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BVerwG - Entscheidung vom 19.06.2008

8 B 19.08

BVerwG, Beschluß vom 19.06.2008 - Aktenzeichen 8 B 19.08

DRsp Nr. 2008/13193

Gründe:

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ) kommt der Rechtssache nicht zu.

Die von der Beschwerde für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage,

ob ein genereller Ausschluss des Zurechnungszusammenhangs besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Vorschriften oder Maßnahmen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Restitutionsansprüchen von Vermögenswerten NS-Verfolgter und/oder Widerstandskämpfer auf alliierter Seite auf dem Gebiet der ehemaligen DDR in jedem Fall angenommen werden kann, wenn die Enteignung zwischen dem 8. Mai 1945 und 7. Oktober 1949 erfolgte,

ist, unabhängig davon, ob die tatsächlichen Voraussetzungen hinsichtlich der NS-Verfolgung und/oder des Widerstandskampfes im vorliegenden Verfahren gegeben sind, ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens zu beantworten.

Nach § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG gilt das Vermögensgesetz nicht für Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage. Unter Enteignungen auf besatzungshoheitlicher Grundlage sind solche zu verstehen, die zwar nicht - wie die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher Grundlage - auf Beschluss der sowjetischen Besatzungsmacht vorgenommen wurden, die aber auf deren Wünsche oder Anregungen zurückgingen oder sonst ihrem generellen oder im Einzelfall geäußerten Willen entsprachen (stRspr, vgl. z.B. Urteile vom 30. Juni 1994 - BVerwG 7 C 58.93 - BVerwGE 96, 183 [185] = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 26; vom 13. Februar 1995 - BVerwG 7 C 53.94 - BVerwGE 98, 1 [2] = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 38 und vom 13. Dezember 2006 - BVerwG 8 C 25.05 - Buchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 34). Da der sowjetischen Besatzungsmacht in ihrem Herrschaftsbereich die oberste Hoheitsgewalt zukam, muss ihr auch die von den zuständigen deutschen Stellen entwickelte Enteignungspraxis zugerechnet werden. Das gilt selbst dann, wenn die deutschen Stellen die mit dem Einverständnis der Besatzungsmacht geschaffenen Enteignungsgrundlagen exzessiv ausgelegt und willkürlich angewendet haben (vgl. z.B. Urteil vom 28. September 1995 - BVerwG 7 C 28.94 - BVerwGE 99, 268 [270] = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 54; BVerfG, Urteil vom 23. April 1991 - 1 BvR 1170/90 u.a. BVerfGE 84, 90 [115]).

Die von deutschen Stellen während der Besatzungszeit durchgeführten Enteignungen sind der sowjetischen Besatzungsmacht - nur dann - nicht zuzurechnen, wenn sie einem generellen oder im Einzelfall ausgesprochenen Verbot der Besatzungsmacht zuwiderliefen (stRspr vgl. z.B. Urteile vom 13. Februar 1995 - BVerwG 7 C 53.94 - aaO.; vom 13. Februar 1997 - BVerwG 7 C 50.95 - BVerwGE 104, 84 [86] = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 104 und vom 13. Dezember 2006 - aaO.). Für ein solches Verbot der Sequestrierung und Enteignung, das zu einem generellen Fehlen eines Zurechnungszusammenhangs führte, ist nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts nichts ersichtlich.

Im Übrigen widerspräche nur bei Missachtung eines von der SMAD erlassenen Enteignungsverbotes die Rückgabe des Vermögenswertes nicht dem Zweck des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG, die frühere Besatzungsmacht Sowjetunion hinsichtlich der von ihr zu verantwortenden Enteignungen von dem die Restitution begleitenden Unrechtsvorwurf freizustellen (vgl. z.B. Urteile vom 29. April 1994 - BVerwG 7 C 47.93 - BVerwGE 96, 8 [11] = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 22; vom 30. Juni 1994 - BVerwG 7 C 58.93 - aaO.; und vom 28. September 1995 - BVerwG 7 C 28.94 - aaO.). Dafür zeigt die Beschwerde keine Anhaltspunkte auf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 , § 162 Abs. 3 VwGO , die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 , 52 GKG .

Vorinstanz: VG Gera, vom 27.11.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 6 K 1329/06