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BGH - Entscheidung vom 19.03.2009

4 StR 20/09

Normen:
StPO § 349 Abs. 2

Fundstellen:
NStZ-RR 2009, 254

BGH, Beschluss vom 19.03.2009 - Aktenzeichen 4 StR 20/09

DRsp Nr. 2009/8462

Änderung eines Schuldspruchs hinsichtlich der Annahme täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auf eine Revision hin

Tenor:

1.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 2. Oktober 2008 im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist.

2.

Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Normenkette:

StPO § 349 Abs. 2 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift u.a. ausgeführt:

"Die Annahme täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach der neueren Rechtsprechung (vgl. BGHSt 51, 219 f.; Senat , Beschluss vom 25.6.2008 - 4 StR 230/08) ist für eine zutreffende Einordnung der Beteiligung des Kuriers der jeweils konkrete Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt und nicht allein für den Teilbereich des Transports zu bewerten. Für die Annahme täterschaftlicher Verwirklichung des Tatbestandes kommt es jedenfalls nicht allein oder entscheidend darauf an, welches Maß an Selbständigkeit und Tatherrschaft der Beteiligte hinsichtlich eines isolierten Teilaktes des Umsatzgeschäftes inne hatte. Abzustellen ist vielmehr darauf, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt.

Eine Bewertung von - wie hier - Transporttätigkeit als mittäterschaftliches Handeltreiben kommt vornehmlich nur dann in Betracht, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, etwa am Anund Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll. Auch eine Einbindung des Transporteurs in eine gleichberechtigt verabredete arbeitsteilige Durchführung des Umsatzgeschäfts spricht für die Annahme von Mittäterschaft, auch wenn seine konkrete Tätigkeit in diesem Rahmen auf die Beförderung der Drogen, von Kaufgeld oder Verkaufserlös beschränkt ist. Im Einzelfall kann eine weitergehende Einflussmöglichkeit des Transporteurs auf Art und Menge der zu transportierenden Drogen sowie auf die Gestaltung des Transports für eine über das übliche Maß reiner Kuriertätigkeit hinausgehende Beteiligung am Gesamtgeschäft sprechen.

Eine Gehilfenstellung ist dagegen insbesondere dann anzunehmen, wenn die Tathandlung sich auf den Transport von Rauschgift zwischen selbständig handelnden Lieferanten und Abnehmern oder innerhalb der Sphäre von Lieferanten oder Abnehmer-Organisationen beschränkt und der Beteiligte nicht in der Lage ist, das Geschäft insgesamt maßgeblich mitzugestalten. Einer Tätigkeit als Kurier, die sich im bloßen Transport von Rauschgift erschöpft, kommt daher eine täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeit in der Regel nicht zu. Auch ein möglicher faktischer Handlungsspielraum während des Transports der Drogen kann in der Regel schon aufgrund finanzieller und meist auch persönlicher Abhängigkeit von den Hintermännern nicht zu eigener täterschaftlicher Einflussnahme ausgenutzt werden."

Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen belegen unter Zugrundelegung der vorgenannten Kriterien ein täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht. Der Angeklagte war am Ankauf der Betäubungsmittel nicht beteiligt und hatte keinen Einfluss auf Menge und Art der zu transportierenden Drogen. Auch sollte er keinen Anteil am Umsatz oder am erzielten Gewinn erhalten, sondern lediglich einen Kurierlohn. Dass der Angeklagte eine erhebliche Honorierung erwartete, ist für die Bewertung der Kuriertätigkeit als mittäterschaftliches Handeltreiben ohne Bedeutung (BGHSt 51, 219 , 223). Ebenso wenig belegt der Umstand, dass der Angeklagte selbständig das Transportfahrzeug anmieten musste, dass er einen weiter gehenden Einfluss auf die Gestaltung des Transports hatte. Vielmehr spricht die Tatsache, dass die Hintermänner dem Angeklagten ein Mobiltelefon zur Verfügung gestellt hatten und er mit diesem während der Kurierfahrt siebzehn Mal telefonischen Kontakt zu ihnen aufnahm, um sich zu dem geplanten Übergabeort leiten zu lassen, gegen einen solchen Einfluss. Der Alleinbesitz an den Betäubungsmitteln ist bei einem ohne Begleitung fahrenden Kurier die Regel.

Der Schuldspruch ist daher, wie vom Generalbundesanwalt beantragt, dahin zu ändern, dass der Angeklagte der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist. § 265 StPO hindert eine Schuldspruchberichtigung nicht, da auszuschließen ist, dass sich der Angeklagte anders als geschehen hätte verteidigen können. Der Strafausspruch bleibt von der Änderung des Schuldspruchs unberührt. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei einer zutreffenden rechtlichen Würdigung auf eine geringere als die verhängte Strafe erkannt hätte. Der wesentliche Schuldgehalt der Tat liegt sowohl vom äußeren Erscheinungsbild und dem Vorsatz des Angeklagten als auch vom Gewicht der Straftat her, wie sie in der gesetzlichen Strafandrohung zum Ausdruck kommt, in der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln.

Vorinstanz: LG Dortmund, vom 02.10.2008
Fundstellen
NStZ-RR 2009, 254