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BGH - Entscheidung vom 18.02.2009

XII ZB 54/06

Normen:
BGB § 1587a
VBLS § 78
VBLS § 79 Abs. 1
BetrAVG § 18 Abs. 2

Fundstellen:
BGHReport 2009, 728
FamRB 2009, 239
FamRZ 2009, 950
NJW-RR 2009, 1081

BGH, Beschluss vom 18.02.2009 - Aktenzeichen XII ZB 54/06

DRsp Nr. 2009/9125

Behandlung von Anrechten gegenüber der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) im Versorgungsausgleich; VBL-Anrechte im Falle einer vom Versorgungsträger gutgebrachten Startgutschrift aufgrund einer Ermittlung anhand der Übergangsregelung für rentenferne Jahrgänge; Voraussetzungen der Rückrechnung einer Startgutschrift auf ein Ehezeitende vor dem 31. Dezember 2001 als dem für die Ermittlung der Startgutschrift maßgeblichen Stichtag; Anforderungen an die Gebotenheit einer Teilentscheidung zum Versorgungsausgleich im Falle eines aussonderbaren Teils des Verfahrensgegenstandes

a) Zur Behandlung von VBL-Anrechten im Versorgungsausgleich, wenn der vom Versorgungsträger mitgeteilte Wert des Ehezeitanteils eine zum 1. Januar 2002 gutgebrachte Startgutschrift enthält, die nach der in §§ 78 , 79 Abs. 1 VBLS i.V.m. § 18 Abs. 2 BetrAVG enthaltenen (unwirksamen) Übergangsregelung für rentenferne Jahrgänge ermittelt worden ist (im Anschluss an die Senatsbeschlüsse vom 5. November 2008 - XII ZB 87/06 - FamRZ 2009, 211 ff. und - XII ZB 53/06 - FamRZ 2009, 303 ff.). b) Zur Rückrechnung einer Startgutschrift auf das Ehezeitende, wenn dieses vor dem 31. Dezember 2001 als dem für die Ermittlung der Startgutschrift maßgeblichen Stichtag liegt. c) Liegt ein aussonderbarer Teil des Verfahrensgegenstandes vor, kann eine Teilentscheidung zum Versorgungsausgleich ergehen. Eine solche ist aber erst dann geboten, wenn beim Ausgleichspflichtigen der Rentenfall bereits eingetreten ist oder zumindest bald bevorsteht (im Anschluss an den Senatsbeschluss vom 5. November 2008 - XII ZB 181/05 - FamRZ 2009, 296 ff.).

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 7. Februar 2006 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 2.000 EUR

Normenkette:

BGB § 1587a; VBLS § 78; VBLS § 79 Abs. 1; BetrAVG § 18 Abs. 2 ;

Gründe:

I.

Die Parteien - beide türkische Staatsangehörige - haben am 2. November 1989 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin; geboren am 1. Januar 1965) ist dem Ehemann (Antragsgegner; geboren am 9. April 1958) am 25. November 1999 zugestellt worden. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Ehe nach türkischem Recht geschieden (insoweit rechtskräftig) und nachfolgend den abgetrennten Versorgungsausgleich auf den Antrag der Ehefrau dahin geregelt, dass es im Wege des Splittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB vom Versicherungskonto des Ehemanns bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund; weitere Beteiligte zu 2) auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der DRV Bund Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 201,40 DM (102,97 EUR), bezogen auf den 31. Oktober 1999, übertragen hat. Ferner hat es im Wege des analogen Quasi-Splittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG zu Lasten der Versorgung des Ehemanns bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL; weitere Beteiligte zu 1) auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der DRV Bund Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 99,61 DM (50,93 EUR) begründet, wiederum bezogen auf das Ehezeitende.

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der VBL hatte das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 31. Oktober 2001 das festgesetzte Rentensplitting bestätigt, die Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - jedoch dahin abgeändert, dass der durch analoges Quasi-Splitting auszugleichende Betrag nur 92,76 DM (47,43 EUR) beträgt. Dabei war das Beschwerdegericht nach den Auskünften der beteiligten Versicherungsträger von ehezeitlichen (1. November 1989 bis 31. Oktober 1999; § 1587 Abs. 2 BGB ) Anwartschaften der Parteien bei der DRV Bund in Höhe von 199,87 DM (Ehefrau) und 602,67 DM (Ehemann) ausgegangen, jeweils monatlich und bezogen auf den 31. Oktober 1999. Bei dem Ehemann war zudem der Versicherungsfall wegen Erwerbsunfähigkeit eingetreten. Er bezog deshalb am Ende der Ehezeit sowohl von der DRV Bund als auch von der VBL eine befristete Rente. Den Ehezeitanteil der Versorgungsrente der VBL hatte das Oberlandesgericht zunächst mit 185,51 DM (94,85 EUR) dem Versorgungsausgleich zugrunde gelegt.

Auf die zugelassene weitere Beschwerde der VBL, mit der sie die bei ihr bestehenden Anrechte auf der Grundlage der vom Senat entwickelten VBL-Methode bewertet wissen wollte, hat der Senat mit Beschluss vom 6. Juli 2005 (- XII ZB 226/01 - FamRZ 2005, 1458 ) die Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 31. Oktober 2001 aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen, weil der Ehezeitanteil der Versorgung des Ehemannes bei der VBL nicht unter Zugrundelegung der Senatsrechtsprechung ermittelt war.

Das Oberlandesgericht hat sodann neue Auskünfte der beteiligten Versicherungsträger eingeholt. Danach ist weiterhin von ehezeitbezogenen gesetzlichen Anwartschaften der Ehefrau bei der DRV Bund in Höhe von monatlich 102,19 EUR (199,87 DM) und des Ehemanns in Höhe von monatlich 308,14 EUR (602,67 DM) auszugehen. Allerdings bezieht der Ehemann inzwischen keine Erwerbsunfähigkeitsrenten mehr; seit 1. März 2003 ist er wieder erwerbstätig. Den Ehezeitanteil der unverfallbaren Versorgungsanwartschaften des Ehemanns bei der VBL hat das Beschwerdegericht deshalb unter Zugrundelegung der Auskunft der weiteren Beteiligten zu 1 vom 24. Oktober 2005 zeitratierlich anhand der zum 31. Dezember 2001 mit 209,44 EUR gutgebrachten Startgutschrift berechnet. Bei einer Ehezeit vom 1. November 1989 bis 31. Oktober 1999 ist es von einem Ehezeitanteil in Höhe von (146 Monate <auf die Ehezeit entfallende Versicherungszeit bis 31. Dezember 2001> : 196,10 Monate <Gesamtversicherungszeit bis 31. Dezember 2001> x 100 = 74,45 % x 1,00 : 0,98 <Beschäftigungsquotient> = 75,96 % x 209,44 =) 159,09 EUR ausgegangen. Diesen Betrag hat das Oberlandesgericht anhand der Steigerung des aktuellen Rentenwertes auf das Ehezeitende 31. Oktober 1999 rückgerechnet und den sich so ergebenden Wert von 155,17 EUR unter Anwendung der Barwert-Verordnung (Tabelle 1, Anmerkung 2 in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung vom 26. Mai 2003, BGBl. I 2003, 728) in einen volldynamischen Betrag von 43 EUR umgerechnet.

Die Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - hat das Beschwerdegericht dahin abgeändert, dass - neben dem Rentensplitting in Höhe von 102,97 EUR (§ 1587 b Abs. 1 BGB ) - zu Lasten der für den Ehemann bei der VBL bestehenden Versorgungsanwartschaften auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der DRV Bund Rentenanwartschaften in Höhe von 21,50 EUR, bezogen auf den 31. Oktober 1999, begründet werden.

Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der VBL, mit der sie eine Rückrechnung des Ehezeitanteils der zum 31. Dezember 2001 ermittelten Startgutschrift auf das Ehezeitende (31. Oktober 1999) anhand des Verhältnisses des für den Ehemann maßgeblichen gesamtversorgungsfähigen Entgelts bei Ehezeitende zum gesamtversorgungsfähigen Entgelt am 31. Dezember 2001 erreichen möchte.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Es führt zur Aufhebung der angefochten Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

1.

Das Oberlandesgericht hat nach dem Wegfall der Erwerbsunfähigkeitsrente zum 1. März 2003 den im Versorgungsausgleich zu berücksichtigenden Ehezeitanteil der Anwartschaft des Ehemanns bei der VBL allein anhand der zum Stichtag 31. Dezember 2001 berechneten Startgutschrift ermittelt. Ausgehend von einer Startgutschrift in Höhe von 209,44 EUR betrage der zeitratierlich zu berechnende Ehezeitanteil 159,09 EUR. Dieser Betrag spiegle jedoch den Wert des Anrechts zum 31. Dezember 2001 wieder und sei deshalb anhand der Steigerung des aktuellen Rentenwerts auf das Ehezeitende (31. Oktober 1999) zurückzurechnen, was einen Wert von (311,15 DM x 48,29 : 49,51 = 303,48 DM : 1,95583 =) 155,17 EUR ergebe. Da das Anrecht bei der VBL im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium volldynamisch sei, sei dieser Wert unter Zugrundelegung der Barwert-Verordnung (Tabelle 1, Anm. 2) in einen dynamischen Betrag von 43 EUR umzurechnen. Zu Gunsten der Antragstellerin sei hiervon die Hälfte (21,50 EUR) durch analoges Quasi-Splitting nach § 1 Abs. 3 VAHRG auszugleichen.

Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

2.

Die dem Antragsgegner bei Ehezeitende wegen Erwerbsunfähigkeit gezahlte Versorgungsrente der VBL war - anders als noch bei der Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 31. Oktober 2001 - im Rahmen des nach Art. 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EGBGB "regelwidrig" durchzuführenden Versorgungsausgleichs nicht mehr zu berücksichtigen (vgl. für die Einbeziehung einer Erwerbsunfähigkeitsrente der VBL in den Versorgungsausgleich Senatsbeschluss vom 24. September 1997 - XII ZB 63/95 - FamRZ 1997, 1535 , 1536) . Nachdem die von der DRV Bund geleistete (befristete) gesetzliche Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht über den 28. Februar 2003 hinaus bewilligt worden war, entfiel ab 1. März 2003 auch die dem Antragsgegner nach § 75 Abs. 2 VBLS als Besitzstandsrente gezahlte und nach § 33 VBLS an den gesetzlichen Rentenanspruch gekoppelte Versorgungsrente. Ein zwischen dem Ehezeitende (hier: 31. Oktober 1999) und dem für die letzte tatrichterliche Entscheidung maßgebenden Zeitpunkt wegfallendes Anrecht darf aber nicht mehr ausgeglichen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Mai 1986 - IVb ZB 85/83 - FamRZ 1986, 892 , 893).

3.

Die angegriffene Entscheidung kann allerdings deshalb nicht bestehen bleiben, weil das Oberlandesgericht das Anrecht des Ehemanns bei der VBL mit einem unzutreffenden Wert im Versorgungsausgleich berücksichtigt hat.

a)

Mit Wirkung ab 1. Januar 2002 wurde die Satzung der VBL grundlegend geändert und anstelle des bisherigen Gesamtversorgungssystems unter Anrechung gesetzlicher Renten ein so genanntes "Punktemodell" eingeführt (vgl. Wick FamRZ 2008, 1223, 1226 f.; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 a Rdn. 213 ff.). Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 (ATV) vereinbart. Für die vor der Satzungsänderung zum 1. Januar 2002 erworbenen Anrechte enthält die VBL-Satzung in den §§ 75 ff. differenzierende Übergangsregelungen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. November 2008 - XII ZB 53/06 - FamRZ 2009, 303 f. und - XII ZB 87/06 - FamRZ 2009, 211 , 212). Dabei werden für die sog. rentenfernen Jahrgänge, zu denen auch der am 9. April 1958 geborene Ehemann gehört, die bis zum 31. Dezember 2001 erworbenen Anwartschaften gem. §§ 78 , 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS i.V.m. § 18 Abs. 2 BetrAVG (i.d.F. des Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 21. Dezember 2000) errechnet und den Versicherten als Startgutschrift in das neue Versorgungssystem übertragen, wobei der Anwartschaftsbetrag durch den Messbetrag von 4 EUR geteilt und dadurch, ohne Berücksichtigung des Altersfaktors, in Versorgungspunkte umgerechnet wird.

Grundlage für die Berechnung der Startgutschrift zum 31. Dezember 2001 ist für die Pflichtversicherten der rentenfernen Jahrgänge nach § 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS i.V.m. § 18 Abs. 2 BetrAVG das gesamtversorgungsfähige Entgelt (vgl. zur Berechnung der Startgutschrift Langenbrinck/Mühlstädt Betriebsrente der Beschäftigten im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Rdn. 109 ff., 145). Dieses war nach § 43 VBLS a.F. der monatliche Durchschnitt des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts des Versicherten, für das für die letzten drei Kalenderjahre vor dem Jahr des Versicherungsfalles Umlagen entrichtet wurden. Für die Ermittlung der Startgutschrift wird nach § 18 Abs. 2 BetrAVG zunächst eine sog. Voll-Leistung berechnet, die der Versicherte erhalten hätte, wenn er 45 Jahre im öffentlichen Dienst beschäftigt gewesen wäre und damit den Höchstversicherungssatz erreicht hätte. Die Voll-Leistung wird dabei ähnlich wie bei der Versorgungsrente nach dem bisherigen Recht ermittelt: Anhand des gesamtversorgungsfähigen Entgelts und der gesamtversorgungsfähigen Zeit wird die Gesamtversorgung des Versicherten berechnet, von der die anhand eines pauschalen Verfahrens berechnete gesetzliche Rente abgezogen wird (Langenbrinck/Mühlstädt aaO Rdn 145). Von dieser Voll-Leistung erhält der Versicherte dann je nach Dauer der Pflichtversicherung in der Zusatzversorgung einen prozentualen Anteil von 2,25 v.H. pro Pflichtversicherungsjahr.

b)

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses indessen entschieden, dass die in §§ 78 Abs. 1 u. 2, 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS für rentenferne Versicherte getroffene Übergangsregelung unwirksam ist (BGHZ 174, 127 , 172 ff., zusammengefasst von Borth, FamRZ 2008, 395 ff., und BGH Urteil vom 14. Mai 2008 - IV ZR 26/07 - FamRZ 2008, 1343, 1345). Es führe zu einer sachwidrigen und deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der rentenfernen Versicherten, soweit nach § 79 Abs. 1 Satz 1 der Satzung i.V.m. § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 BetrAVG mit jedem Jahr der aufgrund des Arbeitsverhältnisses bestehenden Pflichtversicherung lediglich 2,25 % der Vollrente erworben werden. Das Produkt aus der Zahl der Pflichtversicherungsjahre und dem Faktor 2,25 pro Pflichtversicherungsjahr halte den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG nicht stand, weil es infolge der Inkompatibilität beider Faktoren zahlreiche Versicherte vom Erreichen des 100 % Wertes ohne ausreichenden sachlichen Grund von vornherein ausschließe (vgl. hierzu näher BGHZ 174, 127 , 172 ff.). Der Senat hat sich dieser Auffassung angeschlossen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. November 2008 - XII ZB 87/06 - FamRZ 2009, 211 , 212).

Die Verfassungswidrigkeit der Übergangsregelung für rentenferne Versicherte hat zur Folge, dass die dem Ehemann zum 1. Januar 2002 gutgebrachte Startgutschrift einer ausreichenden rechtlichen Grundlage entbehrt und den Wert der bis zum Umstellungsstichtag erdienten Anwartschaft auf eine bei Eintritt des Versicherungsfalls zu leistende Rente nicht verbindlich festlegt (BGHZ 174, 127 , 176 f.). Dabei darf die mit dem Wegfall der Übergangsregelung entstandene Lücke in der VBL-Satzung nicht durch eine allgemeine gerichtliche Vorgabe oder im Einzelfall durch eine individuelle Wertberechnung mittels Sachverständigengutachtens geschlossen werden (vgl. BGHZ 174, 127 , 177). Da die §§ 78, 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS auf § 33 Abs. 1 Satz 1 ATV als einer maßgeblichen Grundentscheidung der Tarifpartner beruhen (BGHZ 174, 127 , 139), muss wegen der bestehenden Tarifautonomie die Neufassung der Übergangsregelung für rentenferne Versicherte vielmehr den Tarifvertragspartnern vorbehalten bleiben. Bei Abwägung der geschützten Interessen der Tarifpartner einerseits und der Versicherten andererseits gebietet der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz jedenfalls derzeit noch keine gerichtlichen Übergangsregelungen, weil zum einen das Interesse an alsbaldiger Klärung bei rentenfernen Versicherten weniger schwer wiegt als bei rentennahen Versicherten oder Rentenempfängern. Zum anderen ist es zulässig, dass die Gerichte sich mit Rücksicht auf Art. 9 Abs. 3 GG einer ersatzweisen Regelung enthalten, soweit - wie hier -eine Neuregelung durch die Tarifvertragsparteien in absehbarer Zeit zu erwarten ist (BGHZ 174, 127 , 177; vgl. zu den Regelungsmöglichkeiten BGHZ 174, 127 , 177).

c)

Auch im Versorgungsausgleich darf ein von der VBL mitgeteilter, nach Maßgabe der unwirksamen §§ 78, 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS bemessener Wert einer Startgutschrift nicht Grundlage einer gerichtlichen Regelung sein oder durch eine individuelle Wertberechnung des Anrechts ersetzt werden. Zudem darf nicht etwa aus prozessökonomischen Gründen der Wert der Startgutschrift anhand der bislang in der Satzung vorgesehenen (verfassungswidrigen) Übergangsregelung bestimmt werden (Senatsbeschlüsse vom 5. November 2008 - XII ZB 53/06 - FamRZ 2009, 303 , 304 und - XII ZB 87/06 - FamRZ 2009, 212).

Für die Frage, ob und in welcher Höhe eine in der Ehezeit begründete bzw. aufrechterhaltene Anwartschaft oder Aussicht auf eine Versorgung überhaupt dem Versorgungsausgleich unterliegt (§§ 1587 Abs. 1 Satz 1, 1587 a Abs. 2 BGB ), ist nämlich das zwischen dem Versicherten und dem Versorgungsträger maßgebliche Rechtsverhältnis zu beachten. Im Verfahren über den Versorgungsausgleich dürfen keine rechtlichen Maßstäbe gelten, die der betreffenden Versorgungsordnung widersprechen. Der im Versicherungsverhältnis zwischen dem Ehemann und der VBL maßgebliche Vorbehalt einer tarifvertraglichen Neuregelung ist deshalb auch im Versorgungsausgleichsverfahren grundsätzlich zu berücksichtigen (Senatsbeschlüsse vom 5. November 2008 - XII ZB 53/06 - FamRZ 2009, 303 , 304 und - XII ZB 87/06 - FamRZ 2009, 211 , 213). Ob dies auch dann gilt, wenn der Ausgleichsberechtigte bereits Rentenleistungen bezieht und er auf den Wertausgleich unter Einbeziehung des nach §§ 78, 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS i.V.m. § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG bemessenen VBL-Anrechts angewiesen ist, kann hier dahinstehen. Ein Rentenbezug der am 1. Januar 1965 geborenen ausgleichsberechtigten Ehefrau ist nicht ersichtlich.

4.

Die angefochtene Entscheidung konnte danach nicht bestehen bleiben. Die Sache war an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit es nach einer Neuregelung der Übergangsbestimmung für rentenferne Jahrgänge in der VBL-Satzung eine aktuelle Auskunft des Versorgungsträgers einholt und auf dieser Grundlage den Versorgungsausgleich neu regelt.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

a)

Das Oberlandesgericht wird das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO auszusetzen haben, solange wegen der Unwirksamkeit der Übergangsregelung für rentenferne Versicherte in §§ 78, 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS für die Bewertung der in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Startgutschrift des Ehemanns eine rechtliche Grundlage fehlt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. November 2008 - XII ZB 53/06 - FamRZ 2009, 303 , 305 und - XII ZB 87/06 - FamRZ 2009, 211 , 214). Zwar steht eine Verfahrensaussetzung nach § 148 ZPO grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichtes. Dieses Ermessen ist jedoch u.a. dann auf eine Pflicht reduziert, wenn die Voraussetzungen einer Sachentscheidung - wie hier die verbindliche Bewertung des Anrechts auf eine Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes - im betreffenden Verfahren nicht geklärt werden können (Senatsbeschlüsse vom 5. November 2008 - XII ZB 53/06 - FamRZ 2009, 303 , 305 und - XII ZB 87/06 -FamRZ 2009, 211 , 214). Dem Oberlandesgericht ist es dabei regelmäßig verwehrt, das Verfahren allein zum Zwecke der Aussetzung bis zu einer Neuregelung der VBL-Satzung an das Amtsgericht - Familiengericht - zurückzuverweisen (Senatsbeschlüsse vom 5. November 2008 - XII ZB 53/06 - FamRZ 2009, 303 , 305 und - XII ZB 87/06 - FamRZ 2009, 211 , 214).

b)

Bei der hier gegebenen Sachlage ist eine Teilentscheidung über den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich zulässig.

Da nur der ausgleichspflichtige Antragsgegner über eine betriebliche Altersversorgung und zudem über die höheren gesetzlichen Rentenanwartschaften verfügt, kann der Versorgungsausgleich teilweise durch Rentensplitting (§ 1587 Abs. 1 BGB ) geregelt werden. Eine entsprechende Teilentscheidung ist zulässig, weil im Hinblick auf den Ausgleich des betrieblichen Anrechts des Antragsgegners bei der VBL durch analoges Quasi-Splitting (§ 1 Abs. 3 VAHRG ) ein aussonderbarer Teil des Verfahrensgegenstandes vorliegt. Über ihn kann unabhängig von der Entscheidung über den restlichen Verfahrensgegenstand entschieden werden, denn er wird durch das durchzuführende Splitting nicht beeinflusst (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. Mai 1983 - IVb ZB 15/82 - FamRZ 1983, 890 , 891 und vom 13. Oktober 1982 - IVb ZB 601/81 - FamRZ 1983, 38 , 39; vgl. zum Verfahren Borth FamRZ 2008, 326, 327).

Eine Teilentscheidung zum Versorgungsausgleich ist aber erst dann geboten, wenn beim Ausgleichsberechtigten der Rentenfall bereits eingetreten ist oder zumindest bald bevorsteht. Ohne eine solche Teilentscheidung drohten dann Nachteile, weil die infolge des Wertausgleichs um den Zuschlag nach § 76 SGB VI erhöhte Rente erst vom Beginn des Kalendermonats an zu zahlen ist, in dem die Entscheidung zum Versorgungsausgleich wirksam geworden ist (Senatsbeschluss vom 5. November 2008 - XII ZB 181/05 - FamRZ 2009, 296 , 301). Solche Umstände sind hier jedoch nicht ersichtlich; die ausgleichsberechtigte Ehefrau ist vielmehr erst 44 Jahre alt.

c)

Die Umstellung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes von einem endgehaltsbezogenen Gesamtversorgungssystem auf ein Betriebsrentensystem, das auf dem Erwerb von Versorgungspunkten beruht, sowie die Übertragung der bis zur Systemumstellung von den pflichtversicherten Angehörigen rentenferner Jahrgänge erworbenen Anwartschaften in das neue System mittels sog. Startgutschriften ist im Grundsatz nicht zu beanstanden (BGHZ 174, 127 , 135, 151 u. 156 f.; vgl. zur Wirksamkeit der Übergangsregelung für sog. rentennahe Versicherte BGH Urteil vom 24.09.2008 - IV ZR 134/07 -VersR 2008, 1677 ff.).

Der Ehezeitanteil einer in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes zum 1. Januar 2002 gutgebrachten Startgutschrift errechnet sich im Versorgungsausgleichsverfahren zeitratierlich anhand des Verhältnisses der gesamtversorgungsfähigen Zeit in der Ehe zur gesamten gesamtversorgungsfähigen Zeit, jeweils bis 31. Dezember 2001 als dem für die Ermittlung der Startgutschrift maßgeblichen Stichtag (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. Januar 2009 - XII ZB 178/05 - zur Veröffentlichung bestimmt und vom 25. April 2007 - XII ZB 206/06 - FamRZ 2007, 1084 , 1085).

d)

Allerdings hat das Oberlandesgericht im Ansatz zutreffend den Ehezeitanteil des VBL-Anrechts auf ihren bei Ehezeitende bestehenden Wert zurückgerechnet. Der zeitratierlich aus der Startgutschrift ermittelte Ehezeitanteil bezieht sich nämlich wertmäßig auf den 31. Dezember 2001, welcher der für den Systemwechsel in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes maßgebliche Stichtag ist. Sofern dieser Stichtag nach dem Ehezeitende (hier der 31. Oktober 1999) liegt, beinhaltet der Ehezeitanteil auch die nachehelichen Wertentwicklungen des Anrechts, die im öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich bei der Bestimmung des Ausgleichsbetrages grundsätzlich außer Betracht zu bleiben haben (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. Januar 2009 - XII ZB 74/08 - zur Veröffentlichung bestimmt , vom 9. Mai 2007 - XII ZB 188/06 -FamRZ 2007, 1238 , 1240 und vom 14. März 2007 - XII ZB 142/06 - FamRZ 2007, 891 , 892). Nur durch die Rückrechnung ist gewährleistet, dass für die gesetzlichen und betrieblichen Anrechte der Parteien in die nach § 1587 a Abs. 1 BGB zu bildende Gesamtausgleichsbilanz - bezogen auf den 31. Oktober 1999 - vergleichbare Rechengrößen eingestellt werden. Im öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich können unter dem Gesichtspunkt des § 10 a VAHRG lediglich nach Ehezeitende eingetretene Veränderungen tatsächlicher Art berücksichtigt werden, die rückwirkend betrachtet auf der Grundlage der individuellen Verhältnisse bei Ehezeitende einen anderen Ehezeitanteil des betreffenden Versorgungsanrechts ergeben (Senatsbeschluss vom 14. März 2007 - XII ZB 142/06 - FamRZ 2007, 891 , 892 m.w.N.).

aa)

Die Rückrechnung der Startgutschrift auf das vor der Strukturreform liegende Ehezeitende darf indessen nicht durch eine fiktive Berechnung erfolgen, die sich auf die zu diesem Zeitpunkt noch geltende alte VBL-Satzung stützt. Die VBL-Satzung sieht in ihrer jetzigen Fassung eine Berechnung der im Zeitpunkt des Systemwechsels bestehenden Versorgungsanwartschaften ausschließlich für den Stichtag 31. Dezember 2001 vor. Abgesehen davon, dass eine fiktive Berechnung einer formalen und strukturell einfachen Bearbeitung im Versorgungsausgleich nicht zugänglich wäre, fehlt es damit an einer rechtlichen Grundlage für die Berechnung des Wertes der Startgutschrift zu einem vor dem 31. Dezember 2001 liegenden Zeitpunkt (vgl. OLG Celle NJW-RR 2006, 587 , 588) .

bb)

Deshalb vertreten das Beschwerdegericht (vgl. insoweit auch OLG Oldenburg FamRZ 2007, 562, 563) und wohl auch Bergner (FamRZ 2005, 602, 603) die Auffassung, die Rückrechnung eines zeitratierlich aus einer Startgutschrift zu berechnenden Ehezeitanteils auf ein vor dem 31. Dezember 2001 liegendes Ehezeitende habe generell entsprechend dem Verhältnis des aktuellen Rentenwertes bei Ehezeitende zu dem am 31. Dezember 2001 geltenden aktuellen Rentenwert zu erfolgen. Diese Methode lehne sich an die Wertentwicklung der als Vergleichsmaßstab und Umrechnungsgröße dienenden gesetzlichen Rentenversicherung an und sei überdies jederzeit einfach durch Einsetzen der allgemein zugänglichen Rentenwerte durchzuführen, d.h. ohne eine zusätzliche einzelfallbezogene Berechnung (OLG Oldenburg FamRZ 2007, 562, 563).

Eine andere Ansicht will die Rückrechnung anhand des Verhältnisses des gesamtversorgungsfähigen Entgelts bei Ehezeitende zum gesamtversorgungsfähigen Entgelt am 31. Dezember 2001 vornehmen, da die Entwicklung des gesamtversorgungsfähigen Entgelts die individuelle Steigerung des Anrechts ausdrücke, die bezogen auf die nach Ehezeitende liegende Zeit außer Betracht zu bleiben habe (vgl. OLG Celle NJW-RR 2006, 587 , 588) . Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an.

cc)

Für eine Rückrechnung anhand der Entwicklung des aktuellen Rentenwertes spricht zwar die Einfachheit des Rechenwegs unter Zugrundelegung allgemein zugänglicher Werte. Allerdings hat der Senat bereits entscheiden, dass die Rückrechnung eines Anrechts auf das Ehezeitende nicht generell nach der Entwicklung des für die gesetzliche Rentenversicherung geltenden aktuellen Rentenwerts erfolgen darf. Sie muss vielmehr die Besonderheiten der jeweiligen Versorgung beachten (Senatsbeschluss vom 14. Januar 2009 - XII ZB 74/08 - zur Veröffentlichung bestimmt). Vorliegend ist der aktuelle Rentenwert aber nach der derzeit in § 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS i.V.m. § 18 Abs. 2 BetrAVG enthaltenen Berechnungsformel keine maßgebliche Bemessungsgrundlage für die Ermittlung einer Startgutschrift. Ausgangsbasis für deren Berechnung ist das gesamtversorgungsfähige Entgelt (vgl. oben, Ziff. II.3.a). Die Entwicklung des gesamtversorgungsfähigen Entgelts des Versicherten bis zum Stichtag 31. Dezember 2001 spiegelt somit im Regelfall auch die individuelle Wertsteigerung der in der Startgutschrift verkörperten Anwartschaft bei der VBL wider, die im Versorgungsausgleich hinsichtlich der nach Ehezeitende liegenden Zeit nicht zu berücksichtigen ist (vgl. für die Rückrechnung einer laufenden Besitzstandsrente Senatsbeschluss vom 14. Januar 2009 - XII ZB 74/08 - zur Veröffentlichung bestimmt; OLG Celle FamRZ 2006, 271 , 274) .

e)

Der auf den 31. Oktober 1999 bezogene Ehezeitanteil der Anwartschaft des Ehemanns bei der VBL ist zudem in ein volldynamisches Anrecht umzurechnen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind die Versorgungsanrechte bei der VBL seit der Satzungsänderung zum 1. Januar 2002 im Anwartschaftsstadium als statisch und im Leistungsstadium als volldynamisch zu beurteilen (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 160, 41 , 44 ff. = FamRZ 2004, 1474 , 1475 f.) . Das gilt nach dem derzeitigen Satzungsrecht auch für eine als Besitzstand festgestellte und in Versorgungspunkte umgerechnete Startgutschrift (Senatsbeschlüsse vom 5. November 2008 - XII ZB 53/06 - FamRZ 2009, 303 ff., - XII ZB 87/06 - FamRZ 2009, 211 ff. und vom 6. Februar 2008 - XII ZB 66/07 - FamRZ 2008, 770 , 771). Bei einer erneuten Entscheidung wird das Oberlandesgericht das Anrecht deshalb gegebenenfalls unter Anwendung der aktuellen Barwert-Verordnung in ein insgesamt volldynamisches Anrecht umzurechnen haben.

Vorinstanz: OLG Oldenburg, vom 07.02.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 11 UF 86/01
Vorinstanz: AG Osnabrück, vom 19.03.2001 - Vorinstanzaktenzeichen 10 F 348/99
Fundstellen
BGHReport 2009, 728
FamRB 2009, 239
FamRZ 2009, 950
NJW-RR 2009, 1081