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BGH - Entscheidung vom 01.10.2009

V ZB 37/09

Normen:
ZPO § 765a
ZPO § 765a

Fundstellen:
DZWIR 2010, 74
FamRZ 2009, 2079
MDR 2010, 50
NJW-RR 2010, 232
NZI 2010, 38
NZM 2009, 878
Rpfleger 2010, 101
WM 2010, 522
WuM 2009, 679

BGH, Beschluss vom 01.10.2009 - Aktenzeichen V ZB 37/09

DRsp Nr. 2009/24206

Aufhebung der Anordnung einer Zwangsversteigerung eines Grundstücks wegen lebensgefährlicher Erkrankung des Schuldners; Aufhebung des Versteigerungsverfahrens nach Eintritt der Rechtskraft des Zuschlags

Ein rechtskräftiger Zuschlagsbeschluss kann nicht nach § 765a ZPO aufgehoben werden.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Schuldner gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 18. Februar 2009 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 90.000 EUR.

Normenkette:

ZPO § 765a;

Gründe

I.

Die miteinander verheirateten Schuldner sind als Eigentümer des im Rubrum des Beschlusses bezeichneten Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Das Grundstück ist mit einem Einfamilienhaus bebaut, in welchem die Schuldner wohnen.

Auf Antrag der Gläubigerin ordnete das Amtsgericht die Zwangsversteigerung des Grundstücks an. Im Versteigerungstermin blieb der Beteiligte zu 4 mit einem Gebot von 90.000 EUR Meistbietender. Durch Beschluss vom 28. Juli 2008 wurde ihm das Grundstück zugeschlagen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldner wurde mit am 21. November 2008 den Schuldnern zugestelltem Beschluss des Landgerichts vom 17. November 2008 zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 24. November 2008 haben die Schuldner beantragt, die Anordnung der Zwangsversteigerung des Grundstücks gemäß § 765a ZPO aufzuheben, weil der Schuldner lebensbedrohlich erkrankt sei und das laufende Verfahren die Chancen seiner Heilung beeinträchtigen könne.

Das Amtsgericht hat den Antrag als unzulässig verworfen. Die sofortige Beschwerde der Schuldner hiergegen ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen sie ihren Antrag weiter.

II.

Das Beschwerdegericht meint, die ernsthafte Gefährdung des Lebens des Schuldners könne im Zuschlagsverfahren zwar erstmals geltend gemacht werden und zur Aufhebung und Versagung des Zuschlags führen. Nach Eintritt der Rechtskraft des Zuschlags komme die Aufhebung des Versteigerungsverfahrens jedoch nicht mehr in Betracht.

III.

Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Der Antrag der Schuldner ist auf eine Entscheidung gerichtet, die das Vollstreckungsgericht nicht treffen darf. Er ist unzulässig.

Eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung kann nach § 765a Abs. 1 ZPO aufzuheben sein, wenn sie unter voller Würdigung der Schutzbedürfnisse des Gläubigers wegen besonderer Umstände für den Schuldner eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Ob die Vorschrift es ermöglicht, ein angeordnetes Zwangsversteigerungsverfahren insgesamt aufzuheben, kann dahingestellt bleiben. Die beantragte Entscheidung müsste die Aufhebung des rechtskräftigen Beschlusses vom 28. Juli 2008 umfassen. Dies wäre nur möglich, wenn das Verfahrensrecht die Aufhebung zuließe. Daran fehlt es. Die Entscheidung über den Zuschlag ist der Rechtskraft fähig (BGH, Urt. v. 10. Oktober 1959, VII ZR 68/58, WM 1960, 25 , 26; Urt. v. 15. Mai 1986, IX ZR 2/85, NJW-RR 1986, 1115 , 1116; Stöber, ZVG , 19. Aufl. § 81 Rdn. 9.1). Die Verkündung der Entscheidung hindert gemäß § 318 ZPO das Vollstreckungsgericht an einer Aufhebung. Ist die Entscheidung rechtskräftig geworden, scheidet ihre Aufhebung auch im Rechtsmittelverfahren aus.

Der Zuschlagsbeschluss ist eine hoheitliche Maßnahme, die in der Person des Zuschlagsbegünstigten Eigentum schafft und das Recht, aus dem die Zwangsversteigerung betrieben wird, und die diesem nachgehenden Rechte als Rechte an dem Grundstück erlöschen lässt, §§ 52 Abs. 1 , 91 Abs. 1 ZVG . Einen Wegfall dieser Wirkungen nach Eintritt der Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses sieht das Zwangsversteigerungsgesetz nicht vor. Sie würde eine Enteignung des Zuschlagbegünstigten bedeuten, für die es an einer Grundlage fehlt.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da sich die Beteiligten in einem Verfahren, in dem es um die Aufhebung des Zuschlags eines Grundstücks geht, in der Regel nicht als Parteien im Sinne von §§ 91 ff. ZPO gegenüberstehen (Senat, BGHZ 170, 378 , 381 Rdn. 7). Der Gegenstandswert des Verfahrens ist gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG nach dem Meistgebot des Erstehers zu bestimmen.

Vorinstanz: LG Potsdam, vom 18.02.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 5 T 58/09
Vorinstanz: AG Potsdam, vom 09.12.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 2 K 4/07
Fundstellen
DZWIR 2010, 74
FamRZ 2009, 2079
MDR 2010, 50
NJW-RR 2010, 232
NZI 2010, 38
NZM 2009, 878
Rpfleger 2010, 101
WM 2010, 522
WuM 2009, 679