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BGH - Entscheidung vom 03.04.2009

V ZB 45/09

Normen:
ZPO § 570 Abs. 3
ZPO § 575 Abs. 5
ZVG § 85a

BGH, Beschluss vom 03.04.2009 - Aktenzeichen V ZB 45/09

DRsp Nr. 2009/8978

Aussetzung der Vollziehung des Zuschlagsbeschlusses in der Zwangsversteigerung wegen Verstoßes der Beschwerdeentscheidung gegen den Anspruch auf den gesetzlichen Richter wegen unrichtiger Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts

Eine möglicherweise rechtsmissbräuchliche Gebotsabgabe im ersten Versteigerungstermin ist im zweiten Versteigerungstermin auch dann beachtlich, wenn der Zuschlagsversagungsbeschluss vom Schuldner nicht angefochten worden ist.

Tenor:

Die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 29. Mai 2008 - 61 K 155/05 - wird bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde der Schuldner ausgesetzt.

Normenkette:

ZPO § 570 Abs. 3 ; ZPO § 575 Abs. 5 ; ZVG § 85a;

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1 betreibt die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Miteigentumsanteils der Schuldnerin.

In einem ersten Versteigerungstermin wurde der Zuschlag nach § 85a Abs. 1 ZVG versagt. Im Termin vom 19. Mai 2008 blieb der Beteiligte zu 2 mit einem unter der Hälfte des Grundstückswerts liegenden Gebot Meistbietender. Mit Beschluss vom 29. Mai 2008 erteilte ihm das Vollstreckungsgericht den Zuschlag.

Die Zuschlagsbeschwerde der Schuldnerin, mit der sie unter anderem geltend macht, die Wertgrenze des § 85a ZVG habe im zweiten Termin fortgegolten, weil das im ersten Termin abgegebene Gebot rechtsmissbräuchlich gewesen sei, hat das Landgericht - Einzelrichterin - zurückgewiesen.

Mit der von der Einzelrichterin zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Schuldnerin weiterhin die Versagung des Zuschlags.

Ferner beantragt sie,

die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde auszusetzen.

II.

Der Aussetzungsantrag hat Erfolg.

Gemäß § 575 Abs. 5 i.V.m. § 570 Abs. 3 ZPO kann das Rechtsbeschwerdegericht die Vollziehung eines mit der Beschwerde erfolglos angefochtenen Beschlusses aussetzen, wenn dem Rechtsbeschwerdeführer durch die Vollziehung größere Nachteile drohen, als den anderen Beteiligten im Falle der Aussetzung, die Rechtslage zumindest zweifelhaft ist und die Rechtbeschwerde zulässig erscheint (BGH, Beschl. v. 21. März 2002, IX ZB 48/02, NJW 2002, 1658 f.; Beschl. v. 6. August 2003, VIII ZB 77/03, WuM 2003, 509 f.; Beschl. v. 10. Oktober 2003, IXa ZB 247/03, ZfIR 2004, 445). So verhält es sich hier.

Die Entscheidung des Beschwerdegerichts wird voraussichtlich schon deshalb aufzuheben sein, weil die Einzelrichterin einerseits keinen Anlass gesehen hat, die Sache gemäß § 568 Satz 2 ZPO der Kammer zu übertragen, andererseits aber die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 11. September 2003, XII ZB 188/02, NJW 2003, 3712 ). Der Beschluss begegnet aber auch in der Sache erheblichen Bedenken. Die Annahme des Beschwerdegerichts, eine möglicherweise rechtsmissbräuchliche Gebotsabgabe im ersten Versteigerungstermin sei unbeachtlich, weil der Zuschlagsversagungsbeschluss von der Schuldnerin nicht angefochten worden sei, widerspricht nämlich der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 172, 218 , 236).

Bereits aus diesem Grund erscheinen die der Schuldnerin bei einer Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss, insbesondere bei einer Zwangsräumung, drohenden Nachteile deutlich schwerwiegender, als die Nachteile, die für den Ersteher mit der einstweiligen Aussetzung der Vollstreckung verbunden sind.

Vorinstanz: LG Darmstadt, vom 11.03.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 23 T 131/08
Vorinstanz: AG Darmstadt, vom 29.05.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 61 K 155/05