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BSG - Entscheidung vom 13.02.2008

B 4 RS 133/07 B

Normen:
AAÜG § 1 § 5 § 8, Anl. 1 Nr. 1
ZAVtIV
ZAVtIVDBest 2

BSG, Beschluss vom 13.02.2008 - Aktenzeichen B 4 RS 133/07 B

DRsp Nr. 2008/10969

Auslegung der Verordnung über die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz

Einer erweiternden Auslegung der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17.8.1950 steht das Analogieverbot entgegen. Sie hat sich daher strikt am Wortlaut zu orientieren. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Normenkette:

AAÜG § 1 § 5 § 8 , Anl. 1 Nr. 1 ; ZAVtIV; ZAVtIVDBest 2;

Gründe:

I. Zwischen den Beteiligten ist in der Hauptsache streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, Beschäftigungszeiten des Klägers in der DDR als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die dabei erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Dem Kläger wurde in der DDR im Juli 1973 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieur für Landtechnik" zu führen. Ab 1.7.1973 war er beim Kreisbetrieb für Landtechnik (KfL) P. zunächst als Ingenieur (für Rationalisierung und Investitionen), sodann als Bereichsleiter Instandhaltung und zuletzt als Abteilungsleiter Wissenschaft und Technik und Personalwesen beschäftigt. In ein Versorgungssystem der DDR war er nicht einbezogen worden.

Den Antrag des Klägers, seine Beschäftigungszeiten vom 1.7.1973 bis 30.6.1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech und die dabei erzielten Arbeitsentgelte festzustellen, lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 22.5.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.1.2003). Im anschließenden Klage- und Berufungsverfahren hatte er keinen Erfolg (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 12.1.2006, Urteil des Landessozialgerichts [LSG] vom 7.11.2007).

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat den geltend gemachten Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) nicht in der gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

1. Das Vorbringen des Klägers genügt nicht den Anforderungen, die an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zu stellen sind.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie geeignet ist, die Rechtseinheit zu erhalten oder die Fortbildung des Rechts zu fördern. Dass und warum dies der Fall ist, muss sich allein aus der Beschwerdebegründung ergeben. Der Beschwerdeführer muss hierzu die im angestrebten (späteren) Revisionsverfahren zu entscheidende Rechtsfrage klar bezeichnen und ausführen, dass diese von allgemeiner Bedeutung, klärungsbedürftig und klärungsfähig ist (ua BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 1).

Mit seinen ersten beiden Fragen möchte der Kläger geklärt wissen,

(1) ob ein VEB KfL, in welchem Sachgüter neu industriell gefertigt worden seien, ein Produktionsbetrieb oder ihm gleichgestellter Betrieb iS des § 2 Abs 1 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24.5.1951 zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in volkseigenen und in den gleichgestellten Betrieben sei und

(2) ob das tatsächliche Gepräge oder die Zuordnung in die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR maßgeblich sei.

Zur Begründung der Klärungsbedürftigkeit seiner Fragen führt der Kläger aus, das Urteil des LSG verstoße mit seiner Argumentation, dass es sich bei einem KfL nicht um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt habe, weil er nicht in der 2. DB aufgezählt werde, gegen die Denkgesetze der Logik. Es sei 1951 nicht möglich gewesen, den Rechts- und Funktionsnachfolger "MAS" aufzuzählen, da diese Betriebe im Jahre 1951 unter der Bezeichnung MAS firmiert sind und diese so auch im Sprachgebrauch der DDR verwendet worden sei. MAS habe es nur bis 1952 gegeben. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die 2. DB nur bis 1952 Anwendung habe finden sollen. Die Auslegung nach Sinn und Zweck, dem Sprachgebrauch der DDR und die Tatsache, dass die grundsätzlichen Aufgaben durch den Kreisbetrieb für Landtechnik wahrgenommen worden seien, verböten eine am reinen Wortlaut orientierte Auslegung der 2. DB bis zum Zeitpunkt 1952.

Mit dem ersten Teil seiner ersten Fragestellung hat der Kläger schon keine Rechtsfrage formuliert. Mit diesem Frageteil will er geklärt wissen, ob ein KfL in der DDR ein Produktionsbetrieb gewesen ist. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, bestimmt sich nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nach dem im Einzelfall verfolgten betrieblichen Hauptzweck. Dessen Feststellung hängt wiederum entscheidend davon ab, welche Aufgabe dem VEB das Gepräge gegeben hat. Hierfür kommt es maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse des jeweiligen Betriebes an. Welchen betrieblichen Hauptzweck ein VEB verfolgt hat, wirft daher keine Rechts-, sondern eine Tatsachenfrage auf.

Hieraus ergibt sich zugleich, dass der Kläger nicht die Klärungsbedürftigkeit seiner zweiten Frage aufgezeigt hat. Denn es ist höchstrichterlich geklärt, dass maßgeblich auf das tatsächliche Gepräge abzustellen ist (vgl zB BSG, Urteil vom 18.12.2003, SozR 4-8570 § 1 Nr 1). Der vom Kläger angesprochenen Zuordnung in die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR könnte allenfalls die Bedeutung einer Hilfstatsache zukommen, welche bei der Beweiswürdigung für die Geprägefeststellung erheblich werden könnte.

Mit seiner dritten Fragestellung möchte der Kläger geklärt wissen, ob es den Gerichten untersagt ist, Rechts- und Funktionsnachfolger der ausdrücklich in der 2. DB genannten gleichgestellten Betriebe mit einzubeziehen, da sie nicht wirklich genannt worden seien.

Diese Frage steht im Zusammenhang mit dem zweiten Teil der ersten Fragestellung, in dem der Kläger die Frage aufgeworfen hat, ob der KfL ein gleichgestellter Betrieb iS des § 2 Abs 1 der 2. DB sei. Bezüglich dieses Frageteils hat der Kläger schon nicht die Klärungsbedürftigkeit dargetan. Hierbei geht der Senat davon aus, dass er sich nicht auf "§ 2 Abs 1" der 2. DB, sondern auf "§ 1 Abs 2" der 2. DB beziehen wollte. Der Kläger hat nicht dargelegt, warum sich seine Frage nicht schon anhand des Gesetzestextes beantworten lässt. Denn er selbst trägt vor, dass ein KfL in § 1 Abs 2 der 2. DB nicht als gleichgestellter Betrieb genannt wird.

Im Übrigen möchte der Kläger mit seiner dritten Frage offenbar geklärt wissen, ob auch solche Betriebe, die nicht wörtlich in § 1 Abs 2 der 2. DB aufgeführt sind, im Wege der Analogie einem dort genannten Betrieb gleichgestellt werden können. Auch hinsichtlich dieser Frage hat er nicht die Klärungsbedürftigkeit aufgezeigt. Er hat es unterlassen, sich mit der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinanderzusetzen, dass sich die Auslegung der abstrakt-generellen Regelungen des Versorgungsrechts - hier der AVItech - strickt an deren Wortlaut zu orientieren hat. Eine erweiternde Auslegung steht das Analogieverbot entgegen (dazu stellvertr: BSG, Urteil vom 7.9.2006, SozR 4-8570 § 1 Nr 11, RdNr 16, 23). Der Senat verweist in diesem Zusammenhang auch auf seine Beschlüsse vom 17.10.2007 (B 4 RS 40/07 B) und vom 25.9.2007 (B 4 RS 19/07 B), die gleichfalls einen KfL zum Gegenstand hatten.

2. Die geltend gemachte Divergenz hat der Kläger nicht ordnungsgemäß bezeichnet.

Eine Divergenz liegt nur bei einem Widerspruch in den Rechtssätzen vor. Dieser ist gegeben, wenn tragende Rechtssätze, die der angefochtenen Entscheidung sowie einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts zu Grunde gelegen haben, nicht übereinstimmen (BSG SozR 1500 § 160a Nr 67).

Der Kläger trägt vor, das angefochtene Urteil des LSG weiche von der Entscheidung des BSG vom 10.4.2002 (B 4 RA 10/02 R) ab, in dem es als Kriterium die Systematik der Volkswirtschaft und nicht das tatsächliche Gepräge sowie den Sprachgebrauch der DDR herangezogen habe. Mit diesem Vorbringen hat er weder tragende Rechtssätze aus dem Urteil des LSG noch solche aus der zitierten Entscheidung des BSG nachvollziehbar benannt, sondern allein beanstandet, das angefochtene Urteil entspreche nicht den Vorgaben in dem zitierten Urteil des BSG. Damit hat er keine divergierenden Rechtssätze aufgezeigt; denn dass das LSG seine Entscheidung tragend auf dem Rechtssatz gestützt habe, auf das tatsächliche Gepräge komme es für die Feststellung des betrieblichen Hauptzwecks nicht an, hat er nicht behauptet. Dies würde auch deshalb überraschen, weil sich das LSG ua gerade auf die vom Kläger zitierte Entscheidung des BSG vom 10.4.2002 (aaO) berufen hat. Letztlich rügt er die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist jedoch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Soweit der Kläger schließlich geltend macht, das Urteil vom LSG weiche von entschiedenen von ihm im Einzelnen benannten erstinstanzlichen Urteilen ab, macht er von vornherein keine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG geltend.

3. Die Beschwerdebegründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Beschwerde ist daher als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Mecklenburg-Vorpommern, vom 07.11.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 4 R 46/06
Vorinstanz: SG Schwerin, vom 12.01.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 1 RA 281/03