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BGH - Entscheidung vom 10.03.2009

VIII ZR 265/08

Normen:
ZPO § 552a
BGB § 566

Fundstellen:
NJW-RR 2009, 948
NZM 2009, 513
WuM 2009, 357
ZMR 2009, 747

BGH, Beschluss vom 10.03.2009 - Aktenzeichen VIII ZR 265/08

DRsp Nr. 2009/11412

Auslegung einer Klageschrift hinsichtlich der Parteibezeichnung; Abgrenzung zu irrtümlichen Benennung einer falschen, am Prozess nicht beteiligten Person; Eintritt des neuen Eigentümers in Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag bei gesetzlichem Eigentumserwerb

1. Bei unrichtiger Bezeichnung in der Klageschrift ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusprechen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll. Dies ist anhand der in der Klageschrift zum Ausdruck gekommenen prozessualen Willenserklärung zu klären. Es ist der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen zu berücksichtigen. Von einer solchen fehlerhaften Parteibezeichnung, deren Korrektur keiner Klageänderung, sondern nur einer Rubrumsberichtigung bedarf, ist die irrtümliche Benennung einer falschen, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person als Partei zu unterscheiden. 2. § 566 BGB ist auch dann anwendbar, wenn der neue Eigentümer sein Eigentum kraft Gesetzes erworben hat.

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Normenkette:

ZPO § 552a; BGB § 566 ;

Gründe:

1.

Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht mehr, nachdem der Senat nach Erlass des Berufungsurteils die der Zulassung zugrunde liegende Rechtsfrage durch Urteil vom 9. Juli 2008 ( VIII ZR 280/07, WuM 2008, 562 ) dahin entschieden hat, dass der neue Eigentümer vermieteten Wohnraums auch dann gemäß § 566 BGB anstelle des Vermieters in die Rechte und Pflichten aus bestehenden Mietverhältnissen eintritt, wenn er das Eigentum - wie vorliegend aufgrund des Gesetzes zur Gründung einer Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3235) - kraft Gesetzes erwirbt.

2.

Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Zwar rechtfertigt der Umstand, dass die Beklagte in der Klageschrift bezeichnet ist, für sich allein nicht die Annahme, dass sie auch Partei des Rechtsstreits sein soll. Vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der von der Klägerin in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Bei unrichtiger äußerer Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusprechen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll. Wer das ist, ist durch eine vom Revisionsgericht frei vorzunehmende Auslegung der in der Klageschrift zum Ausdruck gekommenen prozessualen Willenserklärung zu klären (Senatsurteile vom 24. November 1980 - VIII ZR 208/79, WM 1981, 46, unter III 2 a; vom 16. Mai 1983 - VIII ZR 34/82, NJW 1983, 2448, unter II 1 a; BGH, Urteil vom 27. November 2007 - X ZR 144/06, NJW-RR 2008, 582 , Tz. 7, jew. m.w.N.). Bei Auslegung der Parteibezeichnung sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern auch der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 27. November 2007, aaO, m.w.N.). Genauso können als Auslegungsmittel auch spätere Prozessvorgänge herangezogen werden, namentlich eine im Laufe des Rechtsstreits erfolgte Klarstellung zur Identität der betreffenden Prozesspartei (Senatsurteil vom 24. November 1980, aaO; BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - VII ZR 58/86, WM 1987, 739 , unter II 1 a; Urteil vom 12. Oktober 1987 - II ZR 21/87, WM 1988, 635 , unter II 3 a). Bei dieser Auslegung gilt der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern darf, wenn diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und ihren Anlagen sowie den weiter zu berücksichtigenden Umständen deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist. Von einer solchen fehlerhaften Parteibezeichnung, deren Korrektur keiner Klageänderung, sondern nur einer Rubrumsberichtigung bedarf, ist jedoch die irrtümliche Benennung einer falschen, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person als Partei zu unterscheiden (BGH, Urteil vom 27. November 2007, aaO; Urteil vom 26. Februar 1987, aaO, jeweils m.w.N.).

Anhand dieser Maßstäbe liegt hier keine fehlerhafte Bezeichnung der in Wirklichkeit gemeinten Partei vor, sondern die irrtümliche Benennung der beklagten Bundesrepublik Deutschland als Partei des Mietrechtsstreits, soweit es die sich aus dem Mietverhältnis seit dem 1. Januar 2005 ergebenden Rechte und Pflichten anbelangt, in das die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben seit diesem Zeitpunkt gemäß § 566 Abs. 1 BGB eingetreten ist. Zwar ist die Klageschrift für sich allein in dieser Hinsicht noch auslegungsfähig, weil es der Klägerin ersichtlich darum gegangen ist, ihre Mieterrechte auf Mängelbeseitigung und Mietminderung aus dem näher bezeichneten Wohnraummietverhältnis durchzusetzen, und es nicht ausgeschlossen erscheint, dass als verpflichteter Vermieter auch die zum Zeitpunkt der Klageeinreichung bereits in das Mietverhältnis eingetretene Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gemeint gewesen sein könnte, zumal diese im Rubrum der Klageschrift als Vertreterin der zuvor in der Vermieterstellung stehenden Bundesrepublik Deutschland bezeichnet ist. Nachdem die beklagte Bundesrepublik Deutschland in ihrem Schriftsatz vom 3. Mai 2005 auf den erfolgten Eigentumsübergang und ihre dadurch nicht mehr gegebene Passivlegitimation hingewiesen hatte, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 16. Juni 2005 zunächst die hilfsweise Klageänderung auf die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (hinsichtlich des Klageantrags zu 3 für den Zeitraum ab Januar 2005) angekündigt, gleichzeitig jedoch Zweifel geäußert, ob ein den Rechtsübergang nach § 566 Abs. 1 BGB tragender Fall der Gesamtrechtsnachfolge vorgelegen habe. Mit diesem Antrag hat sie jedoch angesichts eines aus ihrer Sicht fortbestehenden Klärungsbedarfs anschließend nicht verhandelt, sondern durch Schriftsatz vom 11. August 2005 ausgeführt, dass ein hilfsweise erklärter Parteiwechsel rechtlich nicht möglich sei und dass nach ihrer Auffassung die Bundesrepublik Deutschland auch nach dem 1. Januar 2005 weiterhin Vermieterin der Klägerin sei, weil ein Veräußerungsvorgang i.S. des § 566 BGB nicht vorgelegen habe. Dementsprechend ist in der darauf folgenden mündlichen Verhandlung vom 25. August 2005 die von beiden Parteien erklärte Klarstellung protokolliert worden, "dass nach derzeitigem Stand Beklagte die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Direktion Berlin, Fasanenstraße 87, 10623 Berlin, wie sich aus der Klage Bl. 1 d.A. ergibt," sei.

Die Klägerin hat auf diese Weise unmissverständlich klargestellt, dass sie auch für die Zeit ab 1. Januar 2005 die in der Klageschrift bezeichnete Bundesrepublik Deutschland und nicht die neu gegründete Bundesanstalt für Immobilienaufgaben als Partei des Rechtsstreits ansehen wollte, so dass für eine abweichende Auslegung und Berichtigung des Passivrubrums auf die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, jedenfalls soweit es die Rechte und Pflichten für die Zeit ab 1. Januar 2005 anbelangt, kein Raum besteht. Sie hat danach die von ihr in Anspruch genommene Partei nicht lediglich falsch bezeichnet, sondern sich in Kenntnis der in Betracht kommenden Möglichkeiten für die Bundesrepublik Deutschland als beklagte Partei entschieden und sich auf diese Weise - offenbar veranlasst durch die gleiche Sichtweise des Amtsgerichts -rechtlich über die Person der Vermieterin geirrt. An dieser die Parteistellung der Bundesrepublik Deutschland nunmehr abschließenden und keinen Zweifel mehr erlaubenden Klärung hat nichts mehr geändert, dass die Klägerin im Berufungsrechtszug auf die vom Berufungsgericht geäußerten Bedenken vorsorglich eine Berichtigung des Rubrums auf die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (hinsichtlich des Klageantrags zu 3 für die Zeit ab 1. Januar 2005) beantragt und gleichzeitig mitgeteilt hat, die Klage im Berufungsverfahren nicht ändern zu wollen. Nach der erstinstanzlichen Klarstellung zur rechtlichen Identität der ursprünglich bezeichneten mit der tatsächlich gemeinten Partei auf Beklagtenseite konnte nunmehr keine Parteiberichtigung, sondern nur noch eine Parteiänderung vorgenommen werden, von der die Klägerin jedoch ausdrücklich Abstand genommen hat (vgl. BAG, Urteil vom 13. Juli 1989 - 2 AZR 571/88, [...], unter II 2 d aa).

3.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Hinweise:

Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden

Vorinstanz: LG Berlin, vom 18.08.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 67 S 480/06
Vorinstanz: AG Berlin-Wedding, vom 23.11.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 17 C 139/05
Fundstellen
NJW-RR 2009, 948
NZM 2009, 513
WuM 2009, 357
ZMR 2009, 747