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BGH - Entscheidung vom 02.07.2009

3 StR 251/09

Normen:
StPO § 349 Abs. 2

Fundstellen:
NStZ-RR 2009, 306

BGH, Beschluss vom 02.07.2009 - Aktenzeichen 3 StR 251/09

DRsp Nr. 2009/16402

Voraussetzungen für ein Rechtsmittel in Form einer Sachrüge zum Strafausspruch

Tenor:

1.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 11. Dezember 2008 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Normenkette:

StPO § 349 Abs. 2 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen sowie wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

Nach den Feststellungen kam es von Mitte des Jahres 2001 bis Ende des Jahres 2005 an nicht näher bestimmbaren Tagen zu sexuellen Übergriffen des Angeklagten auf den am 28. April 1995 geborene F. , von denen fünf individualisierbar waren; diese sind Gegenstand der Verurteilung. Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung sowohl bei den Einzelstrafen als auch bei der Gesamtstrafe zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass der Junge zu Beginn der Übergriffe gerade eingeschult und damit noch sehr jung gewesen sei. Die Übergriffe hätten sich, was ebenfalls nicht unberücksichtigt bleiben dürfe, über einen sehr langen Zeitraum hingezogen.

Diese strafschärfenden Erwägungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, denn sie sind durch die getroffenen Feststellungen nicht belegt. Das Landgericht vermochte die innerhalb des angegebenen Zeitraums von immerhin viereinhalb Jahren bestimmbaren und abgeurteilten Straftaten zeitlich nicht näher einzugrenzen. Es durfte deshalb bei der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten weder davon ausgehen, dass diese Übergriffe bereits kurz nach Beginn der Schulzeit des F. begonnen hatten, noch dass sie sich über einen langen Zeitraum erstreckten. Die Begründung des Landgerichts wird auch nicht durch die pauschale Feststellung weiterer, nicht angeklagter sexueller Übergriffe des Angeklagten auf den Jungen getragen. Zwar ist es grundsätzlich zulässig, bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, dass der Angeklagte noch sonstige - bisher nicht abgeurteilte - Straftaten begangen hat; dies gilt allerdings nur, wenn diese Taten prozessordnungsgemäß und so bestimmt festgestellt sind, dass sie in ihrem wesentlichen Unrechtsgehalt abzuschätzen sind und eine unzulässige Berücksichtigung des bloßen Verdachts weiterer Straftaten ausgeschlossen werden kann (vgl. BGHR StGB § 54 Serienstraftaten 2; BGH NStZ-RR 2004, 359 Nr. 37). Diesen Anforderungen genügen die nur rudimentären Angaben der Strafkammer nicht; ihnen lässt sich insbesondere eine die Erwägungen zur Strafzumessung stützende zeitliche Einordnung der weiteren Übergriffe nicht entnehmen.

Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch insgesamt auf den rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht; die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe können deshalb nicht bestehen bleiben. Der Senat weist für die Bildung der neuen Gesamtstrafe darauf hin, dass der Seriencharakter von Taten im Allgemeinen einen eher engeren Zusammenzug der Einzelstrafen nahe legt; wird die Einsatzstrafe dennoch deutlich erhöht, so bedürfen die dafür maßgeblichen Gründe näherer Darlegung.

Vorinstanz: LG Oldenburg, vom 11.12.2008
Fundstellen
NStZ-RR 2009, 306