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BVerwG - Entscheidung vom 26.05.2008

4 B 31.08

BVerwG, Beschluß vom 26.05.2008 - Aktenzeichen 4 B 31.08

DRsp Nr. 2008/12101

Gründe:

Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

1. Die Beschwerde möchte rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,

ob, wenn die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre während ihrer Geltungsdauer entfallen, die Veränderungssperre ab diesem Zeitpunkt (ex nunc) auch ohne förmlichen Aufhebungsakt unwirksam wird und ob sie daher bei einem anhängigen Genehmigungsverfahren durch die Genehmigungsbehörde nicht anzuwenden ist.

Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht ist nicht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für den Erlass der Veränderungssperre zur Sicherung der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 32 "Im Leger" vor dem Wirksamwerden der 19. Änderung des Flächennutzungsplans entfallen seien. Es hat vielmehr angenommen, dass die Beigeladene die Planung für das Gebiet "Im Leger", das durch die 7. Änderung des Flächennutzungsplans als Konzentrationszone für Windkraftanlagen dargestellt worden war, bis zum Wirksamwerden der Änderung des Flächennutzungsplans nicht endgültig aufgegeben und deshalb das Bedürfnis, die Planung zu sichern, fortbestanden habe (UA S. 17).

2. Die Beschwerde möchte weiter geklärt wissen,

- ob die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre während ihrer Geltungsdauer auch dann bereits "endgültig entfallen" sind, wenn der dem Bebauungsplan, welcher durch die Veränderungssperre gesichert werden soll, zugrunde liegende Flächennutzungsplan so geändert werden soll, dass dem Bebauungsplan seine Grundlage entzogen wird und

- ob eine Gemeinde ihre Planungsabsicht in Bezug auf den mittels einer Veränderungssperre gesicherten Bebauungsplan bereits zweifelsfrei und endgültig durch die Bekanntmachung des Beschlusses zur öffentlichen Auslegung des zu ändernden, dem Bebauungsplan die Grundlage entziehenden Flächennutzungsplans aufgibt oder ob es hier zu der ausdrücklichen Aufhebung des Bebauungsplans bedarf.

Diese Fragen sind, soweit sie einer rechtsgrundsätzlichen Klärung zugänglich sind, in der Rechtsprechung des Senats bereits hinreichend geklärt.

Gibt eine Gemeinde nach dem Erlass einer Veränderungssperre die zu sichernde Planung, aus welchen Gründen auch immer, auf, entfällt das erforderliche Sicherungsbedürfnis und damit eine der Voraussetzungen für den Erlass der Veränderungssperre (Beschlüsse vom 26. Juni 1992 - BVerwG 4 NB 19.92 - BRS 54 Nr. 73, vom 9. April 2003 - BVerwG 4 B 75.02 - juris Rn. 9, vom 31. Mai 2005 - BVerwG 4 BN 25.05 - BRS 69 Nr. 120 und vom 10. Oktober 2007 - BVerwG 4 BN 36.07 - BauR 2008, 328 ). Unter welchen Voraussetzungen davon auszugehen ist, dass die Gemeinde ihre ursprünglichen Planungsabsichten endgültig aufgegeben hat, bestimmt sich nach den jeweiligen Gegebenheiten des Einzelfalls (Beschluss vom 9. April 2003 aaO.). Beschließt die Gemeinde, ein Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans einzuleiten mit dem Ziel, die Darstellung einer Fläche als Konzentrationszone für Windenergieanlagen aufzuheben und stattdessen eine andere Fläche als Konzentrationszone darzustellen, wird dies zwar in der Regel dafür sprechen, dass sie auch das Ziel, die Ausnutzung der ursprünglichen Konzentrationszone durch Festlegung der Anlagenstandorte in einem Bebauungsplan zu steuern, nicht mehr verfolgen will. Rechtlich zwingend ist diese Schlussfolgerung jedoch nicht. Ist - wie hier nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (UA S. 18) - nicht absehbar, ob die Gemeinde ihre Absicht, den Flächennutzungsplan zu ändern, wird verwirklichen können, kann dies je nach den Umständen des Einzelfalls dafür sprechen, dass sie ihre Standortplanung für die im geltenden Flächennutzungsplan dargestellte Konzentrationszone auch dann noch nicht endgültig aufgibt, wenn sie beschließt, den Entwurf zur Änderung des Flächennutzungsplan öffentlich auszulegen. Ebenso wenig lässt sich ein Rechtssatz des Inhalts aufstellen, dass eine Gemeinde die zu sichernde Planung erst dann endgültig aufgibt, wenn sie den Beschluss, einen Bebauungsplan aufzustellen, wieder aufhebt. Einen solchen Rechtssatz hat auch das Oberverwaltungsgericht nicht aufgestellt. Es ist lediglich unter den hier gegebenen Umständen davon ausgegangen, dass ohne eine ausdrückliche Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan von der endgültigen Aufgabe der Planungsabsicht für den Bebauungsplan nicht gesprochen werden könne (UA S. 19). Die Beschwerde kritisiert diese tatrichterliche Sachverhaltswürdigung. Mit auf den Einzelfall bezogenen Angriffen gegen die Rechtsanwendung eines Oberverwaltungsgerichts kann die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO jedoch nicht begründet werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 , § 162 Abs. 3 VwGO , die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3 , § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Nordrhein-Westfalen, vom 17.01.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 7 A 2536/06