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BVerwG - Entscheidung vom 22.10.2008

6 B 58.08

BVerwG, Beschluß vom 22.10.2008 - Aktenzeichen 6 B 58.08

DRsp Nr. 2008/20183

Gründe:

Die Beschwerde, die sich auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (1.), der Divergenz (2.) und des Verfahrensmangels (3.) stützt, hat keinen Erfolg.

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Eine Rechtssache ist nur dann im Sinne dieser Vorschrift grundsätzlich bedeutsam, wenn eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Den Anforderungen, die sich daraus ergeben, genügt die Beschwerde nicht.

Der Kläger möchte im Hinblick auf die Regelung des Art. 21 Abs. 3 des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes - BaySchFG - in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung vom 26. Juli 2005 (BayGVBl S. 272) über die Eigenbeteiligung der Schüler an der Beschaffung von Schulbüchern geklärt wissen, "ob Art. 21 BaySchFG gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstößt", ferner, "ob die in Art. 21 BaySchFG festgelegte Zahlungspflicht gegen die Finanzverfassung des Bundes verstößt und damit von der verfassungsgemäßen Ordnung wegen eines Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 GG nicht gedeckt ist".

So gestellt, verhelfen diese Fragen der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg, weil die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Anwendung und Auslegung von Landesrecht die Zulassung der Revision allenfalls dann zu rechtfertigen vermag, wenn die Auslegung der bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (Beschlüsse vom 19. Juli 1995 - BVerwG 6 NB 1.95 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 104 S. 43 und vom 8. Mai 2008 - BVerwG 6 B 64.07 - DÖV 2008, 775 Rn. 5). Soweit sich dem Beschwerdevorbringen dazu sinngemäß weitergehende Fragen entnehmen lassen sollten, sind diese durch eine mittlerweile eingetretene Änderung der Rechtslage nicht mehr zulassungserheblich. Die zwischen den Beteiligten umstrittenen verfassungsrechtlichen Fragen werden sich in Zukunft in Bezug auf Art. 21 Abs. 3 BaySchFG nicht mehr stellen, da die Regelung über die Eigenbeteiligung der Schüler an der Beschaffung von Schulbüchern durch Gesetz vom 22. Juli 2008 (BayGVBl S. 471) mit Wirkung ab 1. August 2008 ersatzlos gestrichen worden ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Rechtsfragen aufgrund ausgelaufenen Rechts regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung mehr, da die Zulassungsvorschrift des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur eine für die Zukunft geltende Klärung herbeiführen soll (Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 S. 11 und vom 17. Mai 2004 - BVerwG 1 B 176.03 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 29 S. 11 jeweils m.w.N.). Etwas anderes käme, da sich die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen nach neuem Recht offensichtlich nicht in gleicher Weise stellen, ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn ihre Klärung noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung wäre (Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 und vom 17. Mai 2004 aaO.). Dies ist hier aber weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Beschwerde noch unter der Geltung des alten Rechts eingelegt worden ist. Denn bei der Prüfung der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfragen kommt es auf die Lage im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Nichtzulassungsbeschwerde an (Beschlüsse vom 11. Februar 1986 - BVerwG 8 B 7.85 - juris Rn. 2 und vom 30. März 2005 - BVerwG 1 B 11.05 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 32 S. 13).

2. Die Revision ist auch nicht wegen einer Abweichung des angefochtenen Beschlusses von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Mai 1990 - 2 BvL 12/88 u.a. - BVerfGE 82, 159 ) zuzulassen. Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nur dann hinreichend bezeichnet (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ), wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem die Divergenzentscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Auf eine fehlerhafte oder unterbliebene Anwendung höchstrichterlicher Rechtssätze kann die Divergenzrüge dagegen nicht gestützt werden (stRspr, s. nur Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 [n.F.] VwGO Nr. 26 S. 14). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht, da sie keine kollidierenden abstrakten Rechtssätze aufzeigt, sondern lediglich die ihrer Ansicht nach fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Berufungsgericht behauptet.

3. Schließlich ist die Revision nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die Beschwerde wirft dem Berufungsgericht vor, es habe unzulässiger Weise einen Beweisantrag übergangen, der auf die Klärung der Frage zielte, "ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Belastung der Eltern mit der Bezahlung des 'Büchergeldes' bei der Bestimmung der einkommensteuerrechtlichen Belastung berücksichtigt worden ist". Dies führt nicht auf einen Aufklärungsmangel, weil es nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts auf die betreffende Frage nicht ankam. Denn danach trifft die Verfassungspflicht zur Berücksichtigung des Familienlastenausgleichs nur den Bundesgesetzgeber bei der Festlegung der direkten Steuern, nicht dagegen den Landesgesetzgeber bei der Erhebung familienbezogener Gebühren (s. S. 6 BA).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO , die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren auf § 47 Abs. 1 und 3 , § 52 Abs. 3 GKG .

Vorinstanz: VGH Bayern, vom 21.05.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 7 BV 07.3179