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BGH - Entscheidung vom 29.04.2009

XII ZB 182/07

Normen:
BGB § 1587
BGB § 1587a Abs. 2
VAHRG § 10a Abs. 1

Fundstellen:
BGHReport 2009, 991
FamRB 2009, 274
FamRZ 2009, 1309
MDR 2009, 1047
NJW-RR 2009, 1297

BGH, Beschluss vom 29.04.2009 - Aktenzeichen XII ZB 182/07

DRsp Nr. 2009/15358

Außerachtlassung der Kürzung eines betrieblichen Anrechts wegen einer vor der Regelaltersgrenze liegenden Inanspruchnahme im Versorgungsausgleich; Zurückrechnung des Ehezeitanteils einer bereits laufenden Rente auf seinen bei Ehezeitende bestehenden Wert auch im Abänderungsverfahren über den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich

a) Ist ein betriebliches Anrecht wegen einer vor der Regelaltersgrenze liegenden Inanspruchnahme unmittelbar gekürzt worden, so hat die Kürzung im Versorgungsausgleich außer Betracht zu bleiben, soweit die für den verminderten Zugangsfaktor maßgeblichen Kalendermonate außerhalb der Ehezeit liegen (im Anschluss an die Senatsbeschlüsse vom 4. März 2009 - XII ZB 117/07 - zur Veröffentlichung bestimmt; vom 29. Oktober 2008 - XII ZB 69/06 - FamRZ 2009, 107 ff.; vom 1. Oktober 2008 - XII ZB 34/08 - FamRZ 2009, 28 ff.; vom 9. Mai 2007 - XII ZR 77/06 - FamRZ 2007, 1542 ff. und vom 22. Juni 2005 - XII ZB 117/03 - FamRZ 2005, 1455 ff.). b) Im öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich ist auch im Abänderungsverfahren der Ehezeitanteil einer bereits laufenden Rente grundsätzlich auf seinen bei Ehezeitende bestehenden Wert zurückzurechnen (im Anschluss an den Senatsbeschluss vom 14. Januar 2009 - XII ZB 74/08 - FamRZ 2009, 586 f.).

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des 12. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. Oktober 2007 aufgehoben.

Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kamen vom 20. November 2006 insoweit abgeändert, dass die im Wege des analogen Quasi-Splittings zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der deutschen Rentenversicherung Bund begründeten Rentenanwartschaften monatlich 127,79 DM (65,34 EUR) betragen (statt 118,78 DM), bezogen auf den 31. August 1996.

Die Kosten des Beschwerde und des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 2.000 EUR

Normenkette:

BGB § 1587 ; BGB § 1587a Abs. 2 ; VAHRG § 10a Abs. 1 ;

Gründe:

I.

Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL, weitere Beteiligte zu 1) begehrt die Abänderung einer rechtskräftigen Entscheidung über den Versorgungsausgleich.

Die am 18. Februar 1966 geschlossene Ehe der Parteien wurde aufgrund eines am 16. September 1996 zugestellten Antrags durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 14. März 1997 geschieden. Im Rahmen der rechtskräftigen Verbundentscheidung wurde der Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass durch Rentensplitting (§ 1587 b Abs. 1 BGB ) vom Versicherungskonto des Ehemanns (Antragsgegner, geboren am 25. Februar 1942) bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund, weitere Beteiligte zu 2, im Folgenden: DRV Bund) Rentenanwartschaften in Höhe von 325,34 DM (166,34 EUR) auf das Versicherungskonto der Ehefrau (Antragstellerin, geboren am 17. Januar 1936) bei der DRV Bund - bezogen auf den 31. August 1996 - übertragen wurden. Zudem wurden zu Lasten der Versorgung des Ehemanns bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL, weitere Beteiligte zu 1) durch analoges Quasi-Splitting (§ 1 Abs. 3 VAHRG ) auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der DRV Bund Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 64,76 DM (33,11 EUR) begründet, bezogen auf den 31. August 1996.

Im Abänderungsverfahren hat das Amtsgericht - Familiengericht - aktuelle Auskünfte der beteiligten Versicherungsträger über die in der Ehezeit (1. Februar 1966 bis 31. August 1996, § 1587 Abs. 2 BGB ) erworbenen Anrechte der Parteien eingeholt. Danach verfügt der Ehemann über ehezeitliche gesetzliche Rentenanrechte bei der DRV Bund in Höhe von monatlich 1.182,23 EUR (2.312,24 DM), bezogen auf das Ende der Ehezeit. Seit März 2002 erhält der Ehemann (mit Vollendung des 60. Lebensjahres) daraus gesetzliche Rentenleistungen. Außerdem war der Ehemann vom 1. Juli 1978 bis zum 31. August 1996 bei der VBL pflichtversichert und dort für die Zeit ab 1. September 1996 beitragsfrei versichert. Er bezieht seit März 2002 (mit Vollendung des 60. Lebensjahres) eine Betriebsrente der VBL, die wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme nach § 35 Abs. 3 VBL-S i.V.m. § 77 SGB VI mit einem verminderten Zugangsfaktor von 0,82 berechnet wird. Ohne Berücksichtigung des Abschlags für den vorzeitigen Rentenbezug beträgt die (ausschließlich in der Ehezeit erworbene) Betriebsrente 214,98 EUR. Die Ehefrau hat in der Ehezeit gesetzliche Rentenanrechte bei der DRV Bund in Höhe von monatlich 803,57 EUR (1.571,64 DM) erworben, wiederum bezogen auf das Ehezeitende. Sie bezieht daraus seit dem 1. Dezember 1999 eine gesetzliche Altersrente.

Auf der Grundlage der neu erteilten Auskünfte hat das Amtsgericht - Familiengericht - die Verbundentscheidung zum Versorgungsausgleich für die Zeit ab 1. Juni 2006 dahin abgeändert, dass durch Splitting Rentenanwartschaften des Ehemanns in Höhe von 189,33 EUR (370,30 DM) auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der DRV Bund übertragen sowie weitere Rentenanwartschaften in Höhe von 60,73 EUR (118,78 DM) durch analoges Quasi-Splitting zu Lasten der Zusatzversorgung des Ehemannes auf dem Versicherungskonto der Ehefrau begründet werden (jeweils bezogen auf den 31. August 1996). Dabei hat es das Anrecht des Ehemanns bei der VBL als im Leistungsstadium volldynamisch behandelt und unter Zugrundelegung der Barwert-Verordnung in ein insgesamt volldynamisches Anrecht von 121,47 EUR (237,57 DM) umgerechnet.

Auf die Beschwerde der VBL, mit der sie eine fehlerhafte Anwendung der Barwert-Verordnung beanstandet, hat das Oberlandesgericht das Anrecht des Ehemanns bei der VBL insgesamt als volldynamisch behandelt und die Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich dahin abgeändert, dass neben dem Rentensplitting in Höhe von 189,33 EUR (370,30 DM) ab 1. Juni 2006 durch analoges Quasi-Splitting zu Lasten der Versorgung des Ehemanns bei der VBL auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der DRV Bund Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 98,62 EUR (192,88 DM) - bezogen auf den 31. August 1996 - zu begründen sind.

Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der VBL, mit der sie sich gegen die Bewertung des bei ihr bestehenden Anrechts im Abänderungsverfahren als insgesamt volldynamisch wendet.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.

1.

Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Zutreffend habe die VBL das bei ihr bestehende Anrecht des Ehemanns mit dem Wert mitgeteilt, wie er sich ohne die infolge des vorzeitigen Rentenbezugs vorzunehmenden Abschläge ergebe. Die durch den vorgezogenen Ruhestand eingetretene Verminderung der Rente sei unbeachtlich, weil die hierfür maßgeblichen Zeiten ausschließlich nach dem für das Ehezeitende maßgeblichen Stichtag lägen. Wegen des nunmehr erreichten Leistungsstadiums sei die VBL-Rente des Ehemanns aber als insgesamt volldynamische Versorgung in die Ausgleichsbilanz einzustellen. Eine im Zeitpunkt der Entscheidung über den Abänderungsantrag nach § 10 a VAHRG bereits laufende, im Leistungsstadium volldynamische Rente sei nämlich - unabhängig von einer Anwartschaftsdynamik - ohne Umrechnung nach Maßgabe der Barwert-Verordnung im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen.

Im Rahmen der Abänderungsentscheidung sei nicht der Wert entscheidend, den das VBL-Anrecht bei Rentenbeginn im März 2002 gehabt habe. Maßgeblich sei nach der Wert im Zeitpunkt der Entscheidung. Die fiktiv ungekürzte Rente könne aber nicht im vollen Umfang um die seit März 2002 in Höhe von 1 % p.a. erfolgten Wertsteigerungen erhöht werden. Bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres des Ehemanns (25. Februar 2007) beruhten diese nämlich nur darauf, dass die Rente vorzeitig und unter Hinnahme von Abschlägen bezogen wurde. Wenn aber die infolge der vorzeitigen Inanspruchnahme vorzunehmenden Abschläge unberücksichtigt blieben, dürften auch die auf dem vorzeitigen Leistungsbeginn beruhenden Wertsteigerungen keine Beachtung finden. Die Rentensteigerungen dürften vielmehr nur berücksichtigt werden, soweit sie nach Erreichen des 65. Lebensjahres eingetreten seien. Deshalb sei vorliegend lediglich die zum 1. Juli 2007 erfolgte Wertsteigerung zu beachten, der mitgeteilte Ehezeitanteil von 214,98 EUR erhöhe sich deshalb um 1 % auf 217,13 EUR.

Im öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich könne allerdings nicht der derzeitige (fiktive) Zahlbetrag der VBL-Rente berücksichtigt werden. Vielmehr müsse das Anrecht - ebenso wie die gesetzlichen Rentenanwartschaften beider Parteien - auf das Ende der Ehezeit als dem gesetzlichen Bewertungsstichtag (§ 1587 Abs. 2 BGB ) zurückgerechnet werden. Dies könne bei Beachtung des Halbteilungsgrundsatzes jedoch nur anhand der Entwicklung des aktuellen Rentenwerts erfolgen, denn auch der Wertausgleich erfolge letztlich durch die Begründung von Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung; zur Sicherung der Dynamik finde dabei nach § 1587 b Abs. 6 BGB eine Umrechnung des geschuldeten Ausgleichsbetrages in Entgeltpunkte statt, aus denen sich durch Multiplikation mit dem jeweils gültigen aktuellen Rentenwert der jeweils aktuell an die Antragstellerin auszuzahlende Rentenbetrag ermittle. Indem die errechnete fiktive VBL-Rente des Ehemannes von derzeit 217,13 EUR durch den aktuellen Rentenwert (26,27 EUR) geteilt und mit dem für das Ehezeitende maßgeblichen aktuellen Rentenwert von 46,67 DM multipliziert werde, errechne sich ein zum Stichtag Ehezeitende maßgeblicher Wert von 197,23 EUR = 385,75 DM.

Die Ehefrau verfüge über ehezeitliche Anrechte in Höhe von 1.571,64 DM (803,57 EUR), der Ehemann über solche in Höhe von insgesamt (2.312,24 DM + 385,75 DM =) 2.697,99 DM (1.379,46 EUR). In Höhe von ([ 2.697,99 - 1.571,64] : 2 =) 563,18 DM (287,95 EUR) sei der Ehemann mithin ausgleichspflichtig. Der Wertausgleich habe durch Rentensplitting in Höhe von ([ 2.312,24 - 1.571,64] : 2 =) 370,30 DM (189,33 EUR) und durch analoges Quasi-Splitting zu Lasten der Versorgung des Ehemanns bei der VBL in Höhe von (385,75 : 2 =) 192,88 DM (98,62 EUR) zu erfolgen. Dabei seien die Voraussetzungen einer Änderung nach § 10 a Abs. 1 , 2 VAHRG gegeben, insbesondere sei die Änderung in Höhe von insgesamt (563,18 DM - 390,10 DM =) 173,08 DM (88,49 EUR) wesentlich.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

2.

Allerdings ist das Oberlandesgericht bei der Bewertung des VBL-Anrechts im öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich im Ansatz zutreffend von der bereits laufenden Rente des Ehemanns ausgegangen. Zwar bezog dieser zum Stichtag Ehezeitende noch keine Leistungen aus seiner Zusatzversorgung. Erhält indessen ein Ehegatte im Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG im Zeitpunkt der Entscheidung bereits eine Rente, ist der auf das Ende der Ehezeit bezogene Teil dieser laufenden Versorgung und nicht der Ehezeitanteil einer zuvor gegebenen Anwartschaft in den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen, weil dies dem Halbteilungsgrundsatz am ehesten entspricht (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 172, 177 , 182 = FamRZ 2007, 1238 , 1239 und zum Rentenbezug vor einer Entscheidung im Ausgangsverfahren Senatsbeschluss vom 25. April 2007 - XII ZB 206/06 - FamRZ 2007, 1084 , 1085).

3.

Der Ehemann hat das ihm zum 1. März 2002 bewilligte VBL-Anrecht mit einem Wert von 214, 98 EUR vollständig in der Ehezeit erworben.

Die seit 1. März 2002 gewährte VBL-Rente des Ehemanns beruht nach der Auskunft des Versorgungsträgers wegen des Systemwechsels in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (vgl. hierzu Wick; FamRZ 2008, 1223, 1226 ff.) ausschließlich auf einer dem Ehemann zum 1. Januar 2002 gutgebrachten Startgutschrift, die gemäß §§ 78 Abs. 1, 80 VBL-S nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Versicherungsrentenberechnung (§§ 44 f. VBL-S a.F.) ermittelt worden ist. Soweit eine laufende Rente aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ausschließlich auf einer solchen Startgutschrift beruht, ist deren Ehezeitanteil nach der Rechtsprechung des Senats gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 lit. b BGB rein zeitratierlich aus dem Verhältnis der gesamtversorgungsfähigen Zeit in der Ehe bis Ende 2001 zur gesamten gesamtversorgungsfähigen Zeit bis Ende 2001 zu ermitteln (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Januar 2009 - XII ZB 178/05 - FamRZ 2009, 591 , 594). Hier liegt die vom Ehemann in der Ehe zurückgelegte zusatzversorgungspflichtige Zeit (1. Juli 1978 bis 31. August 1996) vollständig innerhalb der von ihm bis 31. Dezember 2001 insgesamt zurückgelegten zusatzversorgungspflichtigen Zeit (1. Februar 1966 bis 31. August 1996); das ab 1. März 2002 fiktiv - ohne den Abschlag wegen vorzeitigen Leistungsbezugs - in Höhe von 214,98 EUR bestehende Rentenanrecht hat er mithin insgesamt in der Ehezeit erdient.

4.

Das Oberlandesgericht hat die VBL-Rente des Ehemanns zu Recht mit 214,98 EUR bewertet, also ohne den Abschlag für die vor Vollendung des 65. Lebensjahres erfolgte Inanspruchnahme.

a)

Die Höhe eines in der Ehezeit erworbenen betrieblichen Versorgungsanrechts bestimmt sich grundsätzlich nach den Verhältnissen am letzten Tag der Ehezeit als dem maßgeblichen Bewertungsstichtag (vgl. Senatsbeschluss vom 14. März 2007 - XII ZB 142/06 - FamRZ 2007, 891 , 892). Nach dem in § 1587 a Abs. 1 Satz 2 BGB niedergelegten Halbteilungsgrundsatz ist der ausgleichsberechtigte Ehegatte zur Hälfte an allen ehezeitlich erworbenen Versorgungsanwartschaften und -rechten des anderen Ehegatten zu beteiligen. Dieser Grundsatz lässt sich aber regelmäßig nur dann verwirklichen, wenn das betreffende Anrecht im Versorgungsausgleich mit seinem zum Stichtag Ehezeitende tatsächlich erreichten wirtschaftlichen Wert unter Zugrundelegung der bis dahin erlangten wertbestimmenden Merkmale Berücksichtigung findet (Senatsbeschluss vom 11. Juni 2008 - XII ZB 115/08 - FamRZ 2008, 1602 , 1603).

b)

Nach Ehezeitende eintretende tatsächliche Veränderungen eines Versorgungsanrechts sind im öffentlichrechtlichen Wertausgleich dann zu beachten, wenn sie rückwirkend betrachtet auf der Grundlage der individuellen, zum Bewertungsstichtag bestehenden Verhältnisse den ehezeitbezogenen Wert ändern. Wegen des Stichtagsprinzips bleiben allerdings nachehezeitliche Veränderungen außer Betracht, die keinen Bezug zum ehezeitlichen Erwerb aufweisen und nach Maßgabe der zum Ehezeitende bestehenden individuellen Bemessungsgrundlagen keinen Einfluss auf den Ehezeitanteil der Versorgung haben (Senatsbeschlüsse vom 14. Januar 2009 - XII ZB 74/08 - FamRZ 2009, 586 , 588 und vom 14. März 2007 - XII ZB 142/06 - FamRZ 2007, 891 , 892; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 10 a VAHRG Rdn. 16).

Bei der Bestimmung des Ehezeitanteils einer betrieblichen Altersversorgung ist deshalb nicht mehr von einer Betriebszugehörigkeit bis zu der in der Versorgungsregelung vorgesehenen festen Altersgrenze im Sinne von § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 lit. a BGB auszugehen, wenn die Betriebszugehörigkeit zwar nach dem Ende der Ehezeit, aber vor dem für die tatrichterliche Entscheidung über den Versorgungsausgleich maßgeblichen Zeitpunkt vorzeitig geendet hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. März 2007 - XII ZB 142/06 - FamRZ 2007, 891 , 892 und vom 16. August 2000 - XII ZB 73/98 - FamRZ 2001, 25, 26) . Hingegen hat die unmittelbare Kürzung des Anrechts infolge des vorzeitigen Rentenbezugs durch einen Zugangsfaktor (hier nach § 35 Abs. 3 VBL-S i.V.m. § 77 SGB VI ) grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, soweit die für die Verminderung maßgeblichen Zeiten nach dem Ende der Ehezeit liegen. Der Zugangsfaktor ist Teil der individuellen Bemessungsgrundlagen des Anrechts, deren nachehezeitliche Änderung unberücksichtigt bleiben muss. Als volle Versorgung ist in diesem Fall das (nach den auch sonst maßgeblichen Bemessungsgrundlagen errechnete) Altersruhegeld vor Anwendung des in der Versorgungsordnung vorgesehenen Kürzungsfaktors zugrunde zu legen (Staudinger/Rehme BGB [2004] § 1587 a Rdn. 308; vgl. für die Außerachtlassung des Zugangsfaktors bei gesetzlichen Rentenanrechten bzw. Anrechten nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 d BGB , sofern die für die Verringerung des Zugangsfaktors maßgeblichen Kalendermonate außerhalb der Ehezeit liegen, Senatsbeschlüsse vom 4. März 2009 - XII ZB 117/07 - zur Veröffentlichung bestimmt; vom 29. Oktober 2008 - XII ZB 69/06 - FamRZ 2009, 107 , 108; vom 1. Oktober 2008 - XII ZB 34/08 - FamRZ 2009, 28 , 29; vom 9. Mai 2007 - XII ZB 77/06 - FamRZ 2007, 1542 , 1543 f. und vom 22. Juni 2005 - XII ZB 117/03 -FamRZ 2005, 1455 , 1457 f.) .

5.

Schließlich hat das Oberlandesgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass auch im Abänderungsverfahren der Ehezeitanteil einer bereits laufenden Rente grundsätzlich auf seinen bei Ehezeitende bestehenden Wert zurückzurechnen ist. Sofern das Ehezeitende nämlich vor dem für die Ermittlung der Besitzstandsrenten maßgeblichen Stichtag liegt, beinhaltet das Anrecht auch die im öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich unbeachtliche nacheheliche Wertentwicklung. Nur durch die Rückrechnung des Anrechts auf den Stichtag Ehezeitende ist gewährleistet, dass in die nach § 1587 a Abs. 1 BGB zu bildende Gesamtausgleichsbilanz miteinander vergleichbare Werte eingestellt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Januar 2009 - XII ZB 74/08 -FamRZ 2009, 586 , 589). Eine solche Rückrechnung ist vorliegend indessen nicht geboten:

a)

Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts können die Wertsteigerungen von 1 % p.a., welche das zum 1. März 2002 bewilligte VBL-Anrecht des Ehemannes nachfolgend gemäß § 39 VBL-S erfahren hat, hier bereits deshalb außer Betracht bleiben, weil das Ehezeitende (31. August 1996) hier vor dem 31. Dezember 2001 als dem für den Systemwechsel in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes maßgeblichen Stichtag liegt.

b)

Eine weitere Rückrechnung des Anrechts, das dem Ehemann zum 1. Januar 2002 in Höhe von 214,98 EUR infolge des Systemwechsels als Startgutschrift in das neue Versorgungssystem übertragen wurde, ist vorliegend entbehrlich. Mit der Ehezeit endete nämlich auch die Pflichtversicherung des Ehemanns in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes; er war deshalb seit dem 1. September 1996 beitragsfrei versichert, weshalb das Anrecht nach diesem Zeitpunkt bis zum Systemwechsel keine nacheheliche Wertentwicklung mehr erfahren hat. Weil die Anwartschaft des Ehemanns zwischen dem Ehezeitende und dem Rentenbeginn unverändert geblieben ist, kann das VBL-Anrecht auch mit einem bei Ehezeitende bestehenden Wert von 214,98 EUR monatlich im Abänderungsverfahren berücksichtigt werden.

6.

Entgegen der Auffassung des Ehemanns ist der Ehezeitanteil der VBL-Rente des Ehemanns in eine volldynamische Anwartschaft der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen.

a)

Die Leistungen aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes sind seit der Änderung der für sie geltenden Satzung im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium volldynamisch (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 160, 41 , 42 ff. = FamRZ 2004, 1474 ff.). Nach der Rechtsprechung des Senats darf der ehezeitliche Anteil einer im Zeitpunkt der Entscheidung laufenden und im Leistungsstadium volldynamischen Rente aber grundsätzlich nur dann mit seinem Nominalbetrag und ohne Umrechnung nach der Barwert-Verordnung ausgeglichen werden, wenn die Versorgung schon im Anwartschaftsstadium volldynamisch war oder mit dem Eintritt des Versorgungsfalls eine bestehende (verfallbare) Anwartschaftsdynamik unverfallbar und das Anrecht damit insgesamt volldynamisch geworden ist oder wenn die Rente schon zum Ende der Ehezeit bezogen wurde (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. April 2007 - XII ZB 206/06 - FamRZ 2007, 1084 , 1086 und vom 20. September 2006 - XII ZB 248/03 - FamRZ 2007, 23 , 27). Der Ehezeitanteil einer nachehelich bewilligten und im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bereits laufenden Rente, die im Anwartschaftsstadium statisch war und erst im Leistungsstadium volldynamisch ist, kann hingegen nur ausnahmsweise und im Einzelfall mit seinem Nominalbetrag in den Versorgungsausgleich einbezogen werden, wenn auch die gesetzliche Rentenversicherung und die Beamtenversorgung als Maßstabversorgungen in der relevanten Zeit vom Ende der Ehezeit bis zum Beginn der Leistungsdynamik mit Rentenbeginn nicht angestiegen sind und die Statik der Anwartschaftsphase deswegen einer ebenfalls statischen Phase der Maßstabsversorgungen entsprach (Senatsbeschluss vom 25. April 2007 - XII ZB 206/06 - FamRZ 2007, 1084 , 1086).

b)

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Vorliegend war das Anrecht des Ehemanns infolge der beendeten Pflichtversicherung vom Ehezeitende (31. August 1996) bis zur Bewilligung der nach § 39 VBL-S jährlich um 1 % anzupassenden Betriebsrente zum 1. März 2002 statisch. Bliebe aber die fehlende Dynamik in der Anwartschaftsphase vom Ehezeitende bis zum Rentenbeginn unberücksichtigt, liefe dies auf eine Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes hinaus. Würde nämlich der sich erst mit Rentenbeginn als volldynamisch darstellende Ehezeitanteil ungeschmälert berücksichtigt und dessen Nennbetrag - auf das Ende der Ehezeit am 31. August 1996 bezogen - der Entscheidung zugrunde gelegt, erhielte die Ehefrau höhere Anwartschaften, als dem Ehemann verblieben. Denn der durch analoges Quasi-Splitting auf die Ehefrau übertragene Ausgleichsbetrag würde dann durch Division mit dem aktuellen Rentenwert zum Ende der Ehezeit von 46,67 DM (23,86 EUR) in Entgeltpunkte umgerechnet. Die auf dem Rentenversicherungskonto der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung begründeten Entgeltpunkte wären vom Ende der Ehezeit bis zum Rentenbeginn des Ehemanns am 1. März 2002 nach der Entwicklung des aktuellen Rentenwerts von 46,67 DM (23,86 EUR) auf 25,31 EUR zu dynamisieren. Die Ehefrau erhielte also aus der Zusatzversorgung des Ehemanns einen von dem Ende der Ehezeit bis zum Rentenbeginn dynamisierten Betrag, obwohl die Dynamisierung der Rente des Ehemanns erst ab diesem Zeitpunkt einsetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 25. April 2007 - XII ZB 206/06 -FamRZ 2007, 1084 , 1085 f.).

c)

Deshalb ist vorliegend eine Dynamisierung des nur im Leistungsstadium volldynamischen VBL-Anrechts nach § 1587 a Abs. 3 Nr. 2 BGB i.V.m. § 2 Barwert-Verordnung (in der nun geltenden Fassung der 4. Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung vom 2. Juni 2008, BGBl. I S. 969) erforderlich.

Aus der Monatsrente in Höhe von 214,98 EUR errechnet sich ein Jahresbetrag von 2.579,76 EUR. Dieser ist zur Ermittlung des Barwerts nach Tabelle 2 der Barwert-Verordnung mit einem Barwertfaktor von 10,65 (Alter bei Ehezeitende 54 Jahre = Faktor 7,1 x 50 % [vgl. Anm. 2 zu Tabelle 2]) zu multiplizieren. Eine Erhöhung des Barwertfaktors nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Barwert-Verordnung (Anm. 1 zu Tabelle 1) ist dabei nicht vorzunehmen, weil der vor dem 65. Lebensjahr liegende Rentenbeginn des Ehemanns bei der hier fiktiven Ermittlung des im Versorgungsausgleich zu beachtenden Ehezeitanteils außer Betracht geblieben ist (vgl. oben, Ziff. II. 2 b). Der Barwert beträgt mithin (2.579,76 EUR x 10,65 =) 27.474,44 EUR (= 53.735,33 DM), multipliziert mit dem maßgeblichen Umrechnungsfaktor ergeben sich (53.735,33 DM x 0,0001019084 =) 5,4761 Entgeltpunkte. Multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert bei Ehezeitende ergibt sich ein dynamischer, im Versorgungsausgleich zu beachtender Betrag von (5,4761 EP x 46,67 DM aRW) = 255,57 DM (130,67 EUR).

7.

Der Senat kann in der Sache selbst abschließend entscheiden.

a)

Die ehezeitlichen Rentenanwartschaften des Ehemanns belaufen sich auf insgesamt (2.312,24 DM + 255,57 DM =) 2.567,81 DM (1.312,90 EUR). Abzüglich der ehezeitlichen Rentenanwartschaften der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.571,64 DM (803,57 EUR) ergibt sich eine Differenz der Anrechte der Parteien in Höhe von (2.567,81 - 1.571,64) = 996,17 DM (509,33 EUR). In Höhe der Hälfte dieses Betrages, mithin in Höhe von 498,09 DM (254,67 EUR), ist der Ehemann ausgleichspflichtig. Dieser Betrag übersteigt den Ausgleichsbetrag von insgesamt 199,24 EUR nach Maßgabe der Ausgangsentscheidung um mehr als 10 % (§ 10 a Abs. 2 VAHRG ), weshalb der Abänderungsantrag der VBL Erfolg hat.

b)

Der Ausgleich vollzieht sich in zwei Schritten:

Im Umfang der hälftigen Differenz der Anwartschaften beider Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung und damit in Höhe von 189,33 EUR hat der Ausgleich zugunsten der Ehefrau durch Rentensplitting zu erfolgen (2.312,24 DM - 1.571,64 DM = 740,60 DM : 2 = 370,30 DM = 189,33 EUR).

Danach verbleiben weitere (498,09 DM - 370,30 DM =) 127,79 DM (65,34 EUR), die zu Lasten der Versorgung des Ehemannes bei der VBL durch analoges Quasi-Splitting nach § 1 Abs. 3 VAHRG auf dem Versicherungskonto der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen sind.

Vorinstanz: OLG Hamm, vom 10.10.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 12 UF 367/06
Vorinstanz: AG Kamen, vom 20.11.2006 - Vorinstanzaktenzeichen F 76/06
Fundstellen
BGHReport 2009, 991
FamRB 2009, 274
FamRZ 2009, 1309
MDR 2009, 1047
NJW-RR 2009, 1297