Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 28.01.2009

IV ZR 339/07

Normen:
ZPO § 544 Abs. 7
GG Art. 103 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 28.01.2009 - Aktenzeichen IV ZR 339/07

DRsp Nr. 2009/6579

Umfang des rechtlichen Gehörs im Zivilverfahren

Das rechtliche Gehör ist verletzt, wenn das Berufungsgericht Zeugen zwar vernommen, die Aussagen aber nicht gewürdigt hat, weil es auf den Inhalt von seinem Standpunkt aus nicht ankam.

Tenor:

1.a) Auf die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 10. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 15. November 2007 wird die Revision zugelassen, soweit die Beklagten zur Zahlung von mehr als 90.510,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Juli 2004 verurteilt worden sind. Insoweit wird das Berufungsurteil gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

b) Im Übrigen wird die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Verfahrens beim Bundesgerichtshof haben die Beklagten jeweils die Hälfe der Gerichtskosten nach einem Streitwert von 90.510,48 EUR und je 30% der außergerichtlichen Kosten nach einem Streitwert von 157.615 EUR zu tragen (§§ 92 , 97 , 100 ZPO ). Im Übrigen bleibt die Entscheidung auch über die im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof entstandenen außergerichtlichen Kosten dem Berufungsgericht vorbehalten.

Normenkette:

ZPO § 544 Abs. 7 ; GG Art. 103 Abs. 1 ;

Gründe:

1.

Das Berufungsgericht hat der Klägerin nach Saldierung von Leistung und Gegenleistung einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zuerkannt. Dabei hat das Berufungsgericht einen Gegenanspruch der Beklagten wegen einer Übernahme von Betriebsmitteln, die die Beklagten in den von der Klägerin zur Reinigung übernommenen Gebäuden zurückgelassen haben, verneint. Eine Übereignung dieser Betriebsmittel auf die Klägerin werde nicht behauptet. Es könne aber auch nicht festgestellt werden, ob und in welcher Höhe die Klägerin Aufwendungen erspart habe.

Die Beklagten hatten indessen nicht nur mit Schriftsatz vom 24. Juli 2007 S. 6 ff. im Einzelnen und unter Beweisantritt vorgetragen, welche Betriebsmittel mit welchem Neupreis von ihnen in den von der Klägerin seit Juni 2001 gereinigten Gebäuden zurückgelassen worden seien (GA II 342 ff., korrigiert im Schriftsatz vom 12. Oktober 2007 S. 3 ff, GA II 385 ff.). Nachdem die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. August 2007 S. 6 vorgetragen hatte, die Beklagten brauchten die von ihnen "einfach stehen und liegen gelassenen" Betriebsmittel nur abzuholen (GA II 363), haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2007 S. 3 ihren Beweisantritt ausdrücklich darauf erstreckt, dass die Klägerin die zurückgelassenen Betriebsmittel auch genutzt habe und zum Teil immer noch nutze (GA II 385).

Dazu hatte bereits das Landgericht die Zeugen O. , H. , L. und D. vernommen (GA I 137 f., 142, 145), deren Aussagen insoweit aber nicht gewürdigt, weil es darauf von seinem Standpunkt aus nicht ankam. Dass das Berufungsgericht eine solche Würdigung vorgenommen hätte, ist nicht ersichtlich. Soweit erforderlich hätte das Berufungsgericht durch erneute Vernehmung der Zeugen aufklären müssen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Klägerin Betriebsmittel der Beklagten genutzt, verbraucht und damit eigene Aufwendungen erspart hat. Dass dies nicht geschehen ist, verletzt den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG ; vgl. BVerfG NJW 1991, 286 ).

An greifbaren Anhaltspunkten für eine Schätzung des Werts der möglicherweise ersparten Aufwendungen gemäß § 287 ZPO fehlt es nicht (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 2003 - X ZR 131/01 - BGH-Report 2004, 715 unter 5 b). Sie ergeben sich aus dem Vortrag der Beklagten zu Art, Umfang und Neupreis der Betriebsmittel. Danach ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einem für die Beklagten günstigeren Ergebnis gelangt wäre, wenn es deren Vortrag und Beweisangebote zu den Betriebsmitteln in der gebotenen Weise berücksichtigt hätte.

2.

Die Beklagten haben den Wert der angeblich von der Klägerin genutzten und verbrauchten Gegenstände zuletzt auf 67.104,52 EUR beziffert (GA II 388 ff.). Insoweit war das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zurückzuverweisen.

Im Übrigen war die Beschwerde zurückzuweisen, weil es an einem durchgreifenden Zulassungsgrund fehlt (§§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO ). Dass das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf § 812 BGB gestützt hat, obwohl nach dem festgestellten Sachverhalt ein Anspruch aus § 670 BGB gegeben sein dürfte, hat sich hier im Ergebnis nicht ausgewirkt. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO ).

Vorinstanz: OLG Hamburg, vom 15.11.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 10 U 79/06
Vorinstanz: LG Hamburg, vom 25.08.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 332 O 440/04