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BGH - Entscheidung vom 07.04.2009

EnVR 27/08

Normen:
EnWG § 21 Abs. 2
EnWG § 23a
GasNEV § 7

BGH, Beschluss vom 07.04.2009 - Aktenzeichen EnVR 27/08

DRsp Nr. 2009/17499

Begriff des betriebsnotwendigen Umlaufvermögens i.S. von § 21 Abs. 2 EnWG

1. Die Regulierungsbehörde darf im Rahmen der Eigenkapitalverzinsung das Umlaufvermögen des Betreibers eines Energieversorgungsnetzes nur insoweit in Ansatz bringen, als dieses betriebsnotwendig ist. Der Antragsteller hat die für die Prüfung der Betriebsnotwendigkeit maßgeblichen Umstände darzulegen. 2. Als betriebsnotwendig sind in der Regel liquide Mittel in Höhe von einem Monatsumsatz anzuerkennen.

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur zu tragen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 290.000 EUR festgesetzt.

Normenkette:

EnWG § 21 Abs. 2 ; EnWG § 23a; GasNEV § 7;

Gründe:

I.

Die Antragstellerin betreibt ein Gasversorgungsnetz im südlichen Brandenburg und Teilen von Sachsen und Sachsen-Anhalt. Am 30. Januar 2006 beantragte sie bei der Bundesnetzagentur die Genehmigung der Entgelte für den Netzzugang gemäß § 23a EnWG . Mit Beschluss vom 12. April 2007 genehmigte die Bundesnetzagentur - unter Ablehnung des weitergehenden Antrags - für den Zeitraum vom 13. April 2007 bis 31. März 2008 niedrigere als die beantragten Höchstpreise. Sie begründete dies unter anderem mit einer Kürzung des Umlaufvermögens im Rahmen der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.

1.

Das Beschwerdegericht hat die von der Bundesnetzagentur bei der Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung vorgenommene Kürzung des Umlaufvermögens in Bezug auf die liquiden Mittel auf einen Monatsumsatz gebilligt. Es hat dies damit begründet, dass bei der Ermittlung des betriebsnotwendigen Eigenkapitals gemäß § 7 GasNEV (in der bis zum 5. November 2007 geltenden Fassung; im Folgenden: a.F.) zwar grundsätzlich die Bilanzwerte des Umlaufvermögens zu berücksichtigen seien. Dies schließe aber eine Kürzung des Umlaufvermögens wegen mangelnder Wettbewerbskonformität gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 EnWG nicht aus. Die Bundesnetzagentur habe das Umlaufvermögen zulässigerweise unter Zuhilfenahme der Kennzahlen der Deutschen Bundesbank über die Ertrags- und Finanzierungsverhältnisse im Wettbewerb stehender deutscher Unternehmen auf ein wettbewerbsanaloges Maß zurückgeführt. Danach habe der ermittelte Durchschnittswert für den Anteil der liquiden Mittel am Umsatz 5,38% und für den Anteil der Forderungen 19,82% betragen, so dass die von der Bundesnetzagentur unter Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlags anerkannten Anteile der liquiden Mittel am Umsatz von einem Monatsumsatz (= 8,33%) und der Forderungen von 25% nicht zu beanstanden seien. Dies werde auch durch einen Vergleich mit dem nationalen Netzbetreiber in Großbritannien gestützt, für den diese Anteile 7,6% bzw. 15,1% ausmachten. Demgegenüber habe die Antragstellerin nicht substantiiert dargelegt, dass diese Anteile bei ihr aufgrund unternehmensindividueller Besonderheiten höher lägen. Vielmehr beschränke sich ihr Vorbringen lediglich auf allgemeine Aussagen zur Notwendigkeit von Finanzmitteln, die sie zur Durchführung von Reinvestitionen und zur Deckung von kurz- bis mittelfristigen Verbindlichkeiten benötige.

2.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

a)

Wie der Senat mit Beschluss vom 3. März 2009 (EnVR 79/07) entschieden und im Einzelnen begründet hat, ist eine Korrektur der Bilanzwerte des Umlaufvermögens nach dem Maßstab der Betriebsnotwendigkeit vorzunehmen. Die Umstände, aus denen sich die Betriebsnotwendigkeit ergibt, hat der Netzbetreiber im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten nach § 23a EnWG darzulegen und zu beweisen. Soweit ihm dieser Nachweis nicht gelingt und die Regulierungsbehörde - wie hier - aufgrund allgemeiner Kennzahlen pauschale Ansätze zugrunde legt, wird der Netzbetreiber nicht beschwert.

b)

Die Antragstellerin hat den Nachweis für die Betriebsnotwendigkeit der von ihr angesetzten liquiden Mittel nicht erbracht.

Soweit sie die Betriebsnotwendigkeit mit dem Erfordernis der Deckung kurzfristiger Verbindlichkeiten begründet, hat sie diese in dem Schreiben vom 21. Juli 2006 nur pauschal aufgeführt, ohne sie im Einzelnen darzulegen und nachzuweisen. Vor allem ist nicht nachvollziehbar, weshalb hierunter auch die Position Eigenkapitalverzinsung fallen soll, deren Höhe nahezu den gesamten Kürzungsbetrag ausmacht. Die Einstellung dieser Kostenposition in das Umlaufvermögen würde zu einer nochmaligen Verzinsung der Eigenkapitalverzinsung und damit einer Überbezahlung der Investition durch den Netznutzer führen. Wirtschaftlich würde hiermit ein Inflationsausgleich für bereits abgeschriebene, aber weiter genutzte Anlagen angesetzt werden, was jedoch - wie der Senat mit Beschluss vom 14. August 2008 ( KVR 42/07, WuW/E 2395 Tz. 61 ff. - Rheinhessische Energie) zur Stromnetzentgeltverordnung im Einzelnen begründet hat - nicht zulässig ist.

Die Antragstellerin hat die Betriebsnotwendigkeit der liquiden Mittel auch nicht mit dem erforderlichen Ausgleich von Liquiditätsschwankungen nachvollziehbar begründet. Sie beschränkt sich insoweit auf einen pauschalen Hinweis auf eine "zwingende Mindestausstattung" mit liquiden Mitteln, ohne - wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat - die konkreten Mittelzu- und -abflüsse auch nur ansatzweise substantiiert darzulegen.

Schließlich kann sich die Antragstellerin auch nicht darauf berufen, dass die Bundesnetzagentur eine Gesamtbetrachtung ihres Umlaufvermögens hätte vornehmen müssen, weil einem hohen Kassenbestand ein auffällig niedriger Forderungsbestand gegenüber gestanden habe. Zwar kann zwischen beiden ein Zusammenhang bestehen, so etwa wenn ein Großteil der ausstehenden Forderungen kurz vor dem für den Entgeltgenehmigungsantrag maßgeblichen Stichtag bezahlt worden ist. Dass dies bei der Antragstellerin der Fall war, hat sie aber nicht nachvollziehbar vorgetragen.

c)

Da die Antragstellerin bereits die Betriebsnotwendigkeit der von ihr angesetzten liquiden Mittel nicht nachgewiesen hat, geht ihr Einwand, bei einer pauschalen Deckelung des Umlaufvermögens müsste auch das Abzugskapital entsprechend gekürzt werden, von vornherein ins Leere. Die Höhe des Abzugskapitals bemisst sich vielmehr nach den Maßgaben des § 7 Abs. 2 GasNEV.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG .

IV.

Der Wert des Verfahrensgegenstands wird in Übereinstimmung mit der Schätzung des Beschwerdegerichts auf 290.000 EUR festgesetzt (§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG i.V. mit § 3 ZPO ).

Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 27.02.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 3 Kart 70/07 V