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BGH - Entscheidung vom 12.02.2009

VII ZR 230/07

Normen:
BGB § 125
BGB § 311b Abs. 1
ErbbauRG § 11 Abs. 2

Fundstellen:
BGHReport 2009, 719
BauR 2009, 1138
DNotZ 2009, 619
MDR 2009, 742
NJW-RR 2009, 953
NZBau 2009, 442
WM 2009, 1338
ZfBR 2009, 559

BGH, Urteil vom 12.02.2009 - Aktenzeichen VII ZR 230/07

DRsp Nr. 2009/10992

Verneinung von Ansprüchen aus einem Baubetreuungsvertrag wegen des Fehlens einer notariellen Beurkundung; Bestehen einer rechtlichen Einheit im Sinne eines einheitlichen Vertragswillens zwischen einem Baubetreuungsvertrag und einem Grundstückserwerb; Bestehen einer rechtlichen Einheit mit einem anderen Vertrag bei Vereinbarung eines Rücktrittsrechts in einem der Verträge

a) Eine rechtliche Einheit eines Baubetreuungsvertrages mit einem Grundstücksgeschäft kann bestehen, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass der Auftraggeber gerade an der Bebauung eines bestimmten Grundstücks zu den Bedingungen des Baubetreuungsvertrages interessiert ist. b) Die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts in einem Vertrag steht der rechtlichen Einheit mit einem anderen Vertrag nicht entgegen (Fortführung von BGH, Urteil vom 24. September 1987 - VII ZR 306/86, BGHZ 101, 393 ; Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 6. Dezember 1979 - VII ZR 313/78, BGHZ 76, 43 und Urteil vom 6. November 1980 - VII ZR 12/80, BGHZ 78, 346 ).

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vom 24. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Normenkette:

BGB § 125 ; BGB § 311b Abs. 1 ; ErbbauRG § 11 Abs. 2;

Tatbestand:

Der Kläger macht Ansprüche aus einem Baubetreuungsvertrag geltend.

Die Beklagten schlossen am 8. November 2005 mit dem Kläger als Auftragnehmer einen schriftlichen Baubetreuungsvertrag. § 1 des Vertrages lautet:

"Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer mit der Betreuung seines Bauvorhabens gemäß der als Anlage beigefügten Planungen/ Skizzen auf Basis der ebenfalls als Anlage beigefügten bzw. ausgehändigten Baubeschreibung im Ort: E., Straße: S., Flur-Nr. gemäß Lageplan

oder einem anderen noch zu benennenden Grundstück zu einem Festpreis von 175.000 EUR incl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer von z. Zt. 16 %. Haustyp/Größe: 7,99 m x 9,99 m, Kniestock bzw. Wandhöhe: 180 cm, Dachneigung: ca. 24 Grad, Wohnfläche ca. 120 qm, umbauter Raum ca. 700 Kubikmeter."

Nach § 10 des Vertrages sind bei einem Rücktritt eines Vertragspartners dem anderen Vertragspartner entstandene Kosten zu ersetzen.

Der Kläger hatte seine angebotenen Leistungen in einem Kurzexposé wie folgt beschrieben:

"Objekt: Grundstück in E. auf Erbpacht ca. 500 qm, Erschließungsbeitrag 8.000,00 Euro. EFH Neubau ca. 125 qm Wohnfläche, voll unterkellert, schlüsselfertig (außer Maler, Fliesen, Boden) Baukosten EUR 175.000,00, Gesamtkosten 183.000,00 Euro zzgl. Grunderwerbsteuer - nur auf den Grundstücksanteil -, Notarkosten und Grundbucheintragungen ebenso, keine Maklerprovision."

Anfang Dezember 2005 nahmen die Beklagten von der Durchführung des Vertrages Abstand. Zu einem Grundstückserwerb war es nicht gekommen.

Der Kläger behauptet, er habe für erstellte Planungsunterlagen des Architektenbüros K. 4.212,00 EUR bezahlen müssen. Diesen Betrag sowie vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 243,68 EUR hat der Kläger geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch des Klägers nach § 10 des Baubetreuungsvertrages, weil dieser Vertrag entgegen § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 11 Abs. 2 ErbbauRG nicht notariell beurkundet worden und deshalb nach § 125 Satz 1 BGB nichtig sei. Zwar enthalte der Vertrag keine Verpflichtung eines Vertragspartners, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben oder ein Erbbaurecht zu bestellen oder zu erwerben. § 311 b Abs. 1 BGB gelte jedoch auch dann, wenn zwischen einem Baubetreuungsvertrag und einem Grundstückserwerb eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Vertragswillens der Vertragsparteien bestehe. Dies sei der Fall, wenn der Baubetreuungsvertrag und der Grundstückserwerb miteinander stehen und fallen sollten. So liege die Sache hier.

Ein starkes Indiz für einen einheitlichen Vertragswillen in diesem Sinn sei es, wenn die Leistungspflicht des Auftragnehmers auf ein bestimmtes Grundstück beschränkt sei. Der Kläger habe seine Leistung für ein konkretes Grundstück angeboten, das den Beklagten nicht gehört habe, an dem sie kein Erbbaurecht gehabt hätten und in Ansehung dessen sie auch noch keinen Erwerbsvertrag abgeschlossen gehabt hätten. Da sie auch kein anderes Grundstück oder Erbbaurecht bereits erworben gehabt hätten, stehe der Zusatz im Vertrag "oder einem anderen noch zu benennenden Grundstück" einem einheitlichen Vertragswillen zwischen Baubetreuungsvertrag und einem Grundstückserwerb nicht entgegen.

Auch die in § 10 erfolgte konkludente Vereinbarung eines Rücktrittsrechts für beide Parteien spreche nicht gegen einen einheitlichen Vertragswillen. Denn die rechtliche Einheit zwischen einem Baubetreuungsvertrag und einem zu dessen Durchführung erforderlichen Grundstückserwerb bestehe nur dann nicht, wenn dem Kunden das Recht eingeräumt sei, sich bis zu dem Zeitpunkt eines wirksamen Grundstückserwerbs vom Vertrag folgenlos zu lösen. Das sei wegen der Kostenersatzpflicht nach einem Rücktritt hier nicht der Fall. Für diese Wertung spreche auch der Rechtsgedanke des § 3 Abs. 1 , insbesondere Nr. 1 MaBV .

Schließlich könne auch nicht gegen einen einheitlichen Vertragswillen ein etwaiges Interesse der Beklagten an einem isolierten Abschluss des Baubetreuungsvertrages angeführt werden, sich die Ende 2005 auslaufende Eigenheimzulage zu erhalten. Denn am 8. November 2005 sei ausreichend Zeit gewesen, noch im Jahr 2005 auch den Grundstückserwerb zu regeln und eine notarielle Beurkundung herbeizuführen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

1.

Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich der Formzwang der §§ 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB , 11 Abs. 2 ErbbauRG auch auf den Baubetreuungsvertrag erstreckte, wenn dieser mit dem Erbbaurechtserwerbsvertrag eine rechtliche Einheit bildete. Eine solche bestand, wenn die Vertragsparteien den Willen hatten, beide Verträge in der Weise miteinander zu verknüpfen, dass sie miteinander stehen und fallen sollten. Hierbei reicht es auch aus, wenn nur einer der Vertragspartner einen solchen Einheitswillen erkennen lässt und der andere Partner ihn anerkennt oder zumindest hinnimmt. Es ist dabei nicht erforderlich, dass an jedem der verknüpften Rechtsgeschäfte jeweils dieselben Parteien beteiligt sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 1979 - VII ZR 313/78, BGHZ 76, 43 , 48 f.; Urteil vom 6. November 1980 - VII ZR 12/80, BGHZ 78, 346 , 349).

2.

Eine rechtliche Einheit eines Vertrages mit einem Grundstücksgeschäft besteht allerdings nicht bereits dann, wenn dieser Vertrag von dem Grundstückskaufvertrag abhängig ist, sondern nur, wenn umgekehrt das Grundstücksgeschäft nach dem Willen der Parteien von dem weiteren Vertrag abhängig ist (BGH, Urteil vom 26. November 1999 - V ZR 251/98, NJW 2000, 951 ; Urteil vom 13. Juni 2002 - VII ZR 321/00, BauR 2002, 1541 = NZBau 2002, 502 = ZfBR 2002, 777 ). Denn erst bei einer Abhängigkeit des Grundstücksgeschäfts von dem weiteren Vertrag besteht Anlass, zur Wahrung der Funktionen des § 311 b BGB (Warn- und Schutzfunktion, Gewährsfunktion für richtige, vollständige und rechtswirksame Wiedergabe des Parteiwillens, Beweisfunktion) das Formgebot auf den weiteren Vertrag auszudehnen. An dieser Beurteilung ändert sich nichts, wenn zunächst der weitere Vertrag und alsdann der Grundstücksvertrag geschlossen wird. Die Frage der Formbedürftigkeit ist von der zeitlichen Abfolge der Verträge nicht abhängig (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2002 - VII ZR 321/00, aaO).

3.

Es ist Sache des Tatrichters festzustellen, ob eine solche Abhängigkeit besteht (BGH, Urteil vom 24. September 1987 - VII ZR 306/86, BGHZ 101, 393 , 397). Das Berufungsgericht hat angenommen, dass beide Verträge miteinander stehen und fallen sollten. Damit hat es eine wechselseitige Abhängigkeit und auch festgestellt, dass der Erbbaurechtserwerbsvertrag nicht ohne den Baubetreuungsvertrag geschlossen werden sollte. Diese Feststellung ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat aus einer Gesamtwürdigung der Umstände in rechtlich einwandfreier Weise hierauf geschlossen. Damit war eine eventuell anzunehmende Vermutung der rechtlichen Selbstständigkeit der Verträge aufgrund der Tatsache, dass sie in zwei verschiedenen Urkunden geschlossen werden sollten, jedenfalls widerlegt.

a)

Ein geeignetes und starkes Indiz für den Willen der Beklagten, den Erbbaurechtsvertrag nicht ohne den Baubetreuungsvertrag abschließen zu wollen, ist der vom Berufungsgericht festgestellte konkrete Bezug des Baubetreuungsvertrages auf das in Aussicht genommene Grundstück in E. Dass nach dem Wortlaut des Baubetreuungsvertrags die Leistungen des Klägers auch hinsichtlich eines "anderen noch zu benennenden Grundstücks" geschuldet gewesen wären, steht dem nicht entgegen. Denn die vom Berufungsgericht festgestellte Art des Angebots der Leistung des Klägers mit dem Kurzexposé deutet darauf hin, dass die Beklagten gerade an einer Durchführung des Bauvorhabens in E. auf dem dortigen Erbpachtgrundstück nur unter den Bedingungen des vom Kläger angebotenen Baubetreuungsvertrages interessiert waren.

b)

Auch die nach der Auslegung des Berufungsgerichts im Vertrag vorgesehene Möglichkeit des Rücktritts jeder Vertragspartei spricht nicht gegen einen Verknüpfungswillen der Beklagten im dargestellten Sinne. Das hat das Berufungsgericht im Ergebnis ebenfalls zutreffend gewertet. Entgegen seiner Ansicht kommt es hierfür aber nicht darauf an, ob und in welcher Art ein Rücktritt für eine Vertragspartei nachteilige Folgen hätte. Das Rücktrittsrecht kann die Abhängigkeit des Vertrags über den Erwerb eines Erbbaurechts vom Baubetreuungsvertrag nicht auflösen. Entscheidend ist, dass der Vertrag in dem Fall, in dem die Beteiligten - wie in erster Linie vorgesehen - von dem Rücktrittsrecht keinen Gebrauch machen, nur zusammen mit dem weiteren Vertrag Geltung haben soll (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 1987 - VII ZR 306/86, BGHZ 101, 393 , 398). Sofern aus den Entscheidungen des Senats vom 6. Dezember 1979 - VII ZR 313/78, BGHZ 76, 43 und vom 6. November 1980 - VII ZR 12/80, BGHZ 78, 346 etwas anderes entnommen werden könnte, hält der Senat hieran nicht fest.

c)

Sämtliche Umstände waren dem Kläger bekannt. Nach seinem objektiven Empfängerhorizont konnte er einen hieraus abzuleitenden Verknüpfungswillen der Beklagten daher mindestens erkennen. Er hat ihn deshalb durch den Abschluss des Bauträgervertrages hingenommen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO .

Vorinstanz: LG Traunstein, vom 24.10.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 5 S 2374/07
Vorinstanz: AG Traunstein, vom 01.06.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 321 C 2150/06
Fundstellen
BGHReport 2009, 719
BauR 2009, 1138
DNotZ 2009, 619
MDR 2009, 742
NJW-RR 2009, 953
NZBau 2009, 442
WM 2009, 1338
ZfBR 2009, 559