Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BVerwG - Entscheidung vom 28.04.2008

7 B 18.08

Normen:
WHG § 1
WHG § 2
WHG § 31

BVerwG, Beschluss vom 28.04.2008 - Aktenzeichen 7 B 18.08

DRsp Nr. 2009/13260

Rechtmäßigkeitsanforderungen an die Heranziehung zu Gebühren für die Niederschlagsentwässerung; Möglichkeit der wasserhaushaltsrechtlichen Qualifizierung eines Gewässers als Bestandteil einer gemeindlichen Entwässerungsanlage

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 22 689,93 EUR festgesetzt.

Normenkette:

WHG § 1 ; WHG § 2 ; WHG § 31 ;

Gründe:

I

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Gebühren für die Niederschlagsentwässerung.

Im Berufungsverfahren war zwischen den Beteiligten allein die Frage umstritten, ob die Klägerin für die Entwässerung der Niederschläge eines ihr gehörenden Grundstücks die öffentliche Abwasseranlage des Beklagten in Anspruch genommen hat. Das Oberverwaltungsgericht hat dies bejaht und zur Begründung u.a. ausgeführt, das Niederschlagswasser werde in eine öffentliche Abwasseranlage eingeleitet. Ob Rohre und Kanäle Teil einer öffentlichen Abwasseranlage seien, richte sich danach, ob sie nach Würdigung der gesamten Umstände zur Entwässerung technisch geeignet und durch Widmung hierzu bestimmt seien. Dies sei hier - soweit entscheidungserheblich - zu bejahen. In diesem Zusammenhang hat das Oberverwaltungsgericht hinsichtlich eines Teilstücks eines Wegeseitengrabens, durch den das vom klägerischen Grundstück abgeleitete Niederschlagswasser fließt, ausgeführt, nach der Zwei-Funktionen-Theorie sei von einer Integration des (etwaigen) Gewässers in das öffentliche Abwassernetz und damit von einem Bestandteil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung auszugehen.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung ( § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ).

Grundsätzlich bedeutsam i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Sache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts ( § 137 Abs. 1 VwGO ) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.

Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage,

ob ein Gewässer zugleich Teil eines Kanalisationsnetzes einer Gemeinde sein und damit sowohl den Wassergesetzen als auch der Kanalisationssatzung der Gemeinde unterliegen kann (sog. Zwei-Naturen-Theorie).

Diese Frage ist, soweit sie nach revisiblem Recht zu beantworten ist, höchstrichterlich geklärt.

Das Wasserhaushaltsgesetz schließt es nicht aus, dass ein Gewässer Bestandteil einer gemeindlichen Entwässerungsanlage ist. Nach Bundesrecht beantworten sich nur die Fragen, ob ein von § 1 WHG erfasstes oberirdisches Gewässer für Zwecke einer Abwasseranlage i.S.d. § 2 WHG "benutzt" oder i.S.d. § 31 WHG "ausgebaut" werden darf. Dies setzt formellrechtlich die Durchführung der nach den §§ 2 und 31 WHG vorgeschriebenen Verfahren voraus.

Materiell-rechtlich ist die Einleitung von (ungereinigten) Abwässern in ein unter § 1 WHG fallendes Gewässer nicht schlechterdings ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 31. Oktober 1975 - BVerwG 4 C 8 - 11.74 - BVerwGE 49, 301 = Buchholz 445.4 § 2 WHG Nr. 2). Vielmehr kann die Einleitung von Niederschlagswasser, um das es hier geht, im Einzelfall erlaubnisfähig sein.

Wird danach ein oberirdisches Gewässer rechtmäßig von einer Abwasseranlage in Anspruch genommen, schließt es Bundesrecht nicht aus, dass das Gewässer gleichzeitig Teil dieser Anlage ist. Folglich ist es eine Frage des Einzelfalls, ob ein oberirdisches Gewässer zugleich Teil einer Abwasseranlage, die der Ableitung von Niederschlagswasser dient, sein kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG .

Vorinstanz: OVG Nordrhein-Westfalen, vom 18.12.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 9 A 2399/03