss in einem gesonderten Schreiben. Erfolgt die Zustimmung nicht innerhalb von vier Wochen nach beiderseitiger Unterschrift, so erlangt dieses Vertragswerk keine Rechtsgültigkeit. ..."

Am 25. September 1995 schlossen Karl W. und die Beklagte eine schriftliche Vereinbarung über Änderungen des Mietvertrages vom 14. April 1994, in der sie den Mietgegenstand dahin änderten, dass die vermietete Fläche im Erdgeschoss 665 m² beträgt, die Mieträume spätestens bis zum 30. Juni 1996 ü-bergeben werden und der Mietzins - anstelle der ursprünglich vereinbarten 17,50 DM/m² - 16,50 DM/m², insgesamt somit 10.972,50 DM beträgt. Im November 1995 kam es nach Verhandlungen zwischen der Käuferin des Mietgrundstücks, der D. AG, die am 21. Januar 1997 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen wurde, und der Beklagten zu einer Vereinbarung über eine Änderung des Mietvertrages. Danach wurden § 16 Ziff. 1 und § 22 Ziff. 2, die zu Gunsten der Mieterin ein Sonderkündigungsrecht bzw. ein Vorkaufs- und Vormietrecht vorsahen, gestrichen und § 22 Ziff. 3 durch die Zusicherung der Beklagten ergänzt, dass zur Sicherung der Bonität der in den Mietvertrag eintretenden Gesellschaft die Bonität des S.-Konzerns insgesamt gelten sollte.

Die Gewerberäume wurden der Beklagten am 30. Juli 1996 übergeben.

Mit Schreiben vom 31. Dezember 2005, das der Klägerin am gleichen Tag als Telefax zuging, kündigte die Beklagte den Mietvertrag zum 30. Juni 2006. Sie ist der Ansicht, die Schriftform sei nicht gewahrt. Deshalb sei der auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Mietvertrag ordentlich kündbar. Ab Juli 2006 zahlte die Beklagte keine Miete mehr.

Das Landgericht hat die auf Zahlung von Miete einschließlich Nebenkostenvorauszahlungen für die Zeit von Juli bis November 2006 in Höhe von 35.612,75 EUR gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage in Höhe von 32.538,85 EUR nebst Zinsen und weiteren 3.074 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übersendung der Mietnebenkostenabrechnung für das Jahr 2005 stattgegeben. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Der Klägerin stehe aufgrund des Mietvertrages vom 14. April 1994, geändert durch den Vertrag vom 25. September 1995, der geltend gemachte Anspruch auf rückständige Miete für die Zeit von Juli bis November 2006 zu. Die in Höhe von monatlich 530 EUR netto geltend gemachte Nebenkostenvorauszahlung für diesen Zeitraum könne sie allerdings nur Zug um Zug gegen Übersendung der Mietnebenkostenabrechnung für 2005 beanspruchen.

Der Mietvertrag sei wirksam abgeschlossen worden, selbst wenn der Vorstand der Beklagten diesen nicht, wie in § 16 Abs. 2 des Mietvertrages vorgesehen, genehmigt haben sollte. Es sei der Beklagten nämlich im Hinblick darauf, dass sie durch Nutzung des Mietobjekts und Abschluss von Änderungsverträgen sowie Zahlung der Miete den Eindruck erweckt habe, ein Mietvertrag bestehe, nach Treu und Glauben verwehrt, sich darauf zu berufen. Vielmehr gelte entsprechend § 162 Abs. 1 BGB die Bedingung des § 16 Abs. 2 des Mietvertrages als eingetreten.

Die von der Beklagten zum 30. Juni 2006 ausgesprochene ordentliche Kündigung sei im Hinblick auf die vereinbarte Vertragsdauer von 13 Jahren ab der Übergabe im Jahr 1996 unwirksam.

Der Mietvertrag genüge der Schriftform gemäß § 550 BGB . Selbst wenn man davon ausgehe, dass der Mietvertrag wegen der gemäß § 147 Abs. 2 BGB verspäteten Annahmeerklärung der Beklagten am 14. April 1994 nicht unter Einhaltung der Schriftform zustande gekommen sei, habe er spätestens durch den Abschluss der Vereinbarung vom 25. September 1995 die erforderliche Schriftform erhalten. Diese nehme ausdrücklich Bezug auf den Vertrag vom 14. April 1994 und bestätige ihn mit der Maßgabe der getroffenen Änderungen. Die Einhaltung der Schriftform scheitere auch nicht daran, dass die Mietsache nicht hinreichend bestimmbar sei. Aus der dem Mietvertrag beigefügten Grundrisszeichnung seien Lage und Größe des von der Beklagten angemieteten Objekts im Verhältnis zur Lage und Größe der anderen Geschäfte in dem Einkaufszentrum hinreichend deutlich. Das Fehlen der Angabe einer Hausnummer sei unschädlich, weil unstreitig in der Schulstraße in Z. außer des hier in Rede stehenden Einkaufszentrums keine Geschäftsräume vorhanden seien. Auch nach Veränderung der vereinbarten Größe des Mietgegenstandes durch die Vereinbarung vom 25. September 1995 seien aus dem Grundrissplan die Lage und der Gegenstand des Mietobjekts, nämlich eine Halle, die insgesamt von der Beklagten habe genutzt werden sollen und die klar von den benachbarten, anderweitig vermieteten Räumen abgegrenzt sei, erkennbar.

Ebenso sei der Zeitpunkt der Übergabe im Vertragstext hinreichend bestimmt.

Schließlich stehe auch die Vertragsänderung vom November 1995 der Formwirksamkeit des Mietvertrages nicht entgegen. Denn diese enthalte keine Verpflichtungen für einen potentiellen Grundstückserwerber und sei deshalb nicht formbedürftig. Es könne folglich dahingestellt bleiben, ob das Auswechseln der entsprechenden Seiten des Ursprungsvertrages vom Willen des Vermieters Karl W. gedeckt gewesen sei oder nicht und ob der Änderungsvertrag vom November 1995 der Schriftform genüge.

Die Schriftform scheitere auch nicht daran, dass die im Mietvertrag vorgesehene Regelung zu den Nebenkosten hinsichtlich der Vorauszahlung und des Umfangs der abzurechnenden Kosten stillschweigend abgeändert worden sei. Insoweit habe es sich nur um unwesentliche Ergänzungen des Mietvertrages gehandelt, die zudem für den durch das Schriftformerfordernis primär geschützten Erwerber lediglich vorteilhaft seien und deshalb nicht der Schriftform bedürften.

II.

Diese Ausführungen halten im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Prüfung stand. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrages einen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Miete für die Monate Juli bis November 2006, der darin enthaltenen Nebenkostenvorauszahlungen jedoch nur Zug um Zug gegen Vorlage der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2005.

1.

Entgegen der Ansicht der Revision geht das Berufungsgericht zu Recht davon aus, dass zwischen Karl W. und der Beklagten ein Mietvertrag über Gewerberäume abgeschlossen worden ist.

a)

Dabei kann offen bleiben, ob der Mietvertrag bereits mit der Unterzeichnung des schriftlichen Angebots des Karl W. vom 15. März 1994 durch die Beklagte am 14. April 1994 zustande gekommen ist oder ob die Annahmeerklärung gemäß § 147 Abs. 2 BGB verspätet war. Jedenfalls ist es spätestens durch die am 25. September 1995 von beiden Vertragsparteien unterzeichnete Änderungsvereinbarung zu dem Abschluss eines Mietvertrages gemäß der Mietvertragsurkunde vom 14. April 1994 mit den vereinbarten Änderungen gekommen. Durch die ausdrückliche Verweisung auf den "Mietvertrag Lebensmittelmarkt Z. , Schulstraße vom 14.4.1994", der Bestandteil der Änderungsvereinbarung sein sollte, haben sich die Vertragsparteien über den Abschluss dieses Mietvertrages geeinigt.

b)

Das Berufungsgericht geht weiter im Ergebnis zutreffend davon aus, dass ein wirksamer Mietvertrag über die Gewerberäume auch dann zustande gekommen ist, wenn der Vorstand der Beklagten die gemäß § 16 Abs. 2 des Mietvertrages innerhalb von vier Wochen nach den beiderseitigen Unterschriften unter den Vertrag zusätzlich geforderte schriftliche Zustimmung zu dem Vertrag nicht erteilt haben sollte. Denn die Vertragsparteien haben mit dem Abschluss der mehr als ein Jahr nach der Vertragsunterzeichnung getroffenen Vereinbarung vom 25. September 1995, die von den zur Vertretung der Beklagten befugten Personen abgeschlossen wurde, zum Ausdruck gebracht, dass die Gültigkeit des Mietvertrages nicht von der in § 16 Abs. 2 des Mietvertrages vereinbarten Zustimmung des Vorstands der Beklagten abhängig sein sollte, und haben dadurch diese Bedingung übereinstimmend stillschweigend abbedungen.

2.

Das Berufungsgericht geht auch im Ergebnis zu Recht davon aus, dass der Mietvertrag die für die Wirksamkeit der vereinbarten Laufzeit von mehr als einem Jahr erforderliche schriftliche Form wahrt (§ 550 BGB i.V.m. § 578 Abs. 1 BGB ) und deshalb gemäß § 2 Ziff. 3 des Mietvertrages ab Übergabe der Mieträume am 30. Juli 1996 für 13 Jahre fest abgeschlossen und somit nicht vorzeitig ordentlich kündbar ist.

a)

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Schriftform des § 550 BGB nur gewahrt, wenn sich die für den Abschluss des Vertrages notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen - insbesondere den Mietgegenstand, den Mietzins sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses - aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt. Da auch formbedürftige Vertragsklauseln grundsätzlich der Auslegung zugänglich sind, reicht es aus, wenn der Inhalt der Vertragsbedingungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestimmbar ist (Senatsurteil vom 2. November 2005 - XII ZR 212/03 - NJW 2006, 139, 140) . Werden wesentliche vertragliche Vereinbarungen nicht im Mietvertrag selbst schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, so dass sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel dieser "verstreuten" Bedingungen ergibt, müssen die Parteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen (BGHZ 142, 158 , 161) . Dazu bedarf es keiner körperlichen Verbindung dieser Schriftstücke. Vielmehr genügt für die Einheit der Urkunde die bloße gedankliche Verbindung, die in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum Ausdruck kommen muss (Senatsurteile BGHZ 176, 301 , 306 f.; vom 9. April 2008 - XII ZR 89/06 - NJW 2008, 2181 , 2182 und vom 18. Dezember 2002 - XII ZR 253/01 -NJW 2003, 1248 ).

b)

Diesen Anforderungen genügen die hier über den Mietvertrag erstellten Urkunden, nämlich die Änderungsvereinbarung vom 25. September 1995 in Verbindung mit dem "Mietvertrag" vom 15. März/14. April 1994, und - ihren Abschluss unterstellt - die Änderung vom November 1995.

aa)

Der Einhaltung der gesetzlichen Schriftform des Mietvertrages steht nicht entgegen, dass Karl W. das Angebot der Beklagten vom 15. März 1994 auf Abschluss des Mietvertrages erst am 14. April 1994 und damit möglicherweise nach § 147 Abs. 2 BGB verspätet angenommen hat. Denn die Schriftform der in der Urkunde vom 15. März/14. April 1994 enthaltenen vertraglichen Vereinbarungen ist jedenfalls - wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt -durch die am 25. September 1995 von beiden Vertragspartnern unterzeichnete, wirksam abgeschlossene schriftliche Änderungsvereinbarung gewahrt. Die Vereinbarung nimmt ausdrücklich Bezug auf den schriftlichen Vertrag vom 14. April 1994 und bestätigt diesen mit der Maßgabe der in der Vereinbarung aufgeführten Änderungen. Aus der Gesamtheit der durch Bezugnahme zu einer gedanklichen Einheit verbundenen Vertragsurkunden vom 25. September 1995 und 14. April 1994 ergibt sich der Inhalt des Vertrages. Für die Einhaltung der Schriftform ist es nicht erforderlich, dass schon die erste Vertragsurkunde vom 14. April 1994 selbst alle Schriftformvoraussetzungen erfüllt (vgl. Senatsurteile vom 9. April 2008 - XII ZR 89/06 - NJW 2008, 2181 , 2183 und vom 7. Juli 1999 - XII ZR 15/97 - NJW 1999, 3257 , 3258; Lindner-Figura/Oprée/Stellmann 2. Aufl. Kap. 6 Rdn. 75; missverständlich Palandt/Weidenkaff 68. Aufl. § 550 BGB Rdn. 17). Vielmehr genügt es, wenn diese Voraussetzungen in der Änderungsvereinbarung gemeinsam mit der in Bezug genommenen ersten Vertragsurkunde erfüllt werden.

bb)

Die Einhaltung der Schriftform scheitert auch nicht an der konkludenten Aufhebung der gemäß § 16 Abs. 2 des Mietvertrages erforderlichen Genehmigung des Vorstands der Beklagten - ihre Nichterteilung unterstellt -. Denn die Klausel betrifft lediglich die Frage, ob der Mietvertrag zustande gekommen ist. Durch § 550 BGB soll aber in erster Linie sichergestellt werden, dass ein späterer Grundstückserwerber, der kraft Gesetzes auf Seiten des Vermieters in ein auf mehr als ein Jahr abgeschlossenes Mietverhältnis eintritt, dessen Bedingungen aus dem schriftlichen Vertrag ersehen kann. Sinn und Zweck der Schriftform ist es hingegen nicht, ihm Gewissheit zu verschaffen, ob der Mietvertrag wirksam zustande gekommen ist (Senatsurteil vom 19. September 2007 - XII ZR 121/05 - NJW 2007, 3346 , 3347 m.w.N.).

cc)

Entgegen der Auffassung der Revision ist das Mietobjekt in § 1 des Mietvertrages i.V.m. der in Bezug genommenen, dem Mietvertrag beigefügten Grundrisszeichnung hinreichend bestimmbar bezeichnet. Einem Erwerber, dessen Schutz die Schriftform in erster Linie bezweckt, wäre es möglich gewesen, anhand des Mietvertrages - vor dem Einzug der Beklagten - festzustellen, auf welchem Grundstück welche Räume an die Beklagte vermietet worden sind. Für die Bestimmbarkeit des Mietgrundstücks bedurfte es - entgegen der Auffassung der Revision - keiner Angabe einer Flurstücknummer oder einer Hausnummer. Es bestehen schon keine Anhaltspunkte dafür, dass sich in der Schulstraße ein weiteres Grundstück befindet, welches sieben Ladengeschäfte aufweist, die ebenso angeordnet sind wie aus dem beigefügten Grundrissplan ersichtlich. Auch kann ein Erwerber mit Hilfe des Grundrissplans feststellen, ob dieser das von ihm erworbene Grundstück betrifft. Für einen potentiellen Erwerber ist weiter anhand des Grundrissplans ersichtlich, welche Flächen an wen vermietet worden sind. In dem Plan sind sieben Ladengeschäfte eingezeichnet. Dabei handelt es sich um sechs Läden, die kleiner sind als der an die Beklagte vermietete Laden, bei denen jeweils die Größe und die Art des betriebenen Geschäfts, darunter kein Lebensmittelgeschäft, angegeben sind. Nur bei dem verbleibenden siebten Laden, der als Einziger in etwa der Größe des an die Beklagte vermieteten Ladens entspricht, fehlt eine ausdrückliche Angabe zur Art des betriebenen Geschäfts. Daraus kann ein potentieller Erwerber erkennen, dass es sich bei dieser Fläche um den Raum handelt, der Gegenstand dieses Mietvertrages ist.

Daran ändert auch die Vergrößerung der Mietfläche von 540 m² auf 665 m² durch die Vereinbarung vom 25. September 1995 nichts. Diese Änderung hat keinen Einfluss auf die Lage der Mieträume; sie enthält lediglich eine Erweiterung der noch zu errichtenden Ladenräume. Da die Grundrisszeichnung unstreitig nicht maßstabsgetreu ist und gemäß § 3 Ziff. 2 des Mietvertrages Grundlage für die genaue Größe der Mieträume ein zum Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit zwischen den Parteien gemeinsam ermitteltes Aufmass nach DIN 277 sein sollte, kann auch nicht darauf abgestellt werden, dass die eingezeichnete Größe der Mieträume nicht exakt den Quadratmeterangaben im Mietvertrag entspricht.

dd)

Entgegen der Ansicht der Revision ist auch der für den Beginn der Mietzeit maßgebliche Zeitpunkt der Übergabe des Mietobjekts hinreichend bestimmbar und genügt damit dem Schriftformerfordernis des § 550 BGB (vgl. Senatsurteile vom 2. November 2005 - XII ZR 212/03 - NJW 2006, 139; vom 7. März 2007 - XII ZR 40/05 - NJW 2007, 1817 und vom 2. Mai 2007 - XII ZR 178/04 - NJW 2007, 3273 , 3274). Für die Bestimmbarkeit des vereinbarten Vertragsbeginns reicht dessen abstrakte Beschreibung, die es ermöglicht, den Mietbeginn zu ermitteln. Bei der "Vermietung vom Reißbrett" genügt daher eine Einigung der Parteien dahin, dass das Mietverhältnis mit der Übergabe der Mieträume beginnen soll. Nach erfolgter Übergabe steht der Beginn des Mietvertrages eindeutig fest. Daran vermag - entgegen der Ansicht der Revision - die Angabe des spätesten Termins für die Übergabe der Mieträume (30. Juni 1996) in § 2 Ziff. 2 des Mietvertrages, bei dessen Nichteinhaltung der Beklagten ein Rücktrittsrecht eingeräumt wurde, nichts zu ändern. Die Überschreitung des Termins und etwaige Ausübung des Rücktrittsrechts durch die Beklagte haben lediglich Auswirkungen auf das Bestehen des Mietvertrages, nicht aber auf die Einhaltung der Schriftform.

ee)

Die Formwirksamkeit des Mietvertrages in der Fassung des Änderungsvertrages vom 25. September 1995 ist auch nicht durch eine weitere Vertragsänderung vom November 1995 entfallen.

Zwar beanstandet die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht die Vereinbarung schon nicht für formbedürftig erachtet, weil sie keine Verpflichtungen für einen potenziellen Grundstückserwerber enthält. Denn der Schriftform bedürfen grundsätzlich auch solche Änderungen, die ausschließlich Verpflichtungen des Mieters zum Inhalt haben.

Da das Berufungsgericht aber offen gelassen hat, ob die von der Beklagten bestrittene Behauptung der Klägerin zutrifft, der damalige Eigentümer und Vermieter Karl W. habe die unstreitig zwischen der Beklagten und der D. AG ausgehandelte Vertragsänderung vom November 1995 nicht genehmigt, ist zugunsten der Beklagten in der Revision das Fehlen der Genehmigung zu unterstellen. Dann ist die Vertragsänderung vom November 1995 aber nicht von den Vertragspartnern und damit nicht wirksam abgeschlossen worden. Durch das unbefugte Auswechseln der geänderten Seiten des Mietvertrages vom 14. April 1994 konnte die bei Vertragsschluss am 25. September 1995 eingehaltene Schriftform nicht zerstört werden.

Aber auch dann, wenn der Vermieter Karl W. die zwischen der Beklagten und der D. AG ausgehandelten Änderungen vom November 1995 genehmigt hat und diese damit wirksam vereinbart worden sind, ist deren Schriftform durch die einvernehmlichen Streichungen und Einfügungen der §§ 16 und 22 des Mietvertrages in dem von den Parteien unterzeichneten Vertragstext gewahrt. Denn es ist für die Einhaltung der Schriftform einer Urkunde ohne Belang, ob die Unterzeichnung der Niederschrift des Urkundentextes zeitlich nachfolgt oder vorangeht (vgl. RGZ 47, 66, 68). Es bedarf deshalb für die Rechtsgültigkeit einer Änderung des Vertragstextes keiner erneuten Unterschrift, wenn die Vertragspartner sich über die Änderung einig sind und es ihrem Willen entspricht, dass die Unterschriften für den veränderten Vertragsinhalt Gültigkeit behalten sollen (BGH Urteile vom 7. Februar 1973 - VIII ZR 205/71 - MDR 1973, 404, 405 und vom 24. Januar 1990 - VIII ZR 296/88 - NJW-RR 1990, 518 ; Beschluss vom 27. Juni 1994 - III ZR 117/93 - NJW 1994, 2300 ).

ff)

Entgegen der Auffassung der Revision scheitert die Wahrung der Schriftform des Mietvertrages auch nicht an einer stillschweigenden Änderung der Vereinbarung über die Nebenkosten. Zwar geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Umfang der Nebenkosten im Laufe des Vertragsverhältnisses durch wiederholte unbeanstandete Abrechnung von Versicherungskosten in den Nebenkostenabrechnungen von den Parteien dahin geändert worden sei, dass zusätzlich zu den in § 4 des Mietvertrages aufgeführten Positionen auch die Versicherungskosten auf die Mieter umgelegt werden könnten. Dabei übersieht es jedoch, dass sich bereits aus § 15 des von ihm in Bezug genommenen Mietvertrages ergibt, dass auch die Versicherungskosten auf alle Mieter umgelegt werden sollten und schon deshalb die Schriftform gewahrt ist.

Das Fehlen der in § 4 Ziff. 3 des Mietvertrages zu den Nebenkosten genannten Anlage 4 hat, wie das Berufungsgericht zu Recht annimmt, keine Auswirkung auf die Wahrung der Schriftform, sondern hat nur zur Folge, dass Inhalt des schriftlich geschlossenen Vertrages lediglich die Umlegung der in § 4 ausdrücklich genannten Nebenkosten ist und im Übrigen die Regel gilt, dass der Vermieter diejenigen Nebenkosten, deren Umlegung nicht vertraglich vereinbart ist, selbst tragen muss.

Hinweise:

Verkündet am: 29. April 2009

Vorinstanz: OLG Naumburg, vom 25.09.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 9 U 89/07
Vorinstanz: LG Dessau, vom 30.03.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 2 O 1023/06
Fundstellen
BGHReport 2009, 923
MDR 2009, 1035
MietRB 2009, 226
NJW 2009, 2195
NZM 2009, 515
ZGS 2009, 340
ZMR 2009, 750