Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 07.05.2009

IX ZB 202/07

Normen:
InsO § 20 Abs. 2
InsO § 287 Abs. 1

Fundstellen:
ZInsO 2009, 1171

BGH, Beschluss vom 07.05.2009 - Aktenzeichen IX ZB 202/07

DRsp Nr. 2009/13178

Frist für die Stellung eines Antrags auf Restschuldbefreiung bei bislang fehlendem Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens

1. Die Frist des § 287 Abs. 1 S. 2 InsO beginnt auch nach einem Hinweis nach § 20 Abs. 2 InsO nicht zu laufen, solange noch kein Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung gestellt worden ist (BGH - IX ZB 209/03 - 08.07.2004). 2. Die gem. § 20 Abs. 2 InsO zu setzende Frist für die Stellung eines Eigenantrags ist keine Ausschlussfrist. § 287 Abs. 1 S. 2 InsO gilt insoweit nicht. Vielmehr kann der Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung auch nach Ablauf dieser Frist bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam gestellt werden.

Tenor:

Dem Schuldner wird wegen der versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 8. Oktober 2007 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Auf die Rechtsmittel des Schuldners werden der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 8. Oktober 2007 und der Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgericht - Bonn vom 10. September 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Normenkette:

InsO § 20 Abs. 2 ; InsO § 287 Abs. 1 ;

Gründe:

I.

Nachdem ein Gläubiger die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des A. G. (künftig: Schuldner) beantragt hatte, wies das Insolvenzgericht den Schuldner mit Schreiben vom 19. Dezember 2005, welches dem Schuldner am 2. Januar 2006 zugestellt wurde, darauf hin, dass er einen Antrag auf Restschuldbefreiung nur stellen könne, wenn er selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantrage, und gab ihm Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen einen solchen Eigenantrag zu stellen. Am 4. Februar 2006 ging beim Insolvenzgericht ein Antrag des Schuldners auf Erteilung der Restschuldbefreiung ein. Das Insolvenzgericht eröffnete am 13. Juli 2007 das Insolvenzverfahren und wies den Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung mit Beschluss vom 10. September 2007 wegen Verfristung als unzulässig zurück. Die sofortige Beschwerde des Schuldners blieb ohne Erfolg. Der Senat hat dem Schuldner auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens bewilligt. Mit der daraufhin eingelegten Rechtsbeschwerde wendet sich der Schuldner gegen die Entscheidungen der Vorinstanzen.

II.

Dem Schuldner war gegen die Versäumung der Fristen für die Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Schuldner hat am 5. November 2007 und damit innerhalb der Rechtsbeschwerdefrist Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts vom 8. Oktober 2007 beantragt. Der Beschluss vom 22. Juli 2008 über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist ihm am 4. August 2008 zugestellt worden. Am 6. August 2008 hat der Schuldner Rechtsbeschwerde eingelegt, sie begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Wiedereinsetzungsfristen für die Einlegung der Rechtsbeschwerde ( § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO ) und deren Begründung (§ 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO ) sind damit gewahrt worden.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft ( §§ 7 , 6 , 289 Abs. 2 Satz 1 InsO , § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ) und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen und zur Zurückverweisung der Sache an das Insolvenzgericht.

1.

Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der am 4. Februar 2006 eingegangene Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung sei verfristet, weil er nicht innerhalb der in § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO normierten Frist eingelegt worden sei. Der Antrag auf Restschuldbefreiung hätte nach dieser Regelung spätestens innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der am 2. Januar 2006 erfolgten Zustellung des gerichtlichen Hinweises gemäß § 20 Abs. 2 InsO gestellt werden müssen.

2.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Gemäß § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO ist ein Antrag auf Restschuldbefreiung innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß § 20 Abs. 2 InsO zu stellen, wenn der Antrag auf Restschuldbefreiung nicht mit dem Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden wird. Eine Verfristung des Antrags auf Restschuldbefreiung nach dieser Norm scheidet im vorliegenden Fall aus, weil nicht festgestellt ist, dass der Schuldner den Antrag auf Restschuldbefreiung nicht zusammen mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Im Übrigen beginnt die Frist des § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO auch nach einem Hinweis nach § 20 Abs. 2 InsO nicht zu laufen, solange noch kein Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung gestellt ist ( BGH, Beschl. v. 8. Juli 2004 - IX ZB 209/03, WM 2004, 1740 , 1742 m.w.N.). Auch insoweit fehlen Feststellungen, die eine Verfristung des Antrags auf Restschuldbefreiung belegten.

3.

Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar ( § 577 Abs. 3 ZPO ). Der Antrag auf Restschuldbefreiung ist nicht deshalb unzulässig, weil es an einem zulässigen, insbesondere rechtzeitig gestellten Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens fehlte. Ein solcher Eigenantrag ist regelmäßig nicht nur im Verbraucherinsolvenzverfahren, sondern auch im Regelinsolvenzverfahren Voraussetzung für die Gewährung von Restschuldbefreiung (BGHZ 162, 181 , 183 m.w.N.). Liegt ein Gläubigerantrag auf Insolvenzeröffnung vor, ist der Schuldner deshalb nach § 20 Abs. 2 InsO darauf hinzuweisen, dass er zur Erlangung der Restschuldbefreiung auch einen eigenen Antrag auf Insolvenzeröffnung stellen muss (BGH aaO S. 184). Hierfür ist ihm eine angemessene richterliche Frist zu setzen, die in der Regel nicht mehr als vier Wochen ab Zustellung der Verfügung betragen sollte (BGH aaO S. 185 f). Diese Frist ist keine Ausschlussfrist; § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO gilt insoweit nicht. Vielmehr kann der Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung auch nach Ablauf dieser Frist bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam gestellt werden (BGH, Beschl. v. 3. Juli 2008 - IX ZB 182/07, ZIP 2008, 1976 , 1977, Rn. 14-18). Da das Insolvenzverfahren hier erst lange nach Eingang des Eigenantrags des Schuldners eröffnet wurde, bestehen gegen dessen Wirksamkeit keine Bedenken.

4.

Die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts ist danach aufzuheben. Da das Landgericht bei richtiger Sachbehandlung den Beschluss des Insolvenzgerichts hätte aufheben und die Sache an das Insolvenzgericht zurückverweisen müssen, trifft der Senat diese Entscheidung selbst (vgl. BGHZ 160, 176 , 185) .

Vorinstanz: LG Bonn, vom 08.10.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 6 T 321/07
Vorinstanz: AG Bonn, vom 25.07.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 95 IN 174/05
Fundstellen
ZInsO 2009, 1171