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BVerwG - Entscheidung vom 05.03.2008

8 B 96.07

BVerwG, Beschluß vom 05.03.2008 - Aktenzeichen 8 B 96.07

DRsp Nr. 2008/8472

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der vom Kläger allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung. Die Beschwerde hat keine klärungsbedürftige Rechtsfrage von fallübergreifendem Gewicht aufgeworfen. Sie hält zunächst für klärungsbedürftig, "auf welches von mehreren in Betracht kommenden Ereignissen für die Frage, zu welchem Datum eine Beteiligung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG als entzogen gilt, abzustellen ist (auf das Datum, zu dem der jüdische Gesellschafter aus dem Unternehmen ausscheidet? auf das Datum, an dem das Ausscheiden des jüdischen Gesellschafters vertraglich vereinbart wird? oder auf das Datum, zu welchem das Ausscheiden des jüdischen Gesellschafters im Handelsregister verlautbar wird?)".

Abgesehen davon, ob mit dieser Frage in hinreichender Weise eine abstrakte Rechtsfrage umschrieben wird, ergibt sich die Beantwortung der Frage aber schon von vornherein aus dem Gesetz. Ein dem NS-Verfolgten zukommender, auf einen Bruchteil gerichteter Rückübertragungsanspruch gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 1 und 2 VermG setzt den Verlust einer Unternehmensbeteiligung voraus. Er muss im Rahmen einer Schädigung nach § 1 Abs. 6 VermG eingetreten sein. Im Rahmen dieses Schädigungstatbestandes ist nach ständiger Rechtsprechung ausreichend, dass dem Gesellschafter faktisch seine Gesellschafterstellung beraubt wurde, indem er keine Möglichkeit mehr hatte, über die Gesellschaft zu bestimmen oder über sie zu verfügen (Urteil vom 7. März 2007 - BVerwG 8 C 26.05 - ZOV 2007, 183 ff.).

Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts erfolgte die Schädigung der unmittelbaren Beteiligung des Dr. F. am Bankhaus B. & F. OHG durch den Abschluss des Auseinandervertrages vom 29. April 1937. Erst in diesem verfolgungsbedingten Rechtsgeschäft ist dem Vertragspartner des Rechtsvorgängers des Klägers ein durchsetzbarer Anspruch auf Übertragung der Gesellschaftsanteile verschafft worden. Entgegen dem Beschwerdevorbringen bestand ein solcher Rechtsanspruch aber nicht bereits am 1. Januar 1937. Nach den zutreffenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist dieses Datum erkennbar als Abrechnungszeitpunkt zu buchhalterischen Zwecken gewählt worden, um die Auseinandersetzung der OHG auf der Grundlage der Jahresabschlussbilanzen vornehmen zu können. Für ein Schädigungstatbestand ist dieses Datum ohne jede Bedeutung.

Soweit die Beschwerde die Frage aufwirft, "auf welches von mehreren in Betracht kommenden Ereignissen für die Frage, zu welchem Datum ein Grundstück im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG als aus dem Unternehmensvermögen ausgeschieden gilt, abzustellen ist (Datum, an dem ein Kaufvertrag geschlossen wurde?, Datum, an dem ein Kaufvertrag wirksam wurde?, Datum der Auflassung?, Datum des Grundbuchvollzugs?)", kann sie ebenso wenig eine erfolgreiche Grundsatzrüge stützen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - in Übereinstimmung mit der rückerstattungsrechtlichen Rechtsprechung - ist für die Frage des Zeitpunkts einer schädigenden Maßnahme durch Verkauf eines Grundstücks nicht auf die dingliche Eigentumsübertragung abzustellen, sondern auf das Kausalgeschäft, mit dem sich der Veräußerer in bindenderweise wirtschaftlich des Vermögensgegenstandes entledigte (Urteil vom 13. Dezember 2006 - BVerwG 8 C 3.06 - Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 39 m.w.N.).

Die Auffassung des Klägers, dass für den Zeitpunkt des Ausscheidens des Vermögensgegenstandes aus dem Unternehmensvermögen bei Ansprüchen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VermG auf das Kausalgeschäft, bei Ansprüchen nach § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG dagegen auf den dinglichen Vollzug abzustellen sei, würde - wie der vorliegende Fall exemplarisch zeigt - zu zufälligen Ergebnissen führen. Wenn der Unternehmensträger die Rückübertragung des Vermögensgegenstandes nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VermG beantragt hätte, was hier lediglich am Quorum (§ 6 Abs. 1a Satz 2 VermG) scheiterte, wäre nach der Auffassung des Klägers von einem Verlust des Vermögensgegenstandes vor dem Entzug der Unternehmensbeteiligung auszugehen. Dagegen wäre ein Ausscheiden desselben Vermögensgegenstandes aus dem Unternehmensvermögen erst nach dem Entzug der Unternehmensbeteiligung anzunehmen, wenn der Gesellschafter einen Anspruch nach § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG geltend macht. Eine solche Differenzierung letztlich nach dem Anspruchsteller kann nicht überzeugen.

Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist der maßgebliche Kaufvertrag bereits am 9. April 1937 bindend und damit vor der Anteilsschädigung vollzogen worden. Deshalb steht dem Rechtsvorgänger des Klägers als ehemaligem Gesellschafter der B. & F. OHG auch ein vermögensrechtlicher Anspruch nicht zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 , § 162 Abs. 3 VwGO . Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 , 52 GKG .

Vorinstanz: VG Dresden, vom 12.04.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 13 K 595/06