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BGH - Entscheidung vom 20.03.2009

2 StR 545/08

Normen:
StPO § 26a Abs. 1
StPO § 349 Abs. 2

Fundstellen:
NStZ-RR 2009, 207
StraFo 2009, 239
wistra 2009, 317

BGH, Beschluss vom 20.03.2009 - Aktenzeichen 2 StR 545/08

DRsp Nr. 2009/8684

Befangenheitsgesuch wegen Zweifeln an der prozessordnungsgemäßen Leitung der Verhandlung durch den Vorsitzenden der Strafkammer; Verwerfung einer Revision gegen ein Urteil als offensichtlich unbegründet

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juli 2008 wird als offensichtlich unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Normenkette:

StPO § 26a Abs. 1 ; StPO § 349 Abs. 2 ;

Gründe:

Ergänzend bemerkt der Senat:

Anlass zu einem über die Darlegungen des Generalbundesanwalts in seiner Zuschrift an den Senat hinausgehenden Hinweis gibt nur die gegen die Ablehnung des zweiten Befangenheitsantrags (Revisionsbegründung S. 28 ff.) gerichtete Verfahrensrüge. Es kann dahinstehen, ob der vom Generalbundesanwalt insoweit als zulässig angesehene Austausch des Zurückweisungsgrundes gemäß § 26 a Abs. 1 StPO hier überhaupt in Betracht kommt. Denn das erkennende Gericht hat die Verwerfung des Befangenheitsgesuchs zu Recht auf § 26 a Abs. 1 Nr. 2 StPO gestützt. Aus dem von der Revision selbst vorgetragenen Verfahrensablauf ergibt sich ohne jeden Zweifel, dass der abgelehnte Vorsitzende der Strafkammer die Verhandlung in jeder Hinsicht prozessordnungsgemäß leitete. Seine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, weil er nicht eine Unterbrechung der Hauptverhandlung zur Abgabe von Stellungnahmen verfügte, um die kein Verfahrensbeteiligter gebeten hatte, entbehrte offensichtlich der sachlichen Grundlage.

Der von der Revision zu den Verfahrensrügen vorgetragene Prozesssachverhalt zum Ablauf der Hauptverhandlung macht beispielhaft deutlich, dass eine auf sachwidrige Konfrontation, Verfahrenserschwerung und Provokation gerichtete Verteidigungsstrategie weder den individuellen Interessen des Beschuldigten noch dem Allgemeininteresse an einem fairen, zügigen und offenen rechtsstaatlichen Strafverfahren dient. Die hier mit den Befangenheitsgesuchen des Verteidigers K.-N. vorgebrachten Vorwürfe, die abgelehnten Richter hätten "mit aller Deutlichkeit gezeigt, dass ihnen die Rechte des Angeklagten völlig gleichgültig sind" (Befangenheitsantrag 1) und hätten Verfahrensgrundrechte des Angeklagten "schwerwiegend und offenbar bewusst vereitelt" (Befangenheitsantrag 2), waren angesichts der verfahrensfehlerfreien, ersichtlich prozessordnungsgemäßen Verhandlungsführung gänzlich haltlos und konnten kaum anderen Zwecken als dem der Provokation dienen. Mit einer engagierten, gegebenenfalls auch mutigen Strafverteidigung im (wohlverstandenen) Interesse des Beschuldigten hat ein solches Verhalten kaum mehr etwas zu tun.

Es führt, wenn es gehäuft oder systematisch auftritt oder gar als Reaktion auf die Ablehnung von Vereinbarungen angedroht oder zu deren Erzwingung durchgeführt wird, zu einer schwerwiegenden Belastung des Strafprozesses insgesamt, zu Forderungen rechtspolitischer Gegenmaßnahmen und zu einer Veränderung der Prozesskultur, welche den Interessen der Beschuldigten nicht nützt, sondern entgegenwirkt.

Vorinstanz: LG Frankfurt/Main, vom 15.07.2008
Fundstellen
NStZ-RR 2009, 207
StraFo 2009, 239
wistra 2009, 317