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BSG - Entscheidung vom 02.04.2008

B 11a AL 178/07 B

Normen:
SGB III § 201 Abs. 1 S. 1

BSG, Beschluss vom 02.04.2008 - Aktenzeichen B 11a AL 178/07 B

DRsp Nr. 2008/13399

Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, Verfassungsmäßigkeit der Herabbemessung durch negative Dynamisierung

Es war nicht verfassungswidrig, das Bemessungsentgelt der Arbeitslosenhilfe mit einem verminderten Anpassungsfaktor nach § 201 SGB III in der bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung anzupassen. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Normenkette:

SGB III § 201 Abs. 1 S. 1 ;

Gründe:

I. Der 1943 geborene Kläger begehrt höhere Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit ab 28. Juni 2001.

Er bezog bis einschließlich 27. Juni 2000 Arbeitslosengeld (Alg). Vom 28. Juni 2000 bis zum 27. Juni 2001 bezog er Anschluss-Alhi nach einem Bemessungsentgelt von 1.150,00 DM. Auf seinen Antrag vom 21. Mai 2001 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Juni 2001 die Fortzahlung der Alhi für die Zeit vom 28. Juni 2001 bis zum 27. Juni 2002 und legte dabei herabbemessenes Bemessungsentgelt von wöchentlich noch 1.120,00 DM zu Grunde. Der Widerspruch, mit dem er geltend machte, bei der Bemessung der Alhi seien fehlerhaft Einmalzahlungen außer Betracht geblieben und auch die Herabbemessung sei rechtswidrig, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13. August 2001).

Mit Leistungsnachweis vom 26. Juni 2001 hatte die Beklagte zuvor die im Zeitraum vom 28. Juni 2000 bis 27. Juni 2001 erbrachten Leistungen bescheinigt. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Bescheid ebenfalls vom 13. August 2001 als unzulässig zurück.

Die Klage und die Berufung hatten keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat unter Bezugnahme auf die Darlegungen des Sozialgerichts ( SG ) im Gerichtsbescheid vom 17. Februar 2005 ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung höherer Alhi für die Zeit ab 28. Juni 2001 habe. Ergänzend hat das LSG angemerkt, dass auch die Klage gegen den Leistungsnachweis vom 26. Juni 2001 idF des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2001 vom SG zu Recht abgewiesen worden sei. Denn der Leistungsnachweis sei kein mit dem Widerspruch angreifbarer Verwaltungsakt, sodass die Beklagte den Widerspruch zu Recht als unzulässig verworfen habe. Soweit der Kläger geltend gemacht habe, bei der Berechnung der Alhi seien Einmalzahlungen zu berücksichtigen, gehe sein Begehren von vornherein ins Leere, denn die Alhi sei anfangs, ab dem 28. Juni 2000, nach demselben Entgelt bemessen worden wie das zuvor bewilligte Alg, sodass § 200 Abs 1 letzter Halbsatz Sozialgesetzbuch Drittes Buch ( SGB III ), wonach bei der Bemessung der Alhi einmalig gezahltes Arbeitsentgelt außer Betracht zu bleiben habe, nicht zum Tragen gekommen sei. Insoweit fehle es der Klage schon am Rechtsschutzbedürfnis. Entgegen der Rechtsansicht des Klägers sei auch die Herabbemessung seiner Alhi nach § 201 SGB III rechtmäßig. Der hier maßgebliche Anpassungsfaktor zum 1. Juli 2000 habe 1,006 betragen. Vermindert um 0,03 habe sich ein Wert von 0,976 ergeben, mit dem das ungerundete Bemessungsentgelt des Klägers (1.148,56 DM) zu multiplizieren gewesen sei. So habe sich das ab 28. Juni 2001 maßgebliche Bemessungsentgelt von 1.120,00 DM errechnet. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen (Urteil vom 2. November 2007).

Der Kläger hat mit einem am 26. November 2007 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangenen, von ihm selbst verfassten Schreiben vom 24. November 2007 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem ihm am 10. November 2007 zugestellten Urteil des LSG eingelegt und zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt. Ferner hat der Kläger beantragt, "die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beschließen".

II. PKH kann dem Kläger nicht bewilligt werden, weil die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] iVm § 114 Zivilprozessordnung [ZPO]).

Ob eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht, ist bei der Gewährung von PKH für die Nichtzulassungsbeschwerde nicht allein danach zu beurteilen, ob die Beschwerde Aussicht auf Erfolg hat. Die erfolgreiche Beschwerde eröffnet dem Beschwerdeführer nur die Möglichkeit, Revision einzulegen. Erst die erfolgreiche Revision beseitigt das oder die den Revisionsführer belastenden Urteile der Vorinstanzen. Eine nur auf die Erfolgsaussicht der Beschwerde abstellende Betracht wäre daher rein formeller Natur. Sie stünde mit dem Zweck der PKH, bedürftige Beteiligte in die Lage zu versetzen, ihre materiellen Ansprüche durchzusetzen, nicht in Einklang, wenn absehbar ist, dass der Antragsteller letztlich nicht erreichen kann, was er mit dem Prozess erreichen will (vgl hierzu BSG SozR 3-6610 Art 5 Nr 1 mwN; BVerfG SozR 4-1500 § 73a Nr 3). Es kann daher dahinstehen, ob ein zugelassener Prozessbevollmächtigter mit einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG einen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe, hier insbesondere einen Verfahrensmangel, darlegen bzw bezeichnen könnte. Denn PKH ist nur dann zu bewilligen, wenn der Antragsteller voraussichtlich in der Sache selbst Erfolg hat. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist das Begehren des Klägers auf höhere Alhi für die Zeit ab 28. Juni 2001, das er einerseits damit begründet, dass die Beklagte fehlerhaft Einmalzahlungen außer Betracht gelassen habe und zum anderen, dass die jährliche Herabbemessung um 3 % rechtswidrig sei. Die Ausführungen der Vorinstanzen zur Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Bemessung der Alhi sind sachlich zutreffend. Insoweit kann ergänzend auf das Urteil des Senats vom 24. Mai 2006 (B 11a AL 69/05 R) verwiesen werden, das bereits einen Anspruch des Klägers auf höhere Alhi für den davor liegenden Zeitraum vom 28. Juni 2000 bis zum 27. Juni 2001 verneint hatte (vgl auch Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. März 2007 - 1 BvR 2153/06 -). Soweit das Berufungsurteil ausgeführt hat, die Alhi sei "anfangs, ab dem 28. Juni 2000, nach demselben Entgelt bemessen worden wie das zuvor bewilligte Arbeitslosengeld ..." ist diese Aussage möglicherweise missverständlich. Denn das dem Alg (bis 27. Juni 2000) zu Grunde gelegte Bemessungsentgelt von (zunächst) 1.150,00 DM ist - wie der Kläger zutreffend ausgeführt hat - durch spätere Änderungsbescheide auf zuletzt 1.260,00 DM erhöht worden (s Seite 2 im Urteilsumdruck der Senatsentscheidung vom 24. Mai 2006). Unabhängig vom Ausgang der Entscheidung des LSG über einen diesbezüglichen Berichtigungsantrag des Klägers vom 14. November 2007 ändert diese Tatsache aber an der Richtigkeit der Entscheidung des LSG im Ergebnis nichts. Es bleibt dabei, dass dem Kläger für die allein streitige Zeit ab 28. Juni 2001 kein Anspruch auf Bewilligung höherer Alhi zusteht. Auch soweit der Kläger die Herabbemessung seiner Alhi für die Zeit ab 28. Juni 2001 beanstandet, bietet seine Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg. Insoweit kann auf die Ausführungen des LSG und des SG Bezug genommen werden. Insbesondere begegnet die "negative Dynamisierung" des Bemessungsentgelts nach § 201 Abs 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl Hengelhaupt, Kommentar zum SGB III , § 200 RdNr 140, 156 , 158 mwN).

Da die beabsichtigte Rechtsverfolgung somit keine ausreichende Aussicht auf Erfolg bietet, kann dem Antrag auf Bewilligung von PKH nicht entsprochen werden und entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 73a SGG iVm § 121 ZPO ).

Die vom Kläger privatschriftlich eingelegte Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Der Kläger muss sich vor dem BSG gemäß § 166 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Er kann eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht vornehmen, folglich auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem nach § 166 Abs 2 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Hierauf hat das LSG den Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen. Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist schon deshalb nach § 160a Abs 4 Satz 2 iVm § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen.

Der außerdem vom Kläger gestellte Antrag auf Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ebenfalls schon wegen des bestehenden Vertretungszwangs unzulässig. Abgesehen von diesem formellen Erfordernis geht dieser aus Gründen einer "eventuell bereits eingetretenen oder eintretenden Fristversäumung" gestellte Antrag auch inhaltlich ins Leere. Denn der Kläger hat die Frist für die Beantragung von PKH für ein Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht versäumt. Die Bewilligung von PKH scheitert vielmehr - wie bereits ausgeführt - an der fehlenden Erfolgsaussicht seines Klagebegehrens.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Berlin-Brandenburg, vom 02.11.2007 - Vorinstanzaktenzeichen L 4 AL 121/05
Vorinstanz: SG Berlin, vom 17.02.2005 - Vorinstanzaktenzeichen S 80 AL 3137/01