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BVerwG - Entscheidung vom 09.12.2008

3 B 85.08

Normen:
AMG-EV § 2
AMG-EV § 4
AMG § 105 Abs. 4a

BVerwG, Beschluss vom 09.12.2008 - Aktenzeichen 3 B 85.08

DRsp Nr. 2009/4002

Tenor:

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. April 2008 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 150 000 EUR festgesetzt.

Normenkette:

AMG -EV § 2 ; AMG -EV § 4 ; AMG § 105 Abs. 4a ;

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Revision hat keinen Erfolg. Auf der Grundlage der Darlegungen der Beklagten ergibt sich die als Zulassungsgrund allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht.

Die Klägerin begehrt die Nachzulassung von drei Arzneimitteln. Die Beklagte hat die Nachzulassung abgelehnt, weil die Klägerin bestimmte Zulassungsunterlagen (Gutachten), die nach § 105 Abs. 4a Satz 1 des Arzneimittelgesetzes - AMG - in der Fassung des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 4. Juli 2000 (BGBl. I S. 1002) bis zum 1. Februar 2001 hätten eingereicht werden müssen, innerhalb der Frist nicht in elektronischer Form, sondern Anfang Januar 2001 nur schriftlich eingereicht hatte. Gemäß §§ 2, 4 der am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Verordnung über die Einreichung von Unterlagen in Verfahren für die Zulassung und Verlängerung der Zulassung von Arzneimitteln - AMG -EV - vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 2036) mussten die Unterlagen bis zum Vorliegen der Voraussetzungen für eine qualifizierte elektronische Signatur in elektronischer Form und zusätzlich auch schriftlich eingereicht werden. Die Klage der Klägerin auf Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung des Zulassungsantrags hat in den beiden Vorinstanzen Erfolg gehabt. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass der Klägerin wegen einer unzumutbaren Verfahrensgestaltung nach der Ausnahmevorschrift § 3 AMG -EV die ausschließlich schriftliche Einreichung zur Vermeidung einer unbilligen Härte zu gestatten sei.

Vor diesem Hintergrund wirft die Beklagte zunächst die Frage auf, ob es - zusammengefasst - eine unzumutbare Verfahrensgestaltung darstelle, die zusätzliche Einreichung der Gutachten in elektronischer Form zu verlangen, wenn zwar die maßgebliche Änderung der Einreichungsvorschriften erst einen Monat vor Ablauf der Einreichungsfrist in Kraft getreten, aber zuvor Gegenstand eines längeren Gesetzgebungsverfahrens gewesen sei. Diese Frage hat schon deshalb keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie nur die besondere Konstellation betrifft, die durch das Inkrafttreten der AMG -EV zum 1. Januar 2001 und den Ablauf der Einreichungsfrist nach § 105 Abs. 4a Satz 1 AMG zum 1. Februar 2001 für einen Zeitraum von einem Monat entstanden war und sich danach erledigt hat. Sie betrifft auch keinen nicht überschaubaren Personenkreis, sondern nach den eigenen Angaben der Beklagten neben der Klägerin nur noch zwei weitere offene Fälle. Die von der Beklagten gezogene Parallele zu den kurzen Einreichungsfristen im Emissionshandelsrecht bei Zulassungsanträgen für die erste Zuteilungsperiode führt nicht weiter, weil es sich dabei ebenfalls um eine Übergangskonstellation gehandelt hat und zudem dort eine mit § 3 AMG -EV vergleichbare Ausnahmevorschrift nicht bestand. Unabhängig davon ist die Frage nicht entscheidungserheblich. Das Oberverwaltungsgericht hat eine unbillige Härte im Sinne des § 3 AMG -EV nicht nur mit einer unzumutbaren Verfahrensgestaltung begründet, sondern selbständig tragend mit einer zusätzlichen Besonderheit des Falles, nämlich dem Umstand, dass der Klägerin nach Einreichung der schriftlichen Unterlagen der fristgerechte Eingang der Unterlagen "gemäß dem 10. Änderungsgesetz zum AMG " ausdrücklich bestätigt worden ist.

Die Beklagte wirft außerdem die Frage auf, ob das Vorliegen einer unbilligen Härte nach § 3 AMG -EV im Falle einer unzumutbaren Verfahrensgestaltung von Amts wegen zu prüfen sei oder nur bei substantiierter Geltendmachung durch den pharmazeutischen Unternehmer. Auch diese Frage hat schon deshalb keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie nur die besondere Konstellation unmittelbar nach dem Inkrafttreten der AMG -EV betrifft. Die von der Beklagten angeführten Beispielsfälle einer fehlenden EDV-Ausstattung oder ähnlichen Hindernissen auf Seiten des pharmazeutischen Unternehmers sind damit nicht vergleichbar. Es liegt auf der Hand, dass solche in die Sphäre des Antragstellers fallenden Umstände ausdrücklich geltend gemacht werden müssen, damit die Zulassungsbehörde sie berücksichtigt. Auf der anderen Seite versteht es sich im Übrigen ebenso von selbst, dass die Zulassungsbehörde Härten, die aus einer unzumutbaren Verfahrensgestaltung oder aus ihr zuzurechnenden Umständen (irreführendes Empfangsbekenntnis) resultieren, von sich aus zu berücksichtigen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO , die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Nordrhein-Westfalen, vom 29.04.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 13 A 3183/05